Der Antijudaismus bzw. Antisemitismus hat eine lange Tradition. Auch wenn man, speziell im deutschen Raum, das Dritte Reich und damit verbunden den Versuch der systematischen Ausrottung des jüdischen Volkes als Klimax ihrer Leidensgeschichte sieht, so ist die Geschichte ihrer Ablehnung deutlich länger. Antijudaismus durchzieht die gesamte Geschichte des Christentums und hat ihren Ursprung in der Trennung des Christentums vom Judentum. Aufgrund der Ablehnung Jesus Christus als Messias und den Sohn Gottes im Judentum ist ein religiöser Zwist zwischen Christen- und Judentum unvermeidlich. Der Konflikt wird dadurch verstärkt, dass die Texte des Neuen Testaments wiederum das jüdische Volk als Volk Gottes proklamieren und dafür der Jude Jesus Christus als Beleg dafür dient.
Die geistlichen Spiele des Mittelalters nehmen sich dieser Geschichte an und geben diese auf unterschiedliche Arten und Weisen wider, was sich darin spiegelt, dass es viele unterschiedliche Spiele gibt. Einerseits gibt es unterschiedliche Osterspiele, die sich mit der Auferstehung Jesu beschäftigen und andererseits mehrere Exemplare von Passionsspielen, deren Fokus auf der Passionsgeschichte Jesu liegt.
Die Passionsspiele des Mittelalters müssen durchaus als Medium angesehen werden, das die Macht hatte öffentliche Meinungen zu manipulieren und gegebenenfalls auch zu verstärken. Im Hinblick auf die Darstellung der Juden in den Passionsspielen muss die Frage gestellt werden, inwiefern die Passionsspiele das Meinungsbild der Gesellschaft modifiziert haben.
Diese Arbeit wird sich mit den Passionsspielen im Allgemeinen beschäftigen, den Fokus daraufhin auf das Donaueschinger Passionsspiel legen und es darauf untersuchen wie das jüdische Volk darin dargestellt wird. Das Forschungsgebiet der Darstellung der Juden in den Passionsspielen ist sehr fruchtbar und ein allgemeiner Konsens, der sich dabei herausgestellt hat, ist dass die Darstellung der Juden durchweg negativ ist. Jüngere Forschungen wiederum fokussieren ihre wissenschaftliche Arbeit auf die mögliche Meinungsbildung der Gesellschaft aufgrund der Besichtigung von Passionsspielen.
Inhalt
Einleitung
1. Entstehung der Passionsspiele
2. Das Donaueschinger Passionsspiel
2.1 Einordnung des Donaueschinger Passionsspiels
2.2 Die Rolle der Juden im Donaueschinger Passionsspiel
3. Die Darstellung der Juden in ausgewählten Szenen des Donaueschinger Passionsspiels
3.1. Geiz und Habsucht
3.2 Gewalttätig und gewissenlos
3.3. Christiana und Judea
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
Einleitung
Der Antijudaismus bzw. Antisemitismus hat eine lange Tradition. Auch wenn man, speziell im deutschen Raum, das Dritte Reich und damit verbunden den Versuch der systematischen Ausrottung des jüdischen Volkes als Klimax ihrer Leidensgeschichte sieht, so ist die Geschichte ihrer Ablehnung deutlich länger. Antijudaismus durchzieht die gesamte Geschichte des Christentums und hat ihren Ursprung in der Trennung des Christentums vom Judentum. Aufgrund der Ablehnung Jesus Christus als Messias und den Sohn Gottes im Judentum ist ein religiöser Zwist zwischen Christen- und Judentum unvermeidlich. Der Konflikt wird dadurch verstärkt, dass die Texte des Neuen Testaments wiederum das jüdische Volk als Volk Gottes proklamieren und dafür der Jude Jesus Christus als Beleg dafür dient.
Die geistlichen Spiele des Mittelalters nehmen sich dieser Geschichte an und geben diese auf unterschiedliche Arten und Weisen wider, was sich darin spiegelt, dass es viele unterschiedliche Spiele gibt. Einerseits gibt es unterschiedliche Osterspiele, die sich mit der Auferstehung Jesu beschäftigen und andererseits mehrere Exemplare von Passionsspielen, deren Fokus auf der Passionsgeschichte Jesu liegt.
Die Passionsspiele des Mittelalters müssen durchaus als Medium angesehen werden, das die Macht hatte öffentliche Meinungen zu manipulieren und gegebenenfalls auch zu verstärken. Im Hinblick auf die Darstellung der Juden in den Passionsspielen muss die Frage gestellt werden, inwiefern die Passionsspiele das Meinungsbild der Gesellschaft modifiziert haben.
