Softwareentwicklung. Konzeption und Implementierung einer Windows-Bedienoberfläche für einen mobilen Roboter
Zusammenfassung
Der praktische Teil, die Entwicklung der Bedienoberfläche, ist in die vier Abschnitte Anforderungen, Konzeption, Implementierung und Test untergliedert. Der Anforderungskatalog listet alle benötigten Funktionen auf, die in einem iterativen Prozess erarbeitet wurden. Das Konzept beschreibt die einzelnen Bildschirmmasken der Bedienoberfläche und die Funktionen der einzelnen Steuerelemente sowie die zur Kommunikation mit dem Server benötigten Befehle. In einer Komponentenübersicht ist das Zusammenspiel der wichtigsten Programmmodule dargestellt. Der Abschnitt „Implementierung“ beinhaltet die Vorstellung des verwendeten Anwendungstyps WindowsForms, die Datenhaltung in einer Microsoft Access-Datenbank, die Programmstruktur und die Beschreibung der wichtigsten Prozesse. Abschließend werden die durchgeführten Tests zur Validierung der Anwendung aufgelistet.
Das Ergebnis der Arbeit ist eine Bedienoberfläche, die grundsätzlich all den definierten Anforderungen entspricht.
Leseprobe
INHALTSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG
1.1 PROBLEMSTELLUNG
1.2 VORGEHENSWEISE
2 MOBILE ROBOTER
2.1 ABGRENZUNG DES BEGRIFFES
2.2 STAND DER TECHNIK
2.2.1 Module eines mobilen Roboters
2.2.2 Sensoren
2.2.3 Aktoren
2.2.4 Lokalisierung
2.2.5 Navigation
2.3 ANWENDUNGSGEBIETE
2.4 NEOBOTIX MP-400
2.4.1 Aufbau der Plattform
2.4.2 Zusätzliche Komponenten
3 SOFTWAREENTWICKLUNG
3.1 ANFORDERUNGEN AN DIE QUALITÄT
3.2 VORGEHENSMODELLE
4 ANFORDERUNGEN AN DIE BEDIENOBERFLÄCHE
5 KONZEPTION
5.1 BILDSCHIRMMASKEN
5.1.1 Fahraufträge
5.1.2 Kamera
5.1.3 Logfile
5.1.4 Einstellungen
5.1.5 Kontrollpanel
5.2 KOMMUNIKATIONSKONZEPT
5.3 KOMPONENTENÜBERSICHT
6 IMPLEMENTIERUNG
6.1 WINDOWS FORMS
6.2 DATENHALTUNG
6.2.1 Datenbankstruktur
6.2.2 Datenbankzugriff
6.3 PROGRAMM
6.3.1 Struktur
6.3.2 Multithreading
6.3.3 Codierung Datenstring Roboterstatus
7 TEST
8 FAZIT UND AUSBLICK
9 LITERATURVERZEICHNIS
KURZZUSAMMENFASSUNG
Mobile Roboter werden heutzutage in zahlreichen Gebieten eingesetzt - Tendenz steigend. Auch die DHBW Ravensburg, Campus Friedrichshafen ist seit Ende 2015 in Besitz einer mobilen Plattform, der MP-400 des Herstellers Neobotix. Die Plattform kann sich selbstständig im Raum bewegen, Hindernissen ausweichen und auf Basis einer eingespeicherten Karte zu einer vorgegebenen Station im Raum navigieren. Die vorliegende Arbeit dokumentiert die Konzeption sowie die Implementierung einer Windows-Bedienoberfläche zur Steuerung und Kontrolle der Plattform. Dazu wurden zunächst die theoretischen Grundlagen zu den Themen „Mobile Roboter“ und „Softwareentwicklung“ erarbeitet. Neben der Abgrenzung des Begriffes werden im Kapitel „Mobile Roboter“ der aktuelle Stand der Technik bezüglich Sensoren, ktoren, Lokalisierung und Navigation, mögliche Anwendungsgebiete und die Plattform Neobotix MP-400 vorgestellt. Der Fokus liegt dabei auf autonomen mobilen Robotern. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich in nicht speziell modifizierten Umgebungen frei fortbewegen können. Das Kapitel „Softwareentwicklung“ definiert die Anforderungen an Softwarequalität und bildet mögliche Vorgehensweisen ab.
