Rechtsgeschäfte mit ordensgenossenschaftlichen Rechtsträgern und die rechtliche Einheit zeitlicher Güter, die der Kirche dienen
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhalt:
Rechtsfragen im Zusammenhang mit Art XIII Konkordat 1933 im Hinblick auf Rechtsgeschäfte, die mit ordensgenossenschaftlichen Rechtsträgern abgeschlossen werden
1. Kirchenrechtliche Ausgangslage
1.1. Vermögensfähigkeit von Ordensinstituten
1.2. Normquellen zur Vermögensfähigkeit
1.3. Veräußerung von Vermögen
2. Geltung für das staatliche Recht
2.1. Zivilrechtliche Grundlage
2.2. Gefährdung der Verkehrssicherheit
2.3. Schutz der Verkehrssicherheit
3. Konkordatäre Bestimmungen
3.1. Rechtsgeschäftliche Vertretung
3.2. Die Ordinariatsklausel
3.3. Prüfungsrecht des Ordinarius
4. Conclusio
Zwecke, denen die zeitlichen Güter der Kirche dienen und wodurch die rechtliche Einheit dieser Güter angesichts der Pluralität kirchlicher Rechtsträger gewährleistet wird
1. Systematik des CIC
2. Gemeinsame Basis der zeitlichen Güter
2.1. Fundamentalnormen zu Buch V
2.2. Oberste Autorität
2.3. Kirchenvermögen
3. Zweckgebundenheit des Kirchenvermögens
3.1. Decretum Presbyterorum Ordinis
3.2. Zwecke im CIC
3.3. Sendung der Kirche
3.4. Durchführung des Gottesdienstes
3.5. Unterhalt des Klerus und anderer Kirchenbediensteter
3.6. Caritas
4. Conclusio
Rechtsfragen im Zusammenhang mit Art XIII Konkordat 1933 im Hinblick auf Rechtsgeschäfte, die mit ordensgenossenschaftlichen Rechtsträgern abgeschlossen werden
1. Kirchenrechtliche Ausgangslage
1.1. Vermögensfähigkeit von Ordensinstituten
Grundsätzlich räumt der CIC 1983[1] [2] Instituten, Provinzen und Niederlassungen, welche als juristische Personen gemäß c. 116 § 1 betrachtet werden, gemäß c. 1255 die Fähigkeit ein, Vermögen zu erwerben, zu besitzen, zu verwalten und zu veräußern, sofern nicht diese Fähigkeit in den Konstitutionen ausgeschlossen oder eingeschränkt ist (c. 634 § 1).
1.2. Normquellen zur Vermögensfähigkeit
Das Vermögen der Ordensinstitute als kirchliches Vermögen gemäß c. 1257 § 1 unterliegt gemäß c. 635 § 1 den Vorschriften von Buch V des CIC, wenn nichts anderes eigens vorgesehen ist; jedes Institut hat aber gemäß § 2 ebenso geeignete Normen über Gebrauch und Verwaltung des Vermögens zu erlassen, wodurch die ihm eigene Armut gefördert, verteidigt und zum Ausdruck gebracht wird.[3] Zum Eigenrecht eines Ordensinstitutes gehört es ebenso, im Rahmen des allgemeinen Rechts die Handlungen zu bestimmen, welche die Grenze und die Weise der ordentlichen Verwaltung überschreiten, und das festzusetzen, was zur gültigen Vornahme einer Handlung der außerordentlichen Verwaltung erforderlich ist (c. 638 § 1). Hinsichtlich der ordentlichen Verwaltung stehen Ausgaben und Rechtshandlungen außer den Oberen auch jenen Amtsträgern innerhalb der Grenzen ihres Amtes zu, die im Eigenrecht dazu bestimmt sind (c. 638 § 2).
