Ob Gründer, Entdecker oder Innovator – im Laufe der Zeit wurden dem Entrepreneur nicht nur mehrere Rollen zugesprochen, sondern diesem als Wirtschaftssubjekt auch unterschiedliche Bedeutung beigemessen. Wurde in den abstrakten Modellen der Neoklassik die Unternehmerperson noch weitgehend ausgeblendet, erhält diese nun mehr und mehr Einzug in die Wissenschaft. Das Forschungsfeld Entrepreneurship gewinnt dabei an zunehmender Wichtigkeit als interdisziplinäres Kernfach, welches die grundlegenden Rahmenkonzepte verschiedener Wissenschaften vereint. Das Individuum und seine spezifischen Eigenschaften, die es diesem ermöglichen bestimmte unternehmerische Gelegenheiten zu erkennen, rücken dabei immer mehr in den Mittelpunkt der Betrachtungen.
Wie und wodurch entstehen jedoch lukrative Marktchancen? Warum erkennen Entrepreneure bestimmte unternehmerische Gelegenheiten und andere wiederum nicht? Diese Fragen gilt es im Rahmen dieser Arbeit genauer zu beleuchten und zu beantworten. Der Fokus dieser Arbeit liegt dabei besonders auf dem Erkennungs- und Bewertungsprozess, den der Entrepreneur durchläuft, bevor dieser eine Opportunity ausschöpft.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einführung
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Entrepreneurship als Prozess
2.2 Opportunity – Die unternehmerische Gelegenheit
2.3 Die Entwicklung des Entrepreneurs in der ökonomischen Theorie
3 Erkennen und Bewerten von Geschäftsideen
3.1 Erkennen von Opportunities
3.2 Bewerten von Opportunities
4 Resümee
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Prozesskette von Entrepreneurship
1 Einführung
Ob Gründer, Entdecker oder Innovator – im Laufe der Zeit wurden dem Entrepreneur nicht nur mehrere Rollen zugesprochen, sondern diesem als Wirtschaftssubjekt auch unterschiedliche Bedeutung beigemessen. Wurde in den abstrakten Modellen der Neoklassik die Unternehmerperson noch weitgehend ausgeblendet, erhält diese nun mehr und mehr Einzug in die Wissenschaft. Das Forschungsfeld Entrepreneurship gewinnt dabei an zunehmender Wichtigkeit als interdisziplinäres Kernfach, welches die grundlegenden Rahmenkonzepte verschiedener Wissenschaften vereint (vgl. Casson, 2010, S. 3). Das Individuum und seine spezifischen Eigenschaften, die es diesem ermöglichen bestimmte unternehmerische Gelegenheiten zu erkennen, rücken dabei immer mehr in den Mittelpunkt der Betrachtungen.
Wie und wodurch entstehen jedoch lukrative Marktchancen? Warum erkennen Entrepreneure bestimmte unternehmerische Gelegenheiten und andere wiederum nicht? Diese Fragen gilt es im Rahmen dieser Arbeit genauer zu beleuchten und zu beantworten. Der Fokus dieser Arbeit liegt dabei besonders auf dem Erkennungs- und Bewertungsprozess, den der Entrepreneur durchläuft, bevor dieser eine Opportunity ausschöpft.
In dem folgenden Kapitel wird daher zunächst auf das notwendige Rahmenkonzept von Entrepreneurship eingegangen, welches für den Erkennungs- und Bewertungsprozess relevant ist. Danach erfolgt die Betrachtung der unternehmerischen Gelegenheit, der sogenannten Entrepreneurial Opportunity, und durch welche Charakteristiken sich diese auszeichnet. Darauf folgend wird im Rahmen der ökonomischen Theorie die Entwicklung und die Interpretationen des Entrepreneurs vorgestellt, die als Grundlage für die weitere Bearbeitung dienen soll. Anschließend erfolgt die Darlegung, welche spezifischen Faktoren beim Erkennen und Bewerten von Opportunities eine Rolle spielen und in welchem Ausmaß diese den Entrepreneur bei seinen Entscheidungen beeinflussen. Abschließend erfolgt ein zusammenfassender Überblick und eine kurze Reflexion des Themas.
