Das Grundgesetz bildet den gesellschaftlichen Rahmen für das Zusammenleben der Bürger in der Bundesrepublik Deutschland. Betrachtet man das Grundgesetz genauer, so kristallisiert sich die starke Verankerung des Sozialstaates heraus. Mit dem Gedanken des Sozialstaates soll die soziale Gerechtigkeit und soziale Sicherheit aller angestrebt werden. Dies sollte sich auch in der Besteuerung der Bürger nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip widerspiegeln, doch erweist sich das als problematisch und wird noch heute in den Medien erörtert. Daher stellt sich die Frage, inwieweit das Steuersystem der Bunderepublik Deutschland auf die Sozialstaatlichkeit nach Art. 1 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG abgestimmt ist.
Das Steuerrecht ist eines der Bereiche, in dem die Fehlinterpretation des Sozialstaates am deutlichsten zu erkennen ist. Die Steuern dienten ursprünglich als Mittel der Staatsfinanzierung und sind die Haupteinnahmequelle des Staates. Die starke Verankerung des Sozialstaates im GG hat jedoch einen erheblichen Einfluss auf die Staatsziele. So soll die Erhebung der Steuern nicht nur dem Fiskalzweck dienen, sondern auch als Nebenzweck den Lenkungs- und Umverteilungszweck. Die entstehende Problematik ist die daraus resultierende Wirkung des Lenkungs- und Umverteilungszweckes in Verbindung mit der Sozialstaatlichkeit.
INHALTSVERZEICHNIS
II. INHALTSVERZEICHNIS
III. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Methodisches Vorgehen
2. Grundzüge des Sozialstaates
2.1 Sinn und Inhalt des Artikel 1 Abs. 1 und des Artikel 20 Abs. 1 GG
2.2 Begriff und Wesen des Sozialstaates
2.3 Das Prinzip der Subsidiarität
2.4 Geschichtliche Entwicklungen der sozialstaatlichen Besteuerung
3. Sozialstaatliche Auswirkungen auf die Besteuerung
3.1 Steuern im modernen Verfassungsstaat
3.2 Fundamentalprinzipien der Besteuerung
3.2.1 Äquivalenzprinzip
3.2.2 Leistungsfähigkeitsprinzip
3.3 Steuerprogression
3.4 Aktuelle Entwicklungen
4. Schlussbemerkung
IV. LITERATURVERZEICHNIS
1. Literatur
2. Internetquellen
III. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
Das Grundgesetz bildet den gesellschaftlichen Rahmen für das Zusammenleben der Bürger in der Bundesrepublik Deutschland. Betrachtet man das Grundgesetz genauer, so kristallisiert sich die starke Verankerung des Sozialstaates heraus. Mit dem Gedan- ken des Sozialstaates soll die soziale Gerechtigkeit und soziale Sicherheit aller ange- strebt werden. Dies sollte sich auch in der Besteuerung der Bürger nach dem Leistungs- fähigkeitsprinzip widerspiegeln, doch erweist sich das als problematisch und wird noch heute in den Medien erörtert. Daher stellt sich die Frage, inwieweit das Steuersystem der Bunderepublik Deutschland auf die Sozialstaatlichkeit nach Art. 1 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG abgestimmt ist.
Das Steuerrecht ist eines der Bereiche in dem die Fehlinterpretation des Sozialstaates am deutlichsten zu erkennen ist. Die Steuern dienten ursprünglich als Mittel der Staats- finanzierung und sind die Haupteinnahmequelle des Staates. Die starke Verankerung des Sozialstaates im GG hat jedoch einen erheblichen Einfluss auf die Staatsziele. So soll die Erhebung der Steuern nicht nur dem Fiskalzweck dienen, sondern auch als Ne- benzweck den Lenkungs- und Umverteilungszweck. Die entstehende Problematik ist die daraus resultierende Wirkung des Lenkungs- und Umverteilungszweckes in Verbin- dung mit der Sozialstaatlichkeit.
1.2 Zielsetzung
Unter Berücksichtigung aktueller Rechtsprechung und Entwicklung soll die vorliegende Arbeit zeigen, inwiefern Art. 1 Abs. 1 und Art. 20 Abs.1 des GG in Verbindung mit den sozialstaatlichen Gesichtspunkten auf das deutsche Steuerrecht eingewirkt hat.