Der praktische Teil, die Entwicklung der Bedienoberfläche, ist in die vier Abschnitte Anforderungen, Konzeption, Implementierung und Test untergliedert. Der Anforderungskatalog listet alle benötigten Funktionen auf, die in einem iterativen Prozess erarbeitet wurden. Das Konzept beschreibt die einzelnen Bildschirmmasken der Bedienoberfläche und die Funktionen der einzelnen Steuerelemente sowie die zur Kommunikation mit dem Server benötigten Befehle. In einer Komponentenübersicht ist das Zusammenspiel der wichtigsten Programmmodule dargestellt. Der Abschnitt „Implementierung“ beinhaltet die Vorstellung des verwendeten Anwendungstyps WindowsForms, die Datenhaltung in einer Microsoft Access-Datenbank, die Programmstruktur und die Beschreibung der wichtigsten Prozesse. Abschließend werden die durchgeführten Tests zur Validierung der Anwendung aufgelistet.
Das Ergebnis der Arbeit ist eine Bedienoberfläche, die grundsätzlich all den definierten Anforderungen entspricht. Jedoch ist sie noch nicht vollständig in die Systemumgebung integriert und Fehlermeldungen stören zeitweise noch die benutzerfreundliche Bedienung.
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Klassifizierung von Robotern
Abbildung 2: Kontrollschema für mobile Roboter
Abbildung 3: Links SeaOtter MkII der Firma Atlas Maridan und Rechts Firefly, Teil des SFly Forschungsprojekt der ETH Zürich
Abbildung 4: Profil Des MP-400
Abbildung 5: Komponentendiagramm MP-400
Abbildung 6: Aufbau der Kommunikation zwischen Roboter, Server und Client
Abbildung 7: Anbauten an den Roboter
Abbildung 8: Softwarequalität nach ISO/IEC 25010
Abbildung 9: Schema des Wasserfallmodells
Abbildung 10: Übersicht Konzeption Bedienoberfläche
Abbildung 11: Groupbox Neuen Fahrauftrag erteilen
Abbildung 12: Groupbox Ausstehende Fahraufträge verwalten
Abbildung 13: Registerkarte Kamera
Abbildung 14: Registerkarte Logfile
Abbildung 15: Dialog Logfile speichern
Abbildung 16: Registerkarte Einstellungen
Abbildung 17: Dialog Datensatz IP-Adressen hinzufügen
Abbildung 18: Wesentliche Komponenten der Bedienoberfläche und deren Verknüpfung
Abbildung 19: Zusammenhang zwischen Datenbank und Recordset
Abbildung 20: Struktogramm Form1_Load
Abbildung 21: Struktogramm Verbinde_mit_Server_Prozess
Abbildung 22: Struktogramm Empfange_vom_Server_Prozess
Abbildung 23: Struktogramm Fahrauftrag_an_Server_Prozess
Abbildung 24: Codierung Roboterstatus
Abbildung 25: Fehlermeldungen bei Funktionen, die eine Aktualisierung des DataGridViews erfordern
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Übersicht von Sensoren in mobilen Robotern
Tabelle 2: Beispiele verschiedener Radanordnungen bei mobilen Robotern
Tabelle 3: Konzept Kontrollpanel
Tabelle 4: Befehle Client an Server
Tabelle 5: Befehle Server an Client
Tabelle 6: Tabelle Fahraufträge
Tabelle 7: Tabelle IPAdressen
Tabelle 8: Tabelle Stationen
Tabelle 9: Verbindung Datenbank
Tabelle 10: Testkatalog
1 EINLEITUNG
1.1 PROBLEMSTELLUNG
Mobile Roboter finden heute in zahlreichen Gebieten ihre Anwendung - ob als Serviceroboter zur Reinigung, als Mittel zum Transport, zur Überwachung von Gebäuden oder schlichtweg in Gebieten, die Menschen selbst unzugänglich sind.
