BND und Terrorismus. Der Bundesnachrichtendienst und die Emotion Angst bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus
Zusammenfassung
Die Lage für den BND zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts ist komplexer und unkalkulierbarer denn je. Durch die Globalisierung und den technischen Fortschritt sind die sicherheitsrelevanten Entwicklungen heute weit dynamischer und vielschichtiger als noch zu Zeiten des Kalten Krieges. Neue geopolitische Machtkonstellationen wie der IS oder die Boko Haram entstehen und regionale Ordnungen brechen auf. Gefährdungen für unsere Sicherheit und unsere Interessen sind aufgrund der engen globalen Vernetzung häufig nicht mehr lokal begrenzt; ihren Ursprung haben sie weniger in zu starken, als vielmehr in schwachen Staaten, die zu Stützpunkten nichtstaatlicher Gewaltakteure werden und oftmals hohe Anste-ckungsrisiken mit sich bringen.
Im „Global Village“ ist Deutschland als Bündnispartner so gut wie nie allein, nicht betroffen und nicht interessiert. Umso breiter ist die Palette an Themen, zu denen außen- und sicherheitspolitische Positionsbestimmungen anstehen. Eine wichtige Rolle spielt hierbei der Bundesnachrichtendienst der Bundesrepublik Deutschland.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
I. Abkürzungsverzeichnis
II. Einleitung
III. Hauptteil
1. Überblick über Geheimdienste in Deutschland und Fokussierung auf den BND
1.1 Geheimdienste in Deutschland
1.2 Geschichte deutscher Geheimdienste und des BND
1.3 Aufgaben und Funktionen des BND
1.4 Befugnisse des BND
1.5 Die Informationsgewinnung des BND
1.6 Aufsicht und Kontrolle
1.7 Sinn und Nutzen eines Nachrichtendiensts
2. Der BND – Nachrichtendienst oder Geheimdienst?
2.1 Gegenüberstellung von Nachrichtendienst und Geheimdienst, ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede
2.2 Einordnung des BNDs als Nachrichtendienst
3. Die Bedeutung des Terrorismus für die Auslandsarbeit des BNDs und die Entwicklung des internationalen Terrorismus
3.1 Definition
3.2 Ursachen und Gründe für internationalen Terrorismus
3.3 Geschichte des Internationalen Terrorismus
3.4 Die Gewaltentwicklung des Internationalen Terrorismus
3.5 Bilanz
4. Die Importanz der Emotion Angst bei der Terrorismusbekämpfung
IV. Schluss
V. Literaturverzeichnis
I. Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
II. Einleitung
Die Lage für den BND zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist komplexer und unkalkulierbarer denn je: Durch die Globalisierung und den technischen Fortschritt sind die sicherheitsrelevanten Entwicklungen heute weit dynamischer und vielschichtiger als noch zu Zeiten des Kalten Krieges. Neue geopolitische Machtkonstellationen wie der IS oder die Boko Haram entstehen und regionale Ordnungen brechen auf. Gefährdungen für unsere Sicherheit und unsere Interessen sind aufgrund der engen globalen Vernetzung häufig nicht mehr lokal begrenzt; ihren Ursprung haben sie weniger in zu starken, als vielmehr in schwachen Staaten, die zu Stützpunkten nichtstaatlicher Gewaltakteure werden und oftmals hohe Ansteckungsrisiken mit sich bringen.
Im „Global Village“ ist Deutschland als Bündnispartner so gut wie nie allein, nie nicht betroffen und nie nicht interessiert. Umso breiter ist die Palette an Themen, zu denen außen- und sicherheitspolitische Positionsbestimmungen anstehen. Eine wichtige Rolle spielt hierbei der Bundesnachrichtendienst der Bundesrepublik Deutschland.
Die vorliegende Arbeit will, nach dem der BND als Nachrichtendienst eingeordnet wurde und seine Aufgaben, Funktionen und Kompetenzen erläutert wurden, die Rolle des Bundesnachrichtendienstes im Hinblick auf die Terrorismusbekämpfung beleuchten. Die nun folgende Diskussion, inwiefern Geheim-/ Nachrichtendienste notwendig und sinnvoll sind, bezieht sich klar contra dem Echo der öffentlichen Meinung, (v.a. durch die BND-NSA Affäre und den Abhörskandal resultierend), die den Nutzen derer, doch häufig infrage stellt.
Ausgehend von diesen ersten Erkenntnissen wird anschließend auf das Thema Terrorismus, seine Entwicklung seit den 1860er Jahren, und der geheimdienstliche Umgang mit ihm, näher eingegangen. Schließlich wird die meist unterschätzte Rolle der Emotion Angst bei der Terrorismusbekämpfung aufgezeigt und beschrieben, wie sie sowohl in der Politikwissenschaft als auch in anderen Wissenschaften bearbeitet wird
Die Fragestellung, wie und in welchem Maße der BND die Entscheidungen in Politik, Recht und Gesellschaft in der Bekämpfung des internationalen Terrorismus prägt sowie ob seine Befugnisse und Kompetenzen hier missbraucht und überschritten wurden prägt die Arbeit entscheidend.