1.3. Veräußerung von Vermögen
Im Allgemeinen besteht bezüglich der Vermögensveräußerung im Rahmen des kirchlichen Vertragsrechtes (Alienation) eine Verweisung auf das jeweilige staatliche Recht (c. 1290). Darüber hinaus ist aber wegen der dauernden Zweckbindung des kirchlichen Stammvermögens dessen Veräußerung grundsätzlich verboten (Veräußerungs- oder Alienationsverbot). Dieses Verbot ist sehr weit gefasst und bezieht sich auf alle Verträge, durch die das Stammvermögen einer kirchlichen öffentlichen juristischen Person geschmälert wird. Alle diese Verträge unterliegen daher bestimmten Gültigkeits- und Erlaubtheitsvoraussetzungen.[4] Allerdings bedeutet es kein Verbot der Veräußerung von Kirchengut schlechthin, sondern bindet die Veräußerung an (nebengeordnete) Beispruchs- bzw (oberbehördlicher) Zustimmungs- oder Aufsichtsrechte.[5]
Nach c. 638 § 3 gilt für Ordensinstitute im Speziellen, dass zur Gültigkeit einer Veräußerung und jedweden Geschäftes, durch das sich die Vermögenslage eines Ordensinstituts verschlechtern kann, sowohl die Zustimmung seines Rates als auch schriftlich gegebene Erlaubnis des zuständigen Oberen erforderlich sind.
Wenn es sich aber um ein Geschäft handelt, das die vom Heiligen Stuhl für jede Region festgelegte Geldsumme überschreitet (sogenannte „Romgrenze“[6] ), und ebenso bei Geschenken an die Kirche aufgrund eines Gelübdes oder bei Wertsachen künstlerischer oder historischer Art, ist außerdem die Erlaubnis des Heiligen Stuhles erforderlich (cc. 638 § 3 und 1292 § 1, 2).[7]
2. Geltung für das staatliche Recht
2.1. Zivilrechtliche Grundlage
Das augenfälligste Problem hinsichtlich der (staatlichen) Rechtsgeschäftsfähigkeit kirchlicher juristischer Personen ist mit Sicherheit die Frage rechtmäßiger Vertretung derselben im zivilrechtlichen Außenverhältnis, welche die Relevanz innerkirchlicher Normen zum Gegenstand haben kann.
Dazu findet sich an kaum zu erwartender Stelle ein dafür sehr relevanter Passus in § 867 ABGB, welcher grundsätzlich die außenwirksame Vertretung von „ unter der besonderen Vorsorge der öffentlichen Verwaltung stehenden Gemeinde “ zum Inhalt hat. Die kirchenrechtliche Relevanz für das gegenständliche Thema wird aber erst durch die ständige OGH-Judikatur untermauert, welche unter diesen soeben genannten Gemeinden auch die gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften subsumiert. So wirkt die Beschränkung der Handlungsfähigkeit des betreffenden kirchlichen Organs wie jene des Bürgermeisters als Organ der Gemeinde.[8]
Da § 867 ABGB weiter ausführt, dass die Voraussetzungen, die zur Gültigkeit eines privatrechtlichen Vertrages mit einer solchen Gemeinde iSd § 867 ABGB erforderlich sind, aus der Verfassung derselben und den politischen Gesetzen zu entnehmen sind, was wiederum bedeutet, dass dem innerkirchlichen Recht zu entnehmen ist, welche Vorkehrungen zu treffen sind, und dass innerkirchliche Beschränkungen der (kirchenrechtlichen) Handlungsfähigkeit eines Organs gegen jeden Dritten wirken. Somit ist die Gültigkeit eines Vertrags mit einer kirchlichen juristischen Person nach kanonischem Recht zu beurteilen.[9]
2.2. Gefährdung der Verkehrssicherheit
Vor diesem Hintergrund ergibt sich, dass, wenn nach den Bestimmungen des Kirchenrechtes zur Wirksamkeit zB einer Alienation die Erlaubnis des Heiligen Stuhls oder die Zustimmung des Ortsordinarius oder des Ordensoberen erforderlich ist, aber diese im kanonischen Recht vorgesehene Genehmigung fehlt, das von einem kirchlichen Organ abgeschlossene Alienationsgeschäft ungültig (nichtig) ist und somit keine rechtsgeschäftliche Wirkungen nach sich ziehen kann (rechtliche Unmöglichkeit).[10]
Diese und ähnliche Beschränkungen der Handlungsfähigkeit und Verfügungsgewalt des betreffenden kirchlichen Organs über Kirchenvermögen[11] im allgemeinen kanonischen Recht oder auch in Satzungen der Ordensinstitute wirkt wie gesagt gegen jeden Dritten. Ein Schutz des Vertrauens auf den äußeren Tatbestand kommt jedoch nach dem bereits Erläuterten grundsätzlich nicht in Betracht.[12] Da für gewöhnlich die Nichteinhaltung organisationsrechtlicher Vorschriften kirchlicher juristischer Personen für deren Geschäftspartner kaum ersichtlich ist und die Beschaffung notwendiger Rechtsgrundlagen mit teils erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist, führt diese Ausgangssituation im Falle tatsächlicher innerkirchlicher Beschränkungen der Vertretungsmacht zu einer erheblichen Gefährdung der Verkehrssicherheit.[13]
2.3. Schutz der Verkehrssicherheit
2.3.1. Leges canonizatae
Auch wenn der Kirche bei Regelung ihrer Vermögensangelegenheiten staatlicherseits grundlegende Freiheit eingeräumt wird, verweist sie sowohl für einzelne Rechtsgebiete[14] als auch allgemein in c. 22, nach welchem weltliche Gesetze, auf die das Recht der Kirche verweist, im kanonischen Recht mit denselben Wirkungen einzuhalten sind, soweit sie dem ius divinum nicht zuwiderlaufen und wenn nicht etwas anderes im kanonischen Recht vorgesehen ist (leges canonizatae [15] ).
