Die Wirkungen des demografischen Wandels auf die Betriebe in Deutschland. Handlungsmöglichkeiten für Arbeitgeber und -nehmer
Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit soll auf diese gegenwärtige Problematik aufmerksam machen und daraus folgernd die Frage beantworten, wie der demografische Wandel in den Betrieben Deutschlands wirkt.
Für die Analyse werden zu Beginn der Arbeit die theoretischen Grundlagen im Hinblick auf den demografischen Wandel erläutert. Im Anschluss daran werden die Wirkungen des Wandels auf den Arbeitsmarkt thematisiert, bevor mögliche Maßnahmen für die demografieorientierte Eingliederung der älteren Arbeitnehmer in den betrieblichen Ablauf vorgestellt werden.
Auf Grundlage näherer Ausführungen dazu soll die Arbeit mit der Beantwortung der anfangs gestellten Frage abschließen: Wie wirkt sich der demografische Wandel auf die Situation in deutschen Betrieben aus und welche Möglichkeiten gibt es diesen zu begegnen?
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Demografie und demografische Prozesse in der Bundesrepublik
2.1 Der Demografiebegriff
2.2 Der demografische Wandel in Deutschland: Entwicklungen und Prognosen der Bevölkerungsentwicklung
2.3 Demografische Alterung
3. Die Wirkungen des demografischen Wandels auf Arbeitsmarkt und Be-schäftigung
3.1 Die Folgen der demografischen Alterung auf die Arbeitswelt
3.2 Kompetenzen und Beschäftigungsrisiken Älterer
3.3 Die Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt: Erwerbstätigkeit im Alter
4. Maßnahmen für die demografieorientierte Eingliederung der älteren Arbeit-nehmer in die Betriebe
4.1 Betriebliches Personalmanagement - Anpassung der Arbeitsgestaltung im Betrieb
4.2 Individuelles Engagement des Arbeitnehmers: Lebenslanges Lernen und Eigenverantwortung für gesundes Altern
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Untersuchungsobjekte der Demografie
Abbildung 2: Dimensionen der Demografie
Abbildung 3: Bevölkerungsanteil nach Alter
Abbildung 4: Verhältnis der Lebendgeborenen und der Gestorbenen ivon 1960 bis 2011
Abbildung 5: Bevölkerungszusammensetzung Deutschlands
Abbildung 6: DIHK-Unternehmensumfrage
Abbildung 7: Paradigmenwechsel der Altersbilder in der Arbeitswelt
Abbildung 8: Leistungsfähigkeit im Alter
Abbildung 9: Erwerbstätigenquote im Alter von 55 bis 64 Jahren (1970 bis 2011)
Abbildung 10: Erwerbstätigenquote im Alter von 65 bis 69 Jahren i(1970 bis 2011)
Abbildung 11: Handlungsfelder demografieorientierten Personalmanagements
1. Einleitung
In Deutschland zeichnet sich bereits seit den 1970er Jahren ein Wandel hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung ab. Während die Lebenserwartung immer weiter an-steigt, nimmt die Geburtenrate stetig ab. Die Wirkungen dessen sind seit geraumer Zeit zentrales Thema diverser Medien und sämtlicher politischer Dialoge. Dabei mischen sich laut Kistler (k.D.) „zutreffende Aussagen mit abwegigen Mythen und Befürchtungen“ (S. 1). Insbesondere der demografischen Alterung wird in der öffentlichen Diskussion immense Aufmerksamkeit gewidmet. Dies betrifft vor allem die Wirkungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt: "`Wegen des demografischen Wandels suchen die Firmen händeringend nach Fachkräften' - das erklären die Industrie- und Handelskammern, das schreiben viele Zeitungen und das hört man in Funk und Fernsehen. Die Aussage klingt erst einmal plausibel. Nur: Was plausibel klingt, muss nicht richtig sein“ (Möller, 2012, 2. Abs.), so begegnet eine Kolumne des Karriere-SPIEGELs der publizistisch inszenierten Angst vor 'Vergreißung' und vor einem bevorstehenden Fachkräftemangel.
Im Zuge dessen stellt sich die Frage, wie der demografische Wandel tatsächlich auf den Arbeitsmarkt und die Betriebe in Deutschland wirkt.
Die vorliegende Arbeit soll auf diese gegenwärtige Problematik aufmerksam machen und daraus folgernd die Frage beantworten, wie der demografische Wandel in den Betrieben Deutschlands wirkt. Für die Analyse werden zu Beginn der Arbeit die theoretischen Grundlagen im Hinblick auf den demografischen Wandel erläutert. Im Anschluss daran werden die Wirkungen des Wandels auf den Arbeitsmarkt thematisiert, bevor mögliche Maßnahmen für die demografieorientierte Eingliederung der älteren Arbeitnehmer in den betrieblichen Ablauf vorgestellt werden.
Auf Grundlage näherer Ausführungen dazu soll die Arbeit mit der Beantwortung der anfangs gestellten Frage abschließen: Wie wirkt sich der demografische Wandel auf die Situation in deutschen Betrieben aus und welche Möglichkeiten gibt es diesen zu begegnen?