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Entrepreneurship als Prozess
„We need to be aware that when we talk about entrepreneurship we carry around a wide range of beliefs” – zu diesem Schluss kommt Gartner (1990, S. 28) nach einer umfangreichen Delphi-Studie, in der Experten aus Forschung, Wirtschaft und Politik bezüglich ihres Verständnisses des Begriffs „Entrepreneurship“ befragt wurden. Dabei ergab sich eine Vielzahl an Charakteristiken, denen die Experten unterschiedliche Bedeutung beimaßen: die Person des Entrepreneurs und dessen Einzigartigkeit; Innovation; Schaffung von Werten und Unternehmen; Wachstum und Gewinnorientierung sowie der Entrepreneur als Eigentümer (vgl. ebd., S. 20). Dieses Ergebnis verdeutlicht die Vielfalt und Komplexität des Forschungsfeldes Entrepreneurship und erklärt die Ursache, weshalb bis heute keine einheitliche Definition für diesen Begriff existiert.
Es fehlt jedoch nicht an Versuchen eine konkrete Ausrichtung der Entrepreneurship-Forschung vorzunehmen. Ein Vorschlag geht dabei auf Shane & Venkataraman (2000) zurück, die in ihrer Publikation The Promise of Entrepreneurship as a Field of Research ein Rahmenwerk aufstellen, das die Grundzüge des Forschungsfeldes aufzeigen soll. Der Fokus liegt dabei auf der Sichtweise, dass sich Entrepreneurship aus dem Zusammenspiel zweier verschiedener Phänomene ergibt, nämlich aus dem Bestehen lukrativer Geschäftsmöglichkeiten („Opportunity“) und dem Vorhandensein unternehmerisch handelnder Marktakteure („Individual“) (vgl. S. 218). Nach Shane & Venkataraman (2000) definiert sich das Forschungsfeld deshalb als „scholary examination of how, by whom, and with what effects opportunities to create future goods and services are discovered, evaluated, and exploited” (S. 218). Daraus ergeben sich drei Teilbereiche, die es im Rahmen der Entrepreneurship-Forschung zu untersuchen gilt:
- Die Ermittlung der Entstehungsursachen unternehmerischer Gelegenheiten,
- der Prozess des Entdeckens, Bewertens und der Nutzung von Gelegenheiten sowie
- die Individuen, die diese Opportunities entdecken, bewerten und nutzen (vgl. Shane & Venkataraman, 2000, S. 218).
Aus diesem Zusammenhang heraus lässt sich das Forschungsfeld als Prozesskette darstellen (siehe Abb. 1). Den Ausgangspunkt bildet dabei die Existenz einer unternehmerischen Gelegenheit, die besonders durch asymmetrische Wissensverteilung unter den Marktteilnehmern und wirtschaftlichen Ungleichgewichten gekennzeichnet ist. Die Phase des Erkennens von Opportunities wird stark durch kognitive Fähigkeiten und Erfahrungen der Individuen beeinflusst. Die darauffolgende Bewertung verdeutlicht sowohl die Wirtschaftlichkeit als auch die Profitchancen der Gelegenheit, die wiederum durch individuelle Eigenschaften einen anderen Wert zugesprochen bekommen. Die Nutzung unternehmerischer Gelegenheiten kann sich in zahlreichen Formen ausdrücken zu denen beispielsweise die Unternehmensgründung zählt (vgl. Fueglistaller, Müller & Volery, 2005, S. 9).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Prozesskette von Entrepreneurship (abgeleitet nach Fueglistaller et al., 2005, S. 9)
Im Rahmen dieser Arbeit liegt der Fokus auf den ersten drei Säulen. Dabei werden besonders die kognitiven und individuellen Eigenschaften herausgestellt und in ihren Auswirkungen betrachtet. Im Folgenden soll nun genauer auf die Begriffserklärung der Opportunity eingegangen und die grundsätzlichen Charakteristiken herausgestellt werden.
2.2 Opportunity – Die unternehmerische Gelegenheit
Die Existenz von Entrepreneurial Opportunities oder auch unternehmerischer Gelegenheiten stellt wie bereits angedeutet eine der Grundvoraussetzungen für das Forschungsfeld Entrepreneurship dar: Ohne Opportunity kein Entrepreneurship (vgl. Shane & Venkataraman, 2000, S. 220).
