Ludwig Uhland hat mit "Des Sängers Fluch" eines der bedeutendsten Werke der Romantik-Epoche geschaffen – und begründete die historische Ballade. In der 1814 entstandenen Ballade wird die Ohnmacht des Sängers in Bezug auf seinen Machtbereich verdeutlicht. Sie behandelt das Martyrium des Gesanges, der Kunst. Diese Hausarbeit wird sich mit der Frage beschäftigen, wie die Rolle und vor allem der Einfluss des Dichters zur Zeit der Epoche Romantik nach Ansicht von Ludwig Uhland ausgesehen hat. Hatten Dichter Einfluss und Macht oder war ihr Schaffen von Ohnmacht geprägt? Zudem wird der Einfluss der mittelalterlichen Volksdichtung, des Minnesangs, bei Uhland näher beleuchtet. Uhland hat in "Des Sängers Fluch" zahlreiche Mittelalter-Motive wie den Minnesang einfließen lassen. Ludwig Uhland hatte sich sein ganzes Leben lang mit dem Mittelalter und insbesondere dessen Literatur auseinandergesetzt.
Im Analyse-Kapitel soll die Ballade unter Rücksicht verschiedener Arbeiten, die sich intensiv mit "Des Sängers Fluch" beschäftigt haben, genau untersucht und gedeutet werden. Sie gilt als eine der schonungslosesten Abrechnungen mit dem Sänger-Status.
Unter Romantikern hatte Uhland einen hohen Stellenwert und war Teil der Tübinger Sonntagszeitung, die im frühen 19. Jahrhundert wirkte. Des Weiteren soll die Idee Uhlands von der Romantik verdeutlicht werden. Während einer Zeitspanne von mehr als einem Jahr hatte Uhland in der Tübinger Sonntagszeitung seine Romantik-Definitionen veranschaulicht. In den Aufsätzen „Über subjektive und objektive Dichtung“, „Über das Romantische“ und „Das Wesen der Poesie“ schildert Uhland seine Sicht von Poesie und von romantischen Elementen. Dabei greift Uhland die Idee des Unendlichen auf, nach der jeder dichterische Geist strebt, aber letztlich bei dem Versuch scheitert.
Abschließend sollen zum Schluss die Erkenntnisse der einzelnen Kapitel zusammengetragen und ein Fazit gezogen werden. Zudem soll kurz die Frage erörtert werden, wie sich Ludwig Uhlands Ballade "Des Sängers Fluch" inhaltlich zu ähnlichen Balladen von Schiller oder Goethe verhält.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Des Sängers Fluch.
2.1 Form und Inhalt
2.2 Analyse
2.3 Deutungsansätze
3. Uhlands Bemühungen um die Romantik
4. Fazit
Bibliographie
1.Einleitung
Ludwig Uhland hat mit Des Sängers Fluch eines der bedeutendsten Werke der Romantik- Epoche geschaffen - und begründete die historische Ballade. In der 1814 entstandenen Ballade wird die Ohnmacht des Sängers in Bezug auf seinen Machtbereich verdeutlicht. Sie behandelt das Martyrium des Gesanges, der Kunst. Diese Hausarbeit wird sich mit der Frage beschäftigen, wie die Rolle und vor allem der Einfluss des Dichters zur Zeit der Epoche Romantik nach Ansicht von Ludwig Uhland ausgesehen hat. Hatten Dichter Einfluss und Macht oder war ihr Schaffen von Ohnmacht geprägt? Zudem wird der Einfluss der mittelalterlichen Volksdichtung, des Minnesangs, bei Uhland näher beleuchtet. Uhland hat in Des Sängers Fluch zahlreiche Mittelalter-Motive wie den Minnesang einfließen lassen. Ludwig Uhland hatte sich sein ganzes Leben lang mit dem Mittelalter und insbesondere dessen Literatur auseinandergesetzt.
