Mobbing ist nahezu an jedem Arbeitsplatz vorzufinden. Die Themen rund um Betriebsklima, Stress am Arbeitsplatz und Führungsstile nehmen einen immer größer werdenden Platz in unserer Gesellschaft ein. Dies kann schwerwiegende Folgen für die Gesundheit und den Arbeitsplatz haben.
Es wird davon ausgegangen, dass es rund 1 Millionen Mobbingopfer in Deutschland gibt. Um gezielte Maßnahmen zu ergreifen, ist das Bewusstsein über die Ursachen und Folgen von Mobbing sehr wichtig.
In der folgenden Arbeit wird auf die Definition von Mobbing sowie auf das Phasenmodell nach Leymann eingegangen. Des Weiteren werden die Ursachen, Folgen und Handlungsmöglichkeiten analysiert.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Der Begriff Mobbing
1.2 Heinz Leymann (1932 – 1999)
2 Das Phasenmodell nach Leymann
2.1 Phase 1: Die täglichen Konflikte
2.2 Phase 2: Mobbing und Psychoterror
2.3 Phase 3: Rechtsbrüche
2.4 Ärztliche und psychologische Fehldiagnosen
2.5 Ausschluss aus der Arbeitswelt
2.5.1 Kritische Anmerkung
3 Ursachen von Mobbing
3.1 Ursachen im Mobbingopfer
3.2 Ursachen im Mobbingtäter
3.2.1 Gefühl der Beeinträchtigung des Mobbers
3.2.2 Risiko der offenen und fairen Auseinandersetzung
3.2.3 Das Eigeninteresse gegenüber moralischen Bedenken
3.2.4 Personalisierte Sichtweise
3.3 Ursachen in den Rahmenbedingungen der Arbeitswelt
4 Folgen von Mobbing
4.1 Gesundheitliche Auswirkungen
4.2 Auswirkungen auf die Arbeitsleistung
4.3 Auswirkungen auf das soziale Umfeld
5 Handlungsmöglichkeiten
5.1 Prävention für Betroffene
6 Praxistransfer
7 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Phasenmodell nach Leymann (Leymann, 1993a, S. 276)
1 Einleitung
Mobbing ist nahezu an jedem Arbeitsplatz vorzufinden. Die Themen rund um Betriebsklima, Stress am Arbeitsplatz und Führungsstile nehmen einen immer größer werdenden Platz in unserer Gesellschaft ein. Dies kann schwerwiegende Folgen auf die Gesundheit und den Arbeitsplatz haben. Es wird davon ausgegangen, dass es rund 1 Millionen Mobbingopfer in Deutschland gibt (Esser & Wolmerath, 1999, S. 17). Um gezielte Maßnahmen zu ergreifen, ist das Bewusstsein über die Ursachen und Folgen von Mobbing sehr wichtig.
1.1 Der Begriff Mobbing
Damit das Wort Mobbing nicht in den falschen Kontext gesetzt wird, ist es erforderlich eine Definition zu finden, die es von anderen Konflikten abgrenzt. Konflikte entstehen, wenn verschiedene Meinungen, Auffassungen und Interessen aufeinander treffen. Aber nicht jede Auseinandersetzung führt zu Mobbing. In Deutschland wird sehr häufig leichtfertig mit der Verwendung des Wortes umgegangen (Dick, 2001, S. 14). Das Kunstwort Mobbing leitet sich vom englischen Verb „to mob“ (= über jemanden lärmend herfallen, anpöbeln, angreifen) ab. In der wissenschaftlichen Literatur gibt es keine einheitliche Definition für den Ausdruck Mobbing. Der schwedische Psychologe Heinz Leymann, definierte Mobbing 1993 wie folgt: „Der Begriff Mobbing beschreibt negative kommunikative Handlungen, die gegen eine Person gerichtet sind (von einer oder mehreren anderen) und die sehr oft und über einen längeren Zeitraum hinaus vorkommen und damit die Beziehung zwischen Täter und Opfer kennzeichnen.“ (Leymann, 1993b, S. 21). Im Jahr 1995 definierte Leymann seine Definition von Mobbing neu: „Unter Mobbing wird eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Untergegebenen verstanden, bei der die angegriffene Person unterlegen ist (1) und von einer oder einigen Personen systematisch, oft (2) und während längerer Zeit (3) mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis (4) direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet.“ (S. 18).