Vermögensverwaltung inklusive Festlegung und Bestellung der Organe stellt somit eine innere Angelegenheit iSd Art 15 StGG dar. Mit dem Abschluss von Rechtsgeschäften unterwirft sich die Kirche jedoch den Regeln des allgemeinen Rechtsverkehrs und begibt sich gewissermaßen außerhalb ihres verfassungsgesetzlich geschützten inneren Bereichs.[16] Dadurch wird für viele Überschneidungen zwischen kirchlichem und weltlichem Recht insofern Rechts- und Verkehrssicherheit geschaffen, als weltliche Normen für Dritte leichter zugänglich und verständlich sind.
2.3.2. Aufklärungspflicht
Mit der Pflicht des Dritten, sich Kenntnis über die anwendbaren (innerkirchlichen) Vorschriften zu verschaffen,[17] korrespondiert die Aufklärungspflicht seitens der kirchlichen juristischen Person,[18] welche wiederum sowohl die objektiven Gegebenheiten als auch die Umstände des konkreten Sachverhaltes in Relation zum Erfahrungshorizont des jeweiligen Vertragspartners zu berücksichtigen hat.[19] Dabei ist insbesondere auf etwaig noch ausstehende Gültigkeitsvoraussetzungen, welche das gegenständliche Geschäft behindern könnten (zB notwendige Mitwirkungs- oder Genehmigungspflichten), hinzuweisen.
Bei Verletzung derartiger Pflichten gegenüber einem gutgläubigen Dritten ist das Rechtsgeschäft der juristischen Person zurechenbar und eventuell eine culpa in contrahendo -Haftung zu prüfen. Ferner muss bei kirchlichen Rechtsträgern auch das kanonische Billigkeitsdenken, dem die kirchliche Rechtsordnung verpflichtet ist, ins Treffen geführt und eine daraus folgende besondere Fürsorgepflicht mit in Betracht gezogen werden.[20]
2.3.3. Anscheinsvollmacht
Eine zum Abschluss von Rechtsgeschäften vertretungsbefugte Person kann sich dabei nach staatlichem wie kirchlichem Recht eines Stellvertreters bedienen. Dieser kann allerdings nur so weit bevollmächtigt werden, als die Rechtsmacht des vertretungsbefugten Vollmachtgebers selbst reicht. Hat das vertretungsbefugte Organ der vertretenen juristischen Person selbst eine Lage geschaffen, die den Anschein erweckt, die Vollmacht decke die Erklärung des Stellvertreters, dann ist das Vertrauen des gutgläubigen Dritten in den äußeren Sachverhalt zu schützen und das Rechtsgeschäft formal dem Rechtsträger zuzurechnen, gleichgültig, ob die Vollmacht im Innenverhältnis dafür überhaupt oder auch nur teilweise nicht ausreicht.[21] [22]
2.3.4. Schutz des guten Glaubens
Auch wenn staatliche Behörden kirchliches Recht anzuwenden haben, kommen dennoch allgemeine Grundsätze staatlichen Rechts über Irrtum, Täuschung, Fahrlässigkeit, Zumutbarkeit der Erkenntnis innerkirchlicher Gegebenheiten auf Seiten des gutgläubigen Geschäftspartners usw zur Anwendung. Dies auch dann, wenn das innerkirchliche Recht in Bezug auf die Rechtsfolgen dieser Sachverhalte zu einem anderen Ergebnis kommen sollte. Ein Schutz des Vertrauens auf einen äußeren Tatbestand kommt daher dann in Betracht, wenn ein Rechtsgeschäft vom kirchlichen Vertretungsorgan ohne die erforderliche Genehmigung der übergeordneten Stelle abgeschlossen wurde, aber die übergeordnete Stelle selbst ein Verhalten für die Zurechnung des äußeren Tatbestands gesetzt hat. Sofern dem zuständigen Kirchenorgan ein auf die Vertretungsvollmacht des Handelnden deutender äußerer Tatbestand zurechenbar ist, kommt ein Rechtsgeschäft nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht rechtswirksam zustande.[23]
