„Sollte man wohl glauben, daß diese Person schon zwanzig Jahre mit mir gelebt hat? Aber das gefällt mir eben an ihr, daß sie nichts von ihrem Wesen aufgibt, und bleibt, wie sie war.“
Dieses von Goethe stammende Zitat beschreibt recht gut den Eindruck, den man von Christiane Vulpius in dem Film „Die Braut“ bekommt. Sie ist die Hauptfigur im Film von Egon Günther, der Regie geführt und Drehbuch anlässlich des 250. Geburtstags Goethes geschrieben hat.
Christiane Vulpius wird von Veronica Ferres und Johann Wolfgang von Goethe von Herbert Knaup gespielt. Die Rolle der Charlotte von Stein vertritt Sybille Canonica. Zudem treten Christoph Waltz (als Herzog Karl August), Franziska Herold (als Charlotte von Lengefeld-Schiller), Friedrich Wilhelm Junge (als Wieland) und Rüdiger Vogler (als Meyer) auf. Gezeigt werden die 28 Jahre, die Goethe mit Christiane Vulpius verbracht hat.
Zentrale Fragestellung dieser Arbeit soll sein, wie diese gemeinsame Zeit im Film umgesetzt wird. Daneben gilt es zu erfragen, inwieweit Goethe als Schriftsteller dargestellt wird.
Dazu soll analysiert werden, in welcher Art und Weise Christiane und Goethe im Film repräsentiert werden und wie dies im Zusammenhang mit der historischen Wirklichkeit steht. Außerdem möchte ich näher auf die Darstellung Goethes bezüglich seiner Arbeit als Schriftsteller eingehen.
Zum Abschluss sollen die gewonnenen Ergebnisse in der Schlussbetrachtung aufgezeigt und zusammengefasst werden.
Zu ihrer Zeit und auch noch bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Christiane als die ungebildete Mätresse Goethes beschrieben. Erst ab Mitte des 20. Jahrhunderts erschienen auch objektive Werke über Goethes Frau. 1916, zum 100. Todestag von Christiane, erschien erstmals der Briefwechsel mit 601 erhaltenen Briefen zwischen Goethe und Christiane. Leider sind nicht alle Briefe erhalten. Dennoch konnte nun erstmalig Einblick in eine Beziehung Goethes aus der Sicht der Frau gewonnen werden, wie dies auch der Film versucht.
Als Literaturgrundlage dienten Werke über Christianes Beziehung zu Goethe. Eckart Kleßmanns „Christiane. Goethes Geliebte und Gefährtin“, „Frauen um Goethe“ von Astrid Seele eignen sich gut als Einstiegsliteratur. Sigrid Damms „Christiane und Goethe“ bietet einen detaillierten Einblick in Christianes Leben. Außerdem habe ich „Behalte mich ja lieb“, ebenfalls von Damm, zur Recherche der Briefe genutzt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Zur Darstellung von Christiane und Goethe im Film
3. Goethe als Schriftsteller?
4. Schluss
5. Literatur
1. Einleitung
„Sollte man wohl glauben, daß diese Person schon zwanzig Jahre mit mir gelebt hat? Aber das gefällt mir eben an ihr, daß sie nichts von ihrem Wesen aufgibt, und bleibt, wie sie war.“[1] Dieses von Goethe stammende Zitat beschreibt recht gut den Eindruck, den man von Christiane Vulpius in dem Film „Die Braut“ bekommt. Sie ist die Hauptfigur im Film von Egon Günther, der Regie geführt und Drehbuch anlässlich des 250. Geburtstags Goethes geschrieben hat. Christiane Vulpius wird von Veronica Ferres und Johann Wolfgang von Goethe von Herbert Knaup gespielt. Die Rolle der Charlotte von Stein vertritt Sybille Canonica. Zudem treten Christoph Waltz (als Herzog Karl August), Franziska Herold (als Charlotte von Lengefeld-Schiller), Friedrich Wilhelm Junge (als Wieland) und Rüdiger Vogler (als Meyer) auf. Gezeigt werden die 28 Jahre, die Goethe mit Christiane Vulpius verbracht hat.