1.2 Heinz Leymann (1932 – 1999)
Der Forscher Heinz Leymann, geboren 1932 in Wolfenbüttel (Niedersachsen), gilt als Pionier der Mobbingforschung. Im Jahr 1978 verfasste er eine Dissertation zum Thema Arbeitspsychologie in Schweden. Die explorative Studie zu Mobbing am Arbeitsplatz gilt als sein erstes Werk. Leymann legte den Grundstein für die Mobbingforschung in Deutschland mit seinem Buch „Mobbing: Psychoterror am Arbeitsplatz und wie man sich dagegen wehren kann“. Zusätzlich entwickelte er die „45er-Liste“, einen Katalog von Mobbinghandlungen. Durch Interviews mit einigen hundert betroffenen Mobbingopfern, lernte Leymann typische Verläufe kennen und erstellte aufgrund der Erkenntnis, dass Mobbing immer nach einem ähnlichen Prinzip verläuft, ein Phasenmodell (Leymann, 1993b).
2 Das Phasenmodell nach Leymann
Leymann unterscheidet zwischen vier Phasen, die den Verlauf des Psychoterrors am Arbeitsplatz darstellen sollen. Dieses Modell geht davon aus, dass weder der Arbeitgeber noch eine andere Person in die Situation eingreift (Leymann, 1993b, S. 58).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung1: Phasenmodell nach Leymann (Leymann, 1993a, S. 276)
Dieses Konzept wurde später noch um eine Phase erweitert. Die vierte Phase wurde auf „Ärztliche und psychologische Fehldiagnosen“ geändert und die fünfte Phase behandelt das Thema „Ausschluss aus dem Arbeitsleben“ (Esser & Wolmerath, 1999, S. 23).
2.1 Phase 1: Die täglichen Konflikte
Konflikte entstehen an jedem Arbeitsplatz. Sie sind demnach auch notwendig und normal. Der Umgang mit Konflikten ist bei jedem Menschen verschieden. Um Stress zu vermeiden, ignorieren viele Betroffene die Situation. Kommt es zwischen den beteiligten Parteien zu keiner Aussprache, kann es zu einer Eskalation der Situation führen und der Beginn von Mobbing entsteht (Leymann, 1993b, S. 60).
2.2 Phase 2: Mobbing und Psychoterror
In dieser Phase werden die Angriffe der Täter immer intensiver und häufiger. Alle Aktionen des Täters zielen darauf ab, dem Opfer zu schaden und seinen Ruf zu schädigen. (Leymann, 1990, S. 121). Die Psyche sowie das Selbstvertrauen der Mobbingopfer leiden immens unter diesen Angriffen. Es kommt zu Stress-Symptomen bis hin zu Existenzängsten. Die Betroffenen fallen immer mehr auf und nehmen ein Verteidigungsverhalten an (Leymann, 1993b, S. 61).
2.3 Phase 3: Rechtsbrüche
Auf die Erniedrigungen und Angriffe folgen nun arbeitsrechtliche Maßnahmen. Der Arbeitgeber und/oder der Betriebsrat greifen ein, da auch die Arbeitsabläufe und –leistungen auf Dauer negativ beeinflusst werden. Die Betroffenen sind in dieser Phase bereits psychisch angeschlagen. Die Vorgesetzten suchen nach Erklärungen für diesen Verlauf, konfrontieren die Person und finden oftmals die Schuld bei den Opfern. Die Betroffenen werden versetzt oder gekündigt, um die störende Person zu beseitigen. (Leymann, 1993b, S. 62). Die Maßnahmen müssen sich an dem geltenden Arbeitsrecht orientieren, diese werden dabei aber missachtet. Die Situation der Mobbingopfer wird durch die Rechtsbrüche zusätzlich beeinträchtigt. Durch das Eingreifen des Arbeitgebers und/oder Betriebsrates kann der Fall als „offiziell“ bezeichnet werden (Leymann, 1990, S. 121).
