Zum Thema „Hitler-Stalin-Pakt“ gibt es eine Unmenge wissenschaftlicher Literatur, die selbst für den Historiker kaum mehr überschaubar ist. Dies zeigt deutlich, dass zum Einen das „Dritte Reich“ an sich und zum Anderen der „Nichtangriffspakt“ zwischen Deutschland und der Sowjetunion sehr reichhaltig erforscht worden sind.
Auch wurde dieser spezielle Abschnitt aus der Zeitgeschichte in der Vergangenheit von verschiedensten Spezialisten sehr kontrovers behandelt und hat durch das geheime Zusatzprotokoll, das zwischen Hitler und Stalin geschlossen wurde, immer wieder zu regem Interesse, nicht nur der Wissenschaftler, sondern auch der geschichtsinteressierten Öffentlichkeit geführt.
Da dieser „Pakt“ dem Beginn des Zweiten Weltkrieges unmittelbar vorausging und mit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 annulliert wurde, ist es für einen Geschichtsstudenten von zentraler Bedeutung sich mit der Entstehung dieses entscheidenden Vertrages auseinanderzusetzen. Außerdem ist dieser Abschnitt der Zeitgeschichte eindeutig ein bedeutsamer, der die Politik der Nachfolgejahre entscheidend beeinflusst hat.
Inhalt
1 Einleitung:
2 Die Vorgeschichte zum Hitler-Stalin-Pakt:
2.1 Die Zusammenkunft in Berchtesgaden:
2.2 Der „Anschluss“ Österreichs im März 1938:
2.3 Die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich:
2.4 Die Beziehungen zwischen Deutschland und Großbritannien:
2.5 Das Münchner Abkommen:
2.6 Die Vernichtung der Tschechoslowakei im März 1939:
2.7 Die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen:
2.8 Die Stadt Danzig:
2.9 Die Verhandlungen über die Dreier-Allianz:
3 Das Zustandekommen des Hitler-Stalin-Pakts:
4 Schluss:
5 Quellen- und Literaturverzeichnis:
1 Einleitung:
„Nur wenige Dokumente erregten fünfzig Jahre nach ihrer Unterzeichnung eine solch lebhafte Aufmerksamkeit“, Diskussion und „öffentliche Debatte“ wie die „deutsch-sowjetischen Abkommen vom August und September 1939“. Der Grund hierfür liegt, wie es Jan Lipinsky formuliert, im „Vertragswerk selbst, denn es betraf nicht nur die unterzeichnenden Staaten, sondern es entschied auch über das Schicksal von anderen europäischen Völkern“[1].
Die Unmenge an wissenschaftlicher Literatur zum Thema „Hitler-Stalin-Pakt“ ist selbst für den Historiker kaum mehr überschaubar und zeigt deutlich, dass zum Einen das „Dritte Reich“ an sich und zum Anderen der „Nichtangriffspakt“ zwischen Deutschland und der Sowjetunion sehr reichhaltig erforscht worden sind. Auch wurde dieser spezielle Abschnitt aus der Zeitgeschichte in der Vergangenheit von verschiedensten Spezialisten sehr kontrovers behandelt und hat durch das geheime Zusatzprotokoll, das zwischen Hitler und Stalin geschlossen wurde, immer wieder zu regem Interesse, nicht nur der Wissenschaftler, sondern auch der geschichtsinteressierten Öffentlichkeit geführt. Da dieser „Pakt“ dem Beginn des Zweiten Weltkrieges unmittelbar vorausging und mit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 annulliert wurde, ist es für einen Geschichtsstudenten von zentraler Bedeutung sich mit der Entstehung dieses entscheidenden Vertrages auseinanderzusetzen. Außerdem ist dieser Abschnitt der Zeitgeschichte eindeutig ein bedeutsamer, der die Politik der Nachfolgejahre entscheidend beeinflusst hat.