Diese Arbeit wird sich mit den Passionsspielen im Allgemeinen beschäftigen, den Fokus daraufhin auf das Donaueschinger Passionsspiel legen und es darauf untersuchen wie das jüdische Volk darin dargestellt wird. Das Forschungsgebiet der Darstellung der Juden in den Passionsspielen ist sehr fruchtbar und ein allgemeiner Konsens, der sich dabei herausgestellt hat, ist dass die Darstellung der Juden durchweg negativ ist.[1] Jüngere Forschungen wiederum fokussieren ihre wissenschaftliche Arbeit auf die mögliche Meinungsbildung der Gesellschaft aufgrund der Besichtigung von Passionsspielen.[2]
1. Entstehung der Passionsspiele
Die Entstehung der deutschen Passionsspiele ist bis heute noch nicht eindeutig geklärt. Leider standen sie innerhalb der literarischen Forschung weniger im Fokus als die deutschen Osterspiele, die weitaus besser erforscht worden sind.[3] Ein gängiger Ansatz die Entstehung der Passionsspiele zu erklären, sah man im 19. Jahrhundert im Darwinismus. Der Darwinismus besagt, dass sich alle Lebensarten, durch den Prozess der Evolution, aus einfachen Lebensformen entwickelt haben. Anhand dieser wissenschaftlichen Theorie entwickelte sich die Vorstellung, dass das Passionsspiel aus einer Urszene, die durch Additionen oder Nachträge verändert wurde, entstanden ist.[4] Bergmann widerlegte diese Theorie dadurch, dass er einzelne Szenen, die scheinbar das Potential hatten als Urszene zu fungieren, untersuchte und kam zu folgenden Ergebnissen:
- Diese vermeintlichen Urszenen waren zu speziell auf einzelne Passionsspiele ausgerichtet und hielten der Überprüfung bei einer erweiterten Auswahl von Passionsspielen nicht stand.
- Es konnte keine adäquate Chronologie hergestellt werden, zwischen vermeintlicher Urszene und dem eigentlichen Passionsspiel.
- Der Inhalt der speziell erforschten Szenen konnte nicht auf das übrige Passionsspiel übertragen werden.[5]
Weiterhin spricht dagegen, dass die Passionsspiele des 13. und 14. Jahrhunderts unabhängig voneinander entstanden sind. Als Beleg dafür dient, dass die Spiele in unterschiedlichste Dialektgebiete aufgeteilt werden können.[6]
Aus diesen Sachverhalten lässt sich somit lediglich ausschließen, wie die Passionsspiele nicht entstanden sind und es ist fraglich ob sich die Forschung diesbezüglich noch konkretisieren wird, da die Wahrscheinlichkeit, dass neue Quellen entdeckt werden sollten, die neue Erkenntnisse liefern, relativ gering ist.
2. Das Donaueschinger Passionsspiel
Das Donaueschinger Passionsspiel ist bekannt für seine antijudaistischen Tendenzen und der sehr deutlichen Darstellung dieser und wurde daher auch als zu untersuchenden Text gewählt und lässt sich hingegen der unter Kapitel 1 dargestellten Meinung, relativ gut rekonstruieren.
2.1 Einordnung des Donaueschinger Passionsspiels
Der Text des Donaueschinger Passionsspiels ist unikal überliefert und wird auf den Anfang des 16. Jahrhunderts datiert.[7] Das Passionsspiel steht in Verbindung mit dem Luzerner Osterspiel. Dies lässt sich durch offizielle Aufzeichnungen belegen, die durch Renward Cysat, den 3. Spielleiter und Stadtschreiber der Stadt Luzern zusammengetragen worden sind. In den Umgeldbüchern, die die Einnahmen und Ausgaben des Bürgerfonds darstellten, ist das Datum des 7. Aprils 1453 bekannt, an dem das erste Mal ein geistliches Spiel in Luzern aufgeführt worden ist. Cysat spricht von der „Historij der urstende“, ein Osterspiel mit wenigen Stunden Spielzeit. Dazu wurde „ettwas meer uss dem passion“ ergänzt und die Spielzeit erhöhte sich auf einen Tag.[8] Nach Cysat wurden darauf folgend Szenen zusätzlich Szenen aus dem Alten und Neuen Testament zugefügt, sodass die Spielzeit auf 2 Tage gesteigert wurde und als Vorlage für die erhaltenen Fassungen des Luzerner Osterspiels diente. Wahrscheinlich um 1470 fand eine Luzerner Abschrift, ohne Szenen aus dem Alten Testament, den Weg in den Schwarzwald und hat sich unabhängig weiterentwickelt zum Donaueschinger Passionsspiel, das als Bindeglied zwischen dem „Historij der urstende“ und dem Luzerner Osterspiel von 1545 fungiert.[9]
[...]
[1] Hervorzuheben sind dabei die Forschungsergebnisse von Eming, Jutta (2008): Sprache und Gewalt im spätmittelalterlichen Passionsspiel; Bremer, Natascha (1986): Das Bild der Juden in den Passionsspielen und in der bildenden Kunst des deutschen Mittelalters.; Schulze, Ursula (2003): Schmerz und Heiligkeit.
[2] Hervorzuheben sind dabei die Forschungsergebnisse von Rommel, Florian (2002): Judenfeindliche Vorstellungen im Passionsspiel des Mittelalters; Wolf, Monika (2002): Ecclesia und Synagoge in fortwährendem Streit.
[3] Vgl. Bergmann, Rolf (1972). S.9
[4] Vgl. Vijfvinkel, Elly (2005). S. 201
[5] Vgl. Bergmann, Rolf (1972). S.250f
[6] Vgl. Ebd. S. 254
[7] Vgl. Toepfer, Regina (2009). S. 109.
[8] Vgl. Touber, Anthonius H. (1985). S.14
[9] Vgl. Vijfvinkel, Elly (2005). S. 200