III. Hauptteil
1. Überblick über Geheimdienste in Deutschland und Fokussierung auf den BND
1.1 Geheimdienste in Deutschland
Um das Schaffen und die Struktur des BND näher zu analysieren, ist es notwendig, eine Übersicht über die anderen Geheimdienste in Deutschland anzufertigen. In der BRD wird die Nachrichtenbeschaffung im In- und Ausland institutionell getrennt[1], und es existieren drei Nachrichtendienste, nämlich der Militärische Abschirmdienst (MAD), das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), und der Bundesnachrichtendienst (BND) auf welchen sich die Seminararbeit fokussiert.
Bei ihnen handelt es sich gemäß Art. 87 GG um Bundesoberbehörden; ihre Verwaltung und Aufgaben werden also nach Art. 86 GG von einem Minister der Bundesregierung geregelt.[2] Dies geschieht in dem jeweiligen Gesetz, also gibt es das MAD-, BfV- und BND- Gesetz. Eine besondere Rolle hat der Beauftragte für die Nachrichtendienste, dessen Aufgabe meist ein Staatssekretär des Kanzleramts wahrnimmt[3] (aktuell Peter Altmaier) oder selten ein Staatsminister.[4] Die Hauptaufgabe liegt in der Koordinierung der nachrichtendienstlichen Arbeit anderer Ressorts und Behörden Er ist auch Bindeglied zwischen Bundestag und Nachrichtendiensten, um bei entsprechenden Themen mitzuwirken und um Sitzungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums vorzubereiten.[5]
Das BfV ist für die innere Sicherheit zuständig und unterliegt dem Bundesinnenministerium.[6] Seine Befugnisse sind gemäß §3 BVerfSchG das systematische Sammeln und Analysieren von Informationen[7],, über Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung sowie die Gegenspionage“ [8] .
Der MAD unterliegt dem Bundesverteidigungsministerium und dem jeweiligen Inspektor der Streitkräftebasis der Bundeswehr und hat die Aufgabe, neben dem Aufklären verfassungsfeindlicher Bestrebungen in der Bundeswehr und der Spionage- und Extremismusabwehr gegen ihre Einrichtungen, auch neue Angehörige der Bundeswehr zu überprüfen.[9]
1.2 Geschichte deutscher Geheimdienste und des BND
Neben der Übersicht über die drei Geheimdienste in der BRD, ist es zusätzlich nötig, die einzigartige Geschichte des Bundesnachrichtendienstes zu kennen, um zu verstehen, wo aktuelle Entwicklungen begründet liegen und um das Handeln des BND zu erklären . In diesem Kapitel soll also auch anhand offizieller Quellen, die Entstehung des BND und anderer deutscher Geheimdienste rekonstruiert werden und die Bedeutung der letzten Dekaden erläutert werden.
1886, als sich Preußen im Krieg mit Österreich befand, wurde das ,,Central-Nachrichten-Bureau“ als der erste Geheimdienst auf deutschem Boden gegründet,[10] der u.a. die Aufgabe hatte die Feindesarmee zu infiltrieren und ,, sozialistische Umtriebe überwachen“[11] sollte.
Der nächste gegründete deutsche ,,Geheimdienst“ waren die SS (bestehend aus Gestapo und Sicherheitsdienst) und im militärischen Bereich auch die Organisation ,,Fremde Heere Ost“, welche von 1942 bis 1945 von dem NSDAP- Mann Reinhard Gehlen geführt wurde und, für die Aufklärung der Roten Armee sorgen sollte.[12] Es wurde ein klar strukturiertes Agentennetz, ein ,,Frontaufklärungskommando“ und mit Folter verbundene Verhöre, eingesetzt um sich Informationen über den Feind zu beschaffen.[13] Indem umfangreiche Charakterstudien v.a. über hochrangige Sowjetgeneräle und -Soldaten angefertigt wurden und die FHO schnell wuchs sowie ihre Kompetenzen schnell erweiterte, spricht man hier heute auch vom ,, Urtyp des modernen Auslandsnachrichtendienstes“[14].
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges stellt Gehlen das Wissen über Osteuropa und Russland dem Nachrichtendienst der amerikanischen Streitkräfte zur Verfügung weil ihm klar wurde, dass Russland Gegner der Alliierten aus dem Westen würde[15] und er sich nun ,, fragte [...], wie er nach der Kapitulation überleben und eine neue Zukunft aufbauen könne“[16].
Als die BRD 1949 gegründet wurde, wurde die Organisation Gehlen nicht sofort von der deutschen Regierung übernommen, wie mit der USA vereinbart. Jedoch sprechen sich Bundeskanzler und Oppositionsführer Schumacher 1950 für den Aufbau eines deutschen Auslandsnachrichtendienstes aus, weil sie überzeugt waren, dass Deutschland im Interesse der äußeren Sicherheit über einen eigenen Aufklärungsdienst verfügen müsse. In Absprache mit der CIA werden ab jetzt nachrichtendienstliche Erkenntnisse der Organisation Gehlen Deutschland übergeben.[17]
Am 11. Juli 1955 fasst die Bundesregierung den Kabinettsbeschluss zur Einrichtung des Bundesnachrichtendienstes, der international operiert, dem Kanzleramt angegliedert ist und ferner keine Exekutivbefugnisse besitzt.[18] Der Bundesnachrichtendienst wird am 1. April 1956 als Auslandsnachrichtendienst gegründet und drei Jahre später an den Standort Pullach verlagert.
