Zielsetzung dieser Seminararbeit ist es, KundenberaterInnen in Bezug auf die Aktienbewertungsmöglichkeiten zu schulen sowie die wichtigsten Kennzahlen und Bewertungsmethoden interpretierbar aufzuzeigen. Darüber hinaus soll es dazu beitragen, interessierte AnlegerInnen in diesem Bereich zu sensibilisieren, um ihre Kauf- beziehungsweise Verkaufsentscheidungen nicht aufgrund von „Stammtischdiskussionen“, sondern auf Basis fundierter Analysen zu treffen.
Im momentanen Niedrigzinsumfeld (betreffend Spareinlagen/Anleihen) und positiv gestimmter Aktienmärkte sind InvestorInnen wieder vermehrt auf der Suche nach ertragreicheren Veranlagungen, welche ihren Renditeerwartungen entsprechen. Eine Veranlagung in Aktienwerte gewinnt in Zeiten wie diesen „immer“ mehr an Bedeutung. Die richtige Bewertung und kritische Interpretation vorhandener Fundamentaldaten von Aktienunternehmen ist deshalb ein wichtiger Aspekt, der in der Anlageentscheidung größere Bedeutung erlangen sollte.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Grundlagen der Aktienbewertung
3. Analyse- und Bewertungsmethoden
3.1 Die Fundamentalanalyse
3.1.1 Gesamtwirtschaftliche Analyse
3.1.2 Branchenanalyse
3.1.3 Unternehmensanalyse
3.2 Die Chartanalyse (technische Analyse)
3.2.1 Die wichtigsten Chartformen
3.2.2 Die Analyse von Charts
3.2.3 Technische Indikatoren
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Im momentanen Niedrigzinsumfeld (betreffend Spareinlagen/Anleihen) und positiv ge- stimmter Aktienmärkte sind InvestorInnen* wieder vermehrt auf der Suche nach ertragrei- cheren Veranlagungen, welche ihren Renditeerwartungen entsprechen. Eine Veranlagung in Aktienwerte gewinnt in Zeiten wie diesen „immer“ mehr an Bedeutung. Die richtige Be- wertung und kritische Interpretation vorhandener Fundamentaldaten von Aktienunterneh- men ist deshalb ein wichtiger Aspekt, der in der Anlageentscheidung größere Bedeutung erlangen sollte.
In meiner Position als Anlageberater im Private Banking ist es für mich sehr wichtig, gerade in diesem sehr sensiblen Geschäftsfeld, die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu schaffen. Als KundenberaterIn einer Bank ist es folglich entscheidend, interessierte KundInnen im Entscheidungsprozess objektiv zu begleiten und sie im Bereich der Aktien- und Unternehmensbewertung zu sensibilisieren.
„Was ist das Unternehmen wirklich wert?“ Diese Fragestellung gewann nach der jüngsten Finanzmarktkrise wieder vermehrt an Bedeutung, da selbst werthaltig geglaubte Aktien im Wochenvergleich Kursverluste im zweistelligen Prozentbereich hinnehmen mussten. Fi- nanzanalysten verweisen in solchen Momenten gerne wieder auf ihre Lehrbücher. Die Auswahl des „richtigen“ Bewertungsverfahrens für das jeweilige Unternehmen stellt sich jedoch in der Masse an Kennzahlen und Bewertungsmethoden nach wie vor als sehr schwierig dar. Die Frage, bei welcher Gelegenheit was bewertet wird, wird in der Praxisli- teratur in erheblichem Maße weiterhin vernachlässigt. Es ist somit nicht verwunderlich, dass so manche Personen nicht nur die Wirtschaft in der Krise sehen, sondern auch die Bewertung der jeweiligen Unternehmen. An der Börse werden Vermögen gemacht - und verloren, deshalb sollte die objektive Betrachtung und Bewertung auch weiterhin zentraler Bestandteil jeder Kauf- und Verkaufsentscheidung sein. (Vgl. Hasler 2011, S. 5-6)
Zielsetzung dieser Seminararbeit ist es, KundenberaterInnen in Bezug auf die Aktienbe- wertungsmöglichkeiten zu schulen sowie die wichtigsten Kennzahlen und Bewertungsme- thoden interpretierbar aufzuzeigen. Darüber hinaus soll es dazu beitragen, interessierte AnlegerInnen in diesem Bereich zu sensibilisieren, um ihre Kauf- bzw. Verkaufsentschei- dungen nicht aufgrund von „Stammtischdiskussionen“, sondern auf Basis fundierter Ana- lysen zu treffen.