Vorweg muss gesagt werden, dass die Menge des vorhandenen Quellenmaterials zwar schier unausschöpflich ist, jedoch die Schwierigkeit darin lag, aus der Fülle des Materials das wissenschaftlich fundierte herauszufiltern und nach eingehender Überprüfung die besten Quellen für die Hausarbeit zu verwenden. Des Weiteren stellte sich das Thema bei näherer Bearbeitung als durchaus verwirrend und zum Teil komplex dar. Hier muss festgehalten werden, dass es in vergangenen Jahren immer wieder zu Verzerrungen der Geschichte des „Dritten Reiches“ und auch seiner Probleme kam, wie es der Historiker Klaus Hildebrand ausdrückt[2]. Außerdem sind die Archive anderer Staaten bis heute nur teilweise zugänglich, so dass eine vergleichende und auch abwägende Betrachtung dieses Themas nur bedingt möglich ist. Die vorliegende Hausarbeit soll sich nun auf die Vorgeschichte zum Hitler-Stalin-Pakt konzentrieren und versucht die unterschiedlichsten außenpolitischen Geschehnisse der damaligen Zeit zu beleuchten. Das Hauptaugenmerk wird vor allem auf dem Zeitraum unmittelbar vor Kriegsausbruch am 1. September 1939 liegen.
2 Die Vorgeschichte zum Hitler-Stalin-Pakt:
2.1 Die Zusammenkunft in Berchtesgaden:
Adolf Hitler hatte den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich bereits in seinem Buch „Mein Kampf“ (1925) für dringend notwendig gehalten, da „gleiches Blut … in ein gemeinsames Reich“[3] gehöre. Der österreichische Bundeskanzler Dr. Kurt Schuschnigg hatte sich im Februar 1938 auf eine Zusammenkunft mit Hitler in Berchtesgaden eingelassen. „In der Besprechung am 12. Februar 1938 stellte Hitler mitten im Frieden dem benachbarten Kleinstaat ein militärisches Ultimatum, mit dem Ziel, Schuschnigg zur Kapitulation zu bewegen“[4] ; seine Forderungen wollte er, falls nötig auch mit Gewalt durchsetzen.
Schuschnigg sollte die Aufnahme von Nationalsozialisten in die österreichische Regierung zugestehen, sowie die außenpolitische und militärische Lenkung Österreichs der deutschen Politik unterwerfen. Außerdem sollte der Nationalsozialist Seyß-Inquart das Sicherheitswesen übertragen bekommen[5]. „Das Berchtesgadener Abkommen sicherte also den österreichischen Nationalsozialisten volle Bewegungsfreiheit und sogar eine Regierungsvertretung“[6], wie es Norbert Schausberger formuliert. „Aus der Erkenntnis dieser Lage heraus sah der österreichische Bundeskanzler Schuschnigg am 12. Februar 1938 in Berchtesgaden keine Möglichkeit mehr, vor der angedrohten militärischen Gewaltanwendung sich den ultimativen Forderungen Hitlers zu entziehen“[7]. Die Folge daraus war das Zugeständnis der politischen Gleichberechtigung für die österreichischen Nationalsozialisten.
