Das Ziel dieser Arbeit ist es, das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen bzw. GATT (General Agreement on Tariffs and Trade) vor seinem geschichtlichen Hintergrund und in seinen Grundzügen zu präsentieren. Des Weiteren soll eine Darstellung der Anwendung des GATT in der EU und eine kritische Bewertung der daraus resultierenden Vor- und Nachteile erfolgen. Vor dem Hintergrund der Problematik mit der Anwendung des WTO-Rechts in den einzelnen Freihandelszonen soll ein Ausblick gegeben werden, inwieweit das GATT in der Zukunft seine Relevanz haben wird.
Um die Erreichung des Ziels zu gewährleisten werden im Kapitel 2 zunächst die geschichtlichen und theoretischen Gesichtspunkte des Freihandels sowie die Entstehung des GATT bis zur Gründung der WTO behandelt. Im nächsten Kapitel werden die Grundprinzipien des GATT sowie die Allgemeinen Ausnahmen veranschaulicht. Zur Darstellung der praktischen Relevanz erfolgt in Kapitel 4 die Anwendung des GATT in der EU. Die Arbeit schließt ab mit einem Fazit, in dem auf mögliche Probleme sowie Vor- und Nachteile von Handelsabkommen dieser Größenordnung eingegangen wird.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Ziel der Arbeit
1.3 Gang der Arbeit
2 Begriffliche und konzeptionelle Grundlagen
2.1 Freihandel
2.2 Vom GATT 1947 zur WTO
3 Grundprinzipien des GATT
3.1 Meistbegünstigung
3.2 Diskriminierungsverbot
3.3 Abbau von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen
3.4 Allgemeine Ausnahmen nach Art. XX GATT
4 Anwendung des WTO-Rechts in der EU
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (General Agreement on Tariffs and Tra- de = GATT) stellt einen multilateralen Handelsvertrag dar, dem zum heutigen Zeitpunkt 161 Mitgliedstaaten angehören.1 Somit ist die World Trade Organization, als Verwal- tungsorgan des GATT, die größte Handelsorganisation der Welt. Zu den Mitgliedern des GATT zählen neben einzelnen Staaten auch einige, die sog. Freihandelszonen und Zollunionen angehören. Die Anwendung des WTO-Rechts gestaltet sich hier als nicht immer einfach. Vor allem die Europäische Union, die zum heutigen Zeitpunkt alle handelspolitischen Funktionen der Mitglieder wahrnimmt und nach außen repräsentiert sieht sich nicht immer in der Pflicht, den WTO-Regelungen im vollen Umfang nachzu- kommen.
1.2 Ziel der Arbeit
Das Ziel dieser Arbeit ist es, das GATT vor seinem geschichtlichen Hintergrund und in seinen Grundzügen zu präsentieren. Des Weiteren soll eine Darstellung der Anwendung des GATT in der EU und eine kritische Bewertung der daraus resultierenden Vorund Nachteile erfolgen. Vor dem Hintergrund der Problematik mit der Anwendung des WTO-Rechts in den einzelnen Freihandelszonen soll ein Ausblick gegeben werden, inwieweit das GATT in der Zukunft seine Relevanz haben wird.
1.3 Gang der Arbeit
Um die Erreichung des Ziels zu gewährleisten werden im Kapitel 2 zunächst die ge- schichtlichen und theoretischen Gesichtspunkte des Freihandels sowie die Entstehung des GATT bis zur Gründung der WTO behandelt. Im nächsten Kapitel werden die Grundprinzipien des GATT sowie die Allgemeinen Ausnahmen veranschaulicht. Zur Darstellung der praktischen Relevanz erfolgt in Kapitel 4 die Anwendung des GATT in der EU. Die Arbeit schließt ab mit einem Fazit, in dem auf mögliche Probleme sowie Vor- und Nachteile von Handelsabkommen dieser Größenordnung eingegangen wird.
