Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Arno Schmidts Kurzgeschichte „Nachbarin, Tod und Solidus“ aus dem Jahre 1956 untersucht sowie interpretiert die in ihr vorkommenden ökonomischen Motive. Die Frage nach den ökonomischen Motiven ist von besonderem Interesse, da es kaum Sekundärliteratur gibt und sich eine nähere Betrachtung der Kurzgeschichte daher besonders lohnt.
Die Arbeit gliedert sich in fünf Teile. Der erste Teil der Arbeit widmet sich dem Wort und Begriff der Kurzgeschichte sowie ihrer historischen Entwicklung und ihrer Merkmale insbesondere nach 1945, jedoch können im Rahmen dieser Arbeit diese Themen nur am Rande behandelt werden. Anschließend folgt die Analyse und Interpretation der Kurzgeschichte „Nachbarin, Tod und Solidus“ und setzt sich daraufhin gezielt mit den ökonomischen Motiven der Kurzgeschichte kritisch auseinander. Abschließend folgt ein Fazit.
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Wort und Begriff der Kurzgeschichte
2.1 Die historische Entwicklung der Kurzgeschichte im ausgehenden 19. Jahrhundert
2.2 Merkmale der deutschen Kurzgeschichte nach 1945
3. Die Kurzgeschichte „Nachbarin, Tod und Solidus“
3.1 Darstellung der Sprache
3.2 Darstellung der Perspektive
3.3 Darstellung der Rahmen- und Binnenhandlung
3.4 Darstellung von Zeit und Raum
4. Interpretation unter besonderer Berücksichtigung der ökonomischen Motive
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis:
1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Arno Schmidts Kurzgeschichte „Nachbarin, Tod und Solidus“ aus dem Jahre 1956 untersucht sowie interpretiert die in ihr vorkommenden ökonomischen Motive. Die Frage nach den ökonomischen Motiven ist von besonderem Interesse, da es kaum Sekundärliteratur[1] gibt und sich eine nähere Betrachtung der Kurzgeschichte daher besonders lohnt.
Die Arbeit gliedert sich in fünf Teile. Der erste Teil der Arbeit widmet sich dem Wort und Begriff der Kurzgeschichte sowie ihrer historischen Entwicklung und ihrer Merkmale insbesondere nach 1945, jedoch können im Rahmen dieser Arbeit diese Themen nur am Rande behandelt werden. Anschließend folgt die Analyse und Interpretation der Kurzgeschichte „Nachbarin, Tod und Solidus“ und setzt sich daraufhin gezielt mit den ökonomischen Motiven der Kurzgeschichte kritisch auseinander. Abschließend folgt ein Fazit.
2. Wort und Begriff der Kurzgeschichte
Das deutsche Wort Kurzgeschichte lässt sich auf den angloamerikanischen Gattungsbegriff der short story zurückführen. Diese zu Beginn des 20. Jahrhunderts eingebürgerte Lehnübersetzung, deckt sich nur teilweise mit der englischen Bezeichnung der short story, da es sich ursprünglich auf die Novelle bezieht.[2] Edgar Allen Poe prägt das theoretische Konzept der Kurzgeschichte, da er forderte, dass die Erzählung eine Einheitlichkeit der Wirkung haben sollte und man diese schnell lesen können müsse. Außerdem war es seine Absicht die Erzählung zu straffen und zu kürzen, sodass jedes Wort seinen Sinn habe.[3] Das Wort Kurzgeschichte kommt 1910 erstmals in einem deutschen Nachschlagewerk vor (Meyers Konversationslexikon). Hier wird es jedoch nur als eine Übertragung für das Wort short story aufgenommen und wie folgt beschrieben: „als Ausdruck, der seit 1890 in Deutschland verbreitet ist und eine Novellette mit starker Handlung bei knapper Diktion bezeichnet“ In den nachkommenden Jahrzehnten gibt es einen regelrechten Bedeutungspluralismus für den Begriff der Kurzgeschichte und der Terminus erfährt eine eher willkürliche Verwendung. Erst nach 1945, insbesondere durch umfangreiche Untersuchungen von Klaus Doderer (1953) setzt sich das Wort Kurzgeschichte als Terminus technicus für eine neue Gattungsform durch. Damit gelingt es der Kurzgeschichte sich nach einem längeren Prozess von ihrer negativen Konnotation als feuilletonistische „Bedarfskunst“ zu befreien. Die Kurzgeschichte findet, somit als Ausdruck einer eigenständigen und künstlerischen Form, ab 1958 Eingang in die wissenschaftlichen Nachschlagewerke.[4]
2.1 Die historische Entwicklung der Kurzgeschichte im ausgehenden 19. Jahrhundert