Auch die DHBW Ravensburg, Campus Friedrichshafen ist seit Ende 2015 in Besitz einer mobilen Plattform, der MP-400 des Herstellers Neobotix. Die Plattform kann sich selbstständig im Raum bewegen, Hindernissen ausweichen und auf Basis einer eingespeicherten Karte zu einer vorgegebenen Station im Raum navigieren. Programmiert wird die Plattform mit Hilfe der Programmiersprache Python.
Ziel dieser Arbeit ist es, eine Windows-Bedienoberfläche zu konzipieren und implementieren, die eine benutzerfreundliche Bedienung der Plattform ermöglicht. Als Schnittstelle zwischen der Bedienoberfläche und dem Roboter selbst dient ein Server. Die zwei Grundfunktionen der Bedienoberfläche sind die Kontrolle der Plattform sowie die Verwaltung und das Schicken von Fahraufträgen. Sie soll alle wichtigen Informationen wie beispielweise die Betriebsspannung und die Position der Plattform, aber auch das Bild der auf der Plattform installierten Webcam anzeigen. Zudem sollen Fahraufträge angelegt, koordiniert und wichtige Parameter wie z.B. die zur Kommunikation benötigten IP-Adressen verwaltet werden können. Ein letzter Punkt ist das Schreiben eines Logfiles, in dem alle zentralen Ereignisse festgehalten werden.
1.2 VORGEHENSWEISE
Die vorliegende Arbeit ist in zwei Teile untergliedert. Zunächst wird eine theoretische Grundlage zum Thema mobile Roboter und Softwareentwicklung allgemein erarbeitet. Das Kapitel „Mobile Roboter“ umfasst die Abgrenzung des Begriffs, die Beschreibung der einzelnen Komponenten eines mobilen Roboters und das Aufzeigen verschiedener Anwendungsgebiete. Ferner wird die Roboterplattform MP-400 vorgestellt. Im Kapitel „Softwareentwicklung“ werden die wichtigsten nforderungen an die Qualität einer Software beschrieben sowie gängige Vorgehensweisen der Softwareentwicklung verglichen.
Den zweiten Teil bildet die Dokumentation der Entwicklung der Windows-Bedienoberfläche. Er ist aufgeteilt in die folgenden Abschnitte:
- Anforderungen
- Konzeption
- Implementierung
- Test
Auch wenn die Ergebnisse der Übersichtlichkeit halber in einer sequentiellen Reihenfolge präsentiert werden, so wurden sie in einem iterativen Prozess erarbeitet - es waren nicht alle Anforderungen von Beginn an bekannt, jedoch wurden sie hinzugefügt, sobald das Fehlen einer wichtigen Funktion bemerkt wurde.
Als letzter Punkt fasst ein Fazit die Ergebnisse der Arbeit zusammen und zeigt weitere Handlungsempfehlungen auf.
2 MOBILE ROBOTER
2.1 ABGRENZUNG DES BEGRIFFES
Nach der Norm ISO 8373:2012 der Internationalen Organisation für Normung ist ein Roboter definiert als: „1
Autonomie ist in diesem Zusammenhang definiert als die Fähigkeit, bestimmte Aufgaben basierend auf einem momentanen Status und Sensoren ohne menschliche Hilfe auszuführen. Mit dem heutigen Stand der Technik sind die Aufgaben und Funktionen der Roboter weit gestreut. Dies hat zur Folge, dass sich je nach Betrachtungsweise unterschiedliche Möglichkeiten zur Klassifizierung von Robotern ergeben. Häufig wird zunächst zwischen Service- und Industrierobotern unterschieden. Da es mobile Roboter jedoch in beiden Kategorien gibt, ist diese Einteilung an dieser Stelle nicht zielführend. Abbildung 1 zeigt die Abgrenzung, die dieser Arbeit zu Grunde liegt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
ABBILDUNG 1: KLASSIFIZIERUNG VON ROBOTERN
Quelle: Eigene Abbildung in Anlehnung an Nehmzow, U. (2002), S. 8 f.