2 Begriffliche und konzeptionelle Grundlagen
2.1 Freihandel
Der Welthandel nahm seinen Ursprung bereits im späten Mittelalter. Vor allem nach der Entdeckung der neuen Welt und Kolonisierung fand ein erhöhter Warenaustausch statt. Im Rahmen der fortschreitenden Industrialisierung im 19. Jahrhundert fand immer mehr eine Spezialisierung statt. David Ricardo stellte dazu die Theorie der komparati- ven Kosten auf. Diese besagt, dass der internationale Handel sich auch für solche Wirtschaften lohnt, die Güter effizienter produzieren können als andere Wirtschaften. Hierbei zählt die Höhe der Opportunitätskosten, die bei der Produktion eines Guts ent- stehen, während dabei auf ein anderes Gut verzichtet wird. Somit können die Preise relativiert werden, um dann eine Spezialisierung auf die Güter mit höchster Produktivi- tät vorzunehmen. Die dadurch entstehenden Kostenvorteile führen zum internationalen Handel.2
Bereits im 18. Jahrhundert forderte Adam Smith „...daß die europäischen Staaten im Eigeninteresse den Protektionismus und die private Monopolisierung des Außenhandels aufgeben sollten.“3
„Nach der Theorie soll die gesellschaftliche Wohlfahrt eines einzelnen Landes durch den Übergang zum Freihandel erhöht werden, da infolge der internationalen Arbeitsteilung bei effizient genutztem Faktoreinsatz, Tausch- und Spezialisierungsgewinne erzielt werden, die die Erhöhung des Sozialprodukts zur Folge haben sollen“4
Generell wird unter Freihandel „internationaler Güterhandel (Außenhandel), der frei von jeglicher handelspolitischer Beeinflussung ist (verstanden). In der Außenhandelstheorie theoretisch angestrebtes Ziel. Die Welthandelsorganisation - World Trade Organization (WTO) und das GATT gehen ebenfalls vom Ziel des Freihandels aus, weswegen keine neuen tarifären Maßnahmen (Einfuhrzoll) erhoben werden dürfen. Neben den Einfuhrzöllen können mengenmäßige Beschränkungen (Kontingente) den freien Handel behindern. In der realen Wirtschaft behindern weltweit zahlreiche tarifäre und nicht tarifäre Maßnahmen den freien Handel.“5
2.2 Vom GATT 1947 zur WTO
In der Jahren 1945 und 1946 kamen von den Amerikanern Vorschläge zur Neure- gelung des Welthandels. Dies ist im Bestreben zur Abgrenzung zum Dritten Reich begründet, als „…verantwortliche Instanz für die Verwirklichung der demokrati- schen Staatsform, der freien Wirtschaft, der demokratischen Staatsform und ‚der grundlegenden Menschenrechte‘…“6 aufzutreten. Als weiterer Grund ist die Wirt- schaftspolitik zu Zeiten der Weltwirtschaftskrise 1929/30 zu erwähnen. In dieser Zeit fand in Amerika eine enorme Erhöhung der Importzölle statt, mit dem Ziel die eigene Wirtschaft zu stärken. In Europa wurden als Antwort die entsprechenden Gegenmaßnahmen eingeleitet, was dazu geführt hat, dass in den Jahren 1929 bis 1932 der Welthandel auf ca. 33 % seines Volumens der Vorjahre fiel.7 Des Weite- ren ist zu erwähnen, dass die Amerikaner in den Jahren 1934 bis 1947 insgesamt 32 bilaterale Handelsabkommen unter Anwendung des Meistbegünstigungsprin- zips8 abschlossen mit der Folge, dass viele Drittländer freien Zugang zum USA- Markt erhielten, jedoch ohne Gegenleistungen für Amerika.9 Allgemein lässt sich sagen, dass das „… GATT (…) auf Schaffung eines Welthandelssystems gerichtet (ist), welches sich an marktwirtschaftlichen Prinzipien orientiert. Das Vertragswerk zielt auf eine Liberalisierung des internationalen Handelsverkehrs durch die fortschreitende Beschränkung von Handelshemmnissen und soll protektionistischen Eingriffen in den Wettbewerb auf dem Weltmarkt entgegenwirken.“10 Dabei ist das „… GATT-Prinzip der fortschreitenden Liberalisierung ist kein eigenständiger Wert, sondern ein Mittel zum Zweck der Verwirklichung der in der Präambel des GATT-Vertrages niedergeleg- ten Ziele:
- Erhöhung des Lebensstandards,
- Vollbeschäftigung,
- ein hohes und ständig steigendes Niveau des Realeinkommens,
- die optimale Erschliessung der Ressourcen der Welt sowie
- die Steigerung der Produktion und des Austauschs von Gütern.“11
Im Oktober 1946 fand in London eine erste Vorkonferenz mit 18 Staaten statt mit dem Ziel, eine internationale Handelsorganisation als Unterorganisation der UNO ins Leben zu rufen. Als Ergebnis dieser Vorkonferenz kamen u. a. folgende Vorschläge zusammen: „…Behandlung der von den USA an die Teilnehmerländer der Vorkonferenz gerichteten Angebote über den Abbau von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen12 …(und)...Bildung eines Unterausschusses zur Erarbeitung eines ITO-Statutenentwurfs (drafting committee), d. h. zur Zusammenfassung der von allen Verhandlungspartnern akzeptierten Punkte sowie zur Formulierung von Alternativvorschlägen im Falle von Meinungsverschiedenheiten.“13