Die Kurzgeschichte hat einen internationalen Charakter, jedoch werde ich aufgrund von Platzgründen nur die Entwicklung der Kurzgeschichte im deutschen Sprachraum skizzieren. Die Gattung findet in Deutschland seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert verstärkend Beachtung, dies lässt sich auf mehrere Entwicklungen zurückführen. Zum einen hatte dies leserpsychologische Gründe wie den Wunsch nach Konzentration und Intensität von Stoff und Wirkung als Folge des ansteigenden Lebenstempos; dies konnte der Roman nicht leisten. Die Tageszeitung ist das Medium dieser Zeit und bietet dem Leser die Möglichkeit, sein Literaturbedürfnis anhand von Kurzgeschichten schnellstens zu befriedigen. Die Kurzgeschichte bietet aber auch experimentierfreudigen Autoren neuen Raum und wird so zum „Sammelplatz“ der „modernen Erzählkriterien“ unter dem Prinzip der Kürze[5]. Die schon oben erwähnte Kompositionstheorie von Edgar Allen Poe mit den Schwerpunkten von Kürze, Spannung und pointiertem Schluss führt dazu, dass sich eine, auf leichte Unterhaltung ausgerichtete Variante im Feuilletonteil der Zeitungen verbreitet. Gegen diese thematische Verflachung wird besonders in den zwanziger und dreißiger Jahren protestiert.[6] Ebenfalls kommt es zu dem Wunsch, sich gegenüber den ausländischen und auch den amerikanischen Vorbildern abzugrenzen und eine eigene, deutsche Tradition der Kurzgeschichte zu entwickeln.[7] Die nationalsozialistische Literaturpolitik erweist sich als Nachteil und Einschränkung für die Entwicklung der deutschen Kurzgeschichte, da diese nun primär als ideologische Erziehung dient und nur noch sekundär das Literaturbedürfnis der Leser stillen kann.[8] Nach 1945 werden durch das kulturpolitische Umerziehungsprogramm der amerikanischen Besatzung wieder vermehrt Kurzgeschichten angeboten.[9] Viele der deutschen Nachkriegsautoren fassen die Kurzgeschichte als die ihnen zeitgemäße Gattung auf und leiten somit die Blütezeit der deutschen Kurzgeschichte ein.[10]
2.2 Merkmale der deutschen Kurzgeschichte nach 1945
Unter dem amerikanischen Einfluss entwickelte sich die deutsche Kurzgeschichte, doch erst nach 1945 mit den von der Kriegs- und Nachkriegsthematik beherrschten Kurzgeschichten, steigt die Kurzgeschichte in Deutschland zu einem modernen und eigenständigen Literaturtyp auf.[11] Die Autorengruppe der Nachkriegszeit entwickelt einen eigenen Stil, der sich im Gegensatz zu den amerikanischen Autoren darin unterscheidet, dass sie sich stärker auf das Allgemeingültige und das Menschliche beziehen und sich weniger stark auf den Helden fokussieren.[12] Viele dieser Autoren widmeten sich der leidenden Vergangenheit und Gegenwart, mit der sie sich identifizierten. Somit gingen zu dieser Zeit Literatur und Leben eine sehr enge und seltene Verbindung ein. Der Kanon der deutschen Kurzgeschichten zeichnet ein Bild vom Deutschland dieser Jahre.[13] Hierbei gibt es immer wieder unterschiedliche Themen und neue Formen. Die Nachkriegsgeneration empfand ihr Werk als Provokation und Protest, ebenso verbarg sich zum Teil eine Autobiographie des Autors hinter den Erzählungen und auch die Leser erkannten sich in ihnen wieder.[14] Die grundlegenden Merkmale der Kurzgeschichte in der Nachkriegszeit werden meist in der Kürze, der Symbolhaftigkeit, der Offenheit und der Alltäglichkeit gesehen. Die Kürze der Kurzgeschichte ist stofflich bedingt, sie wird verdichtet bzw. verkürzt, das schließt auch alle sprachlichen Gestaltungsmöglichkeiten mit ein. Häufig wird daher nur ein Augenblick dargestellt, der eine bedeutende Situation veranschaulicht. Die Kurzgeschichte setzt in medias res ein und das Ende bleibt meist offen.[15] Die typischen sprachlichen Gestaltungsmerkmale der deutschen Kurzgeschichte der Nachkriegszeit sind beispielsweise häufige Wiederholungen, Ellipsen und Andeutungen sowie die Symbolik der Wörter und Wendungen. Ebenfalls die Annäherung an das verknappend Umgangssprachliche ist zweifellos ein wichtiges Merkmal.
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[1] Die einzigen, wissenschaftlichen Interpretationen die man zu dieser Kurzgeschichte findet, sind die von Bernd Rauschenbach und Frank Legl. Ich verweise darauf später.
[2] Marx, Leonie: Die deutsche Kurzgeschichte, 2. Überarb. Auflage, Stuttgart 1997, S. 1ff.
[3] Reallexikon der Deutschen Literaturwissenschaft, Bd. II, hrsg. v. H. Fricke, Berlin, New York 2000, S.369ff.
[4] Marx 1997, S. 1ff.
[5] Vgl. Höllerer, Walter: Die kurze Form der Prosa. In: Nayhauss, Hans- Christoph: Theorie der Kurzgeschichte. Arbeitstexte für den Unterricht, Überarb. Auflage Stuttgart 2004, S.85.
[6] Marx 1997, S. 97-109 u. 138.
[7] Marx 1997, S.16.
[8] Marx 1997, S.112.
[9] Kilchenmann, Ruth J.: Die Kurzgeschichte. Formen und Entwicklung. Stuttgart, Berlin 1967, S.139.
[10] Marx 1997, S.124-127.
[11] H.Fricke 2000, S.369ff.
[12] Kilchenmann 1967, S. 141u.147.
[13] Marx 1997, S.121.
[14] Kilchenmann 1967, S.160ff.
[15] Marx 1997, S.61.