Im Analyse-Kapitel soll die Ballade unter Rücksicht verschiedener Arbeiten, die sich intensiv mit Des Sängers Fluch beschäftigt haben, genau untersucht und gedeutet werden. Sie gilt als eine der schonungslosesten Abrechnungen mit dem Sänger-Status.
Unter Romantikern hatte Uhland einen hohen Stellenwert und war Teil der Tübinger Sonntagszeitung, die im frühen 19. Jahrhundert wirkte. Des Weiteren soll die Idee Uhlands von der Romantik verdeutlicht werden. Während einer Zeitspanne von mehr als einem Jahr hatte Uhland in der Tübinger Sonntagszeitung seine Romantik-Definitionen veranschaulicht. In den Aufsätzen „Über subjektive und objektive Dichtung“, „Über das Romantische“ und „Das Wesen der Poesie“ schildert Uhland seine Sicht von Poesie und von romantischen Elementen. Dabei greift Uhland die Idee des Unendlichen auf, nach der jeder dichterische Geist strebt, aber letztlich bei dem Versuch scheitert.
Abschließend sollen zum Schluss die Erkenntnisse der einzelnen Kapitel zusammengetragen und ein Fazit gezogen werden. Zudem soll kurz die Frage erörtert werden, wie sich Ludwig Uhlands Ballade Des Sängers Fluch inhaltlich zu ähnlichen Balladen von Schiller oder Goethe verhält.
2. Des Sängers Fluch
Des Sängers Fluch ist eine Ballade von Ludwig Uhland. Sie ist 1814 entstanden und weist dramatische, lyrische und epische Elemente auf. Dadurch ist Des Sängers Fluch eindeutig als Ballade zu erkennen. Sie war eine der ersten politischen Balladen, die durch ihre radikale Umsetzung bzw. Botschaft auch Kritik erfuhr. Sie gilt als Uhlands bestes lyrisches Werk und begründete eine balladeske Untergattung - die historische Ballade.
2.1 Form und Inhalt
Die Ballade Des Sängers Fluch von Ludwig Uhland hat sechzehn Strophen zu je vier Versen. Die Verse weisen den Paarreim mit dem Reimschema aabb auf. Weitere Elemente wie epische, lyrische und dramatische weisen bei Des Sängers Fluch eindeutig auf eine Ballade, einer Gattung des Tanzliedes, hin. Die Erzählung wird immer wieder durch wörtliche Rede unterbrochen. Das Versmaß ist der Alexandriner, ein sechshebiger Jambus. Zusätzlich gibt es vor jeder Zäsur eine unbetonte Silbe mit männlicher Kadenz. Alliterationen und Assonanzen fügen musikalische Elemente hinzu. Die Ballade ist im leicht veränderten Stile der Nibelungen-Strophe aufgebaut und weist Elemente wie Parallelismen, Anaphern und Antithesen auf. Parallelen zu Mittelalter-Epen werden ebenfalls deutlich. Auf diese Elemente soll im Analyse-Kapitel der Hausarbeit eingegangen werden.
