Der Marketing-Mix der Pharmaindustrie
Zusammenfassung
Nur 7,63 Prozent der Zugelassenen Arzneimittel im Jahr 2014 waren Neupräparate (BfArM 2014). Außerdem sind im Jahr 2014 laut der Nielsen Company 942,36 Millionen Euro in die Werbemaßnahmen für Arzneimittel geflossen (The Nielsen Company GmbH 2015). Hierbei entsteht die Frage, wieso diese Summe nicht für die Forschung und Entwicklung von Innovativen Arzneimitteln aufgewendet wurde, um Neupräparate auf den Markt zu bringen.
Für die Unternehmen ist der Grund hierfür, dass die Forschung von neuen Präparaten ein hohes Risiko mit sich bringt, da nur wenige Neueinführungen zugelassen werden und nach der Arzneimittelzulassung zusätzliche Kosten für die Sicherstellung des Erfolgs des Produktes im Markt entstehen (Wolf Sussman 2008). Ein weiterer Grund hierfür ist, dass Unternehmen ohne den Erfolg des Produktes im Markt, welcher durch erfolgversprechendes Marketing entsteht, auch kein Budget für die Forschung und Entwicklung bekommen. Hieran lässt sich herauskristallisieren, dass Marketing, und Forschung und Entwicklung sich ergänzende Variablen in der pharmazeutischen Industrie sind.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Marketing-Mix
3. Marketing-Mix im Pharmamarketing
3.1. Product
3.2. Price
3.3. Place
3.4. Promotion
3.4.1. Professional Promotion
3.4.2. Direct-to-Consumer Promotion
3.5. Die zusätzlichen 3 P des Pharmamarketings: Players, Processes und Positioning
4. Die Zukunft der direkten Arztansprache
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Nur 7,63 Prozent der Zugelassenen Arzneimittel im Jahr 2014 waren Neupräparate (BfArM 2014). Außerdem sind im Jahr 2014 laut der Nielsen Company 942,36 Millionen Euro in die Werbemaßnahmen für Arzneimittel geflossen (The Nielsen Company GmbH 2015). Hierbei entsteht die Frage, wieso diese Summe nicht für die Forschung und Entwicklung von Innova- tiven Arzneimitteln aufgewendet wurde, um Neupräparate auf den Markt zu bringen. Für die Unternehmen ist der Grund hierfür, dass die Forschung von neuen Präparaten ein hohes Risiko mit sich bringt, da nur wenige Neueinführungen zugelassen werden und nach der Arzneimittelzulassung zusätzliche Kosten für die Sicherstellung des Erfolgs des Produktes im Markt entstehen (Wolf Sussman 2008). Ein weiterer Grund hierfür ist, dass Unternehmen ohne den Erfolg des Produktes im Markt, welcher durch erfolgversprechendes Marketing entsteht, auch kein Budget für die Forschung und Entwicklung bekommen. Hieran lässt sich herauskristallisieren, dass Marketing, und Forschung und Entwicklung sich ergänzende Vari- ablen in der pharmazeutischen Industrie sind.
Vor diesem Hintergrund wird in dieser Arbeit die Frage geklärt, welche Faktoren und Besonderheiten im Marketing, insbesondere mit Bezugnahme auf die Kommunikationspolitik für verschreibungspflichtige Arzneimittel in Deutschland, den Erfolg von Produkten in der pharmazeutischen Industrie bestimmen.
2. Marketing-Mix
Zuerst muss verstanden werden was Marketing bedeutet. Die vom Vorstand der American Marketing Association genehmigte Definition ist, dass das Marketing eine Tätigkeit, ein Set von Einrichtungen und Prozessen zur Erschaffung, Kommunikation, Lieferung und zum Aus- tausch von Angeboten sind, die für die Kunden, Partner, Klienten und für die Gesellschaft als Ganzes hoch geschätzt werden (American Marketing Association 2013). Um der Gesellschaft befriedigende Angebote zu unterbreiten, ist es wichtig, je nach Ziel- markt, eine geeignete Marketing-Strategie zu führen. Diese ist laut Guminski in allen Ab- schnitten des Produktlebenszyklus, vor allem in der wettbewerbsintensiven Reifephase ent- scheidend für den weiteren Erfolg oder Misserfolg des Produktes im Markt. Insbesondere wenn das Produkt kein ausreichendes Differenzierungspotenzial aufweist, ist es von ent- scheidender Bedeutung, welches Produktmanagement der betroffenen Unternehmen bes- ser ist (Guminski 2008). Hier kommt der so genannte Marketing-Mix zum Einsatz.
