Der Name ist ein Sinnbild für die Identität eines Individuums. Für Sprachwissenschaftler wie Dietz Bering hat die enorme Bedeutung von Namen etwas mit dem Charakter des „ Eigennamen“ zu tun, der im Gegensatz zum „Gattungsnamen“ nicht Namen einer ganzen Klasse meint. Vielmehr hebt er den Einzelnen aus dieser Klasse heraus. Der „Eigenname“ bezeichnet ein Individuum, das sich von der Menge aller anderen vorhandenen Individuen unterscheidet. Zudem ist der Name ein Symbol für die Selbstidentität.
Der Name aber vermag auch eine Gruppenidentität zu schaffen. Das hängt vor allem mit dem Namensschatz einer Kultur zusammen. Das Gruppenidentitätsgefühl lässt dadurch aber auch Raum für die Ausgeschlossenen entstehen, die unter Umständen der Missachtung, Verachtung und Aggression ausgesetzt sein können. Diese scheinbare gesellschaftliche Grenze, durch den Namen gestiftet, lässt sich auch aktuell beobachten. Eine Studie des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) belegt 2012 , dass Bewerber und Bewerberinnen mit türkisch klingenden Namen bei gleicher Qualifikation zu 14 Prozent weniger Einladungen auf Vorstellungstermine bekommen. Je kleiner das suchende Unternehmen war, desto seltener wurden Angehörige des eben erwähnten Personenkreises überhaupt eingeladen.
Dieses spitzt sich zu, wenn man die Praxis der Namensänderungen betrachtet. Mit der Änderung des vermeintlich für jedermann sichtbaren Familiennamen hoffen viele auf soziale Akzeptanz und Förderung der Berufschancen. Es scheint als ob die freie Entfaltung der Persönlichkeit, die in Artikel 2 des Grundgesetzes verankert ist, in engem Zusammenhang mit dem Namen eines Individuums steht.
In diesem Kontext werde ich untersuchen, ob die Annahme eines festen Familiennamens in Bezug auf das Emanzipationsedikt von 1812 als Ankerpunkt für die in Preußen lebenden Juden gilt oder ob es eben doch nur eine Illusion auf die Gleichberechtigung war. Zunächst einmal werde ich den historischen Kontext in Bezug auf die Annahme fester Familiennamen am Anfang des 19. Jahrhunderts beschreiben. In diesem systematischen Teil wird die Durchführung der Annahme der Familiennamen, sowie die Zeit der Romantik im Zusammenhang mit der Frage erläutert. Im weiteren Verlauf wird sodann die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts beleuchtet.
Inhalt
1.Einleitung
2.Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts
2.1.Die Durchführung der Annahme von Familiennamen
2.2 Die Romantik
3.Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts – Industrialisierung
4.Fazit
Literatur
1. Einleitung
Der Name ist ein Sinnbild für die Identität eines Individuums. Nur durch den Namen besteht die sprachliche Möglichkeit auf eine Person Bezug zu nehmen. Für Sprachwissenschaftler wie Dietz Bering hat die enorme Bedeutung von Namen etwas mit dem Charakter des „ Eigennamen“ zu tun, der im Gegensatz zum „Gattungsnamen“ nicht Namen einer ganzen Klasse meint. Vielmehr hebt er den Einzelnen aus dieser Klasse durch seinen „Eigennamen“ heraus. Dieser „Eigenname“ bezeichnet demnach ein Individuum, das sich von der Menge aller anderen, gleichartigen in Klassen vorhandenen Individuen unterscheidet. Zudem ist der Name ein Symbol für die Selbstidentität, denn er hebt mich aus der besagten Klasse gleichartiger Individuen heraus. Der Name aber vermag auch eine Gruppenidentität zu schaffen. Diese Empfindung der Gruppenidentität hängt vor Allem mit dem Namensschatz einer Kultur zusammen.1 Das Gruppenidentitätsgefühl lässt dadurch aber auch Raum für die Ausgeschlossenen, die unter Umständen der Missachtung, Verachtung und Aggression ausgesetzt sein können. Diese scheinbare gesellschaftliche Grenze, durch den Namen gestiftet, lässt sich auch aktuell beobachten. Eine Studie des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) belegt 20122, dass Bewerber und Bewerberinnen mit türkisch klingenden Namen bei gleicher Qualifikation zu 14 Prozent weniger Einladungen auf Vorstellungstermine bekommen. Je kleiner das suchende Unternehmen war, desto seltener wurden Angehörige des eben erwähnten Personenkreises überhaupt