2. Demografie und demografische Prozesse in der Bundesrepublik
Im Folgenden werden zunächst die Begriffe „Demografie“ und „Demografischer Wandel“ kurz erläutert, da diese die Grundlage für die anschließende Analyse der Be-völkerungsentwicklung in Deutschland und deren Wirkungen auf den Arbeitsmarkt bilden. Anschließend wird darauf eingegangen, wie sich der demografische Wandel auf unsere Gesellschaft hinsichtlich der Altersstruktur auswirkt.
2.1 Der Demografiebegriff
„Die lebendige Basis einer Gesellschaft ist ihre Bevölkerung“ (Huinink & Schröder, 2008, S.49). Aufgrund der zentralen Bedeutung der Entwicklung und Struktur eines Landes hat sich diesbezüglich eine eigene Wissenschaftsdisziplin herausgebildet: die Demografie bzw. Bevölkerungswissenschaft. Der Begriff leitet sich aus den altgriechischen Wörtern dẽmos (Volk) und gráphein (schreiben) ab und bezeichnet die Wissenschaft von der Beschreibung der Gesellschaft. Die Demografie thematisiert und untersucht Bevölkerungsprozesse, mit anderen Worten „Entwicklungen, denen eine Bevölkerung aus innerer Dynamik und in Wechselbeziehung mit der Gesellschaft unterliegt“ (Schimany, 2003, S. 26). Dabei analysiert sie die Struktur, Größe, Verteilung und Veränderungen von Populationen (ebd., S. 15).
Diesbezüglich lässt sich die Bevölkerungswissenschaft in mehrere Untersuchungsobjekte unterteilen:
Abbildung 1: Untersuchungsobjekte der Demografie
Quelle: eigene Darstellung nach Huinink & Schröder (2008, S. 49 ff.) und Schimany (2003, S. 53)
Untersuchungsgegenstand der Bevölkerungswissenschaft ist nicht nur die Bevölkerung per se. Als „Disziplin mit einer breiten interdisziplinären Ausstrahlung, wobei Be-völkerungsstatistik und mathematische Modellbildung den disziplinären Kern bilden“ (Schimany, 2003, S. 51), untersucht die Demografie auch eine Bandbreite an sozialwissenschaftlichen Kategorien hinsichtlich der Bevölkerung. Dazu zählen zum einen bevölkerungspolitische, aber auch ökonomische bzw. soziologische Betrachtungsweisen. Des Weiteren beschreibt, analysiert und untersucht die Demografie historisch die Bevölkerungsgeschichte. Hinzu kommt das Teilgebiet der Bevölkerungsgeografie, welches sich sowohl mit natürlichen (Geburten als Ergebnis der Fertilität, Sterbefälle als Ergebnis der Mortalität) aber auch mit räumlichen (Migration, räumliche Mobilität) Bevölkerungs-bewegungen beschäftigt. Hauptbestandteile letzteren Untersuchungsobjektes, auch demografische Ereignisse genannt, sind Fertilität, Mortalität und Migration, also „das Verhältnis der Geburtenzahlen und Todesfälle sowie [das] Saldo von Zu- und Abwanderungen“ (Schimany, 2005, S. 3).
Abbildung 2: Dimensionen der Demografie
Quelle: eigene Darstellung
Dabei besteht zwischen Bevölkerungsprozessen und -strukturen eine wechselseitige Dependenz: einerseits sind vergangene demografische Ereignisse für gegenwärtige Strukturen verantwortlich, andererseits beeinflusst die gegenwärtige Struktur auch die künftigen Entwicklungen (Schminay, 2003, S. 29). Der aktuelle Altersaufbau einer Gesellschaft ist demnach durch vergangene Begebenheiten begründet, er bewirkt aber auch „die gegenwärtige und zukünftige Fruchtbarkeit und Sterblichkeit, wodurch sich erneut die Altersstruktur einer Bevölkerung verändert“ (ebd.).
Umbrüche dieser Bevölkerungsentwicklungen, welche sowohl gesellschaftliche, familiale und individuelle Folgen haben können, werden als demografischer Wandel bezeichnet (Schimany, 2005, S. 3).