Im Allgemeinen definiert die Opportunity eine Situation, in der durch Neukombination bereits vorhandener Ressourcen neue Produkte, Dienstleistungen oder Methoden und damit sogenannte Zweck-Mittel-Kombinationen hervorgebracht werden (vgl. Grichnik, Brettel, Koropp & Mauer, 2010, S. 81). Entscheidend ist dabei, dass die eingeführten Güter zu einem höheren Preis als die Produktionskosten verkauft werden können. Dabei handelt es sich um objektive Phänomene, die jedoch als solche nicht von jedem Marktakteur erkannt werden und demnach erst durch deren subjektive Wahrnehmung und Bewertung entstehen (vgl. Casson, 1982, zit. nach Shane & Venkataraman, 2000, S. 220). Den zentralen Faktor bildet dabei das Vorhandensein spezifischen Wissens, welches nicht allgemein zugänglich ist und sich somit von Individuum zu Individuum unterscheidet. Die daraus hervorgehenden Informationsasymmetrien, die sich durch unterschiedliche Beobachtungen und Erfahrungen der Marktakteure ergeben, lassen eine solche Opportunity in erster Linie entstehen (vgl. Venkataraman, 1997, S. 122).
Neben den bereits genannten Aspekten zeigen sich in der Forschung noch weitere Kernelemente, die eine Opportunity ausmachen. So sieht Schumpeter (1993) die unternehmerische Gelegenheit als etwas Neuartiges an, die sich aus dem innovativen Schaffensprozess des Entrepreneurs ergibt (vgl. S. 100). Eng verbunden mit dem Neuartigkeitscharakter ist dabei das Risikomerkmal. Nach Venkataraman (1997) übernimmt der Entrepreneur zugleich auch Risiken, wenn dieser durch die Wahrnehmung einer unternehmerischen Gelegenheit etwas Neues kreiert (vgl. S. 124).
Zusätzlich erfolgt durch Kirzner eine Unterscheidung zwischen allgemeinen und unternehmerischen Gelegenheiten. Während es sich bei ersteren um die Optimierung bereits bestehender Zweck-Mittel-Beziehungen, wie beispielsweise die Verbesserung der Effektivität existierender Güter, handelt, steht bei der unternehmerischen Gelegenheit die Entdeckung neuer Zweck-Mittel-Beziehungen im Vordergrund (vgl. Kirzner, 1997, zit. nach Venkataraman, 1997, S. 220). Grundlage dieser Theorieentwicklung bildet dabei das Mitwirken eines aktiven Entrepreneurs.
2.3 Die Entwicklung des Entrepreneurs in der ökonomischen Theorie
Auch wenn das Forschungsfeld Entrepreneurship erst seit den letzten Jahren an Aufmerksamkeit gewinnt, so ist die Betrachtung des Unternehmers als Entrepreneur in der Wirtschaftstheorie keineswegs neu. Neben Schumpeter, der als eine der Schlüsselfiguren in der Entrepreneurship-Forschung anerkannt ist (vgl. Fallgatter, 2002, S. 94), finden sich noch viele weitere Befunde über den Unternehmer in der Ökonomie. Im Folgenden sollen einige Sichtweisen aufgezeigt werden, die die Entwicklung des unternehmerischen Akteurs und seine Eigenschaften näher beleuchten.
Die wohl erste Betrachtung des Entrepreneurs in der ökonomischen Theorie findet sich in der französischen Wissenschaft des 18. Jahrhunderts bei Richard Cantillon (1755). Dieser versteht den Entrepreneur als Marktakteur, der bei der Nutzung ökonomischer Chancen bereit ist, Risiken einzugehen und damit gleichzeitig Einkommensunsicherheiten ausgesetzt ist. Der Risikoaspekt ergibt sich dabei aus der Ungewissheit, wie sich die Nachfrage entwickelt und zu welchem Preis der Akteur seine Waren absetzen kann. Demnach stehen sichere Ausgaben für notwendige Produktionsfaktoren unsicheren Einnahmen durch den Verkauf der erzeugten Produkte gegenüber (vgl. Cantillon, 1755, zit. nach Ripsas, 1997, S. 4f.; nach Fallgatter, 2002, S. 97).