Nachdem Neil H. Borden 1964 den rtikel „The Concept of the Marketing Mix“ veröffentlichte, welcher das Konzept des „mixer of ingredients“ von James Culliten beinhaltet, wurde der Begriff des Marketing-Mix erstmals populär. Dieser Marketing-Mix beinhaltet die Faktoren Produkt, Planung, Preis, Marke, Distribution, Persönlicher Verkauf, Werbung, Förderung, Verpackung, Darstellung, Service, Handhabung, Faktenermittlung und Analyse (Borden 1964). Daraufhin legte E. Jerome McCarthy erstmals mit der Veröffentlichung von „Basic Marketing. A Managerial Approach“ im Jahr 1964 den Marketing-Mix in seinen Grundzügen mit den so genannten „4 P“ dar (McCarthy 1964).
Gemäß McCarthy müssen nach der Wahl eines Zielmarktes alle genannten Faktoren kombiniert werden, um den Markt zu befriedigen, was die Frage mit sich bringt, ob es einen Weg gibt, die Entwicklung eines Marketing-Mix zu organisieren und zu vereinfachen. Demnach ist es der erste Schritt um einen Marketing-Mix zu entwickeln, genau festzustellen um welchen Zielmarkt es geht. Dies erfordert die Entscheidung über das zu entwickelnde Produkt, welches die Kunden zufriedenstellen soll, über die Verfügbarkeit des Produkts in geeigneten Vertriebskanälen zur richtigen Zeit, über die Verbreitung der Information der Verfügbarkeit des Produkts durch Werbung und über die Ermittlung eines Preises, der mit der Nachfrage der Konsumenten und den Zielen der Unternehmung vereinbar ist.
In Bezug auf die Wichtigkeit der Kunden reduzierte McCarthy den Marketing-Mix auf vier Hauptvariablen die er als Product, Place, Promotion und Price, also als die 4 P festlegte (McCarthy 1964).
Der erste Faktor des Marketing-Mix ist das Produkt (Product) selbst. Hierbei steht im Vor- dergrund, dass das Unternehmen seine Produkte und Dienstleistungen den Kundenbedürf- nissen entsprechend anpassen muss, sodass sowohl die Entwicklung des Produktes als auch die Pflege von bereits bestehenden Produkten nicht außer Acht gelassen wird (Esch 2013). An dieser Stelle spielen das Positionierungs- und das Differenzierungspotenzial eines Produk- tes und der Aufbau eines Markenzeichens eine bedeutende Rolle. Hierzu muss der Markt beobachtet und evaluiert werden, um eine Position zu finden „[͙, die noch nicht besetzt ist, ein großes Entwicklungspotential verspricht oder mögliche Differenzierungsmöglichkeiten des eigenen Produktes vom Wettbewerb erlaubt.“ (Guminski 2008). Im Rahmen der Pro- duktpolitik sollte ein Hersteller sich immer fragen, was die aktuellen Trends und Bedürfnisse in der Gesellschaft sind und was diesbezüglich am eigenen Produkt verändert oder verbes- sert werden kann (Guminski 2008).
Der zweite Faktor im Marketing-Mix ist die Distribution (Place). Die zu treffenden Entscheidungen in diesem Faktor beziehen sich auf die zu wählenden Vertriebswege, das Produkt den Kunden näher zu bringen und die Verfügbarkeit entsprechend der Nachfrage sicher zu stellen. Zeit, Ort, Menge und Qualität des Produktes sind für die lückenlose Übertragung der Leistung an den Abnehmer von großer Bedeutung (Ahrendt 2008).
