Unterrichtsziele dieser Stunde: Die Schülerinnen und Schüler erkennen, dass sie in jeder Lebenslage zu Gott rufen können, damit er sie tröstet, kennen die Jahreslosung 2016, führen ein theologisches Gespräch, überlegen, in welchen Situationen Trost notwendig ist und wie man jemanden trösten kann.
Inhalt
1. Lehr- und Lernvoraussetzungen
1.1 Lernort
1.2 Klasse
1.3 Lehrperson
2. Exegetische Überlegungen / Elementare Strukturen
2.1 Textkritik
2.2. Literarkritik
2.2.1 Äußere Abgrenzung / Kohärenz
2.2.2 Innerer Aufbau
2.3 Einzelexegese
2.4 Elementare Wahrheiten
3. Sachanalyse Jahreslosung
3.1 Definition
3.2 Entstehung
3.3 Wie wird die Jahreslosung bestimmt?
4. Didaktische Analyse
4.1 Bildungsplanbezug
4.2 Kompetenzen
4.2.1 Leitgedanken zum Kompetenzerwerb
4.2.2 Aufgaben und Ziele des Religionsunterrichts
4.2.3 Angebahnte Kompetenzen
4.2.4 Unterrichtsziele
4.3 Einbettung der Stunde in die Gesamteinheit
4.4 Elementare Erfahrungen
4.5 Elementare Zugänge
5. Methodische Analyse
5.1 Rituale und Regeln
5.2 Elementare Lernformen
5.3 Aufgaben, Ergebnissicherung, Arbeitsformen und Medieneinsatz
5.4 Planungsalternativen
6. Literaturverzeichnis
1. Lehr- und Lernvoraussetzungen
1.1 Lernort
Die Xxxxxxxxx-Schule ist eine Grund- und Werkrealschule sowie Gemeinschaftsschule in Klasse 5 in Xxxxxxxxxx. Sie umfasst derzeit ca. 650 Schülerinnen und Schüler[1], die in 22 Klassen von 53 Lehrkräften betreut werden.
Aufgeteilt ist die Schule auf drei Gebäude; den Grundschul- und den Werkrealschulkomplex. Sie verfügt zusätzlich über eine Sporthalle, in der sich auch der Essraum befindet und über die Riedhalle.
Die Xxxxxxxxx-Schule ist eine Ganztagesschule; in der Grundschule gibt es eine Kernzeitbetreuung, in der Werkrealschule findet ganztägiger Unterricht montags bis donnerstags mit Hausaufgaben- und Mittagszeit statt.
An der Grundschule beginnt der Unterricht um 07:50 Uhr. Es folgen zwei Schulstunden mit kurzer Pause und um 09:30 Uhr findet eine 25-minütige Pause statt.
Die Schule liegt direkt neben einer Realschule und einem Kindergarten. Xxxxxxxxxx ist eine kleinere Stadt im Landkreis Ludwigsburg. Es besteht aus den Stadtteilen Xxxxxxxxxxxxx und Xxxxxxxxxx und verfügt über insgesamt etwa 12000 Einwohner. Die Schule liegt im Stadtteil Xxxxxxxxxx. In der Nähe der Schule befindet sich die evangelische Kirche.
Der Klassenraum der Klasse 2d befindet sich im 1. Stock des einen Grundschulgebäudes. Der Raum ist groß und geräumig, es ist Platz vorhanden, um z.B. einen Stuhlkreis zu formen. Die Tische stehen in einer unterbrochenen U-Form, an die in der Mitte Tische angefügt wurden.