Das „Risikoträgertheorem”, das den Entrepreneur bei Cantillon auszeichnet, wird in der Theorie von Knight (1921) verfeinert, indem dieser die Unterschiede zwischen Unsicherheit („Uncertainty“) und Risiko („Risk“) herausstellt.
Risiko besteht dabei in einer Entscheidungssituation, in der alle möglichen Ergebnisse und deren Eintrittswahrscheinlichkeiten, die sich beispielsweise durch frühere Erfahrungen ergeben, bekannt sind. Durch die daraus folgende Objektivität und Messbarkeit entsteht somit ein versicherbares Risiko.
Unsicherheit hingegen bedeutet für Knight, die Wahrscheinlichkeiten eines bekannten Ergebnisses nicht zu kennen. Das Eintreten eines unsicheren Ereignisses ist demnach nur subjektiv beurteilbar und somit nicht versicherbar. Lässt sich diese Form der Unsicherheit jedoch durch bestimmte Methoden objektivieren und quantifizieren, so kann diese in die bereits genannte erste Form gebracht werden.
Die Vollkommene Unsicherheit („True Uncertainty“) oder auch Knightsche Unsicherheit stellt die dritte Kategorie dar und besteht in Situationen , in denen sowohl die möglichen Ergebnisse als auch deren Wahrscheinlichkeiten dem Entrepreneur unbekannt sind (vgl. S. 19f., 231ff.). Der Entschluss, sich dieser gegebenen Unsicherheit zu stellen, begründet nach Knight den wahren Entrepreneur und unterscheidet ihn von der Gruppe abhängig beschäftigter Marktakteure. Diese Differenzierung besteht aufgrund intellektueller Fähigkeiten. Dem Entrepreneur wird dabei ermöglicht sich bestimmtes Wissen („Knowledge“) und Urteilsvermögen („Judgment“) anzueignen, die ihn befähigen den Wert der Opportunity zu erkennen und mit der Unsicherheit der eigenen Schätzung umzugehen. Maßgeblich ist dabei das Bestehen asymmetrisch verteilter Informationen und nicht rational handelnder Marktteilnehmer, denn wären die Informationen gleich verteilt und würden alle Akteure diese Informationen in gleicher Weise rational verarbeiten, würde eine unternehmerische Gelegenheit nicht mehr existieren (vgl. Knight, 1921, S. 269; vgl. Grichnik et al., 2010, S. 38). Diese Ansichten bekräftigen die erste Säule innerhalb der Prozesskette.
Während Knight vor allem die Unsicherheit des Entrepreneurs beschreibt, bezieht sich Schumpeter (1993) eher auf dessen innovative Funktion. Die Aufgabe des Entrepreneurs sieht er demnach besonders in der Durchsetzung neuer Kombinationen, aus denen folglich bestimmte Innovationen hervorgehen (vgl. S. 116). Wesentlich ist dabei die Betrachtung des Marktprozesses als dynamische Wirtschaftsentwicklung und nicht als statischer Kreislauf mit dem Ziel der Gleichgewichtsschaffung (vgl. ebd., S. 94). Diese Sichtweise Schumpeters wird besonders in der Interpretation durch Ripsas (1997) deutlich. Bei der sogenannten „kreativen Zerstörung“ verändert der Entrepreneur die Ressourcenallokation indem dieser bestehende Strukturen zerstört, den bereits etablierten Marktakteuren Produktionsfaktoren durch zusätzliche Nachfrage entzieht und somit durch ein neues Angebot das bestehende Gleichgewicht auflöst und Opportunities entstehen lässt (vgl. S. 36). In diesem Sinne sind unternehmerische Gelegenheiten erst vorhanden, wenn sie durch das Handeln des Entrepreneurs erschaffen werden. Diese im Entstehungsansatz genannte „Schumpetersche Opportunity“ ist demnach durch ihren innovativen Charakter und durch das pro-aktive Element ihrer Schaffung gekennzeichnet. Entrepreneure suchen nicht nach einer unternehmerischen Gelegenheit. Stattdessen handeln sie, beobachten die Reaktionen auf ihr Handeln am Markt und passen daraufhin ihre Vorgehensweise an. Erst dadurch formen sie Gelegenheiten, die ohne das aktive Vorgehen nicht entstehen würden (vgl. Alvarez & Barney, 2007, S. 131).