2.4 Ärztliche und psychologische Fehldiagnosen
Ärzte und Therapeuten können vielen Betroffenen helfen, es kommt aber in einigen Fällen zu einer Fehldiagnose. Resch (1994) gibt ein Beispiel hierfür: „Der Patient ist in unkorrigierbarer Weise davon überzeugt, dass sich seine Kollegen gegen ihn verschworen haben. Es liegt der Verdacht nahe, dass es sich um ein beginnendes paranoid gefärbtes hirnorganisches Psychodrom handelt.“ (S. 116) und weiter stellt er fest „dass viele Ärzte und Psychologen einfach über sehr wenige Kenntnisse und eigene Erfahrungen aus dem Arbeitsleben verfügen. Sie haben selbst nie erlebt, unter welchen Bedingungen in der Produktion oder im Büro gearbeitet wird. Deshalb scheint ihnen auch die Idee, dass Arbeitsbedingung die Hauptursache für Krankheiten und seelische Störungen sein könnten, fremd.“ (S. 117). Laut Resch (1994, S. 119) sind den Psychologen Zusammenhänge aus der Arbeitswelt fremd, daher wird das Augenmerk auf die Entwicklung der Kindheit gelegt. Die Betroffenen sind in dieser Phase aber bereits so mitgenommen, dass eine Therapie zum Aufbau der Persönlichkeit und neuer Lebensmut nötig wäre.
2.5 Ausschluss aus der Arbeitswelt
In der letzten Phase erklärt Leymann (1993b, S. 65-67) einige Endstadien als Konsequenz für die Mobbingopfer:
Abschieben und Kaltstellen: Den Betroffenen werden keine Arbeitsvorgänge mehr zugewiesen und sie werden in einen abgelegenen Raum versetzt. Es besteht kein sozialer Kontakt zu den anderen Kollegen, eine sogenannte „Isolierhaft“. Das Opfer hat nun den ganzen Tag Zeit über seinen Zustand nachzudenken. Dieser Umstand überträgt sich auf viele andere Lebensbereiche.
Fortlaufende Versetzungen: Wenn dem Betroffenen nicht gekündigt werden kann, wird die Person gegen seinen Willen immer wieder in eine andere Abteilung versetzt. Krankschreibungen: In der Mobbingphase lassen sich Betroffene ein paar Tage krankschreiben, um den Stress abzubauen. Die Krankschreibungen in der Phase der Rechtsbrüche dauern oft Monate oder Jahre.
Zwangseinweisung in die Nervenheilanstalt: Bei betroffenen Personen können durch den Mobbingprozess leichte Verwirrungszustände auftreten. Das kann dazu führen, dass dieser gegen seinen Willen in die Psychiatrie eingewiesen wird. Die Situation kann sich durch das Unverständnis der Ärzte weiter verschlechtern.
Abfindung oder Frührente: Die Abfindung oder Frührente ist eine weitere Lösung um die Situation zu regeln, die allerdings keine Änderung der Struktur der Fima bewirkt. Das Opfer nimmt dies als Abschluss der Bestrafung hin. Die Betroffenen haben aufgrund der psychischen Verfassung und der Vorgeschichte wenig Aussicht auf eine neue Arbeitsstelle. Der psychische Druck wächst und oft haben sie in dieser Phase Selbstmordgedanken.
2.5.1 Kritische Anmerkung
Bei dem Phasenmodell nach Leymann wird nicht in Betracht gezogen, dass ein Dritter frühzeitig eingreifen kann und somit das Opfer nicht alle Phasen durchlaufen muss. Die Mobbingsituation kann sich nach einiger Zeit auch wieder entspannen (Esser & Wolmerath, 1999, S. 22). Leymann berücksichtigt ebenfalls nicht, dass die einzelnen Phasen variieren können und nicht in der genannten Reihenfolge ablaufen müssen. Laut Neuberger (1999) ist dieses Modell „die spezielle Variante eines bis zum Äußersten getriebenen Mobbing-Prozesses“ (S. 82).
3 Ursachen von Mobbing
Die Ursachen von Mobbing sind individuell und selten ist nur ein einzelner Auslöser verantwortlich. Angst, Eifersucht, Konkurrenzdenken sowie Stellenabbau durch Mobbing sind nur einige davon (Esser & Wolmerath, 1999, S. 32). Ob ein Konflikt zu Mobbing führt, hängt auch von den Beteiligten, der Organisation eines Unternehmens sowie dem Führungsstil des Arbeitsgebers ab (Meschkutat, Stackelbeck & Langenhoff, 2002, S. 110). Im folgendem Abschnitt werden die Ursachen im Mobbingopfer, im Mobbingtäter sowie in den Rahmenbedingungen der Arbeitswelt analysiert.