1.2 Klasse
In die Klasse 2d gehen sieben Jungs und 15 Mädchen, von denen sechs Jungs und zehn Mädchen am konfessionsübergreifenden Religionsunterricht teilnehmen. Das Klima in der Klasse ist meistens gut. Selten gibt es Streit, der dann auch schnell wieder behoben werden kann. Die Jungs scheinen sich durch die Unterzahl manchmal gegen die Mädchen behaupten zu müssen; sie verhalten sich oft unruhig und laut. Hier muss ich als Lehrperson meist energisch durchgreifen, dass wieder Ruhe einkehrt. Insgesamt ist es oft unruhig in der Klasse, es fällt vielen schwer, ruhig zu sitzen oder nur zu flüstern. Trotzdem arbeiten viele auch motiviert mit und trauen sich, da selten ausgelacht wird, Beiträge zu liefern. Ein unterschiedliches Leistungsniveau zeigt sich vor allem bei schriftlichen Aufgaben. Beim Abschreiben oder selbst schreiben sind die SuS unterschiedlich schnell fertig und es fällt manchen sehr leicht und manchen noch recht schwer. Hier muss man als Lehrperson darauf achten, eine Aufgabe für die Kinder zu haben, die schnell fertig werden. Ich achte darauf, dass die SuS nicht zu viel schreiben müssen, finde es aber wichtig, ab und zu etwas schreiben zu lassen. Die Beteiligung bei mündlichen Aufgaben, beim Erstellen von Bildern oder darstellerischen Aufgaben ist bei allen SuS sehr hoch.
Der Religionsunterricht findet für katholische und evangelische Kinder statt; die Kinder selbst interessieren sich aber noch nicht dafür, wer welcher Konfession angehört. Es wird pro Woche eine Doppelstunde Religion unterrichtet.
Die SuS der Klasse 2d bringen alle einen unterschiedlich religiösen Hintergrund aus ihren Familien mit.
Im Folgenden werden einzelne SuS kurz skizziert:
- Schülerin 1: kommt aus Ungarn und spricht nicht mit Mitschülerinnen und Mitschülern und auch nicht mit mir. Sie versteht die deutsche Sprache aber, was man daran sieht, dass sie Arbeitsaufträge richtig ausführt. Sie wird von den anderen Kindern so akzeptiert und gut integriert. Schülerin 1 macht trotzdem gut mit im Religionsunterricht. Sie ist aktiv beteiligt an Standbildern, darstellerischen Szenen, Malen, Schreiben, etc.
Gut tut ihr das Arbeiten in einer kleineren Gruppe. Dann spricht sie ganz selten einzelne Worte. Als Lehrperson lobe ich sie oft, wenn sie gut mitmacht und hoffe, dass ich nach und nach ein Vertrauensverhältnis zu ihr aufbauen kann.
- Schüler 1: ist sehr bestimmerisch, was in Gruppenarbeiten ab und zu zum Problem wird. Hier hilft es, ihn zur Seite zu nehmen und mit ihm zu sprechen, dass er auch andere einbeziehen soll und nicht allein bestimmen kann. Das akzeptiert er und verhält sich besser.
Schüler 1 malt beim Abschreiben jeden Buchstaben genau ab, er braucht sehr lang, bis er fertig wird. Ihm hilft es, wenn er die Sätze, die abgeschrieben werden sollen, nicht von der Tafel, sondern von einer Kopie abschreibt, die direkt neben ihm liegt. Schüler 1 ist sehr kreativ und kann sich im darstellerischen Spiel besser ausdrücken, als mit Worten.
- Schüler 2: scheint keinen großen Gefallen am Religionsunterricht zu finden, er ist oft schwer zu motivieren, singt selten mit und beteiligt sich wenig. Als Lehrperson versuche ich, ihn trotzdem einzubeziehen; fordere ihn ab und zu direkt auf und lobe ihn, wenn er sich beteiligt. Er scheint aus einem nicht religiösen Elternhaus zu stammen. Schüler 2 kennt kaum Geschichten aus der Bibel und hat auch sonst wenig Wissen über Feste, Gottesdienste oder Lieder. Er drückt sich nur ungern malerisch aus.
- Schülerin 2: ist sehr schüchtern und spricht sehr leise, sodass ich sie oftmals auffordern muss, etwas lauter zu reden.
- Schüler 3, Schüler 4 und Schüler 5: kennen sehr viele Bibelgeschichten. Sie sprechen auch mit ihren Eltern oft über Gott und haben sich schon viele Gedanken zu Fragen gemacht, die der Religionsunterricht aufwirft. Auch ist ihnen es nicht fremd im Plenum zu beten. Schüler 3 betet meistens laut, als einziger in der Klasse in der Gebetsrunde.
- Schülerin 3: nimmt sehr aktiv am Religionsunterricht teil. Sie ist sehr ernst und wird von Themen oft emotional stark berührt. Sie kann sich gut in Personen einfühlen.