eingeladen. Dieses spitzt sich zu, wenn man sich das Urteil vom 4.07.2011 des Oberlandesgericht Bremen anschaut3 Nach einem Antrag auf Namensänderung, die jedem nach der Einbürgerung zusteht, wurde diese im vorliegenden Fall zunächst vom zuständigen Amtsgericht verwehrt. Zur Begründung wurde angeführt, der Vorname müsse in Deutschland üblich sein. Erst das Landgericht entschied in der Berufungsinstanz, dass man deutsche Varianten zwar wählen kann aber nicht müsse. Zudem gibt es auch in der deutschen Bevölkerung Namensänderungen. Diese treten beispielsweise nach Haftstrafen auf. Mit der Änderung des vermeintlich für jedermann sichtbaren Familiennamen, hoffen viele auf soziale Akzeptanz und Förderung der Berufschancen. Es scheint als ob die freie Entfaltung der Persönlichkeit, die in Artikel 2 des Grundgesetzes verankert ist, in engem Zusammenhang mit dem Namen eines Individuums steht. In diesem Kontext werde ich untersuchen, ob die Annahme eines festen Familiennamens im Bezug auf das Emanzipationsedikt von 1812 als Ankerpunkt für die in Preußen lebenden Juden gilt oder ob es eben doch nur eine Illusion auf die Gleichberechtigung war. Zunächst einmal werde ich den Historischen Kontext in Bezug auf die Annahme fester Familiennamen am Anfang des 19. Jahrhunderts beschreiben. In diesem systematischen Teil wird die Durchführung der Annahme der Familiennamen, sowie die Zeit der Romantik im Zusammenhang mit der Frage erläutert. Im weiteren Verlauf wird sodann die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts beleuchtet.
2. Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts
Der Weg in die Veränderung jüdischer Namenssysteme wurde in Preußen durch das Emanzipationsedikt von 1812 eingeschlagen. Die preußische Reformpolitik die nicht unter dem direkten oder indirekten Einfluss der französischen Regelungen stand verknüpfte vielmehr die Neuorganisation des Staats mit dem Konzept der Denkschrift von Christian Wilhelm Dohm: „ Über die bürgerlichen Verbesserung der Juden“. Die Neuorganisation des preußischen Staates vor allem hervorgerufen durch zwei Einflussfaktoren am Anfang des 19. Jahrhunderts.4 So stellen die Prinzipien der Aufklärung und die napoleonische Herrschaft die Frage der Gleichberechtigung der jüdischen Minderheitsexistenz ins Zentrum der aufklärerischen Diskussionen.5 Daher entstand nach dem Zusammenbruch im Jahre 1806, das königliche Edikt vom 11. März 1812 „betreffend die bürgerlich Verhältnisse der Juden in dem Preußischen Staate“. Das Edikt verweist bereits in der Einleitung auf die Aufhebung aller bisher bestehenden Judenordnungen. Es erklärte die bisher in Preußen wohnenden Juden die „General-Privilegien, Naturalisations- Patenten, Schutzbriefen und Konzessionen“ hatten zu „ Einländern und Preußischen Staatsbürgern“.6 Die bürgerlich- rechtliche Gleichberechtigung war an einige Bedingungen geknüpft. Dazu gehörte unter Anderem die Annahme fester Familiennamen.7 Dieses Gebot der Annahme fester Familiennamen kann als Ende eines über Jahrzehnte andauernden Prozesses gesehen werden. Die jüdische Bevölkerung besaß keine Familiennamen. In der jüdischen Gemeinschaft diente zur Identifizierung der Rufname und falls notwendig wurde der Rufname mit dem Vatersnamen gekoppelt (z.B. Joseph ben Nathan dt. Übersetzung Joseph Sohn Nathans). Die christliche Außenwelt sah die Gemeinde als einen kollektiven Bezugspunkt und so diente auch in Bereichen der schuldnerischen und strafrechtlichen Verfolgungen stets die Gemeinde als Ansprechpartner. Das starke abweichende Benennungssystem der jüdischen Minderexistenz wurde in der christlichen Mehrheitsgesellschaft toleriert, da die Fassbarkeit des jüdischen Individuums nicht als wichtig galt.8
[...]
1 Vgl. Bering (1988), S. 259
2 Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Pilotprojekt „Anonymisierte Bewerbungsverfahren“
3 Aktenzeichen 1 W 39/11
4 Dohm, Ueber die bürgerliche Verbesserung der Juden (1781)
5 Vgl. Bering (1988), S. 44
6 Vgl. § 1 des preußischen Emanzipationsedikt von 1812
7 Vgl. § 2 des preußischen Emanzipationsedikt von 1812
8 Vgl. Bering (1988). S.43 bis 44