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Wie kann die militärische Intervention der USA in den Irak 2003 (3. Golfkrieg) aus neorealistischer Perspektive erklärt werden?

©2015 Essay 7 Seiten

Zusammenfassung

Dieser Essay soll neorealistische Erklärungsansätze für die Beweggründe liefern, die die USamerikanische Regierung veranlassten, den 3. Golfkrieg zu führen.

Die Theorie des Neorealismus nach Kenneth N. Waltz ist ein Paradigma der internationalen Beziehungen, welches versucht die Gründe und Gegebenheiten für Konflikte und Zusammenarbeit von Staaten im internationalen System zu erklären. Der strukturelle Realismus (Neorealismus) nach Waltz entwickelte sich in den 1970er Jahren durch eine kritische Auseinandersetzung mit dem klassischen Realismus nach Hans Morgenthau. Der Neorealismus steht dem Idealismus gegenüber und widerspricht ihm.

Der Neorealismus eignet sich besonders zur Erklärung von Konfliktsituationen und Kriegen zwischen Staaten im internationalen System und ist deshalb sehr erklärungskräftig bezüglich der Intervention der USA im Jahr 2003 im Irak.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Theorie des Neorealismus

3. Anwendung der neorealistischen Außenpolitiktheorie auf die militärische Intervention in den Irak 2003

4. Schluss/Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Terroranschläge vom 11. September 2001 rückten den Begriff der Sicherheit in den USA in den Mittelpunkt wie niemals zuvor. Es kam zu einer Zäsur der Sicherheitspolitik (Palm 2011: 43).

Der Irak stellt weiterhin seine Feindseligkeit gegenüber Amerika zur Schau und unterstützt den Terror. Das irakische Regime plant insgeheim seit über zehn Jahren die Herstellung von Milzbranderregern, Nervengas und Nuklearwaffen. […] Diese Regime sind eine ernste und wachsende Gefahr, da sie den Besitz von Massenvernichtungswaffen anstreben. Sie könnten Terroristen ihre Waffen zur Verfügung stellen […]. (Bush 2002)

Etwa ein Jahr nach der hier zitierten Rede des damaligen US-Präsidenten Bush zur Lage der Nation am 29. Januar 2002, intervenierten Streitkräfte der Vereinigten Staaten und Großbritanniens im Irak und setzten sich damit über Resolutionen internationaler Institutionen hinweg (Palm 2011: 46).

Dieser Essay soll neorealistische Erklärungsansätze für die Beweggründe liefern, die die US-amerikanische Regierung veranlassten, den 3. Golfkrieg zu führen.

Die Theorie des Neorealismus nach Kenneth N. Waltz ist ein Paradigma der internationalen Beziehungen, welches versucht die Gründe und Gegebenheiten für Konflikte und Zusammenarbeit von Staaten im internationalen System zu erklären (Grieco 1997: 163). Der strukturelle Realismus (Neorealismus) nach Waltz entwickelte sich in den 1970er Jahren durch eine kritische Auseinandersetzung mit dem klassischen Realismus nach Hans Morgenthau (Siedschlag 2002). Der Neorealismus steht dem Idealismus gegenüber und widerspricht ihm.

Der Neorealismus eignet sich besonders zur Erklärung von Konfliktsituationen und Kriegen zwischen Staaten im internationalen System und ist deshalb sehr erklärungskräftig bezüglich der Intervention der USA im Jahr 2003 im Irak (Grieco 1997: 163).

Im Anschluss an diese Einleitung wird die Theorie des Neorealismus tiefergehend erläutert. Im zweiten Hauptteil folgt die Darstellung des von mir gewählten empirischen Beispiels - Irak-Krieg - 2003, dessen Entstehungsgründe dann mit Hilfe der Theorie des Neorealismus erklärt werden sollen. Im Schlussteil werde ich dann eine Antwort auf die von mir gestellte Forschungsfrage formulieren.

2. Die Theorie des Neorealismus

Zunächst ist der Neorealismus vom klassischen Realismus abzugrenzen. Beim klassischen Realismus steht das Machtstreben des Menschen im Vordergrund, weshalb er auch anthropologischer Realismus genannt wird. Beim Neorealismus hingegen werden genau diese anthropologischen Grundannahmen verworfen und die Struktur des internationalen Systems steht im Vordergrund (Andrei und Rittberger 2005: 836).

