Der Übergang von der analogen zur digitalen Rundfunkübertragung und die Folgen für den Rezipienten
Medienpolitik der EU und nationalstaatliche Umsetzung des Rechtsrahmens
Zusammenfassung
Im Gegensatz dazu beruht die analoge Technik auf der Präsentierung medialer Inhalte anhand eines gegenständlichen Zeichensystems bzw. anhand bestimmter Signale. Diese technische Umwälzung wurde von der EU- Kommission an die EU-Länder in Auftrag zur nationalen Umsetzung gegeben. Dabei gilt zu beachten, dass der Prozess in allen Ländern, entsprechend ihrer technologischen Entwicklung, unterschiedlich lang andauerte. In Deutschland brachte die Digitalisierung des Rundfunks in mehreren Bereichen verschiedene Folgen und Auswirkungen hervor. Genau dieser Punkt soll nun in dieser Arbeit näher betrachtet und erläutert werden.
Da die Folgen in verschiedene Sichtweisen auf gesplittet werden können, lautet die grundsätzliche Fragestellung dieser Arbeit: Welche Folgen birgt und bringt die Digitalisierung des Rundfunks für den Rezipienten in Deutschland mit sich?
Leseprobe
Gliederung
I. Einführung
II. Europäische Rechtsetzung
III. Umsetzung in Europa
1. EU-Länder & International
2. Deutschland
IV. Auswirkungen für Rezipienten
1. Technische & Infrastrukturelle Sichtweise
2. Ökonomische bzw. wirtschaftliche Sichtweise
3. Kommunikationswissenschaftliche Sichtweise
V. Ausblick
VI. Resümee/Fazit
I. Einführung
Der Mediensektor ist seit einigen Jahren von technologischen Innovationen und Weiterentwicklungen geprägt. Dabei entstehen sowohl positive als auch negative Folgen für den Rezipienten, gleich welche Art von Medium oder Mediennutzung betroffen ist. Eine grundlegende Veränderung im Bereich des Rundfunks ist seit den letzten Jahren durch die Umstellung von der analogen auf die digitale Rundfunkübertragung festzustellen. Digitaliserung heißt, dass Inhalte als Datenmenge in binärer Form dargestellt, gespeichert und übertragen werden. Im Gegensatz dazu, beruht die analoge Technik auf der Präsentierung medialer Inhalte anhand eines gegenständlichen Zeichensystems bzw. anhand bestimmter Signale. (Altmeppen/Karmasin 2004, S.47) Diese technische Umwälzung wurde von der EU- Kommission an die EU-Länder in Auftrag zur nationalen Umsetzung gegeben. Dabei gilt zu beachten, dass der Prozess in allen Ländern, entsprechend ihrer technologischen Entwicklung, unterschiedlich lang andauerte. In Deutschland brachte die Digitalisierung des Rundfunks in mehreren Bereichen verschiedene Folgen und Auswirkungen hervor. Genau dieser Punkt soll nun in dieser Arbeit näher betrachtet und erläutert werden. Da die Folgen in verschiedene Sichtweisen auf gesplittet werden können, lautet die grundsätzliche Fragestellung dieser Arbeit:
Welche Folgen birgt und bringt die Digitalisierung des Rundfunks für den Rezipienten in Deutschland mit sich?
II. Europäische Rechtsetzung
Die Europäische Kommission hat 2003 eine Mitteilung über den "Digitalen Übergang" herausgebracht. Darin enthalten ist eine Aufforderung an alle EU Mitgliedstaaten, bis Ende 2003 einen Plan und Bericht über die digitale Umstrukturierung auf nationaler Ebene einzureichen. Dies ist unter anderem auch von dem Aktionsplan eEurope 2005 vorgesehen. Da die Übergangspläne bzw. -berichte gar nicht oder nur unvollständig eingereicht worden waren und somit auch keinerlei Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten stattfand, beschloss die Kommission vorerst keinen einheitlichen Termin für die Analogabschaltung festzulegen. [SEK(2003)992] 2005 hat die EU-Kommission eine erneute Mitteilung über die Beschleunigung der digitalen Umwälzung herausgebracht. Darin beinhaltet ist eine letzte Aufforderung an die Mitgliedstaaten einen Übergangsplan bis Ende 2005 zu veröffentlichen und Anfang 2012 als letzten Termin für die endgültige Abschaltung der analogen Übertragung in der EU festzulegen. [SEK(2005)661] Durch diese Mitteilungen der Europäischen Kommission werden grundsätzliche Empfehlungen an den Europäischen Rat und die Mitgliedstaaten gegeben. Die Umsetzung der entsprechenden Vorschläge liegt von da an bei den Mitgliedstaaten selbst.