Zentrale Fragestellung dieser Arbeit soll sein, wie diese gemeinsame Zeit im Film umgesetzt wird. Daneben gilt es zu erfragen, inwieweit Goethe als Schriftsteller dargestellt wird.
Dazu soll analysiert werden, in welcher Art und Weise Christiane und Goethe im Film repräsentiert werden und wie dies im Zusammenhang mit der historischen Wirklichkeit steht. Außerdem möchte ich näher auf die Darstellung Goethes bezüglich seiner Arbeit als Schriftsteller eingehen. Zum Abschluss sollen die gewonnenen Ergebnisse in der Schlussbetrachtung aufgezeigt und zusammengefasst werden.
Zu ihrer Zeit und auch noch bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Christiane als die ungebildete Mätresse Goethes beschrieben. Erst ab Mitte des 20. Jahrhunderts erschienen auch objektive Werke über Goethes Frau. 1916, zum 100. Todestag von Christiane, erschien erstmals der Briefwechsel mit 601 erhaltenen Briefen zwischen Goethe und Christiane. Leider sind nicht alle Briefe erhalten.[2] Dennoch konnte nun erstmalig Einblick in eine Beziehung Goethes aus der Sicht der Frau gewonnen werden, wie dies auch der Film versucht.
Als Literaturgrundlage dienten Werke über Christianes Beziehung zu Goethe. Eckart Kleßmanns „Christiane. Goethes Geliebte und Gefährtin“, „Frauen um Goethe“ von Astrid Seele eignen sich gut als Einstiegsliteratur. Sigrid Damms „Christiane und Goethe“ bietet einen detaillierten Einblick in Christianes Leben. Außerdem habe ich „Behalte mich ja lieb“, ebenfalls von Damm, zur Recherche der Briefe genutzt.
2. Zur Darstellung von Christiane und Goethe im Film
Goethe und Christiane lernten sich der Überlieferung nach am 12. Juli 1788 im Park an der Ilm kennen. Christiane sollte für ihren Bruder Christian August, der in Nürnberg lebte, ihm aber die Arbeitslosigkeit drohte, einen Brief an Goethe überreichen. Christian August hätte den Brief auch schicken können, doch er wollte wohl ganz sicher gehen, dass Goethe ihn persönlich bekommt.[3] Der Beginn des Films wird relativ unspektakulär dargestellt: der Brief wird von Christiane und ihrer Schwester Ernestine vorgelesen und anschließend in Form eines Voice-over von Christianes Bruder weiter gelesen.[4] In diesem ersten Auftritt wird Christianes Herkunft vorgestellt: Sie kommt aus einfachem Hause, kann nur stockend lesen.
In der nächsten Szene im Park an der Ilm setzt Musik ein, als Christiane und Goethe erstmals aufeinandertreffen. Dies ist der Beginn einer 28-jährigen Beziehung, wovon die beiden zehn Jahre als Ehepaar leben. Mit keiner anderen Frau außer Christiane hatte Goethe Kinder. Im Folgenden möchte ich nun aufzeigen, wie das Verhältnis zwischen den beiden filmisch dargestellt wird und welche Unterschiede sich zur Realität ergeben.
Als Christiane Goethe im Park antrifft, ist sie außer Atem, weil sie gerannt ist. Durch Goethes Bemerkung „Sie sind gerannt, ich kann´s bis hierher riechen“[5] wirkt die erste Begegnung etwas künstlich. Zu dem Zeitpunkt als sie sich kennenlernten, war Christiane 23 und Goethe 38 Jahre alt.[6] Wahrscheinlich hat Goethe sie noch in derselben Nacht zu seiner Geliebten gemacht, denn sie feierten jedes Jahr am 12. Juli Jahrestag.[7]
Christiane rennt öfter im Film, zum Beispiel als sie zum ersten Mal Goethe in seinem Gartenhaus besucht.[8] Ihr lauter Atem und ihr Stöhnen dabei nicht zu überhören.[9]
Auch als Christiane im Gartenhaus mit Goethe die Treppe rauf und runter rennt[10], oder draußen in der Nacht, als sie von Charlotte von Stein mit ihrem Sohn verfolgt wird, atmet sie sehr laut.[11] All das spiegelt ihre Natürlichkeit und ihre Offenheit wieder. Sie gibt sich, wie sie ist. Denn so beschreibt sie auch Goethe, wie auch schon im eingangs genannten Zitat zu erkennen ist.