2.2 Der „Anschluss“ Österreichs im März 1938:
Wie es bereits Igor Maximytschew ausdrückt, erfanden die Nationalsozialisten Schlagwörter, deren „Bestimmung eine Vernebelung der aggressiven Aktionen des „Dritten Reiches“ war“. So bekam die Eroberung Österreichs den Namen „Anschluss“, obwohl dieser „friedliche“ Ausdruck im Widerspruch zur tatsächlichen Sachlage in Österreich stand.[8] Da sich das Deutsche Reich wegen seiner enormen Aufrüstungsphase in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand, wurden die Stimmen nach einem möglichst baldigen Anschluss des Nachbarlandes immer lauter. Österreich verfügte nämlich über Bodenschätze, Arbeitslose und auch Gold- und Devisenvorräte und konnte zumindest vorübergehend die Schwierigkeiten Deutschlands entlasten.[9]
Schlussendlich forderte Hitler den österreichischen Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg im Februar 1938 auf, den Nationalsozialisten Arthur Seyß-Inquart zum Innenminister zu ernennen. Somit sollte Österreich seine Unabhängigkeit und seine eigenständige Politik aufgeben und sich an das Reich anschließen. Laut Hans Booms schufen die Nationalsozialisten durch Provokation mehr und mehr eine bürgerkriegsähnliche Situation.[10] Als letzten Versuch die Unabhängigkeit Österreichs zu retten und „um Hitler mit dessen eigenen Waffen zu schlagen“[11], rief Schuschnigg zu einer Volksabstimmung auf, jedoch griff Hitler umgehend ein und zwang den Bundeskanzler mit einem Ultimatum zum Rücktritt. Auch wurde die Handlung Schuschniggs als Bruch des Berchtesgadener Abkommens betrachtet.[12]
Am 11. Februar trat der Bundeskanzler Schuschnigg unter großem Druck zurück. Unter dem neuen Innenminister Arthur Seyß-Inquart, der seit März zugleich Bundeskanzler war, marschierten dann am 12. März deutsche Truppen für die „Wiederherstellung von Recht und Ordnung“ in Österreich ein. Der große Jubel in der Bevölkerung veranlasste Hitler umgehend den völligen Anschluss an das Reich zu vollziehen; so wurde am 13. März das Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich verkündet. Anfänglich protestierten die anderen Länder zwar, doch aufgrund der Appeasement-Politik ebbten die negativen Stimmen bald ab. Von deutscher Seite wurde die Lage so eingeschätzt, dass England kaum militärisch eingreifen und auch von Frankreich keine ernsteren Aktionen ausgehen würden.[13] Dieser „Anschluss Österreichs“ stellte Hitlers’ ersten Schritt in seiner Politik der Lebensraumerweiterung dar.
2.3 Die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich:
„Wie für die meisten deutschen Zeitgenossen war Frankreich auch für Hitler unmittelbar nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg nicht ein, sondern der Faktor der deutschen Außenpolitik gewesen“. Die erniedrigende Behandlung Deutschlands durch Frankreich in Versailles und während der Nachkriegsjahre hatten ihn zu einem fanatischen Verfechter einer gewaltigen Revision der Ergebnisse von 1918/19 gemacht. Anfänglich war Frankreich der „Todfeind“ Deutschlands, da seine Politik die Entwicklung Deutschlands zur Großmacht behinderte und sogar das Deutsche Reich auflösen wollte, doch diese „Position“ wurde später an Russland abgetreten.[14] Dennoch musste Frankreich weiterhin „aus dem Weg geräumt werden“, um den Rücken für die beabsichtigte Ostexpansion freizubekommen. Immer mehr erkannte Hitler, dass er den Kurs seiner Frankreichpolitik ändern musste, um langfristig seine Ziele realisieren zu können. Dies sollte zunächst in einer längeren Periode einer friedlichen Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich realisiert werden.