1.2. Methodisches Vorgehen
Im Folgenden wird Art. 1 Abs. 1 GG mit der Unantastbarkeit der Würde des Menschen und Art. 20 Abs. 1 GG mit dem Sozialstaatlichkeitsprinzip genau definiert. Anschließend werden das grundlegende Wesen des Sozialstaates und seine verfassungsmäßigen Aufgaben beleuchtet. Folglich zeigt das Prinzip der Subsidiarität zum Verständnis des Sozialstaates auf, mit welchem Einfluss dieses Prinzip auf den Sozialstaat wirkt. Wie die Besteuerung im Sozialstaat entstanden ist, wird durch den geschichtlichen Hintergrund aufgezeigt. Zur Verdeutlichung des Themas werden die Steuern im modernen Verfassungsstaat in Bezug auf den Sozialstaat, sowie die Fundamentalprinzipien als Steuerbemessungsgrundlagen aufgefasst. Insbesondere wie bereits platzierte sozialstaatliche Gebote im Steuerrecht ihren Niederschlag gefunden haben. Als Beispiel wird der Themenpunkt der Steuerprogression definiert und die Besteuerung der unterschiedlichen Schichten mit Zahlen belegt. Im Anschluss werden aktuelle Entwicklungen im Hinblick auf das Thema aufgezeigt, und eine Schlussbemerkung formuliert.
2. Grundzüge des Sozialstaates
2.1. Sinn und Inhalt des Artikel 1 Abs. 1 und des Artikel 20 Abs. 1 GG
Im Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG wird mit den Worten „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, der Mensch als höchster Wert definiert. Dies stellt ein Abwehrrecht gegen den Staat dar. Dabei ist es unerheblich, ob der Mensch einer anderen Herkunft ist oder sich im Geschlecht, Alter oder durch Behinderung unterscheidet. Alle Handlungen die gegen dieses Grundrecht verstoßen sind verboten. Des Weiteren besagen die Worte im Art.1 Abs. 1 Satz 2 GG „Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“, dass der Wert des Menschen noch vor dem Staat und anderen Werten steht. Der Staat ist zwangsläufig dazu verpflichtet die Menschenwürde zu achten und sich dafür einzusetzen, dass Sie nicht verletzt wird.[1]
In Art. 20 Abs. 1 GG wird mit den Worten „ Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundestaat“ das Prinzipien der Sozialstaatlichkeit be- schrieben. Zusammen mit Art.1 Abs.1 GG werden Sozialstaatliche Prinzipen wie das Existenzminimum und der Schutz bestimmter Gruppen durch den Staat abgeleitet.
Art. 1 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG bilden die Basis für alle anderen Grundrechte und sind durch die „Ewigkeitsklausel“ nach Art. 79 Abs. 3 geschützt. Die „Ewigkeitsklau- sel“ ist nicht änderbar solange das Grundgesetz der Bunderepublik Deutschland exis- tiert. Sie ist, wie das Wort „Ewig“ beschreibt, auf unbestimmte Zeit festgesetzt.
2.2 Begriff und Wesen des Sozialstaates
Die Ideengeschichte des Sozialstaates zeigt, dass die Menschen keine isolierten Individuen, sondern aufeinander angewiesen sind. Die soziale Sicherung hätte keine Wirkung, wenn die Menschen nicht einander bedürfen würden.[2] In diesem Zusammenhang ist das Wort „sozial“ im Sozialstaat auch als „Solidarität“ zu verstehen, es wird aus dem lateinischen „socius“ abgeleitet. Es bedeutet, gemeinsam, oder verbunden in einer Gruppe lebend. Bezeichnet wird das Zusammenleben der Menschen in einer Gemeinschaft als ein Grundbedürfnis des Lebens.[3]
Im Laufe der Entwicklung des Sozialstaates wurden die soziale Gerechtigkeit, Freiheit und Gleichheit maßgeblich. Als Aufgabe des Sozialstaates verstehen sich durch staatliches und politisches Handeln, der Herstellung sozialer Gerechtigkeit und Sicherheit, die Beseitigung der Unterschiede zwischen den sozialen Klassen, die Umverteilung ökonomischer Mittel und die Sicherung eines Existenzminimums.[4] Als Beispiel versteht sich die soziale Gerechtigkeit als eine materielle Gerechtigkeit in der Beseitigung der Not. Wenn jemand wegen der Armut seiner Eltern keine Chance auf Ausbildung und somit den Einstieg in eine bessere Berufssparte hat und infolgedessen immer arm bleibt. Wenn jemand wegen seiner geistigen oder körperlichen Beeinträchtigung täglich um essen betteln muss. In beiden Situationen versteht sich die Pflicht des Sozialstaates für erträgliche Lebensbedingungen und Schaffung der Chancengleichheit zu sorgen.