Zu ihrer Zeit wurde Christiane von ihrer damaligen Nachbarin folgendermaßen beschrieben:
„In meiner Kindheit wohnte sie neben uns und war ein sehr hübsches, freundliches, fleißiges Mädchen; aus ihrem apfelrunden, frischen Gesicht blickten ein paar brennend schwarze Augen, ihr etwas aufgeworfener kirschroter Mund zeigte, da sie gern lachte, eine Reihe schöner weißer Zähne, und dunkelbraune Locken fielen ihr um Stirn und Nacken.“[12]
Personen, die Christiane Vulpius nahe standen, erkannten ihren natürlichen, liebevollen Charakter. Sie kümmerte sich um den Haushalt Goethes, der oft monatelang abwesend war, sie erledigte sogar Erbschaftsangelegenheiten für ihn.[13] August Ludwig Hülsen schreibt 1800 über Christiane an seinen Freund Friedrich Schleiermacher:
„In Ihrem Urteil über Goethe muß ich noch bemerken, daß das Verhältnis zwischen ihm und seiner Geliebten doch vielleicht reiner ist. […] Ich selbst habe beide Hand in Hand und in traulichen Gesprächen öffentlich spazieren gehen sehen, und ein schöner muntrer Knabe geleitete sie. Auch habe ich die Frau selbst gesprochen, und könnte nicht sagen, daß es ihr an Bildung fehlte. Sie hat sehr viel Einnehmendes, und ich sehe besonders mit Wohlgefallen ihre Liebe zu dem trefflichen Knaben, der mich ganz bezaubert hat. Ferner weiß ich auch, daß sie sogar bei Staatsvisiten die Honneurs im Hause macht, welches mir unter anderm die Geheimderätin von Koppenfels in Weimar erzählt hat, die auch Besuche von ihr erhielt und sie erwiderte.“[14]
Der Film spiegelt diese Sichtweise anderer Personen nur bedingt wieder. Die einzigen Vertrauten im Film, die Christiane kennenlernt und die zu ihr stehen und sie verteidigen, sind Wieland und Meyer.
Christiane hatte es zeitlebens schwer in der Weimarer Gesellschaft. Diese negative Seite wird im Film ausführlicher dargestellt, worauf ich an späterer Stelle noch einmal zurückkomme. Charlottes Sohn Fritz von Stein ist abwertend Christiane gegenüber, als er sie zum ersten Mal trifft: „Wer sind sie? Sind Sie seine Putze?“[15] Auch im anschließenden Gespräch mit seiner Mutter macht sich Fritz über ihren Gang und ihre Erscheinung lustig.[16]
[...]
[1] Zit. n. Goethe, in: Seele, Astrid: Frauen um Goethe, (= Rowohlts Monographien. 1490) Hamburg 22000, S. 105.
[2] Vgl. Damm, Sigrid: Christiane und Goethe. Eine Recherche, Frankfurt am Main / Leipzig 2009, S. 9-10.
[3] Vgl. Kleßmann, Eckart: Christiane. Goethes Geliebte und Gefährtin, Zürich 1992, S. 9-10.
[4] Günther, Egon (Regie): Die Braut, Spielfilm, Absolut Medien, Deutschland 1999, (00:03:08).
[5] 00:04:21
[6] Vgl. Damm, Sigrid: Behalte mich ja lieb. Christianes und Goethes Ehebriefe, Frankfurt am Main / Leipzig 1998, S. 93.
[7] Vgl. Seele: Frauen um Goethe, S. 91.
[8] Günther: Die Braut (00:06:50).
[9] Ebd., (00:09:50).
[10] Ebd., (00:10:25).
[11] Ebd., (00:24:45).
[12] Zit. n. Jagemann, Caroline, in: Kleßmann: Christiane, S. 11.
[13] Vgl. Seele: Frauen um Goethe, S. 93-94.
[14] Zit. n. Hülsen, August Ludwig, in: Seele: Frauen um Goethe, S. 94.
[15] Günther: Die Braut, (00:16:16).
[16] Ebd., (00:19:07).