1.3 Lehrperson
In der Klasse unterrichte ich seit Beginn des Schuljahres. Es ist meine einzige Klasse im Grundschulbereich. Anfangs gewöhnten sich die SuS nur schwer an eine neue Lehrperson im Religionsunterricht. Mir wurde oft gesagt, dass die vorige Lehrerin manches aber ganz anders gemacht hätte. Mittlerweile haben sich die SuS aber an mich gewöhnt, auch wenn ich nur Religion mit zwei Wochenstunden in dieser Klasse unterrichte. Trotz der geringen Unterrichtsstunden, fühle ich mich als Lehrkraft äußerst wohl und vertraut mit den SuS.
2. Exegetische Überlegungen / Elementare Strukturen
2.1 Textkritik
Im Folgenden werden die Übersetzungen von Jesaja 66,13 der Luther-Bibel, der Zürcher Bibel sowie die der Einheitsübersetzung verglichen und Gemeinsamkeiten, als auch Unterschiede herausgestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Sprachliche sinnerhaltende Unterschiede Sinnverändernde Unterschiede
Die ersten Unterschiede finden sich im ersten Teil des Satzes. Während in der Lutherbibel „will trösten“ steht, also als Wunsch oder Wille ausgedrückt, aber noch nicht erfüllt, gibt die Zürcher Bibel den Satz mit „werde trösten“ wieder; also eine deutlichere Zusage. Hier ist es nicht nur ein Wollen, sondern es wird auf jeden Fall geschehen. Noch deutlicher ist allerding die Einheitsübersetzung. Sie sagt aus „Ich tröste“. Hier ist weder das Wollen noch das Werden enthalten, sondern nur die Zusage „Ich tröste“. Deutlich wird hier, dass Gott immer da ist zum Trösten. Nicht in der Zukunft wird er trösten, sondern er tröstet sofort.
Die Zürcher Bibel benutzt einen Relativsatz, der nicht den Sinn des Satzes verändert, ihn aber besser verständlich macht.
Im zweiten Teil des Satzes passen die Sinnunterschiede wiederum zu denen aus dem ersten Teil des Satzes: Bei der Lutherbibel steht „sollt getröstet werden“, in der Zürcher Bibel „werdet getröstet“ und in der Einheitsübersetzung „findet ihr Trost“. Die Einheitsübersetzung zeigt hier wiederum den Trost am unmittelbarsten. Allerdings ist hier im ersten Satzteil auch ein weiterer Unterschied: Das Wort „Sohn“. Gott tröstet uns, wie eine Mutter ihren Sohn tröstet. Da Müttern oft nachgesagt wird, einen engeren Bezug zu Töchtern als zu Söhnen zu haben, könnte man hier den Trost als nicht ganz eng ansehen.
Insgesamt gesehen ist die Textfassung der Einheitsübersetzung sprachlich die modernste und die der Lutherbibel die älteste. Im Folgenden wird die Lutherbibel als Textgrundlage verwendet, da sie für mich am nahesten am ursprünglichen Text ist und die Jahreslosung aus dieser Textfassung entnommen wurde. Die Jahreslosung verwendet nur den ersten Teil des Satzes, trotzdem wird im Folgenden, zum besseren Verständnis, auch der zweite Teil einbezogen.
2.2. Literarkritik
2.2.1 Äußere Abgrenzung / Kohärenz
Das Jesajabuch lässt sich in drei Teile gliedern:
„1. Protojesaja Jes 1-39 (Entstehung ab 740 v. Chr.)
2. Deuterojesaja Jes 40-55 (Entstehung zwischen 550 und 539 v. Chr.)
3. Tritojesaja Jes 56-66 (Entstehung nach 538 v.Chr.)“[2]
Im Protojesaja wird über das Wirken des Propheten Jesaja in Jerusalem berichtet; Jesaja übt Kritik an den Zuständen in Juda und an der Oberschicht. Die Israeliten werden zum großen Teil ins Exil verbannt, nachdem die Stadt Jerusalem zerstört wurde. Deuterojesaja befasst sich nun näher mit dem babylonischen Exil. Gott handelt schließlich und führt sein Volk Israel zurück durch die Wüste nach Jerusalem und spricht ihnen Mut zu. „Die Kapitel 56-66 des Jesajabuches führen die Heilsverkündigung Deuterojesajas weiter, setzen aber auch neue Akzente.“[3] Im letzten Teil (63-66) geht es um das Heil und neue Schöpfung. Gott wendet sich seinem Volk zu und spricht ihnen Mut zu, da das zurückgekehrte Volk vor den Trümmern der Stadt, der Existenz steht. Jesaja 66,13 findet sich am Ende des dritten Teils des Jesajabuches.