[15] Ziemlich sicher ist, dass Hitler seine friedliche Frankreichpolitik nur vorübergehend beibehalten wollte, allerdings ist unklar ob er eine Niederwerfung Frankreichs vor oder nach der geplanten Lebensraumerweiterung in Richtung Osten durchführen wollte. Jedoch erscheint laut Franz Knipping die letztere Variante als die wahrscheinlichere, da Hitler davon ausging, dass sich Frankreich nicht in seinen Ostfeldzug einmischen werde. Auch wirkte Hitlers Annäherungspolitik gegenüber England und Italien als „Stimulanz“ für bestehende „französisch-britische und französisch-italienische Gegensätze.“[16] Des Weiteren beinhaltete sie eine gewisse internationale Isolierung Frankreichs und die Polenpolitik Hitlers führte zu einer Schwächung des französischen Bündnissystems in Osteuropa. Schließlich bot sich für Deutschland die Möglichkeit sein Rüstungspotential unmittelbar an die Ostgrenze des französischen Territoriums vorzuverlegen; dies zeigte, dass Frankreich gegenüber Deutschland allmählich in die schwächere Position geriet, in der sich Deutschland bis etwa 1935 Frankreich gegenüber befunden hatte. Doch die Sudetenkrise sollte zeigen, dass die Westmächte keinem weiteren deutschen „Ausgreifen“ nach Osten tatenlos zusehen würden, dass Frankreich nicht von seinem Bündnis mit der Tschechoslowakei abrücken würde und sich auch Großbritannien hinter Frankreich gestellt hatte. Jedoch muss hier eingeräumt werden, dass Hitler bevorzugt an einem „Modus vivendi“[17] mit Frankreich interessiert war und dies zeigte sich deutlich nach dem Münchner Abkommen, als Hitler bereit war, mit der französischen Regierung eine schriftliche politische Abmachung zu treffen. Jedoch schlug Frankreich nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Prag einen Kurswechsel in der Deutschlandpolitik ein und war nun gegen jede weitere deutsche Expansionsabsicht gerichtet. Erst im Laufe der Zeit merkte Hitler, dass sich sein „Interesse, nicht nur mit England, sondern auch mit Frankreich eine weltpolitische Interessenabgrenzung zu erreichen, die Deutschland freie Hand für den säkularen Eroberungszug nach Osten einbringen sollte, als unrealistisch“[18] erwiesen hatte. Hitler zog nun die Konsequenz, dass das Kriegsziel im Westen in der endgültigen militärischen Erledigung Frankreichs und auch Englands bestehen müsse.
[...]
[1] Zit.: Lipinsky, Jan: Das Geheime Zusatzprotokoll zum deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrag vom 23. August 1939 und seine Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte von 1939 bis 1999. Frankfurt am Main 2004 (zugleich phil. Diss. Univ. Bonn, 2000) (Europäische Hochschulschriften; 991), S. 11.
[2] Vgl.: Hildebrand, Klaus: Das Dritte Reich. Oldenbourg Grundriss der Geschichte, (hrsg. von) Bleicken, Jochen u. a., München 62003, S. 143.
[3] Zit.: Schausberger, Norbert: Österreich und die nationalsozialistische Anschlußpolitik in: Funke, Manfred (Hrsg.): Hitler, Deutschland und die Mächte. Materialien zur Außenpolitik des Dritten Reiches. Düsseldorf 1976, S. 728.
[4] Zit.: Schausberger, Norbert, S. 750.
[5] Vgl.: Schausberger, Norbert, S. 750.
[6] Zit.: Schausberger, Norbert, S. 750.
[7] Zit.: Booms, Hans: Der Ursprung des Zweiten Weltkrieges. Revision oder Expansion? In: Niedhart, Gottfried (Hrsg.): Kriegsbeginn 1939, Entfesselung oder Ausbruch des Zweiten Weltkriegs? Darmstadt 1976, S. 59,60.
[8] Vgl.: Maximytschew, Igor: Der Anfang vom Ende. Deutsch-sowjetische Beziehungen 1933 – 1939. Köln 1985. S. 203/204.
[9] Vgl.: Maximytschew, Igor, S. 205/206.
[10] Vgl.: Booms, Hans, S. 60/61.
[11] Zit.: Schausberger, Norbert, S. 752.
[12] Vgl.: Booms, Hans, S. 61.
[13] Vgl.: Schausberger, Norbert, S. 752.
[14] Vgl.: Knipping, Franz: Frankreich in Hitlers Außenpolitik 1933 – 1939, in: Funke, Manfred (Hrsg.): Hitler, Deutschland und die Mächte. Materialien zur Außenpolitik des Dritten Reiches. Düsseldorf 1976, S. 613.
[15] Vgl.: Knipping, Franz, S. 617.
[16] Zit.: Knipping, Franz, S. 619.
[17] Zit.: Knipping, Franz, S. 624.
[18] Zit.: Knipping, Franz, S. 627.