Zu Beginn der Ballade wird ein idyllisches Bild mit romantischen Zügen gezeichnet. Beschrieben wird ein Schloss, „so hoch und hehr“ (Vers 1), das „weit glänzt“ (2). Umgeben ist es „rings von duft’gen Gärten“ (3) und „frische(n) Brunnen“ (4).1 Im Gegensatz dazu steht der König, der „finster und bleich“ (6) auf seinem Thron sitzt und in seinem Schloss und Königreich Schrecken verbreitet. Zu diesem Schloss machen sich zwei namenlose Sänger auf. Der eine ist jugendlich und verkörpert mit seinen „goldnen Locken“ (10) das blühende Leben. Der Ältere von beiden ist „grau von Haar“ (10) und erscheint wie ein Lehrmeister für seinen jungen Weggefährten. Die Sänger wollen mit ihrem Gesang das kalte Gemüt des Königs erwärmen („Es gilt uns heut, zu rühren des Königs steinern Herz.“, 16). Durch ihren lieblichen Gesang verzücken die beiden Sänger den gesamten Hofstaat - bis auf den gefühlskalten König. Nachdem die Königin, „zerflossen in Wehmut und in Lust“ (31), den Sängern eine Rose zuwirft, wird der Wendepunkt der Ballade Des Sängers Fluch markiert. Der König wirft den Sängern vor, sein Volk und seine Königin verführt zu haben und wirft ein Schwert, das die Brust des jungen Sängers durchdringt. Er stirbt in den Armen des älteren Sängers, der daraufhin voller Zorn das Schloss verlässt und einen Fluch ausspricht. Daraufhin vergeht das Königreich, der Name des Königs gerät in Vergessenheit („Des Königs Namen meldet kein Lied, kein Heldenbuch;“, 63).
2.2 Analyse
Die Ballade Des Sängers Fluch von Ludwig Uhland behandelt den Machtkampf zwischen Kunst und Herrschaft. Sie unterscheidet sich stark von seiner sonstigen Lyrik und hat aufgrund ihrer Radikalität kaum etwas mit der romantischen Lyrik Uhlands gemein. Als romantisch kann lediglich gelten, womit Uhland die Fallhöhe aufbaute: „das bis zum blauen Meer glänzende hehre Schloß, umlagert vom Prunk der Gärten, der finster-bleiche Herrscher auf dem Thron, vor ihm das edle Sängerpaar, neben ihm die vollmondhaft milde Königin, die aus Trotz zu frommer Rührung erweichten Gefolgsleute“.2 Diese romantischen und idyllischen Elemente werden gleich in der zweiten Strophe durch die Beschreibung des Königs konterkariert. Dieser wird als Tyrann dargestellt und ist der Gegenpol zu den beiden empfindsamen Sängern, die sein Herz erweichen wollen. Uhland schrieb die Ballade in einer abgewandelten Nibelungen-Strophe. Der Beginn ist im Stile mittelalterlicher Epen konzipiert. Das zeigt sich eindeutig anhand der Stilmittel, die Uhland für Des Sängers Fluch verwendet hat. Dazu gehören die Technik der Wiederaufnahme eines Substantivs durch ein Personal- oder Demonstrativpronomen („Des Königs trotz’ge Krieger, sie beugen sich vor Gott“, 30; „Der Alte mit der Harfe, der saß auf schmuckem Roß“, 11), die anaphorische Häufung von Charaktereigenschaften („Denn was er sinnt, ist Schrecken, und was er blickt, ist Wut“, 7), die Zeilen-Antithetik („Der ein’ in goldnen Locken, der andre grau von Haar“, 10) und der gleichmäßige Bau einiger Verse zum Zwecke der Steigerung („Die Höflingsschar… Des Königs trotz’ge Krieger… Die Königin…“, 29-31).3
Auffällig sind vor allen Dingen die vielen Gegensatz-Paare, die die Ballade durchziehen. Sie ist zudem von Anonymität geprägt. Es wird nicht deutlich, in welcher Zeit Des Sängers Fluch spielt. Ludwig Uhland verzichtet auf Archaismen und auch nach der Erfüllung des Fluchs bleibt der Name des Königreichs, des Königs oder der Sänger unbekannt. Zudem sind alle Figuren namenlos, typisiert.