Die zentrale Frage des Neorealismus: Wie wirkt sich die Struktur des internationalen Systems auf die Außenpolitik der einzelnen Staaten aus?

Das internationale System gilt als anarchisch, d.h. es gibt keine übergeordnete Regelungs- und Kontrollinstanz, welche Regeln festlegt an die sich die Staaten halten müssen. Den Staaten ist somit selbst überlassen ob sie den Forderungen anderer Staaten oder internationaler Organisationen Folge leisten. Die zentralen Akteure im internationalen System sind die Staaten, insbesondere die mächtigen Staaten. Die Staaten werden somit lediglich nach ihrem Machtpotenzial unterschieden. Innerstaatliche Unterschiede spielen bei dieser Betrachtung keine Rolle (Grieco 1997: 164 f.).

Des Weiteren gehen Neorealisten davon aus, dass die Staaten rational handeln, einheitlich auftreten und unabhängige Entscheidungen treffen (Grieco 1997: 165).

Das oberste Ziel aller Staaten ist ihre eigene Sicherheit und da in einem anarchischen System keinem Staat die Sicherheit garantiert werden kann, ist das staatliche Überleben die Grundlage und Voraussetzung für alle weiteren Ziele. Die Struktur des internationalen Systems zwingt den Staaten somit ein auf Sicherheit und Macht konzentriertes Handeln auf. Die Staaten sind sogenannte „self-help-agents (Grieco 1997: 166 f.). Macht bedeutet nicht nur die militärischen Fähigkeiten die ein Staat in Relation zu anderen Staaten besitzt sondern auch die ökonomischen Fähigkeiten (Andrei und Rittberger 2005: 836).

Die internationalen Beziehungen können als ein Nullsummenspiel dargestellt werden, denn die Staaten handeln nach dem Kosten-Nutzen-Prinzip und was der eine gewinnt verliert der andere. Staaten sind immer am relativen Machtgewinn interessiert, deshalb räumen Neorealisten zwischenstaatlicher Kooperation kaum Chancen ein, sie schließen diese nahezu aus. Die Kooperation ist aus Sicht der Neorealisten nur bedingt möglich, aufgrund des Verlustes von Macht und Autonomie und der ständigen Unsicherheit, die ein Staat durch zwischenstaatliche Kooperation erfährt (Grieco 1997: 174).

Kooperationen entstehen nur unter einem hegemonialen Einfluss oder zur Bündnisbildung gegen eine Übermacht. Mit dem Ziel der Erhöhung der eigenen Sicherheit bilden Staaten Allianzen mit weniger bedrohlichen Staaten („Balancing“) oder aber sie schließen sich einem Hegemon an („Bandwagoning“) (Grieco 1997: 169 ff.).

Neben der Anarchie ist die Machtverteilung das zweite Strukturmerkmal des internationalen Systems. Dieses variable Strukturmerkmal nimmt ebenso Einfluss auf das außenpolitische Verhalten von Staaten (Andrei und Rittberger 2005: 836). Die Polarität des internationalen Systems hängt von der Anzahl der Großmächte ab. Ein bipolares System ist stabiler und weniger kriegsanfällig als ein uni- oder multipolares System, da sich im bipolaren System zwei Großmächte gegenüber stehen und deshalb eher eine Machtbalance herrscht (Grieco 1997: 172).

Die Struktur des internationalen Systems ist die Triebfeder für die Außenpolitik aller Staaten, und bildet somit die unabhängige Variable. Das außenpolitische Verhalten von Staaten ist die abhängige Variable und die situationsspezifische Randbedingung (intervenierende Variable) ist die unterschiedlich hohe Sicherheitsbedrohung, der ein Staat ausgesetzt ist

3. Anwendung der neorealistischen Außenpolitiktheorie auf die militärische Intervention in den Irak 2003

Der Irak-Krieg begann am 20. März 2003 unter Führung der USA, welche durch eine „Koalition der Willigen“[1] unterstützt wurde. “Aus Sicht der USA ist diese Allianz als ein „Balancing against the threat of terrorism“ zu verstehen (Schneider und von Trott 2011: 59).“ Die Intervention in den Irak geschah ohne UN-Resolution.

