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Cybermobbing. Gewalt der Worte

von Jessica Bahnhof (Autor:in)
©2016 Hausarbeit 16 Seiten

Zusammenfassung

In dieser Arbeit möchte ich mich dem Gewaltpotenzial von Sprache in Bezug auf Cybermobbing widmen und zeigen, inwiefern uns Sprache verletzen kann. Dabei werde ich bekannte medienträchtige Cybermobbing-Fälle von der jungen Kanadierin Amanda Todd und Megan Meier heranziehen. Diese Beispiele zeigen, welche extremen Auswirkungen Demütigungen über soziale Netzwerke haben können und das Sprache durchaus mehr als Schall und Rauch ist. Zuvor jedoch werde ich mich mit dem allgemeinen Phänomen Cybermobbing und seinen Merkmalen beschäftigen, dieses vom traditionellen Mobbing abgrenzen und die verschiedenen Erscheinungsformen sowie möglichen Folgen darlegen. Den Einstieg werden das Web 1.0 als auch das Web 2.0 bilden, da beide Entwicklungen erst das aktuelle Cybermobbing möglich machen.

"Die Welt wäre ein besserer Ort ohne dich." So lautete die letzte Nachricht von Josh Evans, dem virtuellen Freund von Megan Meier aus dem amerikanischen St. Louis, welche die 13 Jährige zum Selbstmord führte. Doch der von Megan angehimmelte Josh war in Wahrheit eine ehemalige Freundin aus der unmittelbaren Nachbarschaft, die sich unter Mithilfe ihrer Mutter an Megan rächen wollte. Sie schufen sich ein virtuelles Profil und begannen ein perfides Spiel um Megan Meier „zu quälen, zu schikanieren, zu erniedrigen, zu beleidigen“, wie sie ihm Nachhinein behaupten. Zu Beginn zeigte „Josh“ noch großes Interesse an Megan bis sich sein Umgangston ihr gegenüber schlagartig änderte, er das Mädchen fortan gezielt demütigte und sie sich daraufhin an ihrem Gürtel erhängte.

Bei Megan Meier handelt es sich jedoch nicht um den einzigen Fall von Cyberbullying, im deutschen auch als Cybermobbing bezeichnet. Studien zufolge wurde in Deutschland bereits jeder Dritte Jugendliche im Netz belästigt, beschimpft oder beleidigt.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das World Wide Web: Web 1.0 und Web 2.0

3. Traditionelles Mobbing

4. Cybermobbing
4.1 Definition und Merkmale
4.2 Erscheinungsformen

5. Gewalt durch Worte

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

"Die Welt wäre ein besserer Ort ohne dich." So lautete die letzte Nachricht von Josh Evans, dem virtuellen Freund von Megan Meier aus dem amerikanischen St. Louis, welche die 13 Jährige zum Selbstmord führte. Doch der von Megan angehimmelte Josh war in Wahrheit eine ehemalige Freundin aus der unmittelbaren Nachbarschaft, die sich unter Mithilfe ihrer Mutter an Megan rächen wollte. Sie schufen sich ein virtuelles Profil und begannen ein perfides Spiel um Megan Meier „zu quälen, zu schikanieren, zu erniedrigen, zu beleidigen“, wie sie ihm Nachhinein behaupten. Zu Beginn zeigte „Josh“ noch großes Interesse an Megan bis sich sein Umgangston ihr gegenüber schlagartig änderte, er das Mädchen fortan gezielt demütigte und sie sich daraufhin an ihrem Gürtel erhängte.1

Bei Megan Meier handelt es sich jedoch nicht um den einzigen Fall von Cyberbullying, im deutschen auch als Cybermobbing bezeichnet. Studien zufolge wurde in Deutschland bereits jeder Dritte Jugendliche im Netz belästigt, beschimpft oder beleidigt.2

Schon immer herrscht auf dem Schulhof ein rauer Umgangston und es wird auch mal gestritten, geschimpft und ausgegrenzt. Doch durch die rasant gewachsene Beliebtheit digitaler Medien, hat sich das Spielfeld vom Schulhof mittlerweile ins Internet verlagert, denn das Web 2.0 bietet ideale Voraussetzungen für Cybermobbing. Das Aufkommen von Facebook, MySpace, Wer-kennt-wen.de oder SchülerVZ hat das Phänomen des virtuellen Mobbings noch verstärkt und die Geschichte von Megan Meier ist nur ein Beispiel dafür, wie eine pubertäre Auseinandersetzung mit Hilfe der Anonymität in sozialen Medien, zum Selbstmord führen kann. Und nicht nur Anonymität macht aus dem Internet eine ideale Waffe für Mobbing, auch die bessere Medienausstattung und steigende Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen spielen eine wichtige Rolle. So nutzen rund 70 Prozent der 12 bis 19-Jährigen mehrmals wöchentlich Instant-Messenger wie ICQ und soziale Netzwerke wie Facebook.3