Die beiden Sänger erreichen den Hof des erstarrten Herrschers und wollen ihn rühren („Denk unsrer tiefsten Lieder, stimm an den vollsten Ton / Nimm alle Kraft zusammen, die Lust und auch den Schmerz! / Es gilt uns heut, zu rühren des Königs steinern Herz“, 14). Hier wird die Rolle der fahrenden Sänger, die politische Rolle von Dichtung thematisiert. Ihr Programm ist die Rührung durch das ästhetische Vortragen bzw. Verabreichen von Lust und Schmerz. Die Sänger sind frei und wollen ihre befreiende Wirkung durch den Gesang ausüben.4 Nach der Bildung der Fallhöhe wird diese durch die drastische Wendung in der Ballade förmlich niedergerissen - der gewaltvolle Mord an dem Jüngling, der Fluch des alten Sängers, das zerstörte Königreich und „schließlich die schon geborstene Säule als vergängliches Mahnmal vergangener Herrlichtkeit“.5 Dort wo der Gesang keinen Platz hat, ist der Verfall gewiss. Der Verfall des Königreichs erscheint als Folge einer magischen Kommunikation zwischen dem Lebendigen und dem Toten.6 So wie das Leben des Sängers „verröchelt“ (38), soll auch die Macht des Herrschers ohne Zeugnis verenden. Der, der nicht menschlich ist, ist selbst dem Untergang geweiht. „Vergessen“ (64) ist der zentrale Begriff des Fluchs. In der Mündlichkeit der Sänger liegt ihre entscheidende Macht.7 Ein Ort, der von keinem Sänger heimgesucht wird, gerät zwangsläufig in Vergessenheit.
Die Elemente aus Sagen- und Märchenreich, aus romantisch-archaischer Helden- und Märtyrergeschichte sollen die extremen Kontraste verdeutlichen. „Es ist imprägniert von einer Verdeutlichungsfunktion, es soll einem aufs Überpersönliche angelegten Vorgang durch Inszenierung und Personifikationen einen Schein von Leben geben“.8
Des Sängers Fluch ist das allegorische Gedicht vom Untergang der Dichtung im Spannungsfeld von Macht und Gesang, des Unmenschlichen und des Ideal-Menschlichen. Sie handelt vom Martyrium des Gesanges, der Kunst. Der König und die Königin, die beiden Sänger und der Hofstaat sind allegorische Figuren. Die beiden Sänger und der König bilden dabei sicherlich das extremste Gegensatz-Paar und bauen so ein intensives Konfliktpotential auf.
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1 Uhland, Ludwig: Des Sängers Fluch. In: Segebrecht, Wulf (Hrsg.): Gedichte und Interpretationen Band 3. Klassik und Romantik. Reclam, Stuttgart 1984. S. 320-322.
2 Martini, Fritz: Ohnmacht und Macht des Gesanges. Zu Ludwig Uhlands Ballade Des Sängers Fluch. In: Segebrecht, Wulf (Hrsg.): Gedichte und Interpretationen, Band 3. Klassik und Romantik. Reclam, Stuttgart 1984. S. 322-333.
3 Vgl. Froeschle, Hartmut: Ludwig Uhland und die Romantik. Böhlau, Köln 1973.
4 Dehrmann, Mark-Georg: Des Sängers Fluch. Philologie und Dichtung bei Ludwig Uhland. In: Dehrmann, Mark-Georg; Nebrig, Alexander: Poeta Philologus. 2010. S. 98.
5 Martini, Fritz: Ohnmacht und Macht des Gesanges. Zu Ludwig Uhlands Ballade Des Sängers Fluch. In: Segebrecht, Wulf (Hrsg.): Gedichte und Interpretationen, Band 3. Klassik und Romantik. Reclam, Stuttgart 1984. S. 322-333.
6 Dehrmann, Mark-Georg: Des Sängers Fluch. Philologie und Dichtung bei Ludwig Uhland. In: Dehrmann, Mark-Georg; Nebrig, Alexander: Poeta Philologus. 2010. S. 98.
7 Ebd., S. 98.
8 Martini, Fritz: Ohnmacht und Macht des Gesanges. Zu Ludwig Uhlands Ballade Des Sängers Fluch. In: Segebrecht, Wulf (Hrsg.): Gedichte und Interpretationen, Band 3. Klassik und Romantik. Reclam, Stuttgart 1984, S. 325.