Der dritte Faktor des klassischen Marketing-Mix ist die Kommunikation (Promotion). An die- ser Stelle versucht der Hersteller Kontakt zu seinem Kunden aufzubauen, indem er seine Aufmerksamkeit durch die Übertragung von Informationen, mit Hilfe von Werbung, Angebo- ten und Ähnlichem zu erreichen und von dem Produkt zu überzeugen, wobei das Unterneh- men versuchen muss mit einem gegebenen Budget, möglichst viele Kunden zu gewinnen (Esch 2013).
Schlussendlich muss ein Hersteller, Entscheidungen über die Preissetzung (Price) fällen. Dieser Faktor hat zum Ziel die höchstmögliche Zahlungsbereitschaft der Kunden auszuschöpfen, indem ein optimaler Preis festgesetzt wird. Jedoch sollten Unternehmen auch eine Variation des Preises veranlassen, da nach Esch eine Ausschöpfung der maximalen Zahlungsbereitschaft mit dem Einheitspreis nicht möglich ist. Auf Grund dessen ist bei einer Preisbildung die Nachfrage der Kunden, die Wettbewerbspreise und auch die Kostenstrukturen und Ziele im eigenen Unternehmen zu berücksichtigen (Esch 2013).
3. Marketing-Mix im Pharmamarketing
Die Besonderheit des Pharmamarketing zeichnet sich dadurch aus, dass neben den direkten Kunden, wie Ärzte, Apotheker und Patienten, sozialpolitische und institutionelle Einflüsse nicht ignoriert werden dürfen (Wolf Sussman 2008).
Im sozialpolitischen Bereich muss sich das Marketing mit Regierungsstellen, Krankenkassen und Preisbehörden auseinandersetzen, um die Produktzulassung sicherzustellen (Gehrig 1992).
Der institutionelle Einfluss ist zu verstehen als die Vermarktung des Unternehmens an das Unternehmensumfeld. Hierfür kam es in den letzten Jahren zum Zusammenschluss von Un- ternehmen dieser Branche, zu Organisationen, die eigene ethische Bedingungen versuchen aktiv an ihr Umfeld zu übertragen, wie zum Beispiel der Bundesverband der Pharmazeuti- schen Industrie e.V..
Außerdem bringt die Pharmabranche hohe Risiken mit sich, da zum einen von der Entwick- lung des Produktes hin zur Marktzulassung über 10 Jahre in Anspruch genommen werden und des Weiteren auch verhältnismäßig wenige Innovationen zugelassen werden (Völker 2006). Daher ist mit weniger Produktdifferenzierung und höheren Kosten zu rechnen (Harms, Drüner 2003). Demnach wurden im Jahr 2014 von 1620 abgeschlossenen Anträgen für die Arzneimittelzulassung 1559 Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassen, wovon jedoch nur 119 Stoffe Neupräparate, also unbekannt, waren (BfArM 2014).
Darüber hinaus zeigt der medizinisch-wissenschaftliche Aspekt des Pharmamarketings eine große Relevanz auf, da therapeutische, diagnostische und medizinisch-technische Bedürfnis- se in der Entwicklung gut verstanden werden müssen, um ein geeignetes Produkt auf den Markt zu bringen (Wolf Sussman 2008). Deshalb ist zum Beispiel auch der demographische Wandel in Betracht zu ziehen, um Innovationsbedürfnisse zu befriedigen und Forschungs- entscheidungen zu treffen, denn nach der Bevölkerungsvorausberechnung des statistischen Bundesamtes im Jahre 2060 die Altersgruppe von über 65 Jahren 32% der Gesamtbevölke- rung ausmachen soll, was seit 2013 einen Anstieg von ca. 10% darstellt und somit ein höhe- rer Bedarf im Rahmen der Alterskrankheiten entstehen kann (Statistisches Bundesamt 2015).