I. Umsetzung in Europa & International
Anfang der 1990er Jahre wurden die Ausbau- und Umsetzungspläne für die digitale Umwälzung in Europa entwickelt. Dabei wurde festgestellt, dass die digitale Kabel- und Satellitenübertragungstechnik weniger kompliziert als die digitale terrestrische Technik sei und somit wurde diesen beiden Übertragungstechniken Vorrang gegeben. Bald darauf wurde also das digitale Kabelsystem, 1993, und das digitale Satellitensystem, 1994, entwickelt. (www.dvb.org)
1. Umsetzung in EU-Ländern & International 1997 wurden alle drei DVB Ausstrahlungstechniken in verschiedenen Ländern weltweit übernommen und eingeführt. Weltweit am meisten verbreitet sind die Satelliten und Kabel Übertragungswege, da die terrestrische Übertragung doch wesentlich langsamer ist und eine geringere Anzahl an empfangbaren Sendern bietet. Das erste digitale Satelliten Rundfunkprogramm (DVB-S) in Europa wurde 1995 in Frankreich von einem Pay-TV Anbieter gestartet. Die erste digitale terrestrische Ausstrahlung begann 1998 in Schweden und Großbritannien. (www.dvb.org) Die vollständigen Abschaltungen der analogen Übertragung war in allen Ländern sehr unterschiedlich zeitversetzt und wohl abhängig von der Motivation der Bevölkerung und den jeweils zuständigen Regierungen sowie der technischen Entwicklung des Landes. In den USA war damals 2006 als Ende der analogen Ausstrahlung von der FCC (Federal Communications Commission) vorgesehen, aber erst Anfang 2009 realisiert worden. (Heinrich, 2010, S. 70) Im Gegensatz dazu lag der Durchschnitt der Digitalisierungsraten am Jahresende von 2011 in Europa bei erst 75%. Dabei war Finnland das erste Land Europas, das 2011 schon vollständig digitalisiert war. Spanien, Frankreich, Kroatien, Italien und England sind bis dato ebenfalls über 90% digital. Deutschland liegt in dieser Statistik mit 71% und Platz 17 sogar unter dem europäischen Durchschnitt. (Hubert, 2012, S.54/55)
2. Umsetzung in Deutschland
Der Vorreiter der digitalen Ausstrahlung in Deutschland war der Pay-TV Anbieter DF1 der Kirch-Gruppe, welcher 1996 den digitalen Sendebetrieb via Satellit aufnahm (DVB-S, Digital Video Broadcasting - Satellite). Kurz darauf, 1997, begann auch Premiere die duale Ausstrahlung von analogen und digitalen Inhalten, welche 2003 dann komplett auf digital umgestellt wurde. (Altendorfer, 2004, S.221) Am 24. August 1998 hat das Bundeskabinett einer Empfehlung von Industrie-, Verbraucherverbänden und Ländern zugestimmt, bis zum Jahre 2010 die analoge Fernsehausstrahlung durch die digitale Ausstrahlung zu ersetzen (Heinrich, 2010, S. 212) 2010 war also vorerst das zeitliche Ziel der Analogabschaltung in der Bundesrepublik. Die erste digitale terrestrische Ausstrahlung in Deutschland startete 2002 und wurde in Berlin bereits 2003 mit einem analogen „switch-off“ vervollständigt. (www.dvb.org) Während die terrestrische analoge Übertragungstechnik bereits 2009 vollends digitalisiert wurde und in DVB-T (Digital Video Broadcasting - Terrestrial) übergegangen ist, wurde die analoge Satellitenübertragung erst am 30. April 2012 abgeschaltet. Dabei ist aber die terrestrische digitale Ausstrahlung, die die Ablöse des analogen Antennenempfangs