Die häufigste Form von stationären Robotern sind industriell eingesetzte Manipulatoren. Wie aus der Bezeichnung hervorgeht, sind diese fest an einem Ort fixiert, ihre Umgebung ist bekannt und kontrolliert. Sie werden eingesetzt, um Materialien, Teile, Werkzeuge oder spezielle Geräte auf programmierten Bahnen zu bewegen. Einmal programmiert ist der Ablauf der Aktionen vorab klar definiert und wird repetitiv ausgeführt. Manipulatoren finden ihren Einsatz in den verschiedensten Gebieten, beispielweise in der Fertigung als Schweißroboter oder zur Erfüllung von Positionieraufgaben2.
Ein mobiler Roboter dagegen ist nicht fest an einen Ort gebunden. Er kann sich mit Hilfe eines ausgewählten Lokomotionsmechanismus im Raum fortbewegen. Ein mobiler Roboter kann entweder nur die Plattform selbst, oder die mobile Plattform in Kombination mit einem Manipulator sein3. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen spurgeführten und autonomen mobilen Robotern. Spurgeführte Fahrzeuge bewegen sich entlang Induktionsschleifen, Baken oder Markierungen auf einer vorgegebenen Route und sind dadurch empfindlich gegenüber unvorhergesehenen Veränderungen wie beispielsweise Hindernissen4.
Ein autonomer mobiler Roboter zeichnet sich dadurch aus, dass er sich als mobile Maschine, die ihre eigene Stromversorgung, Rechnersteuerung sowie Sensoren und Aktoren mit sich führt, frei in Umgebungen fortbewegen kann. Anstelle von Modifikationen der Umgebung werden die Pfade per Software festgelegt5. Im Gegensatz zu stationären Robotersystemen können die Aktionen nicht mehr vorab festgelegt werden, sondern sie müssen stets an die aktuelle Umgebung angepasst werden. Dies geschieht mit Hilfe von Sensoren, die die Umgebung erfassen und die Daten entsprechend auswerten. Es ergibt sich ein Kreislauf aus ständiger Kontrolle der Umgebung und entsprechender Anpassung der Aktionen.
Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf den autonomen mobilen Robotern. Der Begriff mobiler Roboter wird fortlaufend synonym für autonom mobiler Roboter verwendet.
2.2 STAND DER TECHNIK
2.2.1 MODULE EINES MOBILEN ROBOTERS
Ein mobiler Roboter beinhaltet viele Komponenten, die für das Funktionieren gut aufeinander abgestimmt sein müssen. Hardwareseitig sind dies verschiedenste Sensoren sowie die Aktoren zur Lokomotion. Softwareseitig geht es um die Sensordatenverarbeitung, die Lokalisierung in Karten, die Kartierung, sollte keine Karte vorhanden sein sowie die Navigation. Die einzelnen Module, welche in den nachfolgenden Unterpunkten näher betrachtet werden, sind eng miteinander verknüpft, wie es Abbildung 2 verdeutlicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
ABBILDUNG 2: KONTROLLSCHEMA FÜR MOBILE ROBOTER
Quelle: Vgl. Nourbakhsh, I. R. / Siegwart, R. / Scaramuzza, D. (2011), S. 277
Je nach Anwendungsgebiet sind die Module unterschiedlich ausgeführt, woraus sich eine sehr große Vielfalt hinsichtlich der Form und Funktion von mobilen Robotern ergibt.
2.2.2 SENSOREN
Sensoren sind Messfühler, die eine nicht-elektrische physikalische Messgröße in ein elektrisches Signal umwandeln6. Um sich in ihrer Umgebung zu Recht zu finden, verwenden mobile Roboter verschiedene Sensoren. Diese können in zwei Dimensionen klassifiziert werden.
Zunächst wird unterschieden zwischen exterozeptiven und propriozeptiven Sensoren. Exterozeptive Sensoren (EZ) liefern Daten in Bezug auf die Umgebung, beispielsweise einen
Abstand zu einem Hindernis. Sie werden auch als externe Sensoren bezeichnet. Propriozeptive, interne Sensoren (PZ) dagegen messen Eigenschaften des Roboters selbst, beispielsweise die Anzahl der Radumdrehungen.
