Selbstverständnis und Rolle der Kommunistischen Partei im heutigen China
Zusammenfassung
Leseprobe
Gliederung:
1. Einführung
2. Hauptteil:
2.1 Selbstverständnis der Kommunistischen Partei
2.1.1 Struktur
2.1.2 Staatsideologie und Programm der KPCh
2.1.3 Führungsanspruch
2.2 Die Partei im Wandel
2.2.1 Gründe für den Wandel
2.2.2 Ist die VR China noch sozialistisch?
2.2.3 Auswirkungen des Wandels
2.2.4 Stellenwert der Partei im heutigen China
3. Schluss: Ausblick in die Zukunft der KPCh
Anhang
Literaturverzeichnis
1. Einführung
Im März dieses Jahres verunglückt in Peking ein Ferrari und der Fahrer, ein junger Mann, stirbt. Innerhalb weniger Stunden werden sämtliche Bilder des zerstörten Luxusautos aus dem Internet entfernt und der Suchbegriff „Ferrari“ wird monatelang gesperrt. Diese Vorgehensweise macht eines deutlich: Die Kommunistische Partei Chinas bemüht sich etwas zu vertuschen. Natürlich bleiben Zweifel über die tatsächliche Faktenlage, wie üblich in China. Man weiß schließlich nie genau, wer gerade welche Intrige hinter den Kulissen der Kommunistischen Partei spinnt. Fakt ist jedoch, dass die Parteizeitung „Global Times“ einen jungen Mann als tot meldet und zwei Begleiterinnen als verletzt.
Der Name dieses Mannes wurde dann von einer anderen, nicht parteiverbundenen Zeitung, veröffentlicht. Es handle sich laut der "South China Morning Post“ um Ling Gu. Er ist der Sohn von Ling Jihua - und dieser wiederum war bisher der Vorsitzende des Generalbüros des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei. Ling Jihua wurde nun degradiert und besetzt einen deutlich weniger einflussreichen Posten. Dieser Vorfall ist der KPCh enorm peinlich. Denn es ist nicht gerade fördernd für eine kommunistische Partei, wenn Söhne hoher Funktionäre mit Ferraris und, wie gesagt wird, mit leicht bekleideten Frauen durch Peking rasen. Ling Jihua war außerdem ein enger Vertrauter von Präsident Hu Jintao, auf dessen Image sich eine Degradierung eines seiner wichtigsten Funktionäre natürlich auch negativ auswirkt.1 2
Der ganze Vorfall zeigt allerdings nicht nur das Bemühen der KPCh, gut dazustehen. Es ist auch eines von vielen Beispielen dafür, wie China sich verändert hat und die Partei zunehmend vom Spagat zwischen Kapitalismus3, Westöffnung oder wie hier westlichen Statussymbolen und der Ideologie des Sozialismus4 und Kommunismus5 belastet wird. Die Partei hat eine interessante Veränderung durchzogen und es stellt sich die Frage der Vereinbarkeit des Selbstverständnisses der Partei und den Folgen, die aus dem Wandel resultieren. Im Folgenden soll nun auf die Kommunistische Partei
Chinas, deren Selbstverständnis, Gründe und Auswirkungen des Wandels, sowie auf die Rolle im heutigen China eingegangen werden.
2. Hauptteil:
2.1 Selbstverständnis der Kommunistischen Partei
2.1.1 Struktur
Das Regierungssystem in China ist in zwei Teile getrennt. Zum einen der formale Staatsteil und zum anderen der Teil der KPCh. Im staatlichen Teil bilden Delegierte von Provinzen, Städten, Kreisen und der Streitkräfte den Nationalen Volkskongress, der einmal jährlich tagt. Dieser wählt den Staatspräsidenten und den Ständigen Ausschuss. Der Staatsrat ist laut Verfassung das „oberste Organ der Staatsverwaltung“ und das „Exekutivorgan“ des Nationalen Volkskongresses. Auf der anderen Seite steht der parteiliche Teil. Alle fünf Jahre findet der Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas statt. Hier wird das Zentralkomitee (ZK) gewählt, welches aus 150 bis 200 Mitgliedern besteht. „Das höchste Entscheidungs- und Führungsorgan der KPCh ist das ZK-Politbüro. Es hat derzeit 24 Mitglieder, aus denen wiederum ein Ständiger Ausschuss mit nur neun Mitgliedern hervorgeht.“ (s. Heilmann, S., 2005, S.26, Z.1-4) Diese neun Mitglieder sind die wichtigsten Parteiführer und die Spitze der KPCh. Die Partei durchdringt das gesamte Staatssystem der Volksrepublik China auf allen Ebenen. So werden alle Kandidaten für alle Führungspositionen im staatlichen Teil des Systems von Parteigremien ausgewählt und benannt, während der Nationale Volkskongress dem zustimmen muss.6 (vgl. Heilmann, S., 2005, S.23)
Die Kommunistische Partei Chinas besitzt aktuell 78 Millionen Mitglieder und pro Jahr kommen ca. 1,4 Millionen dazu. Sie ist somit die mitgliederstärkste politische Partei der Welt.
Die Mitgliederstruktur der KPCh weist einige Unterschiede auf. Heute sind rund zwanzig Prozent der Parteimitglieder private Unternehmer, obwohl diese offiziell erst
Seit 2002 in die Partei eintreten dürfen. Außerdem geschah eine enorme Veränderung in Bezug auf Bildungsgrad und soziale Stellung. So stieg der Anteil der Mitglieder
mit höherer Schulbildung von 1978 von 12,8 % auf 52,5 % im Jahre 2000. Die Zahl der Hochschulabsolventen im Zentralkomitee der KPCh stieg von 23,8 % 1969
auf 98,6 % im Jahre 2002. Der Anteil der Arbeiter und Bauern, nach der Lehre des Marxismus-Leninismus7 die herrschende Klasse im sozialistischen System, sank jedoch auf 45 %.8 9 10
[...]
1 Vgl. Internetquelle 3
2 Vgl. Internetquelle 9
3 Wirtschaftsform, die durch Privateigentum an Produktionsmitteln und Steuerung des Wirtschaftsgeschehens über den Markt gekennzeichnet ist
4 nach Karl Marx: Entwicklungsstufe, die auf gesellschaftlichen oder staatlichen Besitz der Produktionsmittel und eine gerechte Verteilung der Güter an alle Mitglieder der Gemeinschaft hinzielt.
5 nach Karl Marx: die auf den Sozialismus folgende Entwicklungsstufe, in der alle Produktionsmittel und Erzeugnisse in das gemeinsame Eigentum der Staatsbürger übergehen und alle Klassengegensätze überwunden sind.
6 Zur Veranschaulichung s. http://www.bpb.de/izpb/8861/charakteristika-des-politischen-systems?p=0
7 Von Karl Marx und Friedrich Engels begründete sozialistische Staats-, Gesellschafts- und Wirtschaftstheorie, die von Lenin in der Epoche des Imperialismus weiterentwickelt wurde. Zu den Zahlen:
8 s. Hartmann, J., 2006, S.76f
9 s. Internetquelle 12
10 s. Internetquelle 6