darstellt, mit einer wesentlich geringeren Anzahl empfangbarer Sender keine Konkurrenz zu DVB-C, (Digital Video Broadcasting - Cable) der digitalen Ablöse des analogen Kabelfernsehens, sowie zu DVB-S, der digitalen Fortsetzung der analogen Satellitenübertragung. (Schrag, 2007, S. 188) Dies lässt sich vor allem in der Verteilung der Übertragungswege deutlich ablesen, da bei der Terrestrik lediglich 11% einen Anschluss besitzen, wohingegen der Anteil bei Kabel 46,3% und bei Satellit 46,2% beträgt (Digitalisierungsbericht, 2013, S. 38) Die verschiedenen Übertragungswege unterscheiden sich sehr stark in ihrem jeweiligen Grad der Digitalisierung. So hat beispielsweise die Kabelübertragung 2013 gerade einmal 55,9% erreicht, wohingegen die Satellitenübertragung bereits 2012 schon zu 100% digitalisiert war. (Digitalisierungsbericht, 2013, S. 36) Zwar lag der Anteil der Haushalte die vor der Analogabschaltung 2012 einen digitalen Anschluss hatten bei etwa 70%, dennoch wird der Prozess der Digitalisierung in Deutschland mit einer Dauer von fast zwei Jahrzehnten als sehr schleppend und langwierig bezeichnet, was vor allem wegen einer langandauernden Kompromissfindung in Sachen allgemeingültiger technischer Standards und dem zeitlichen Ablauf der Umstellung beruht. (Karstens/Schütte, 2013, S.395) Im direkten Vergleich liegt Deutschland mit der Umstellung auf digitales Fernsehen und entsprechenden Entwicklungen, wie Decoder etc. also untypischerweise weit hinter den anderen Industrieländern. (Schrag, 2007, S. 189)
Grundsätzlich war der digitale Übergang in Europa im Gegensatz zu anderen Nationen sehr langwierig. Diese Verzögerung ist verschiedenen Gesichtspunkten zuzuschreiben. Die Europäische Kommission legt die zwei wesentlichsten Verzögerungspunkte in ihrer Mitteilung von 2005 näher dar. Zum einen wäre die Ermangelung an politischen Entscheidungen zu nennen, da weder ein Termin zur Analogabschaltung auf einzelstaatlicher Ebene festgelegt wurde, noch ein einheitliches europäisches politisches Konzept vorhanden sei. Zum anderen ist eine Verzögerung den Problemen auf der Marktebene zuzuschreiben. Da es aufgrund fehlender festgelegter Termine keinen Druck zum Kauf der benötigten Empfangsgeräte gäbe, bliebe die Nachfrage aus und die Vertreiber würden aus Kostengründen weitere Investitionen vermeiden. [SEK(2005)661]
II. Auswirkungen für den Rezipienten
Wie bereits erwähnt hat die Digitalisierung in verschiedenen Bereichen sowohl negative als auch positive Folgen. Dabei hat die Europäische Kommission in ihrer ersten Mitteilung zur digitalen Überführung erwähnt, dass alle Vorteile auf „die Möglichkeit der Verarbeitung und Komprimierung digitaler Daten zurückzuführen“ seien, was des weiteren zu einer grundlegenden Effizienz der Nutzung von Netzkapazitäten führe. [SEK(2003)992] Hier soll nun aus technischer bzw. infrastruktureller, ökonomischer bzw. wirtschaftlicher Sicht und kommunikationswissenschaftlicher Sicht näher auf die verschiedenen Entwicklungen und Auswirkungen der digitalen Wende eingegangen werden. Dargestellt werden einerseits sowohl frühere Pläne als auch später tatsächlich erfolgte Entwicklungen und andererseits negative so wie positive Folgen.