Gewalt ist allgegenwärtig und begegnet uns auch in Form von Worten. Wir können mit Sprache demnach also auch selbst Gewalt zufügen. Das beginnt bei leiser Ironie und geht bis hin zum sarkastischen Spott, sowie auch diskriminierender „hate speech“.45 In dieser Arbeit möchte ich mich dem Gewaltpotenzial von Sprache in Bezug auf Cybermobbing widmen und zeigen, inwiefern uns Sprache verletzen kann. Dabei werde ich bekannte medienträchtige Cybermobbing-Fälle von der jungen Kanadierin Amanda Todd und die bereits zuvor genannte Megan Meier heranziehen. Diese Beispiele zeigen, welche extremen Auswirkungen Demütigungen über soziale Netzwerke haben können und das Sprache durchaus mehr als Schall und Rauch ist. Zuvor jedoch werde ich mich mit dem allgemeinen Phänomen Cybermobbing und seinen Merkmalen beschäftigen, dieses vom traditionellen Mobbing abgrenzen und die verschiedenen Erscheinungsformen sowie möglichen Folgen darlegen. Den Einstieg werden das Web 1.0 als auch das Web 2.0 bilden, da beide Entwicklungen erst das aktuelle Cybermobbing möglich machen.

2. Das World Wide Web: Web 1.0 und Web 2.0

Bei dem heutigen Web 2.0 handelt es sich um die „neue“ Bezeichnung für das „alte“ World Wide Web, dem Web 1.0. In der alten Version bestand eine klare Trennung von Informationsanbieter und Informationskonsument, die Informationen wurden lediglich vom Informationsanbieter zur Verfügung gestellt und das Sender- Empfänger-Modell beruhte auf einer Seite. Demnach konnte der Konsument Informationen ausschließlich aufnehmen und nicht mitgestalten. Die Webseiten waren statisch und konnten nur vom eigentlichen Betreiber aktualisiert werden.6

Dies änderte sich allerdings im Jahr 2004 mit dem Softwareentwickler und Autor Tim O’Reilly, der den Begriff des Web 2.0 prägte. Er verstand darunter, dass Nutzer des World Wide Web zugleich Konsument und Anbieter sein, aber auch an neuen Formen der Vergemeinschaftung teilhaben können. Im Vordergrund steht dabei der „Mitmach-Gedanke“ und im Gegensatz zum Web 1.0 ist dem Nutzer bei dem neuen World Wide Web möglich, es auch über andere Geräte als dem Computer zu verwenden. Das heißt er ist räumlich unabhängig und kann es beispielsweise auf Handys oder Smartphones nutzen. Das Web 2.0 zeichnet sich besonders durch seine dynamische Grundtendenz und der Einbeziehung des Nutzers aus. Es herrscht nun ein interaktiver Austausch zwischen Informationsanbieter und Nutzer, bei dem der Nutzer die Möglichkeit hat Inhalte oder Communities aktiv mitzugestalten. Dies bezieht sich ebenfalls auf andere Online-Anwendungen und Online-Spiele, nicht nur auf die Kommunikation. Ein weiteres Merkmal stellt nach O’Reilly die Nutzung des Internets als kollektives Gedächtnis dar. Das World Wide Web wird zu einer Art „globales Gehirn“ modifiziert, bei dem es jedem möglich ist, einen Teil zur Vielfalt der Inhalte beizusteuern. Ein Beispiel dafür ist die Internetenzyklopädie Wikipedia.

Andere Anwendungen des Web 2.0 sind Blogs, Videoplattformen wie YouTube, soziale Netzwerke wie Facebook und Myspace oder andere MultimediaAnwendungen.7

3. Traditionelles Mobbing

„Violence is an extremely diffuse and complex phenomenon. Defining it is not an exact science but a matter of judgement. Notions of what is acceptable and unacceptable in terms of behaviour, and what constitutes harm, are culturally influenced and constantly under review as values and social norms evolve.“8

Für das Phänomen des Cybermobbings gibt es seit Beginn seines Aufkommens in den letzten Jahren und der zunehmenden virtuellen Gewalt unter Jugendlichen mehrere Begriffsdefinitionen in wissenschaftlichen Diskursen.9 Doch bevor ich mich mit diesem Phänomen beschäftigen werde, gilt es das traditionelle Mobbing für ein einheitliches Verständnis zu beschreiben. Denn dieses ist ebenso durch viele verschiedene Definitionen gekennzeichnet und wird in unserem Sprachgebrauch sehr inflationär verwendet.