Entgegen Schumpeters kreativer Schaffung unternehmerischer Gelegenheiten steht Kirzners (1978) Entdeckungsverfahren. Dabei wird zwar wie beim Entstehungsansatz von Ungleichgewichten am Markt ausgegangen, aber dass diese statt durch den Entrepreneur endogen, exogen entstehen. Dies kann durch technologische Entwicklungen, veränderte Kundenwünsche oder andere marktbeeinflussende Faktoren geschehen. Diese sogenannten „Kirznerschen Gelegenheiten“ existieren demnach als objektive Phänomene, die unabhängig von den Handlungen des Entrepreneurs entstehen. Trotz dieser Objektivität, lassen sich Opportunities nicht durch jeden beliebigen Marktakteur entdecken. Demnach unterscheiden sich Entrepreneure gegenüber anderen durch ihre Fähigkeit eben diese zu sehen und für sich zu nutzen (vgl. Alvarez & Barney, 2007, S. 127ff.). Kirzner (1978) fasst diese Differenzierung zwischen den Marktakteuren mit dem Konzept der unternehmerischen Findigkeit oder auch Wachsamkeit („Alertness“) zusammen, die dem Entrepreneur ermöglicht, aktiv und kreativ anstatt passiv und mechanisch zu handeln (vgl. S. 28.). Dieser Unterschied lässt wiederum Informationsasymmetrien und die Bereitschaft der Risikoübernahme entstehen (vgl. Alvarez & Barney, 2007, S. 129.).
3 Erkennen und Bewerten von Geschäftsideen
Die eben beschriebenen Betrachtungsweisen des Entrepreneurs stellen zwar eine wichtige Verständnisgrundlage dar, decken jedoch nicht die Vielfalt und Komplexität des Themas ab. Neben der Ökonomie finden sich nämlich noch weitere Wissenschaftsdisziplinen wie beispielsweise die Psychologie, Soziologie sowie Anthropologie, die sich dem Forschungsfeld annehmen (vgl. Fallgatter, 2002, S. 75). Einerseits ergibt sich dadurch die Schwierigkeit, Entrepreneurship genau zu erfassen, andererseits bietet diese interdisziplinäre Verwurzelung auch Möglichkeiten, den Entrepreneur in seiner Ganzheit zu untersuchen. Gegenwärtige Forschungen orientieren sich daher nicht mehr nur allein an starren theoretischen Modellen, sondern verknüpfen die Ansichten der verschiedenen wissenschaftlichen Richtungen. Diese Vorgehensweise ist besonders bei der Betrachtung der Erkennungs- und Bewertungsphase vorteilig, da in diesen besonders der Entrepreneur und seine Eigenschaften im Mittelpunkt stehen.
3.1 Erkennen von Opportunities
Informationsasymmetrien, Marktungleichgewichte sowie technologische, politische als auch demografische Veränderungen stellen allesamt Voraussetzungen für die Entstehung von Opportunities dar. Diese sind dabei objektiv und dadurch prinzipiell für jeden zugänglich. Jedoch gibt es nur wenige unter vielen Individuen, die das Potenzial einer solchen Gelegenheit auch wirklich erkennen. In der Theorie entwickelten sich daher zwei allgemeine Kategorien, die die Unterschiede zwischen Personen und ihren Fähigkeiten, bestimmte Marktchancen zu erkennen, begründen. Die erste Kategorie, die bereits in Kapitel 2.2 erwähnt wurde, bildet das Vorhandensein bestimmter Vorkenntnisse („prior knowledge“), die sich durch differenzierte Wissensspezialisierungen und Erfahrungen zwischen den einzelnen Personen unterscheiden. Diese Vorkenntnisse ergänzen im Idealfall neue Informationen, die wiederum zum Erkennen von Opportunities beitragen. Über die zweite Kategorie, den kognitiven Eigenschaften, sollte ein Entrepreneur zusätzlich verfügen, da diese es ihm ermöglichen, neue Zweck-Mittel-Beziehungen zu erkennen. Vorkenntnisse sind daher ohne kognitive Eigenschaften nutzlos, da ein Entrepreneur daraus nicht zwangsläufig die Kombination neuer Produktionsfaktoren als solche erkennen kann (vgl. Shane & Venkataraman, 2000, S. 220ff.).
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