2. Grundlagen der Aktienbewertung
„Price is what you pay, value is what you get.“ (Buffett; Clark 2002, S. 228)
Dieses Börsensprichwort von Warren Buffett bildet die Grundlage jeder Unternehmensund Aktienbewertung. Dies spiegelt vor allem die Tatsache wieder, dass der Preis eines Gutes nur höchst selten dem tatsächlichen Wert entspricht. Trotz der unterschiedlichen Bedeutung, vor allem an den internationalen Kapitalmärkten, ist kaum jemand in der Lage die Begriffe eindeutig zu definieren. (Vgl. Hasler 2013, S. 1-2)
“Wenn Investoren, Analysten oder Unternehmer jedoch nicht wissen, welchen Wert eine Aktie hat, sind sie früher oder später nur noch ihren Emotionen ausgesetzt, und das heißt letztlich ihrer Gier und ihrer Angst. Kein Wunder al- so, dass Emotionen und Irrationalitäten auch heute noch unverrückbarer Be- standteil im Anlageverhalten selbst professioneller Kapitalmarktteilnehmer sind. Vorurteile und Voreingenommenheiten führen dazu, dass bestimmte ra- tionale Prozesse nicht länger funktionieren. Zu diesen zählt auch das Vertrau- en in die Funktionsweise der Unternehmensbewertung.“ (Hasler 2013, S. 2)
Das primäre Ziel der Aktien- und Unternehmensbewertung ist es demzufolge, dem vorlie- genden Unternehmen einen fairen Wert zuzusprechen bzw. ein definiertes Kursziel der Aktie zu definieren. Aus dieser objektiven Bewertung ergibt sich ein entsprechendes An- lageurteil, welches den aktuellen Aktienkurs im Verhältnis zum gesetzten Kursziel stellt und folglich eine Aussage wie „Buy“, „Hold“ oder „Sell“ ausgesprochen wird. Alternativ werden auch relative Anlageurteile in Bezug auf eine bestimmte Messgröße oder Bench- mark verwendet. Populäre Aussagen sind dabei „Outperform“, „Marketperform“ oder „Un- derperform“. Für außenstehende und marktfremde Personen sind derartige Unterschiede oft verwirrend und können zu falschen Interpretationen führen. Wichtig ist deshalb festzu- halten, dass verschiedenste Analyseergebnisse ebenfalls zu hinterfragen sind. Ein „Out- perform-Rating“ kann trotzdem bestätigt werden, obwohl die Aktie im Vergleichszeitraum an Wert verloren hat - solange sich der gewählte Vergleichswert (Aktienindex wie z.B. ATX oder DAX) schlechter entwickelt hat als die Einzelaktie - sich die Unternehmensaktie demnach relativ besser (relative Outperformance) entwickelt hat als die Benchmark.
Im Wesentlichen hängt der Aktienkurs somit von entsprechenden Zukunftserwartungen ab, welche der jeweiligen Aktie zugestanden werden. Diese Zugeständnisse der Investo- rInnen sind indes oftmals von spontanen und emotionalen Entscheidungen getrieben.