Eine zweite Dimension ergibt sich aus der Differenzierung zwischen aktiven und passiven Sensoren. Während aktive Sensoren Energie in ihre Umgebung aussenden und zurückkehrende Signale messen, werden durch passive Sensoren ausschließlich Signale aus ihrer Umgebung gemessen7. Tabelle 1 zeigt einen Auszug aus in mobilen Robotern verwendeten Sensoren, mit ihren Einsatzgebieten sowie der Zuordnung zu EZ/ PZ Sensoren bzw. aktiven/ passiven Sensoren. Die Sensoren sind aufsteigend nach ihrer Komplexität geordnet.
TABELLE 1: ÜBERSICHT VON SENSOREN IN MOBILEN ROBOTERN8
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2.3 AKTOREN
Aktoren sind genau das Gegenteil von Sensoren. Sie wandeln elektrische Energie in eine mechanische Bewegung oder eine andere physikalische Größe um und können dadurch verschiedenste Funktionen erfüllen. Allen mobilen Robotern gemeinsam ist die Existenz von Aktoren, die der Fortbewegung dienen, was bereits per Definition von zentraler Bedeutung für mobile Roboter ist. Entscheidendes Kriterium für die Art der Fortbewegung ist die Umgebung, in der sich der Roboter bewegt. Mobile Roboter werden nicht nur auf dem Land, sondern auch in der Luft und im Wasser eingesetzt. Abbildung 3 zeigt Beispiele für Luft- oder Unterwasserroboter. Diese werden jedoch nicht näher betrachtet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
ABBILDUNG 3: LINKS SEAOTTER MKII DER FIRMA ATLAS MARIDAN (Quelle: http://www.maridan.atlas-elektronik.com/products/seaotter/) UND RECHTS FIREFLY, TEIL DES SFLY FORSCHUNGSPROJEKT DER ETH ZÜRICH (Quelle: http://www.sfly.org/helicopters)
Auf dem Land sind die meisten mobilen Roboter radgetrieben oder gehend. Radgetriebene Roboter kommen vor allem auf glatten Untergründen zum Einsatz. Die entscheidenden Problemstellungen sind Stabilität, Wendigkeit und Kontrollierbarkeit in Bezug auf die Positionierung9. Die minimale Anzahl an Rädern für eine statische Stabilität, d.h. Stabilität ohne Bewegung, ist zwei, sofern sich der Schwerpunkt unterhalb der Achse befindet. Weitere Räder erzeugen eine höhere Stabilität, jedoch können ab einer Anzahl von drei Probleme auf unebenem Untergrund auftreten, da das System hyperstatisch ist und ggf. nicht mehr alle Räder den Boden berühren10. Je nach Anzahl der angetriebenen Räder und Form der Räder selbst ist eine Vielzahl von Konfigurationen möglich. Beispiele hierfür sind:
TABELLE 2: BEISPIELE VERSCHIEDENER RADANORDNUNGEN BEI MOBILEN ROBOTERN11
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im Gegensatz zu radgetriebenen Robotern sind gehende Roboter auch für raues Terrain geeignet. Jedoch sind die Gewährleistung von Stabilität und die Koordination der einzelnen Aktuatoren hier deutlich komplexer. Wieder ist eine Vielzahl an Beinkonfigurationen möglich, es sind zwei, vier, sechs oder auch mehr Beine denkbar. Entscheidend ist zudem die Anzahl der Freiheitsgrade der einzelnen Beine. Das Minimum ist zwei, um das Bein zu heben und nach vorne zu schwenken. Weitere Freiheitsgrade erhöhen die Beweglichkeit, steigern jedoch den Energieverbrauch, die Komplexität und das Gewicht12.
Daneben sind weitere Lokomotionsmechanismen möglich, beispielsweise Kriechen, Rollen oder Krabbeln.
