Historisch gesehen haben Unternehmen Kapitalausschüttungen an die Anteilseigner meist in Form von Dividenden durchgeführt. In den letzten Jahren haben sich allerdings auch Aktienrückkäufe zu einer zunehmend beliebten Alternative für Unternehmen in den meisten großen Märkten entwickelt. Inwiefern sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen in den USA und in Deutschland unterscheiden und wie diese Unterschiede den Nutzen von Aktienrückkaufprogrammen beeinflussen ist Gegenstand dieser Arbeit.
Um diese Frage zu beantworten, werden zunächst die verschiedenen Gründe und Methoden für Aktienrückkäufe erläutert. Darauffolgend wird die Entwicklung und die Situation von Aktienrückkäufen in den USA und in Deutschland dargestellt. Anschließend werden die unterschiedlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen in den beiden Ländern sowie deren Auswirkungen erklärt.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einführung
2 Gründe für Aktienrückkäufe
2.1 Ausschüttung überschüssiger Liquidität
2.2 Erhöhung des Aktienkurses
2.3 Anpassung der Kapitalstruktur
2.4 Aktienrückkäufe für Akquisitionen
2.5 Stock-Option-Programme
2.6 Schutz gegen feindliche Übernahmen
3 Methoden des Aktienrückkaufs
3.1 Rückkauf über die Börse
3.2 Öffentliches Rückkaufangebot
3.2.1 Festpreisangebot
3.2.2 Holländisches Auktionsverfahren
3.2.3 Ausgabe handelbarer Verkaufs-Optionen
3.3 Privat ausgehandelter Aktienrückkauf
4 Empirie-basierte Beobachtung der Märkte
5 Länderspezifische institutionelle Rahmenbedingungen
5.1 Rahmenbedingungen in den USA
5.2 Rahmenbedingungen in Deutschland
5.3 Vergleich der verschiedenen institutionellen Rahmenbedingungen
6 Zusammenfassung und Ausblick
7 Literaturverzeichnis
8 Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1. Realisierte Rückkaufvolumina in Prozent vom Grundkapital
Abbildung 2. In der Ad-hoc Meldung angegebene Motive für den Aktienrückkauf
1 Einführung
Historisch gesehen haben Unternehmen Kapitalausschüttungen an die Anteilseigner meist in Form von Dividenden durchgeführt. In den letzten Jahren haben sich allerdings auch Aktienrückkäufe zu einer zunehmend beliebten Alternative für Unternehmen in den meis- ten großen Märkten entwickelt. In den Vereinigten Staaten von Amerika nahm die Bedeu- tung von Aktienrückkäufen Mitte der 80er Jahre zu, nachdem die Safe Harbor Regulation im Jahre 1982 gültig wurde. Ende der 90er Jahre gaben amerikanische Industrieunterneh- men erstmals mehr Geld für Aktienrückkaufprogramme als für die Auszahlung von Divi- denden aus. Wie in den USA, aber mit einer Zeitverzögerung von 10-15 Jahren, nutzen
auch mehr und mehr europäische Unternehmen Aktienrückkäufe als Mittel ihrer Ausschüt- tungspolitik. Dies wurde durch die Änderung gesetzlicher Rahmenbedingungen möglich, wie beispielsweise in Deutschland durch das Inkrafttreten des Gesetztes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) im Jahre 19981. Betrachtet man das starke Wachstum des Rückkaufsvolumens, kann man von einem regelrechten Boom in Europa sprechen. Dennoch hat der Erwerb von eigenen Aktien in Europa bisher nicht den gleichen Stellenwert wie in den USA, wo der Rückkauf von eigenen Anteilen schon seit langer Zeit ein sehr etabliertes Instrument der Ausschüttungspolitik ist2. Dies könnte daran liegen, dass es nationale Unterschiede bezüglich der institutionellen Rahmenbedingungen auf den Kapitalmärkten gibt3. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwiefern sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen in den USA und in Deutschland unterscheiden und wie diese Unterschiede den Nutzen von Aktienrückkaufprogrammen beeinflussen.
Um diese Frage zu beantworten, werden zunächst die verschiedenen Gründe und Methoden für Aktienrückkäufe erläutert. Darauffolgend wird die Entwicklung und die Situation von Aktienrückkäufen in den USA und in Deutschland dargestellt. Anschließend werden die unterschiedlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen in den beiden Ländern sowie deren Auswirkungen erklärt. Abschließend folgt eine Zusammenfassung der Ergebnisse aus den vorangegangenen Kapiteln.