1972 wird aufgrund der Entführung und Ermordung israelischer Sportler bei den Olympischen Spielen in München die nachrichtendienstliche Aufklärung von Terrorgruppen zu einem zentralen Schwerpunkt der Arbeit des BND. 1978 tritt das „Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes“ in Kraft, welches die Aufsicht über die Tätigkeit des BNDs durch das Parlamentarische Kontrollgremium regelt. 1990 tritt das Gesetz über den Bundesnachrichtendienst (BNDG) in Kraft, in welchem Aufgaben und Befugnisse des BND festgelegt sind. Ab dann treten auch die Themen Datenschutz der internationale Terrorismus und die Internationale Organisierte Kriminalität mehr in den Fokus. 2009 tritt eine grundlegende Strukturreform in Kraft. Gerhard Schindler, der seit 2012 Präsident des BND ist, kündigt zwei Jahre später, im Zuge der Aufarbeitung der NSA-Affären, eine „Transparenzoffensive“ an.
1.3 Aufgaben und Funktionen des BND
Nun wurde die Entstehung des BND kurz zusammengefasst, jedoch liegt der Fokus des Kapitels ,,BND“ eher auf den zentralen Aufgaben und Befugnissen des BND, in welchen auch die Fülle seiner Kompetenzen und Wirkungsbereiche verdeutlicht werden, welches nun geschehen soll.
Der Bundesnachrichtendienst, der sich ja selbst als „Alarmanlage der Bundesrepublik“ oder „Frühwarnsystem zur Friedenssicherung versteht''[19], ,, sammelt zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind, die erforderlichen Informationen und wertet sie aus“ [20] . Es wird also Deutschlands politische Lage verfolgt, Lagebeurteilungen erstellt, sowie vor sich abzeichnenden Krisen bzw. außergewöhnlichen Entwicklungen gewarnt. Die Informationen erstrecken sich auf Politik, Wirtschaft, Militär, Wissenschaft und Technik. Der BND stellt die gewonnen Erkenntnisse, welche er aus seinen vier Intelligenzen Human Intelligence (HUMINT), Signal Intelligence (SIGINT), Open Source Intelligence (OSINT) und Image Intelligence (IMINT) beschafft (siehe 1.5), im Interesse der inneren und äußeren Sicherheit Deutschlands den dafür zuständigen Stellen zur Verfügung. Mit dem Erkennen von Bedrohungen, Warnungen vor Krisen und über eventuelle sicherheitspolitische Entwicklungen, werden Grundlagen für politische Entscheidungen geliefert und dazu beigetragen, die Handlungsfreiheit der Staatsführung zu bewahren.
Nur, was genau ist die zentrale Funktion des BND?
,,Die Kernfrage, auf die der demokratisch-liberale Staat eine Antwort von heute finden muss, lautet, wie er auf das steigende individuelle Gewaltpotential bei gleichzeitig steigender Störanfälligkeit moderner Gesellschaften reagieren soll, wie er dabei seiner Schutzfunktion auch zukünftig noch gerecht werden und seine freiheitliche Grundordnung bewahren kann'' [21] . Jedes westliche Land braucht demnach eine Institution, die ihn vor Gefahren von Innen und Außen schützt und, welche ihm hilft, zukünftig seine Handlungsfreiheit zu erhalten. Die BRD hat daher drei Geheimdienste mit unterschiedlichen Kompetenzen, darunter auch den BND.
[...]
[1] Vgl. Riefer 2010 S.5
[2] Vgl. Herrmann 2007: S. 4
[3] Vgl. ebd.
[4] Vgl. ebd.
[5] Vgl. ebd.
[6] Vgl. Riefer 2010 S.5
[7] Vgl. ebd.
[8] Ebd.
[9] Vgl. Riefer 2010 S.5
[10] Vgl. Fischer 1999 S.4
[11] Fischer 1999 S.4
[12] Vgl. ebd.: S. 4: .
[13] Vgl. ebd.: S. 4
[14] Ebd. vgl. Saskia Henze 1997
[15] Vgl. ebd. S.4
[16] Ebd. vgl. Udo Ulfkotte 1998: S. 134
[17] Vgl. Fischer 1999: S.5
[18] Ebd. S.6
[19] Fischer 1999: S. 2 vgl. Thomas Schimpff (1990): Die rechtliche Stellung der Nachrichtendienste – verwaltungs- und verfassungsrechtliche Einordnung der Aufgaben und Befugnisse von Verfassungsschutzämtern, MAD und BND 1990: S. 32.
[20] Zitat aus BND Gesetz http://www.gesetze-im-internet.de/bndg/__1.0html zuletzt aufgerufen am 21.10.15
[21] Büsching 2009: S.3