Unentbehrlich bleibt jedoch die Voraussetzung, dass die vertretene juristische Person durch ihre Organe fahrlässig den Anschein erweckt, der Handelnde könne sie vertreten. Im Zusammenhang mit kirchlichen juristischen Personen ist nur in seltenen Ausnahmefällen eine den gutgläubigen Dritten schützende Lösung durch Vertrauen auf den äußeren Tatbestand möglich, was „ ein großes Unbehagen mit dieser Rechtsprechung zur Folge “ hat.[24]
2.3.5. Ordinariatsklausel
All diese Punkte dienen dem Schutz der Verkehrssicherheit, ebenso wie das Institut der Ordinariatsklausel[25], welche allerdings eine diesen Regeln derogierende Spezialnorm darstellt, als sie für intabulationspflichtige Verträge gilt und insofern die Regelungen über die Aufklärungspflicht, die Anscheinsvollmacht und den Schutz des gutgläubigen Dritten nicht oder zumindest nicht im vollen Umfang anwendbar sind.
3. Konkordatäre Bestimmungen
3.1. Rechtsgeschäftliche Vertretung
Art XIII § 2 Konkordat 1933 ist eine lex specialis für das rechtsgeschäftliche Handeln von ordensgenossenschaftlichen juristischen Personen und stellt klar, dass der Obere grundsätzlich zur alleinigen rechtsgeschäftlichen Außenvertretung befugt ist (idR der Lokalobere, sofern es sich aber um Rechtsgeschäfte höherer Verbände handelt, der Obere des betreffenden Verbandes); ein kollegiales Vorgehen im Sinne etwaiger Mitwirkungs-, Anhörungs- oder Zustimmungsrechte, wie sie im kanonischen Recht oft vorgesehen sind, werden an dieser Stelle vorerst außen vorgelassen.
Sicherlich wäre allein diese vereinfachte Außenvertretung für sich genommen ein sehr unbefriedigendes Ergebnis in Sachen der Verkehrssicherheit, da der Dritte auch bei Kenntnis des rechtmäßigen Vertretungsbefugten noch immer nicht davor gefeit wäre, sich darüber hinausgehend genaue Kenntnis über die wesentlich komplexeren Regeln der internen Willensbildung eines Ordensinstitutes zu beschaffen.[26] Da diese Regelung aber als lex specialis dem kanonischen Recht derogiert[27] ergibt sich, dass innerkirchlich bestehende Mitwirkungsrichte (sofern sie nebengeordnet sind) nicht rezipiert wurden. Folglich stellt sich für den Dritten bei Vertragsabschluss die Frage nach der Beachtung solcher innerkirchlichen Mitwirkungsrichte gar nicht, da diese keine Auswirkungen auf die Gültigkeit des Rechtsgeschäftes im staatlichen Bereich haben. Anders gelagert wäre der Fall jedoch, wenn es sich nicht um nebengeordnete, sondern und solche Mitwirkungsrechte handelt, die (hierarchisch) übergeordneten Instanzen zukommen (wie zB bei Beachtung der „Romgrenze“).[28] Es kommt daher nicht darauf an, ob nach innerkirchlichen Vorschriften für die Gültigkeit eines Vertrages die Zustimmung des Kapitels notwendig ist, sondern darauf, dass der zuständige Obere zustimmt, weshalb zunächst zu ermitteln wäre, wer überhaupt der zuständige Obere der Beklagten im Sinne des Art XIII § 2 Konkordat 1933 ist. Und diese Frage ist auf Grund der Ordensregeln zu entscheiden.[29]
Aus allfälligen Kontrollrechten eines übergeordneten Oberen wie nach Art XIII § 2 Abs 2 Konkordat 1933[30] entstehen per se noch keine Mitwirkungsrechte im Bereich der Vermögensverwaltung. Allerdings führt Abs 2 leg cit weiter aus, dass ohne Zustimmung der Ordensoberen[31] solches Vermögen weder veräußert noch belastet werden kann; daraus folgt, dass das Fehlen übergeordneter Zustimmungsrechte grundsätzlich die Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes nach sich zieht.