2.2 Der demografische Wandel in Deutschland: Entwicklungen und Prognosen der Bevölkerungsentwicklung
Der demografische Wandel, also die Veränderung der Bevölkerungsstruktur, ist ein sich langsam vollziehender Prozess, der sich in Deutschland seit mehr als 100 Jahren zu beobachten ist. Das Zusammenwirken von Geburtenhäufigkeit und Sterblichkeit verursacht einen Wandel im Altersaufbau der Bevölkerung. Betrachtet man den Bevölkerungsaufbau hinsichtlich der Altersstruktur, erkennt man eine Entwicklung von einer Pyramidenform (1910) zu einer prognostizierten Urnenform (2060). (Huinink & Schröder, 2008; Schimany, 2003; Schimany, 2005)
Abbildung 3: Bevölkerungsanteil nach Alter Datenbasis: Statistisches Bundesamt
Quelle: eigene Darstellung nach BiB, 2013a, S. 10
Während 1910 ein deutlicher Geburtenschuss messbar war, zeigt sich im Laufe der nachfolgenden Jahre ein starker Rückgang der Lebendgeborenen. Schimany (2005) beschreibt diesen Abfall des Geburtenniveaus wie folgt:
„Um 1900 betrug das Geburtenniveau 4,6 Kinder je Frau. Starke Einbrüche liegen in den Jahren 1917/18, 1930 bis 1933 und 1942 bis 1945 als Folge der beiden Weltkriege und der Weltwirtschaftskrise vor. [...] Anfang der 1960er Jahre gab es mit 2,5 Kindern je Frau [...] einen kurzfristigen Aufschwung des Geburtenniveaus als Folge des „Wirtschaftswunders“. Mitbedingt durch die Freigabe von empfängnisverhütenden Mitteln sowie die Liberalisierung der Gesetzgebung zum Schwangerschaftsabbruch und zum Scheidungsrecht kam es erneut zu einem starken Einbruch der Geburten. [...] Seit 1975 beträgt das Geburtenniveau nahezu gleich bleibend nur noch 1,4 Kinder je Frau“ (S. 6).
Die Gründe für den Geburtenrückgang liegen demnach sowohl in der veränderten Lebensweise, der Emanzipation und der somit verbundene Bildungs- und Berufs-orientierung der Frauen, den Veränderungen in der Alters- und Geschlechterstruktur der Gesellschaft, aber auch in der Einführung der Pille und damit möglicher Tren-nung von Sexualität und Fortpflanzung. (Kocka, 2008, S. 219; Schimany, 2005, S. 6).
Betrachtet man die obenstehende Grafik, fällt nicht nur das Sinken des Geburtenniveaus auf. Auch eine Zunahme der Lebenserwartung ist im Zeitverlauf erkennbar. Laut Schimany (2005) „starben im Jahr 1900 von 1.000 Einwohnern 22 Personen […], im Jahr 2000 [waren] es nur noch 10“ (S. 7). Dieser Trend kontinuierlich sinken-der Sterblichkeit ist durch den medizinischen Fortschritt, eine verbesserte Ernährungssituation, verbesserte Hygiene, den Ausbau des Gesundheitssystems und veränderte Arbeits- und Lebensbedingungen als auch -stile begründet (Kocka, 2008, S. 218; Schimany, 2005, S. 7). Die Zahl der Sterbefälle wird hierbei durch zwei Faktoren beeinflusst: Zum einen die Säuglingssterblichkeit, welche das Sterberisiko in den ersten zwölf Monaten beschreibt, und die Morbidität, das heißt das alters-spezifische Sterberisiko von älteren Menschen (Huinink & Schröder, 2008, S. 74-75). Dabei steigt die Lebenserwartung Neugeborener kontinuierlich: „ Anfang des 20. Jahrhunderts erreichten von 100 neugeborenen Jungen nur 44 das 60. Lebensjahr, während es heute 87 sind. Von den neugeborenen Mädchen wurde damals die Hälfte 60 Jahre alt, heute sind es dagegen 93“ (Schimany, 2005, S. 7). Andererseits steigt auch die fernere Lebenserwartung stetig an: Während die Lebenserwartung der Männer bei 79 Jahren liegt, können 60-Jährige Frauen damit rechnen, noch 24 Jahre zu leben (Schimany, 2005, S. 7).
Setzt man beide Trends in Beziehung und vergleicht die Werte beider Entwicklungen, zeigt sich Anfang der 1970er Jahre ein Umbruch: in diesem Jahr „sank in Deutschland die jährliche Zahl der Geburten erstmals unter die jährliche Zahl der Todesfälle“ (Schimany, 2005, S. 3).
Abbildung 4: Verhältnis der Lebendgeborenen und der Gestorbenen von 1960 bis 2011 Datenbasis: Statistisches Bundesamt
Quelle: BiB, 2013a, S. 7
Seit dem Zeitpunkt verzeichnet Deutschland ein negatives Bevölkerungswachstum. Dies meint, dass aufgrund der sinkenden Geburtenhäufigkeit und der steigenden Lebens-erwartung der Anteil der älteren Menschen stetig zunimmt.
2.3 Demografische Alterung
Diesen „langfristigen Wandel von einer „jungen“ zu einer „alten“ Altersstruktur“ (Schimany, 2005, S. 4, [Herv.i.O.]) bezeichnet man als demografische Alterung. Dabei bezeichnet man die durch die sinkende Geburtenrate verursachte Alterung als Alterung von unten, da die jüngeren Jahrgänge den „Sockel“ bilden. Als Alterung von obe n wird wiederum die zunehmende Alterung der Gesellschaft aufgrund der steigenden Lebenserwartung bezeichnet (ebd.).
Diese Änderungen hinsichtlich des Geburten- und Sterbeniveaus haben die Altersstruktur geprägt:
[...]