Pressemeldungen, Unternehmensberichte aber auch veränderte Konjunkturdaten führen häufig zu unbegründetem Herdenverhalten. Gerade deshalb sollten InvestorenInnen auf fundierte Analysen und Bewertungsmethoden zurückgreifen. (Hasler 2013, S. 2-5)
3. Analyse- und Bewertungsmethoden
AnalystInnen arbeiten weltweit mit ähnlichen Methoden, dabei zählen die Fundamentalanalyse und die Chartanalyse (technische Analyse) zu den wichtigsten Methoden der fundierten Aktienbewertung. Beide Methoden verfolgen allerdings wie bereits geschildert, das oberste Ziel, die Wertermittlung und die Prognose zukünftiger Kursentwicklungen. (Vgl. Jungblut 2000, S. 245)
3.1 Die Fundamentalanalyse
Die Fundamentalanalyse geht vorwiegend nach dem Top-Down-Approach (vgl. dazu Bot- tom-Up-Approach) vor, wobei zunächst das gesamtwirtschaftliche Umfeld analysiert wird. Anschließend erfolgt die entsprechende Analyse interessanter Branchen im jeweiligen volkswirtschaftlichen Umfeld, und letztlich die eigentliche Unternehmensanalyse. (Vgl. Jungblut 2000, S. 246)
3.1.1 Gesamtwirtschaftliche Analyse
Berücksichtigt werden dabei vor allen Dingen zwei Bereiche die wesentliche Einflüsse auf die wirtschaftliche Entwicklung des jeweiligen Unternehmens haben können:
Konjunkturelle Entwicklung der Volkswirtschaft
Unter Konjunktur versteht man die Entwicklung der Gesamtwirtschaft im Zeitablauf, wobei die moderne Wirtschaftstheorie unter vier Phasen der allgemeinen konjunkturellen Entwicklung unterscheidet:
- Aufschwung
- Hochkonjunktur (Boom-Phase)
- Abschwung
- Rezession
Diese Phasen des Konjunkturzyklus haben direkten Einfluss bzw. potentielle Auswirkung auf die Entwicklung der Aktienkurse. Die Fundamentalanalyse behilft sich dabei diverser Frühindikatoren (z.B. Auftragseingänge, Preisentwicklungen, Konsum- und Geschäftsklimaindizes) um frühzeitig auf konjunkturelle Änderungen reagieren zu können. (Vgl. Jungblut 2000, S. 246)
Monetäre Größen (Zins- und Geldmengenentwicklung)
Die Höhe der Marktzinsen hat wesentlichen Einfluss und steht somit in direktem Konkurrenzverhältnis auf die Kursentwicklung von Aktien. In Abwägung von Risiko und Rendite werden in Hochzinsphasen tendenziell eher festverzinsliche Wertpapiere präferiert. Die Renditeerwartung einer Aktie sollte deshalb deutlich über den marktkonformen Zinsen liegen. Je höher die reale Verzinsung ist, desto schlechter wird sich die Kursentwicklung der Aktien darstellen und umgekehrt. Die Höhe der Zinssätze spiegelt sich weiter in der Höhe der Unternehmensgewinne wieder, höhere Zinsbelastungen des Fremdkapitals schmälern direkt die Gewinne der Unternehmen.
Die jeweilige Höhe der Zinsen wird wesentlich von der Geldpolitik der weltweiten Notenbanken gesteuert. Mithilfe geldpolitischer Entscheidungen wird konjunkturellen und inflationären Entwicklungen entgegen gewirkt. Aufgrund empirischer Untersuchungen konnte tendenziell der Zusammenhang zwischen sinkenden Zinsen und steigenden Aktienkursen und umgekehrt nachgewiesen werden.
Darüber hinaus sollte bei der Aktienauswahl der Einfluss möglicher Wechselkursänderungen nicht außer Acht gelassen werden. Veränderte Wechselkurse können sich vor allem bei export- und importorientierten Unternehmen direkt auf die Umsatz- und Gewinnentwicklung auswirken. Die AktieninvestorInnen wiederum müssen bei einem Investment in Fremdwährung die jeweilige Wechselkursentwicklung bei Kauf und Verkauf ebenfalls berücksichtigen, da etwaige Kursgewinne der Aktie durch mögliche Kursverluste der Währung aufgezehrt werden können. (Vgl. Jungblut 2000, S. 246-256)
3.1.2 Branchenanalyse
Empirische Studien der Aktienmärkte haben aufgezeigt, dass sich die Kurse verschiede- ner Branchen durchaus entgegengesetzt bewegen können. Im Rahmen der Konjunktur- analyse wird anschließend eine bestimmte Branche ausgewählt, welche im aktuellen Kon- junkturzyklus Potentiale aufzeigt. Verschiedene Branchen können dabei sogar als Kon- junkturindikator betrachtet werden (z.B. Banken und Automobilbranche).
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* ) Der/die Verfasser/in in dieser Arbeit bekennt sich zu einer geschlechtergerechten Sprachverwendung. Um die Lesbarkeit zu gewährleisten und zugunsten der Textökonomie wurde in Einzelfällen die Kürzung ohne männliche Endung notwendig. Die - grammatisch nicht ganz korrekte - Kurzform findet im Sinne einer „positiven Diskriminierung“ als kompensatorische Maßnahme Anwendung.