Die Gründe für die Intervention der USA in den Irak waren laut der damaligen US-Regierung vor allem die Bedrohung der nationalen Sicherheit durch den Irak. Dies gründete auf der Annahme, der Irak besitze Massenvernichtungswaffen und kooperiere mit internationalen Terroristen. Diese Begründung ist unter anderem der in der Einleitung zitierten Rede vom ehemaligen US-Präsidenten Bush zu entnehmen (Bierling 2010: 36). Bierling sieht jedoch den zentralen Grund für den Krieg darin, dass die USA durch eine Machtdemonstration ein Exempel statuieren wollten, um das Risikokalkül aller potentiellen Feinde zu verändern (Bierling2010: 7).

Anhand der Annahmen des Neorealismus soll nun eine Erklärung der militärischen Intervention der USA in den Irak versucht werden.

Die Maximierung der nationalen Sicherheit stellt das oberste Ziel eines Staates dar. Die US-Regierung sah die nationale Sicherheit der USA durch den Irak gefährdet, zumindest führte sie dies als offizielle Kriegsbegründung auf. Um dieser vermeintlichen Gefährdung der Sicherheit entgegenzuwirken setzten die USA und ihre Verbündeten ihre Interessen entgegen den Forderungen der Vereinten Nationen im Irak-Konflikt militärisch durch. Der Stellenwert und damit die Einwirkungsmöglichkeiten der Vereinten Nationen sind aufgrund der anarchischen Beschaffenheit des internationalen Systems sehr gering.

Neben dem Ziel der Erhöhung der nationalen Sicherheit stand der relative Machtgewinn gegenüber den anderen Staaten im internationalen System im Fokus der USA. Die US-Regierung wollte ihren Einflussbereich vergrößern und somit ihr Machtpotenzial maximieren. Diese Machtmaximierung führt zu einer zusätzlichen Erhöhung der nationalen Sicherheit (Maiwald 2004).

Ein weiterer Erklärungsfaktor für die militärische Intervention in den Irak war die Verfolgung von wirtschaftlichen Interessen und einer Festigung/Sicherung der hegemonialen Stellung, welche die USA in dem uni- oder multipolaren internationalen System innehatte. Um die Stellung als hegemoniale Supermacht zu festigen und für die Zukunft zu sichern, waren die Ölreserven im Irak von großer wirtschaftlicher und politischer Bedeutung (Klare 2003). Die USA sind aufgrund ihrer Vormachtstellung zur Erhaltung dieser Stellung gezwungen, Machtbestrebungen von Staaten wie dem Irak zu unterbinden (Maiwald 2004).

Kriege lassen sich nur durch ein Machtgleichgewicht (balance of power) vermeiden, deshalb müssen Staaten die Macht anderer Staaten ausgleichen, damit diese keine Gewalt anwenden (Andrei und Rittberger 2005: 836). Die USA als Weltmacht standen einem eher unbedeutenden und deutlich unterlegenen Gegenspieler, dem Irak, gegenüber. Staaten greifen eher schwächere Konkurrenten an als gleichstarke Staaten. Hinzu kommt, dass die USA aufgrund ihrer hegemonialen Stellung Verbündete besaß, der Irak hingegen keinerlei Unterstützung von anderen Staaten erhielt.

[...]


[1] Allianz von Staaten, welche die USA im Kampf gegen den Irak 2003 militärisch und oder politisch unterstützten

Details

Seiten
Jahr
2015
ISBN (eBook)
9783668294561
ISBN (Buch)
9783668294578
Dateigröße
491 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg – Sozial-und Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2016 (September)
Note
2,3
Schlagworte
Neorealismus Golf-Krieg USA internationale Politik internationale Beziehungen Theorien 11. September Außenpolitiktheorie militärische Intervention
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Titel: Wie kann die militärische Intervention der USA in den Irak 2003 (3. Golfkrieg) aus neorealistischer Perspektive erklärt werden?