Das drafting committee erarbeitete während seiner Tagung im Januar und Februar 1947 in Lake Success, New York, einen Statutenentwurf für die Internationale Handelsorganisation sowie eine erste Fassung des „General Agreement on Tariffs and Trade.14
„Die UNO-Konferenz für Handel und Beschäftigung fand schliesslich vom November 1947 bis März 1948 in Havanna statt. Die Unterzeichnung der «Havanna Charter for an International Trade Organization» erfolgte am 24. März 1948 durch insgesamt 54 Staaten. Das Abkommen enthielt Bestimmungen über Beschäftigung, wirtschaftliche Entwicklung und Wiederaufbau, Handelspolitik, restriktive Handelsmassnahmen, zwischenstaatliche Produkteabkommen sowie die Schaffung einer Internationalen Handelsorganisation, der die entsprechenden Befugnisse zur Ausführung der vorgängigen Bestimmungen sowie der im GATT bereits festgelegten Handelsmassnahmen zu übertragen waren.“15
Obwohl die Basis für die Havanna Charta im Grunde von den Amerikanern gelegt wurde, waren es sie, die die Charta nicht ratifiziert haben. „Die Änderung der ame- rikanischen Einstellung mag darauf zurückzuführen sein, daß die Havanna-Charta nicht nur viele Spuren der planwirtschaftlichen Gedanken Roosevelts in sich trug, die auf nationaler Ebene ihren Niederschlag im New Deal gefunden hatten und dem geänderten politischen Denken nicht mehr entsprachen, sondern daß auch andere Bestimmungen aufgenommen worden waren, die von dem ursprünglichen Plan abwichen. Die Ablehnung wurde vielleicht aber auch von jenen protektionisti- schen Gruppen gefördert, die eine möglichst große Freiheit der amerikanischen Handelspolitik von internationalen Bindungen fordern.“16 Dies hatte zur Folge, dass die ITO als solche nicht zustande kam und das GATT als Provisorium in einem ge- sonderten Vertrag, der später zu einem Teil der ITO werden sollte, seinen Ur- sprung fand. Die Vertragsunterzeichnung fand am 30.10.1947 in Genf statt und trat zum 1.1.1948 in Kraft.17 Insgesamt waren 23 Staaten an diesem Vertrag beteiligt: Australien, Belgien, Brasilien, Burma, Ceylon, Chile, China, Frankreich, Großbri- tannien, Indien, Kanada, Kuba, Libanon, Luxemburg, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Pakistan, Südrhodesien, Südafrika, Syrien, Tschechoslowakei und die USA.18 Da die ITO als Verwaltungsorgan bisher nicht zustande kam, gründete man eine Kommission, die dies vorläufig übernehmen sollte, die ICITO (Interim Com- mission for the International Trade Organization).
Im Laufe der Zeit fanden sog. Handelsrunden statt, um die Weiterentwicklung und die Ausführung des GATT zu beschließen.19 Als Ergebnis der Uruguay-Runde wurde 1995 die World Trade Organization (WTO) gegründet. Somit wurde aus dem erstmals als Provisorium geschaffenen GATT, der als frühere „ohnmächtige Polizist der Welthandelsordnung“20 bezeichnet wurde, eine Welthandelsorganisation.21 „Die WTO ist als institutioneller Rahmen für die Wirtschaftsbeziehungen der Mitgliedsstaaten auf der Grundlage des neuen GATT und der anderen Vereinbarungen gedacht, die zum Abschluss der Uruguay-Runde geschlossen worden sind…“22
[...]
1 https://www.wto.org/english/thewto_e/whatis_e/tif_e/org6_e.htm, Stand 27.06.2015.
2 Vgl. Yüksel, A .S. (1996), S. 16f.
3 Yüksel, A. S. (1996), S. 15.
4 Yüksel, A. S. (1996), S. 15.
5 http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/4757/freihandel-v8.html, Stand 24.06.2015.
6 Senti, R. (1986), S. 4.
7 Vgl. Senti, R. (1986), S.4.
8 Unter Meistbegünstigung versteht man das Zusichern der gleichen Vorteile dem jeweiligen Vertragspartner, wie es bereits anderen Vertragspartnern zugesichert wurde. (Vgl. Herdegen M. (2014), S. 16.)
9 Vgl. Senti, R. (1986), S. 9.
10 Herdegen, M. (2014), S. 156.
11 Hauser, H., Schanz, K.-U. (1995), S. 20f.
12 Gemeint sind die 1945 von dem amerikanischen Staatsdepartement veröffentlichten „Proposals for Expansions of World Trade and Employment“ (Vgl. Senti, R. (1986), S. 10.)
13 Senti, R. (1986), S. 11.
14 Vgl. Senti, R. (1986), S. 11.
15 Senti, R. (1986), S. 11f.
16 Liebich, F. K. (1971), S. 9f.
17 Vgl. Senti, R. (1986), S. 16.
18 Vgl. Senti, R. (1986), S. 40.
19 Vgl. Senti, R. (1986), S. 17. Eine Aufstellung der Handelsrunden mit den jeweils behandelten Themen erfolgt im Anhang.
20 Yüksel, A. S. (1996), S. 39.
21 Vgl. Yüksel, A. S. (1996), S. 39.
22 Herdegen, M. (2014), S. 152.