Außerdem wird das Pharmamarketing vom Informationsaspekt und vom vertrieblichen As- pekt, dessen Schwerpunkt die Kommunikation ist, stark beeinflusst. Aufgrund von diesen facettenreichen Aspekten, dem gestiegenen Selbstbewusstsein der Kunden und den ver- gleichsweise strengeren Rahmenbedingungen, muss für das Pharmamarketing der Marke- ting-Mix, der mit „4 P“ von McCarthy vorgestellt wurde, modifiziert werden, da die 4 P als Grundlage für das Pharmamarketing nicht ausreichen. Hierfür erweitert sich das Modell mit Players, Processes und Positioning um 3 weitere P, um der zunehmenden Komplexität der Vermarktung von Arzneimitteln gerecht zu werden (Harms, Drüner 2003).
3.1 Product
Ähnlich wie in der klassischen Produktpolitik muss ein Pharmaunternehmen für die Differenzierung des eigenen Produktes streben. Zwar lassen Arzneimittel diesbezüglich wenig Spielraum, da sie meist gleichwertige Produkte sind, jedoch ist es möglich durch das Umfeld des Produktes, also die Verpackung, Produktdesign und Anwenderfreundlichkeit, das Produkt, von dem der Konkurrenz, abzuheben (Guminski 2008).
Da nach dem Bundesministerium für Gesundheit ein Patentschutz eines Arzneimittels, der
dazu dient die Forschungs- und Entwicklungskosten zu decken, maximal 20 Jahre andauert und Konkurrenten, nach Ablauf des Patentschutzes, mit Generika, also mit demselben Wirkstoff, in den Markt eintreten können, müssen pharmazeutische Unternehmen ihre Produkte modifizieren, wie zum Beispiel eine Änderung der Dosierung, was meist auch zu einer Erweiterung des Patentschutzes führt und somit Umsatzverminderungen einspart (Guminski 2008 und Bundesministerium für Gesundheit 2014).
Nach Guminski bilden Produkte für besondere Patientengruppen, wie Kinder und ältere Menschen, sowie Produkte, die in Kooperation mit anderen pharmazeutischen Unternehmen hergestellt werden, klare Wettbewerbsvorteile. Außerdem ist das Betreiben einer Markenpolitik von entscheidender Bedeutung, denn Patienten oder auch Ärzte müssen Vertrauen und Bindung zum entsprechenden Arzneimittel finden, womit auch Wiedererkennungswert geschaffen wird. Dies ist durch eine effiziente und innovative Verpackung möglich, wie beispielsweise bei der Anti-Baby Pille, welche eine Verpackung in Pastelltönen hat und auf die Wochentage der Einnahme hinweist (Fastnacht 2008).
3.2 Price
Die Preissetzung von einem pharmazeutischen Produkt ist ausschlaggebend für die Glaub- würdigkeit des Unternehmens, denn laut Guminski darf der Preis weder zu hoch noch zu niedrig sein, weil ein niedriger Preis zu Zweifel an der Qualität eines Produktes führen kann (Guminski 2008).
Nach Gehrig bildet die Preisbildung in Anbetracht auf die Nachfrage ein Problem, da die Nachfrage nach Gesundheit, in diesem Fall also nach Arzneimittel, unendlich ist und somit ein sehr hoher Preis für Arzneimittel festgelegt werden könnte, jedoch haben Preise im pharmazeutischen Markt diverse Einflussfaktoren, wie gesetzliche Rahmenbedingungen, Innovationsgrade und Patentsituationen (Gehrig 1992).
Laut Guminski verfahren pharmazeutische Unternehmen nach einer Preisabschöpfungspolitik, nach welcher zuerst ein hoher Preis gesetzt wird und später der Preis nach und nach in Abhängigkeit zum Wettbewerbsumfeld herabgesetzt wird. Eine weitere Methode ist die Preisdurchdringungspolitik, um den Markt mit einer niedrigen Preissetzung möglichst schnell zu durchdringen. Hierzu zählen überwiegend Generika. Jedoch ist eine niedrige Preissetzung nur bei einer lukrativen Kostenstruktur Erfolg bringend.
[...]