2 Gründe für Aktienrückkäufe
2.1 Ausschüttung überschüssiger Liquidität
Laut der Kapitalmarkttheorie kann der Kapitalwert eines Unternehmens nur erhöht werden, wenn die Rentabilität des investierten Kapitals einer bestimmten Investition den gewichte- ten durchschnittlichen Kapitalkostensatz (WACC) des Unternehmens übersteigt. Demnach hat ein Unternehmen zwei Kapitalzuweisungsmöglichkeiten. Entweder es investiert in das operative Geschäft oder es führt das Kapital zu den Anteilseignern zurück. Verfügbares Kapital sollte in das operative Geschäft investiert werden, wenn die erwartete Rendite hö- her als der gewichtete durchschnittliche Kapitalkostensatz des Unternehmens ist. Kann eine solche Investition nicht identifiziert werden, muss das Kapital an die Anteilseigner ausgeschüttet werden4. Traditionellerweise findet eine Ausschüttung des überschüssigen Kapitals in Form von Dividendenzahlungen statt. Erhöhte Dividendenauszahlungen wer- den vom Markt als Zeichen für eine dauerhafte Verbesserung der Ertragskraft gedeutet, wohingegen Kürzungen als negatives Signal interpretiert werden. Beide Fälle bringen eine entsprechende Kursreaktion mit sich. Kommt es zu einer außerordentlichen Überschussli- quidität, würde eine erhöhte Dividendenzahlung zu steigenden Kursen führen. Da im Folgejahr wieder eine Dividendenkürzung stattfinden müsste, würden die Kurse dann wie- der fallen. Somit bringen Dividendenveränderungen eine Signalfunktion mit sich, welche zu Kursschwankungen führt. Aus diesem Grund bevorzugen viele Unternehmen eine stabi- le Dividendenpolitik und greifen auf den Aktienrückkauf als Methode der Ausschüttung überschüssiger Liquidität zurück. Dieser wird als einmalige Ausschüttung gesehen und weckt dementsprechend keine Erwartungen auf regelmäßige Wiederholungen5. Außerdem sind Aktienrückkäufe viel flexibler und leichter zu kontrollieren. Wurden Dividendenaus- zahlungen angekündigt, müssen diese auch ausgeführt werden. Im Falle der Ankündigung eines Aktienrückkaufprogramms ist die Durchführung des Aktienrückkaufs immer noch optional6.
2.2 Erhöhung des Aktienkurses
Oft werden Aktienrückkaufprogramme durchgeführt, um einen spezifischen Gewinn pro Aktie zu halten oder zu erreichen. Unternehmen versprechen sich von einer Reduzierung der ausstehenden Aktien, welche im Gegenzug zu einem zunehmenden Gewinn pro Aktie führt, dass der Aktienkurs unabhängig von Veränderungen des Gewinns steigt7. Diese Strategie findet Anwendung, wenn Unternehmen der Meinung sind, dass der Wert ihrer Aktien von dem Markt unterschätzt wird8.
2.3 Anpassung der Kapitalstruktur
Optimiert ein Unternehmen seine Kapitalstruktur indem es teures Eigenkapital durch billi- geres Fremdkapital ersetzt, kann es mit Hilfe des Leverage-Effektes die Gesamtkapitalkos- ten senken9. Die Anpassung der Kapitalstruktur kann mit einem Aktienrückkauf realisiert werden, da dieser mit einer Minderung des Eigenkapitals einhergeht10. Dies kann natürlich auch mit einer Dividendenauszahlung erreicht werden, aber wie in Punkt 2.1 bereits be- schrieben, bietet der Aktienrückkauf im Vergleich zur Dividendenauszahlung verschiedene Vorteile.
2.4 Aktienrückkäufe für Akquisitionen
Eine Übernahme eines anderen Unternehmens kann nicht nur mit Geld sondern auch mit Aktien der akquirierenden Gesellschaft bezahlt werden. Ebenso spielen Aktien im Falle von Fusionen eine wichtige Rolle, da diese oft mit Hilfe eines Aktientausches realisiert werden. Um die benötigten Aktien zu bekommen, kann ein Aktienrückkauf durchgeführt werden11.
2.5 Stock-Option-Programme
Um Mitarbeiterbeteiligungs- und Stock-Option-Programme zu bedienen, werden zahlreiche Aktien benötigt. Diese können effizient im Rahmen eines Aktienrückkaufs erworben werden, da diese Möglichkeit meist niedrigere Durchführungskosten verursacht als eine Kapitalerhöhung mit Ausgabe neuer Aktien12.
2.6 Schutz gegen feindliche Übernahmen
Feindliche Übernahmen können durch den Rückkauf von eigenen Aktien abgewehrt wer- den. Der Rückerwerb bringt einen Liquiditätsabbau mit sich und erhöht den Verschul- dungsgrad des Unternehmens. Somit wird eine Übernahme unattraktiver, da das potenziell übernehmende Unternehmen eine Fremdkapitalfinanzierung der Übernahme nicht mehr mit der überschüssigen Liquidität der übernommenen Gesellschaft zurückzahlen kann13.