Die Begriffe Bullying und Mobbing sind synonym zueinander. Jedoch findet sich das Wort Mobbing als solches nicht in der englischen Sprache, sondern leitet sich von dem englischen Verb „to mob“ ab, welches übersetzt „über jemanden herfallen, anpöbeln, angreifen, attackieren“ bedeutet. Ursprünglich lässt es sich auf die lateinische Bezeichnung „mobile vulgus“ “ = „aufgewiegelte Volksmenge, Pöbel“ zurückführen. Während im deutschen Sprachgebrauch der Begriff Mobbing zum Teil sehr inflationär genutzt wird und in die Alltagssprache eingegangen ist, so wird im angelsächsischen Sprachraum der Terminus „Bullying“ verwendet, was so viel wie tyrannisieren, einschüchtern oder schikanieren heißt.10 Der Ausdruck Mobbing wurde von dem österreichischen Verhaltensforscher Konrad Lorenz (1903-1989) in den 50er Jahren erfunden, der damit die Gruppenangriffe von unterlegenen Tieren bezeichnete, um überlegene Einzelgegner zu vertreiben. Doch seine heutige und arbeitswissenschaftliche Bedeutung hat der Begriff erst Jahre später durch den deutsch-schwedischen Psychologen Heinz Leymann (1932-1999) erfahren. Dieser veröffentlichte im Jahr 1993 sein Hauptwerk „Mobbing: Psychoterror am Arbeitsplatz und wie man sich dagegen wehren kann“ und definierte Mobbing wie folgt:

„Der Begriff Mobbing beschreibt negative kommunikative Handlungen, die gegen eine Person gerichtet sind (von einer oder mehreren anderen) und die sehr oft und über einen längeren Zeitraum hinaus vorkommen und damit die Beziehung zwischen Täter und Opfer kennzeichnen.“

[...]


1 Ridderbusch, Katja (2008): Die Mail, die Megan in den Selbstmord trieb. URL: http://www.welt.de/welt_print/article2164711/Die-Mail-die-Megan-in-den-Selbstmord-trieb.html (zuletzt abgerufen am 15.03.2016).

2 Vgl. Baum, Jana Louise (2015): Mobbing 2.0. Eine kultursoziologische Betrachtung des Phänomens Cyber-Mobbing. Münster: LIT Verlag Dr. W. Hopf (= Internetökonomie, Bd. 5). S. 11.

3 Vgl. Katzer Catarina (2014): Cybermobbing. Wenn das Internet zur W@affe wird. Berlin Heidelberg: Springer-Verlag. S. 3f.

4 Vgl. Herrmann, Steffen Kitty/ Kuch, Hannes (2007): Verletzende Worte. Eine Einleitung. In: Herrmann, Steffen Kitty/ Krämer, Sybille/ Kuch, Hannes (Hg.). Verletzende Worte. Die Grammatik sprachlicher Missachtung. Bielefeld: transcript Verlag. S. 7.

5 Hate Speech (deutsch: Hassrede): im Allgemeinen der sprachliche Ausdruck von Hass gegen Personen oder Gruppen , insbesondere durch die Verwendung von Ausdrücken, die der Herabsetzung und Verunglimpfung von Bevölkerungsgruppen dienen. Vgl. dazu Graumann, CarlFriedrich/Wintermantel, Margret (2007): Diskriminierende Sprechakte. Ein funktionaler Ansatz. In: Herrmann, Steffen Kitty/ Krämer, Sybille/ Kuch, Hannes (Hg.). Verletzende Worte. Die Grammatik sprachlicher Missachtung. Bielefeld: transcript Verlag. S. 147.

6 Vgl. Hein, Andreas (2007): Web 2.0: Das müssen Sie wissen. Freiburg im Breisgau: Haufe Lexware. S. 21.

7 Vgl. Schenk, Michael/ Jers, Cornelia/ Gölz, Hanna (Hrsg.) (2013): Die Nutzung des Web 2.0 in Deutschland. Verbreitung, Determinanten und Auswirkungen. S.

8 Vgl. Krug, Etienne G./ Dahlberg, Linda L./ Mercy, James A./ Zwi, Anthony B./ Lozano, Rafael (2011): World Report on Health and Violence. URL:

http://www.who.int/violence_injury_prevention/violence/world_report/en/summary_en.pdf. S. 3. Zuletzt aufgerufen am 17.03.2016.

9 Vgl. Steves, Mirjam (2015): Mobbing und Cybermobbing - wirksam vorbeugen und eingreifen. Mühlheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr. S. 9.

10 Vgl. Baum, Jana Louise (2015): S. 10-14.

Details

Seiten
Jahr
2016
ISBN (eBook)
9783668348417
ISBN (Paperback)
9783668348424
Dateigröße
690 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Koblenz-Landau – Kulturwissenschaft
Erscheinungsdatum
2016 (November)
Note
1,3
Schlagworte
Cybermobbing Sprachliche Gewalt Soziale Netzwerke Cyber Mobbing

Autor

  • Jessica Bahnhof (Autor:in)

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Titel: Cybermobbing. Gewalt der Worte