2.2.4 LOKALISIERUNG
Ziel der Lokalisierung ist es, die aktuelle Position des mobilen Roboters zu bestimmen. Es lassen sich zwei Formen der Lokalisierung unterscheiden:
- Lokale bzw. relative Lokalisierung
- Globale bzw. absolute Lokalisierung
Die lokale Lokalisierung, auch relative oder inkrementelle Lokalisierung genannt, bezieht sich auf die Lokalisierung relativ zur Startposition. Hierzu wird bei bodengebundenen Robotern zumeist Odometrie eingesetzt. Mit Hilfe der Startposition und dem zurückgelegten Weg, bei radgetriebenen Robotern beispielsweise durch die Anzahl der Radumdrehungen bestimmt, kann die aktuelle Position ermittelt werden. Da diese Methode jedoch sehr fehlerbehaftet ist, werden oftmals zusätzliche Sensordaten, beispielweise eines Laserscanners hinzugezogen13.
Bei der globalen bzw. absoluten Lokalisierung wird die Position in Bezug auf ein externes Bezugssystem wie einer gegeben Karte bestimmt. Hierzu gibt es verschiedene Algorithmen, die jedoch an dieser Stelle nicht detailliert aufgeführt werden. Beispielhaft zu nennen ist die Lokalisierung an Scanpunkten sowie an Linien.
Zur Lokalisierung an Scanpunkten werden einzelne Punkte eines 2D-Laserscans mit einer gegeben Karte abgeglichen werden. Verschiedene heuristische Verfahren werden eingesetzt, um in einem iterativen Prozess korrespondierende Punkte zu bestimmen. In geometrischen Umgebungen naheliegender ist die Überlagerung von Linien. Oftmals führt diese Problemstellung jedoch wieder zurück zum Abgleich von Punkten, indem die Linien durch eine Menge an Punkten dargestellt wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Messdaten von vornherein in Form von Punkten vorliegen14.
Zur Orientierung des Roboters dient eine Kombination aus lokaler und globaler Lokalisierung, wobei die lokale häufig als Grundlage für die globale Lokalisierung dient.
2.2.5 NAVIGATION
Navigation dient dem Roboter, basierend auf seinem Wissen und den gemessenen Sensorwerten, seine Zielposition so effizient und zuverlässig wie möglich zu erreichen. Dies umfasst zwei Komponenten. Zum einen muss der bestmögliche Pfad zur Erreichung der Zielposition bestimmt und verfolgt werden. Jedoch werden in der Pfadplanung im Voraus nur bekannte Konturen und Hindernisse berücksichtigt. Die tatsächlich gemessenen Sensorwerte während der Fahrt können davon abweichen, weshalb das Ausweichen von Hindernissen als zweite Komponente von genauso großer Bedeutung ist15.
Neben der Pfadplanung basierend auf einer Karte gibt es zudem weitere Ansätze. Ist zum Beispiel der Zielpunkt und die Richtung zum Ziel durch einen Kompass bekannt, die Umgebung jedoch nicht, so kann auch ein sogenannter Bug-Algorithmus zum Ziel führen. Der Roboter fährt in Richtung des Ziels. Kommt ein Hindernis dazwischen, umfährt er es bis die Zielrichtung wieder frei ist. Eine weitere Möglichkeit ist das Entlangfahren an einer Kontur, z.B. einer Wand, zu der der Roboter stets einen bestimmten Abstand hält16.
Bisher wurde vorausgesetzt, dass die Umgebung des Roboters oder zumindest die Zielposition bekannt ist. Wird der Roboter für Explorationszwecke eingesetzt, so ergibt sich nochmals eine andere Situation: trotz dem, dass weder die Umgebung noch die Zielposition bekannt ist, muss der Roboter sich effizient im Raum fortbewegen. Es sind drei Probleme gleichzeitig zu lösen: Der Roboter muss sich selbst lokalisieren, die Umgebung in einer Karte erfassen und zudem den Pfad planen17. Die ersten zwei Faktoren werden häufig zu dem SLAM-Problem zusammengefasst, Simultaneous Localisation and Mapping. Es ist ein Henne- Ei-Problem. Wie soll der Roboter sich ohne eine vorhandene Karte lokalisieren bzw. wie soll er eine Karte erstellen, ohne zu wissen, wo er sich befindet. Seit Mitte der 90-Jahre wurden hierfür bereits zahlreiche Lösungsansätze präsentiert18. Vollständig erforscht ist dieses Gebiet jedoch bis heute noch nicht, speziell in Verbindung mit einer effizienten Pfadplanung, die im Normalfall im Voraus eine vollständige Karte erfordert. Erst die Kombination aus SLAM und Pfadplanung macht einen mobilen Roboter vollständig autonom19.