1. Technische & Infrastrukturelle Sichtweise
Die Digitalisierung bringt leider nicht nur technische Vorteile mit sich. So sind Aussetzer und Bildstörungen in der digitalen Fernsehübertragungen nicht selten, da die Übertragungsqualität häufig reduziert wird um kostensparend die volle Bandbreite ausnutzen zu können. Ebenfalls negativ wahrnehmbar ist die Übertragungsgeschwindigkeit, die abhängig von der Leistungsfähigkeit der benutzte Geräte und Übertragungskanäle, sogar langsamer als die analoge Übertragungsgeschwindigkeit sein kann. Ein weiterer Grund für die langsamere Übertragung könnte auch der erhöhte technische Verarbeitungsaufwand sein. (Karstens/Schütte, 2013, S. 396) Des weiteren bedeutete die Digitalisierung für alle Segmente des Fernsehen, also Produktion, Verbreitung und Empfang, eine entsprechende technische Um- bzw. Aufrüstung. Vor allem betraf dies aber die Seite der Empfänger, also die Zuschauer, da diese sich entweder eine komplett neue Ausstattung an digital empfangbaren Geräten zulegen mussten oder zumindest eine sogenannte „Set-Top-Box“, welche auch analoge Geräte für digitale Medieninhalte empfangbar macht. Die Anschlüsse mussten ebenfalls entsprechend angepasst werden, da zwischen Kabel (DVBT-C), Satellit (DVBT-S) oder terrestrischem Empfang (DVB-T) unterschieden werden kann.
[SEK(2003)992] Dabei ist die Umstellung bei Kabelempfang aufgrund monatlich anfallender Kosten für die Freischaltung einer Smartcard wohl am teuersten gewesen, was letztendlich dazu führt dass einige der Haushalte immer noch bei analogen Empfang geblieben sind. Sehr interessant dabei ist, dass unter den analogen Kabel- Haushalten 66,4% älter als 50 sind. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die ältere Generation den technischen Wandel und dessen entsprechende Umrüstung aufgrund hoher Kosten oder geringer Motivation wegen fehlendem technischem Wissen wenig unterstützt wenn nicht sogar verweigert. (Digitalisierungsbericht, 2013, S. 37)
Andere Meinungen vertreten eine insgesamt positiv ausfallende Bewertung der Digitalisierung. So ist der am häufigsten genannte und somit wohl auch wesentlichste Vorteil der geringe physische Speicherbedarf der digitalen Inhalte. (Altmeppen/Karmasin, 2004, S. 47) So ist eine Mehrfachnutzung und erleichterte Wiederholbarkeit und Aufrufbarkeit von digitalem Material möglich. Gerade auch die bessere Auflösung und Qualität der Bilder mit HDTV wird bei Schrag (2007) als „ Hochglanzverpackung “ der Fernsehprogramme bezeichnet und somit als überwiegend positiv dargestellt. ( Schrag, 2007, S. 190) Die Unterschiede zum SD-Bild (Standard Definition) sind vor allem die enorme Schärfe und die gestochenen, satten Farben, die zu einem ganz anderen Fernseherlebnis führen können. So kann beispielsweise mit einer entsprechenden Ausstattung, wie einem großen Bildschirm, der für HDTV- oder sogar 3D-Bild empfangbar ist und einem ausgebauten Soundsystem, wie beispielsweise einem Dolby-Surroundsystem, ein eigenes Heimkino aufgebaut werden. Grundsätzlich sind diverse technische Erneuerungen von Bildqualität, Sendererweiterungen, geographische Ausweitung von Mobilfunkdiensten über spezifische Dienstleistungen in Fernsehgeräten und Receivern und einfachere Bedienung von mediumübergreifenden Anwendungen durch die Digitalisierung hervorgegangen. Auf einige von diesen wird unter den folgenden spezifischen Gesichtspunkten noch näher eingegangen.
2. Ökonomische & Wirtschaftliche Sichtweise
Als Digitale Dividende werden die durch die Umstellung von analoger auf digitale Übertragungstechnik freiwerdende Frequenzen bezeichnet. (Neumann in Picot/Tillmann, 2009, S.7) Durch die Komprimierung des Frequenzbedarfs sollen diverse Verwendungsmöglichkeiten der Digitalen Dividende entstehen. Darunter fällt auch die Ausstrahlung höherwertiger (HDTV) oder neuartiger mobiler (DVB-H) Rundfunkdienste.
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