3.1 Ursachen im Mobbingopfer
Es wird viel diskutiert, ob die Gründe für Mobbing vor allem in der Persönlichkeit des Betroffenen liegen. In der Wissenschaft ist man sich einig, dass es kein typisches Mobbingopfer gibt. Leymann (1993b, S. 141) ist der Ansicht, dass sich Mobbing nicht mit Persönlichkeitstheorien erklären lässt. Er begründet dies damit, dass es keine einheitliche Bewertung der Persönlichkeit gibt, da die Art und Weise der Datenerhebung sehr unterschiedlich ausgeführt wird. Weiter sieht er auch ein moralisches Problem. Es wird überwiegend die Persönlichkeit des Mobbingopfers hinterfragt, aber wenige beschäftigten sich mit der Persönlichkeitsstruktur der Täter. Für die „Zuschauer“ ist es somit leichter nicht einzugreifen und es stärkt das Selbstvertrauen, wenn davon ausgegangen werden kann, dass nur gewisse Persönlichkeitstypen für Mobbing gefährdet sind (Leymann, 1993b, S. 143).
3.2 Ursachen im Mobbingtäter
Esser und Wolmerath identifizierten fünf persönliche Voraussetzungen für Mobbing:
3.2.1 Gefühl der Beeinträchtigung des Mobbers
„Die erste, quasi „natürliche“ Voraussetzung für Mobbing ist darin zu sehen, dass Mobber sich in irgendeiner Form beeinträchtigt, behindert, beschädigt fühlen oder ihre Zukunft gefährdet sehen. Der Grund der Beeinträchtigung kann für Ausstehende sowohl verborgen sein, als auch offen zutage treten.“ (Esser & Wolmerath, 1999, S. 86). Die Auslöser und Gründe für Mobbing sind sehr emotional geprägt und verursacht durch Angst, Vorurteile und furchtsame Erwartungen. Oft geben sich Mobber ruhig und ironisch gegenüber ihren Opfern, aber die Hartnäckigkeit mit der sie ihr Opfer angreifen, lässt auf eine emotionale Beteiligung schließen. Laut Wolmerath und Esser (1999, S. 89) gibt es folgende verborgene Motive: Gefährdung des sozialen Ansehens und Status, Arbeitsplatz und die berufliche Position sind in Gefahr, Handlungs- und Entscheidungsfreiheit ist gefährdet, Anerkennung und Sicherheit ist sehr wichtig. Die Gründe sind für den Mobber so gravierend, dass für ihn Mobbing gerechtfertigt erscheint.
3.2.2 Risiko der offenen und fairen Auseinandersetzung
Als wichtigster psychologischer Hintergrund für Mobbing wird das Risiko der offenen und fairen Auseinandersetzung genannt. Der Mobber findet keine angemessenen und begründeten Mittel um einen Konflikt zu beseitigen. Esser und Wolmerath (1999) beschreiben Mobbing „als eine verdeckte Strategie, die gewählt wird, wenn die eigenen Interessen nur dann durchsetzbar scheinen, wenn die eigenen dahinterliegenden Motive nicht zu erkennen sind.“ (S. 90).
3.2.3 Das Eigeninteresse gegenüber moralischen Bedenken
Bei der dritten Voraussetzung sind die eigenen Interessen und Wünsche größer als die moralischen Bedenken. Den Täter sind diese so wichtig, dass ihnen jedes Mittel Recht ist sie durchzusetzen (Esser & Wolmerath, 1999, S. 91).
3.2.4 Personalisierte Sichtweise
Die vierte Voraussetzung ist die Theorie des „Sündenbocks“. Es werden Personen für Fehler verantwortlich gemacht, ohne vorher tiefgründig nach den Ursachen der Probleme gesucht zu haben. Der Mobber sieht die Situation aus einer Er-oder-ich-Perspektive, nach dem Motto „Die Person ist das Problem. Person weg – Problem weg!“ (Esser & Wolmerath, 1999, S. 92)
3.3 Ursachen in den Rahmenbedingungen der Arbeitswelt
Nicht immer ergeben sich Konflikte aufgrund von Charakteren oder verschiedenen Persönlichkeiten. Diese können auch in den Rahmenbedingungen der Arbeitswelt liegen, wie z.B. Führungsverhalten, Arbeitsorganisation oder –gestaltung (Leymann, 1993a, S. 278). In einer schriftlichen Befragung wurden Teilnehmer/innen nach der betrieblichen Situation zum Zeitpunkt des Mobbings befragt. Mit 65,3% wurde das schlechte Arbeitsklima als wichtige Rolle beim Mobbing bestätigt.
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