3.2. Die Ordinariatsklausel
Gemäß ZP zu Art XIII § 2 Konkordat 1933 „ wird der Heilige Stuhl die Diözesanordinarien anweisen “,[32] bei intabulationspflichtigen Rechtsgeschäften auf der Urkunde nach vorheriger Überprüfung eine Klausel beizusetzen, dass gegen die bücherlich einzutragenden Berechtigung oder Verpflichtung kirchlicherseits kein Anstand obwaltet und dass die Vertreter der kirchlichen Rechtssubjekte, welche das Rechtsgeschäft abgeschlossen haben, hierzu berufen waren.
Diese sogenannte Ordinariatsklausel ist eine Art Unbedenklichkeitsbescheinigung für alle intabulationspflichtigen Rechtsgeschäfte kirchlicher juristischer Personen innerhalb des Amtsbereichs des Diözesanordinarius, das heißt auch von ordensgenossenschaftlichen juristischen Personen. Gemäß Konkordatstext wird bescheinigt, dass der Einschreiter ein befugter Vertreter des beteiligten kirchlichen Rechtsträgers ist und dass gegen das Rechtsgeschäft kirchlicherseits keine Einwendungen bestehen.[33]
Die Ordinariatsklausel ersetzt sonst notwendige gerichtliche bzw notarielle Beglaubigungen. Nach erteilter Ordinariatsklausel können allfällige Mängel im Hinblick auf innerkirchliche Beispruchs-, Zustimmungs- und Mitwirkungsrechte für den staatlichen Bereich nicht mehr releviert werden.[34] Zur Durchführung dieser Bestimmung des ZP ist sodann eine entsprechende Verordnung[35] ergangen, wodurch auch dargetan wird, dass „ den Bestimmungen des Art. XIII § 2 Abs. 2 des Konkordates entsprochen ist. Die Bestätigung wird vom Ordinariate erteilt und bedarf, wenn sie mit dessen Amtssiegel versehen ist, keiner weiteren Beglaubigung “ (weder gerichtlich noch notariell). Wohl wurde diese Regelung vornehmlich deshalb getroffen, weil die Grundbuchsgerichte sonst kaum in der Lage wären, den wirksamen Abschluss der zu verbüchernden Verträge zu überprüfen. Das Grundbuchsrecht verzichtet in diesen Fällen auf eine unmittelbare Prüfung der kirchlichen Voraussetzungen und begnügt sich mit dem indirekten Nachweis durch die kirchenamtliche Klausel.[36] Die Ordinariatsklausel „ begründet die nicht widerlegbare Vermutung der gehörigen Zustimmung der nach dem Kirchenrecht berufenen Aufsichtsorgane und ersetzt daher für den äußeren Rechtsbereich alle anderen Zustimmungen “; ihr kommt nach Schnizer insofern eine Konstitutivwirkung zu, weshalb sie ein Element des Vertrauensschutzes darstellt.[37]
3.3. Prüfungsrecht des Ordinarius
Die Bestimmung des ZP zur Ordinariatsklausel hat jedoch auch eine materiellrechtliche Bedeutung. Sie erschöpft sich nämlich nicht in der Bestätigung des Ortsordinarius, dass die Vertreter der kirchlichen Rechtssubjekte, welche das Rechtsgeschäft abgeschlossen haben, hierzu berufen waren. Vielmehr hat der Ordinarius nach vorheriger Überprüfung auch zu bestätigen, dass gegen die bücherlich einzutragende Berechtigung oder Verpflichtung kirchlicherseits kein Anstand obwaltet. Daraus ergibt sich aber, dass er auch Dritten gegenüber die Einhaltung der Vorschriften des Veräußerungsverbotes zu überprüfen hat.[38]