Der Sozialstaat bestrebt durch Verteilung wirtschaftlicher und geistiger Güter bzw. Lasten den Ausgleich der Interessen, und versucht dadurch die soziale Gerechtigkeit zu schaffen.[5] Insbesondere wenn die sozial Schwächeren aus eigener Kraft nicht dazu in der Lage sind.
2.3 Das Prinzip der Subsidiarität
Der Begriff der Subsidiarität wurde aus der katholischen Soziallehre abgeleitet. Das Prinzip der Subsidiarität ist ein wichtiges Element der sozialen Marktwirtschaft. Er Bezeichnet die individuellen Aspekte der Selbstverantwortung, Selbstbestimmung und die Entfaltung individueller Fähigkeiten.[6] Der Sinn ist es, jedem die Möglichkeit zu bieten auf der Basis der Selbstbestimmung und durch Schaffung des selbstverantwortlichen Handelns, sein eigenes Leben zu gestalten. Das Eingreifen durch staatliche Institutionen soll demnach erst dann erfolgen, wenn die Möglichkeiten des Einzelnen, oder der Gruppe begrenzt sind. Die Hilfe zur Selbsthilfe hat demnach Vorrang vor der staatlichen Übernahme. Um diese Aufgabe wahrzunehmen handelt der Staat auf gestaltende, leistende, lenkende, planende und andere aktive Art und Weise.[7]
2.4 Geschichtliche Entwicklungen der sozialstaatlichen Besteuerung
Die Historie zeigt, dass die Grundzüge des Sozialstaates bis auf die Antike und das Mittelalter zurück zu führen sind. Durch die Konflikte zwischen den verschiedenen Klassen, Schichten und Ständen sind Lösungen zum Versuch das menschliche Zusammenleben und die materielle Not jedes Einzelnen zu verbessern, entstanden.[8]
Im Jahre 1776 formulierte Adam Smith in seinem Buch „Wohlstand der Nationen„ die ersten Grundsätze, nach denen die Bürger Steuern im Verhältnis zu Ihrem persönlichen Einkommen zu zahlen hätten. Dies entspricht dem Grundsatz „Gleichmäßigkeit der Besteuerung“. Weitere Grundsätze von Adam Smith lauten „Wohlfeilheit der Besteuerung“, „Bequemlichkeit der Besteuerung“ „Bestimmtheit der Besteuerung“ und „Gleichheit der Besteuerung“. Der Grundsatz der Wohlfeilheit fordert, dass bei der Erhebung der Steuer, sowohl der Aufwand des Steuerpflichtigen und der Aufwand der Steuerverwaltung Beachtung finden, als auch die Kosten nicht zu hoch werden. Mit dem Grundsatz der Bequemlichkeit formulierte Smith, die Besteuerung soll sich möglichst nicht zu stark auf die Wirtschaftstätigkeit des Einzelnen auswirken. Bei steigenden Steuersätzen wäre die Folge, dass kaum etwas vom Gehalt übrig bliebe, was wiederum auf die Arbeitswilligkeit des Steuerpflichtigen Auswirkungen hätte. Mit dem Grundsatz der Bestimmtheit ist nichts anderes gemeint, als dass die Steuergesetze durchsichtig und nachvollziehbar sein müssen. Der wichtigste Grundsatz für Smith war die Forderung nach der Gleichheit, demnach soll der Steuerpflichtige die Art und Höhe der Steuern als Gerecht empfinden und die Abgaben soweit akzeptieren, wenn diese
[...]
[1] Vgl. Staatsrecht Honikel (2004), Definition: Art. 1 Abs. 1 GG, URL: >http://staatsrecht.honikel.de/de/artikel-1-5-gg.htm, Abruf am 15. Dezember 2013
[2] Vgl. BVerfGE 4, 7, (15f.)
[3] Vgl. E. Benda, a.a.O. (Anm. 17), Rdnr. 105; Anton Rauscher, Solidarität, in Staatslexikon. Recht Wirtschaft, Gesellschaft, Bd. 4, 7. Aufl., Freiburg u.a. 1988, Sp. 1191 ff.
[4] Vgl. BPB (2003), Sozialstaat, URL: https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/handwoerterbuch- politisches-system/40372/sozialstaat?p=all, Abruf am 16. Dezember 2013
[5] Vgl. BVerfGE 5, 85 (198)
[6] Vgl. Springer Gabler Verlag (Herausgeber), Gabler Wirtschaftslexikon (2009), Subsidiarität, URL: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/7930/subsidiaritaet-v15.html, Abruf am 16. Dezember 2013
[7] Vgl. BVerfGE 5, 85 (198, 204).
[8] Vgl. Klaus Stern, Das sozialstaatliche Prinzip, in ders., Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. München 1984, §21, S.877 (883)