2.3 ANWENDUNGSGEBIETE
Mobile Roboter finden ihren Einsatz in den verschiedensten Anwendungsgebieten. Hierzu zählen unter anderem:
- Überwachung und Bewachung von Gebäuden und Anlagen
- Automatische Messdatenaufnahme
- Reinigung
- Einsatz in lebensgefährlichen Bereichen, wie der Entschärfung von Gefahrgut oder in Gebieten mit hoher Strahlung
- Einsatz in Bereichen, die für Menschen unzugänglich sind
- Autonomer Transport in industriellen Produktionsbetrieben und in der Krankenhauslogistik20
Mobile Roboter für den autonomen Transport sind auch unter dem Begriff automatisch gesteuertes Fahrzeug bzw. nach der englischen Bezeichnung Automated Guided Vehicle, kurz AGV, bekannt. Sie sind als fahrerlose Transportsysteme für den horizontalen Transport von Materialien definiert21.
Beispiele für bisher eingesetzte mobile Roboter sind die Marserkundungsroboter Spirit und Opportunity, die ab 2004 von der NASA zur Erforschung des Gesteins- und Erdbodens auf dem Mars eingesetzt wurden. Zwar wurden sie hauptsächlich von der Erde aus ferngesteuert - in Zeiten ohne Funkkontakt mussten sie sich dennoch über Kontrollprogramme autonom fortbewegen22.
Alltagsnähere Beispiele sind Staubsauger- oder Rasenmäher-Roboter. Diese verdeutlichen den wachsenden Trend zu mehr Servicerobotern, sowohl im professionellen als auch im privaten Umfeld.
[...]
1 ISO (2012)
2 Vgl. Hertzberg, J. / Lingemann, K. / Nüchter, A. (2012), S. 2
3 Vgl. ISO (2012)
4 Vgl. Nehmzow, U. (2002), S. 8 f.
5 Vgl. ebenda, S. xi
6 Vgl. Hering, E. / Schönfelder, G. (2012), S. 1
7 Vgl. Hertzberg, J. / Lingemann, K. / Nüchter, A. (2012), S. 24
8 Vgl. Nourbakhsh, I. R. / Siegwart, R. / Scaramuzza, D. (2011), S. 104
9 Vgl. Nourbakhsh, I. R. / Siegwart, R. / Scaramuzza, D. (2011), S. 35
10 Vgl. Hertzberg, J. / Lingemann, K. / Nüchter, A. (2012), S. 106
11 Vgl. Nourbakhsh, I. R. / Siegwart, R. / Scaramuzza, D. (2011), S. 39 f.
12 Vgl. ebenda, S. 35
13 Vgl. Hertzberg, J. / Lingemann, K. / Nüchter, A. (2012), S. 110 ff.
14 Vgl. ebenda, S. 176 ff.
15 Vgl. Nourbakhsh, I. R. / Siegwart, R. / Scaramuzza, D. (2011), S. 370
16 Vgl. Hertzberg, J. / Lingemann, K. / Nüchter, A. (2012), S.266 ff.
17 Vgl. ebenda, S. 285
18 Vgl. ebenda, S. 221
19 Vgl. Kim, A. / Eustice, R. M. (2015), S. 457
20 Vgl. Neobotix (2015a), S. 3
21 Vgl. Fazlollahtabar, H. / Saidi-Mehrabad, M. (2015), S. 1
22 Vgl. Hertzberg, J. / Lingemann, K. / Nüchter, A. (2012), S. 8 f.