Schnizer verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass ein von einem Lokaloberen, der den nötigen Konsens seines Kapitels nicht hat, abgeschlossenes Rechtsgeschäft nicht als kirchlich unbedenklich gelten und ein solcher Oberer auch kaum als „berufener“ Vertreter angesehen werden könne. Es ließe sich mangels Konkretisierung der Worte „ kirchlicherseits kein Anstand “ sogar die Meinung vertreten, dass er nicht nur bei konkreten Verstößen gegen die einschlägigen kirchenrechtlichen Bestimmungen, sondern auch wegen Sittenwidrigkeit oder aus Rücksicht auf allgemeine kirchliche Interessen die Beisetzung der Klausel verweigern dürfte oder müsste.[39]
Daraus ergibt sich, dass der Ordinarius berechtigt ist, vom zuständigen Lokaloberen abgeschlossene Rechtsgeschäfte zumindest dann abzulehnen, wenn innerkirchliche Vorschriften verletzt wurden; folglich nimmt er nicht bloß eine Beurkundung vor, sondern wurde ihm durch das ZP eine echte Entscheidungsfunktion eingeräumt, sodass die gegenständlichen Rechtsgeschäfte für den staatlichen Bereich erst mit seiner durch Beisetzung der Klausel bekundeten Zustimmung Rechtswirksamkeit erlangen. Hierbei handelt es sich um eine Angelegenheit der innerkirchlichen Autonomie, sodass es gegen die Verweigerung der Klausel keinen Rechtszug an die staatliche Behörde, sondern nur den kirchlichen Rechtszug gibt.[40]
Die gegenständliche Bestimmung des ZP dient dazu, einen Konflikt zwischen Kirche und Staat darüber hintanzuhalten, dass den Bestimmungen des Art XIII § 2 Abs 2 Konkordat 1933 entsprochen wurde. Dieser Zweck wäre jedoch dann nicht zu erreichen, wenn bei Fehlen der Klausel durch ein gerichtliches Urteil die Verbücherung eines intabulationspflichtigen Rechtsgeschäftes erzwungen werden könnte.[41]
[...]
[1] Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhle und der Republik Österreich, samt Zusatzprotokoll, BGBl II 1934/2; hinsichtlich aller relevanten staatlichen Normtexte wird auf das zugehörige Skriptum zum Universitätslehrgang „Kanonisches Recht für Juristen“ verwiesen: Schinkele, Vermögensrecht (2015) 1.
[2] Sofern nicht explizit anders angegeben, beziehen sich die Canon-Angaben auf den CIC 1983.
[3] Vgl dazu auch die Aspekte der Armut im Decretum „Presbyterorum ordinis“ in Kapitel 3.1.
[4] Skriptum zum Universitätslehrgang „Kanonisches Recht für Juristen“: Potz, Einführung in das kanonische Recht (2014) 138.
[5] Kalb/Potz/Schinkele, Religionsrecht, Wien: WUV, 2003, 510.
[6] Skriptum zum Universitätslehrgang „Kanonisches Recht für Juristen“: Eschlböck, Ordensrecht (2014) 32.
[7] Für rechtlich selbständige Klöster nach c. 615 und für Institute diözesanen Rechts muss gemäß c. 638 § 4 die schriftliche Zustimmung des Ortsordinarius hinzukommen.
[8] OGH 2 Ob 129/12b, immolex 2013, 144 (Ruckenbauer) = ecolex 2013, 513 = NZ 2013, 337.
[9] OGH 1 Ob 68/74, SZ 47/59; OGH 2 Ob 110/75, SZ 48/71 = JBl 1975, 650 = EvBl 1976/31, 68 = NZ 1977, 89; OGH 2 Ob 129/12b, immolex 2013, 144 (Ruckenbauer) = ecolex 2013, 513 = NZ 2013, 337; Schnizer, Schuldrechtliche Verträge der katholischen Kirche in Österreich, Graz: Böhlau, 1961, 168 f.
[10] Schnizer, Schuldrechtliche Verträge 111 ff; OGH 1 Ob 68/74, SZ 47/59 = EvBl 1974/272, 600 = JBl 1974, 619.
[11] OGH 2 Ob 129/12b, immolex 2013, 144 (Ruckenbauer) = ecolex 2013, 513 = NZ 2013, 337.
[12] Vgl hierzu jedoch die Ausführungen in 2.3.3. und 2.3.4.; OGH 6 Ob 558/78, SZ 25/96, OGH 09.09.1999, 8 ObA 230/99b; OGH 1 Ob 68/74, SZ 47/59; OGH 2 Ob 110/75, SZ 48/71 = JBl 1975, 650 = EvBl 1976/31, 68 = NZ 1977, 89.