3 Methoden des Aktienrückkaufs
3.1 Rückkauf über die Börse
Bei diesem Verfahren werden die Aktien über eine organisierte Wertpapierbörse, übli- cherweise mit Hilfe eines Brokers, im normalen Handel zurückgekauft. Die Nutzung eines Brokers bietet der Gesellschaft den Vorteil, dass sie am Markt nicht als Käufer zu erken- nen und den anderen Marktteilnehmern somit nicht bekannt ist, welche Handlungen sie vornimmt14. Rückkäufe über die Börse finden meist über einen längeren Zeitraum statt und bieten dem Unternehmen viel Flexibilität. So kann der Vorstand Rückkaufaktionen vorzei- tig aussetzen, falls der gewünschte Effekt nicht eintritt oder das Unternehmen einen besse- ren Nutzen für das eingesetzte Kapital findet15. Auf der anderen Seite kann der Vorstand das zurückzukaufende Volumen erhöhen, beispielsweise um ungerechtfertigten Aktien- kursverfallen entgegenzuwirken16. Neben der hohen Flexibilität sind auch die geringen Kosten ein Argument für diese Methode. Anstelle einer Prämie muss das Unternehmen nur den aktuellen Börsenkurs zahlen17.
3.2 Öffentliches Rückkaufangebot
3.2.1 Festpreisangebot
Im Rahmen eines Festpreisangebots bieten Unternehmen allen Anteilseignern die Mög- lichkeit, über einen festgelegten Zeitraum, meist mehrere Wochen, zu einem festgelegten Preis Aktien zurückzukaufen. Die Prämie, welche sich aus der Differenz zwischen dem aktuellen Marktpreis und dem festgelegten Rückkaufspreis ergibt, muss eine ausreichende Höhe vorweisen, damit die Aktionäre dieses Angebot annehmen und das Unternehmen die gewünschte Menge an Aktien erwerben kann. Im Gegenzug darf die Prämie nicht zu hoch sein, da sonst zu viele Aktionäre das Angebot annehmen wollen und das Unternehmen zu viele Aktien zu einem sehr hohen Preis kaufen muss oder nicht alle Anteilseigner die gewünschte Menge verkaufen können. Diese Methode verursacht höhere Durchführungskosten als ein Rückkauf über die Börse18.
3.2.2 Holländisches Auktionsverfahren
Im Zuge einer Holländischen Auktion geben Unternehmen an, wie viele Anteile zurück erworben werden sollen und in welcher Spanne der Rückkaufpreis liegen darf. Die Aktio- näre können dann, während eines bestimmten Zeitraums, angeben wie viele Aktien sie zu welchem minimalen Preis verkaufen möchten. Sobald alle Angebote eingegangen sind, wird der finale Auktionspreis ermittelt. Der Preis entspricht dabei dem niedrigsten Wert, der es ermöglicht das gesamte Volumen zu realisieren. Alle Aktionäre, die zu oder unter diesem Preis verkaufen wollten, nehmen am Rückkaufprogramm teil und erhalten den er- mittelten Preis19. Die Aktionäre, die einen höheren Preis verlangt haben, werden nicht be- rücksichtigt20. Werden mehr Aktien offeriert, als ursprünglich erworben werden sollten, wird der minimale Wert der festgelegten Preisspanne als Auktionspreis festgesetzt. Außer- dem wird die Menge an Aktien, die von jedem einzelnen Aktionär gekauft werden, propor- tional zu der Menge an offerierten Aktien herabgesetzt. Wird hingegen nicht die gesamte angestrebte Menge angeboten, wird der Auktionspreis auf den maximalen Wert der Preis- spanne gesetzt und alle offerierten Aktien werden erworben21. Die Prämien, die bei dieser Methode gezahlt werden, liegen meist unter denen, die bei einem Festpreisangebot gezahlt werden. Dies liegt daran, dass viele Aktionäre ihren minimalen Veraufspreis nicht zu hoch ansetzen, um an dem Rückkaufprogramm teilnehmen zu können22. Allerdings sind die Durchführungskosten sehr viel höher als beispielsweise die Kosten für ein Rückkauf über die Börse23.
[...]
1 Vgl. Wiemer / Steffen (2007), S. 297.
2 Schremper (2003), S. 578.
3 Vgl. Seifert (2006), S. 2.
4 Vgl. Wiemer / Steffen (2007), S. 298.
5 Vgl. Gerke / Fleischer / Langer (2003), S. 279-280.
6 Vgl. Reimers / Singleton (2010), S. 49.
7 Vgl. Reimers / Singleton (2010), S. 48.
8 Vgl. Badrinath / Varaiya / Ferling (2001), S. 44.
9 Vgl. Pettit (2001), S.143-144.
10 Vgl. Gerke / Fleischer / Langer (2003), S. 280.
11 Vgl. Gerke / Fleischer / Langer (2003), S. 280.
12 Vgl. Gerke / Fleischer / Langer (2003), S. 281.
13 Vgl. Gerke / Fleischer / Langer (2003), S. 281.
14 Vgl. Seifert (2006), S.38.
15 Vgl. Pettit (2001), S.145.
16 Vgl. Gerke / Fleischer / Langer (2003), S. 277.
17 Vgl. Gerke / Fleischer / Langer (2003), S. 277.
18 Vgl. Gerke / Fleischer / Langer (2003), S. 277-278.
19 Vgl. Pettit (2001), S.146-147.
20 Vgl. Gerke / Fleischer / Langer (2003), S. 278.
21 Vgl. Pettit (2001), S.146.
22 Vgl. Gerke / Fleischer / Langer (2003), S. 278.
23 Vgl. Seifert (2006), S. 40.