2.2.2 Innerer Aufbau
Der Satz aus Jes 66,13 lässt sich in zwei Teile einteilen. Teil eins (Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet;) und zwei (ja, ihr sollt an Jerusalem getröstet werden). Teil eins enthält einen Vergleich: Gott will die Menschen trösten, so wie eine Mutter jemanden tröstet, das heißt, genau so vertraut und nah. Teil zwei verdeutlicht den Trost, indem den Menschen erzählt wird, woran genau sie Trost erfahren können.
2.3 Einzelexegese
Jes 66,13: Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet; ja, ihr sollt an Jerusalem getröstet werden.
Der Vers beginnt mit „Ich“, was sich nur durch diesen Satz nicht erklärt. Bezieht man aber Jes 66,1 dazu, so ist klar, dass hier Gott spricht („So spricht der HERR:“). In der Jahreslosung wurde „Gott spricht:“ vor den Satz gesetzt, um dies zu verdeutlichen.
Gott will die Menschen trösten, genauso, wie eine Mutter einen tröstet. Hier findet man einen Vergleich. Das Trösten der Mutter ist noch besser, naher und intensiver, als das Trösten von einem Freund oder sogar einem Fremden. Die Mutter hat zu einem die engste Verbindung. Daher zeigt hier der Vergleich, dass Gott einem genauso nah sein will. Die Menschen sollen nicht nur durch ihn getröstet werden, sondern auch an Jerusalem. Zu damaliger Zeit war die Stadt zerstört, aber die Menschen sollten nicht den Mut verlieren, sondern mit dem Neuaufbau auch einen Neuanfang verknüpfen und sich mit dem Neuanfang trösten.
In der Verheißung „Ich will euch trösten“ liegt das Versprechen: Ich bin bei euch, auch und gerade dann, wenn ihr meine Nähe und Unterstützung braucht. Und wie eine liebevolle Mutter gebe ich euch die Hoffnung, dass es besser werden kann. Dies beides gehört zum Trost dazu: Die Nähe und die darin liegende Ahnung davon, dass das Leid sich wenden wird.
2.4 Elementare Wahrheiten
Für die Menschen zu früherer Zeit hatten Gottes Worte eine große Hoffnungsbedeutung. Sie standen nach der Rückkehr aus dem Exil vor dem Nichts, waren entsetzt, traurig und verzweifelt. In genau dieser schweren Zeit sprach Gott ihnen Mut und Trost und somit auch Hoffnung zu. Er zeigt, dass er sein Volk Israel nicht allein lässt.
Auch auf heutige Zeit lässt sich diese hoffnungsvolle Botschaft übertragen:
Man kann aus Jes 66,13 zwei Positionen herauslesen. Zuerst ins Auge fällt die Position, dass Gott die Menschen tröstet und für sie da ist. Aber auf der anderen Seite gibt es auch die Position, dass man sich an der Aussage selbst auch orientieren kann und für andere Menschen als Tröster agiert. Die Botschaft der Jahreslosung spendet Hoffnung. Gott tröstet uns, wenn wir traurig sind. Wir können Trost im Gebet finden, in Psalmworten oder im Gottesdienst.
Die SuS nehmen also aus dem Jahreslosungsvers mit, dass sie auf Gott vertrauen können, denn er ist für sie da und tröstet sie in Zeiten der Trauer.
Allerdings gibt es auch SuS, die noch nicht erfahren haben, dass Gott sie tröstet. Sie könnten sich fragen, ob Gott nicht für sie, aber für andere da ist und wieso. Manche Kinder erfahren weder zu Hause (z.B. durch die Mutter) Trost, noch können sie in Gott Trost finden. Für manche Kinder wird es schwer vorstellbar sein, wie Gott einen trösten soll, wenn er doch so ungreifbar ist. Manche Kinder fühlen sich mit ihrer Traurigkeit allein gelassen.
[...]
[1] Im Folgenden wird aufgrund der besseren Lesbarkeit die Abkürzung SuS verwendet.
[2] Bormann, 2008, S. 131
[3] Ebd, S.156