[13] Kalb/Potz/Schinkele, Religionsrecht 404.
[14] ZB in c. 1290 für das Vertragsrecht und in c. 1286 n 1 für die Beschäftigung von Arbeitskräften.
[15] Potz, Einführung 24.
[16] Schinkele, Vermögensrecht 3.
[17] Allerdings darf dies nicht allzu ausufernd verstanden werden, da auch für den staatlichen Bereich nicht allein durch § 2 ABGB gerechtfertigt werden könnte, einen Vertragspartner einer juristischen Person öffentlichen Rechts stets zur Lektüre der gesamten Organisationsrechts zu zwingen, Kalb/Potz/Schinkele, Religionsrecht 514.
[18] Trotz der öffentlich-rechtlichen Stellung der Kirche ist sie nicht an das Legalitätsprinzip gebunden, woraus ebenfalls eine erhöhte Informationspflicht auf Seiten der kirchlichen Vertragspartner resultiert.
[19] Kalb/Potz/Schinkele, Religionsrecht 513.
[20] Vgl dazu jedoch die Ausführungen in 2.2.
[21] OGH 8 Ob 643/85, SZ 59/62 = EvBl 1987/74, 305 = JBl 1987, 312 (krit Primetshofer) = MietSlg XXXVIII/16.
[22] Vgl dazu jedoch die Ausführungen in 2.2.
[23] OGH 2 Ob 129/12b, immolex 2013, 144 (Ruckenbauer) = ecolex 2013, 513 = NZ 2013, 337.
[24] ZB OGH 13.04.1999, 4 Ob 46/99i.
[25] Vgl dazu vertiefend Kapitel 3.2.
[26] Kalb/Potz/Schinkele, Religionsrecht 404.
[27] Die Canones des Codex heben die vom Apostolischen Stuhl mit Nationen oder anderen politischen Gemeinschaften eingegangenen Vereinbarungen weder ganz noch teilweise auf; diese gelten daher wie bis jetzt fort ohne die geringste Einschränkung durch entgegenstehende Vorschriften dieses Codex (c. 3).
[28] Schinkele, Vermögensrecht 9.
[29] So zB im später vom OGH in 6 Ob 576/80, NZ 1982, 44, aufgehobenen Beschluss des OLG Wien, 16 R 211/79.
[30] Die Gebarung mit dem kirchlichen Vermögen findet unter Aufsicht und Kontrolle der zuständigen Kirchenbehörden oder Ordensoberen statt.
[31] Zumeist der Lokalobere; bei zentralistischen Orden kommt die Vertretungsbefugnis aber nicht dem Oberen der einzelnen Niederlassung sondern dem Verbandsoberen zu. Bei diesem handelt es sich um einen „Ordensoberen“ iSd Abs 2 leg cit; eine Sonderstellung kommt den rechtlich selbständigen Klöstern iSd c. 615 zu, die der besonderen Aufsicht des Diözesanbischofs anvertraut sind: hier kommt keine ordensinterne Zustimmung in Betracht, da sie außer einem eigenen Leiter keinen anderen höheren Oberen haben; vielmehr ist die schriftliche Zustimmung des Ortsordinarius, der hier ein hierarchisch höherstehendes Organ darstellt, erforderlich.
[32] Trotz Verwendung des Futurums ist diese Bestimmung unmittelbar anzuwendendes Recht, Schnizer, Schuldrechtliche Verträge 201; OGH 6 Ob 576/80, NZ 1982, 44.
[33] Kalb/Potz/Schinkele, Religionsrecht 526 f.
[34] Kalb/Potz/Schinkele, Religionsrecht 527.
[35] Verordnung der Bundesministerien für Justiz und Unterricht vom 9. Mai 1934 über die Ausstellung von Bestätigungen anlässlich der in den öffentlichen Büchern durchzuführenden Veräußerung oder Belastung von kirchlichem Vermögen, BGBl II 1934/22.
[36] Schnizer, Schuldrechtliche Verträge 200; OGH 6 Ob 576/80, NZ 1982, 44.
[37] Wie schon unter 2.3.5. erwähnt; Schnizer, Schuldrechtliche Verträge 203 f.
[38] OGH 6 Ob 576/80, NZ 1982, 44.
[39] Schnizer, Schuldrechtliche Verträge 206.
[40] Kalb/Potz/Schinkele, Religionsrecht 527.
[41] OGH 6 Ob 576/80, NZ 1982, 44.