Theorien der Macht und Herrschaft bei Max Weber und Heinrich Popitz im Vergleich
Zusammenfassung
Der zweite Teil dreht sich um die Macht- und Herrschaftstheorie nach Heinrich Popitz. Die drei Prämissen und Grundformen der Macht, welche er unterteilt sollen vorgestellt werden, bevor den Prozessen der Machtbildung auf den Grund gegangen wird. Nachfolgend wird die Bildung von Herrschaftsapparaten durch die Institutionalisierung der Macht nachvollzogen. Abschließend wird ein Vergleich der beiden Theorien vorgenommen, wobei besonders auf das unterschiedliche Verständnis von Macht und Herrschaft eingegangen wird.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Max Weber
2.1 Macht und Herrschaft
2.2 Strukturformen und Funktionsweisen der Herrschaft
2.3 Typen legitimer Herrschaft
3. Heinrich Popitz
3.1 Grundformen der Macht
3.2 Prozesse der Machtbildung
3.3 Herrschaft als institutionalisierte Macht
4. Zusammenfassung und Vergleich
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Macht bedeutet nach Weber „jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen“ (vgl. Weber, 1980, S.28). Die Strukturen der Macht durchdringen alle Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Angefangen bei familiären Beziehungen, wie zum Beispiel zwischen Eltern und ihrem Kind, bei denen die Asymmetrie des Verhältnisses von Erzieher und Zögling Grundlage einer Machtsituation bietet, über etwas größere Beziehungssysteme, wie Peergroups, in welchen sich nach einiger Zeit ein eigenes Hierarchiesystem durch Anwendung von Macht ausbildet und sich durch diese auch selbst erhält. Vor allem auch auf dem Arbeitsmarkt werden die Strukturen der Herrschaft deutlich, ganz besonders durch die unterschiedlichen Pole des Angestellten und Anstellenden. Und schließlich dem Staat als Machtmonopol, der als einziger die Verfügung über physische Gewalt beansprucht. Macht ist somit seit Anbeginn der Menschheit ein präsentes, wenn auch nicht immer bewusst wahrgenommenes Thema im Lebensalltag. Verstärkt wurde die Präsenz der Macht durch die Arbeitsteilung und die damit verbundenen Spezialisierung, wodurch die Ausbildung eines Hierarchiesystems sich verfestigen konnte.
Die vorliegende Hausarbeit handelt von den Theorien der Macht und Herrschaft in den Arbeiten von Max Weber und Heinrich Popitz, welche zunächst getrennt vorgestellt werden sollen, bevor sie einem Vergleich unterzogen werden.
Damit ergibt sich eine Gliederung der Arbeit in zwei Teile. Der erste Teil widmet sich der Macht- und Herrschaftstheorie nach Max Weber. Zunächst sollen die Begriffe Macht und Herrschaft definiert und voneinander abgegrenzt werden, bevor die Strukturformen und Funktionsweisen der Herrschaft ausgeführt werden, im Besonderen die Organisation als Basis der Herrschaftsordnung. Des weiteren werden die drei Typen legitimer Herrschaft näher erläutert. Der zweite Teil dreht sich um die Macht- und Herrschaftstheorie nach Heinrich Popitz. Die drei Prämissen und Grundformen der Macht, welche er unterteilt sollen vorgestellt werden, bevor den Prozessen der Machtbildung auf den Grund gegangen wird. Nachfolgend wird die Bildung von Herrschaftsapparaten durch die Institutionalisierung der Macht nachvollzogen. Abschließend wird ein Vergleich der beiden Theorien vorgenommen, wobei besonders auf das unterschiedliche Verständnis von Macht und Herrschaft eingegangen wird.
2. Max Weber
Max Webers Werk Wirtschaft und Gesellschaft (1980) wird unter anderem eingeleitet durch die Definition des Begriffs des sozialen Handelns, welches ein „sinnhaft am Verhalten des anderen orientiertes Verhalten“ (ebd., S.11) meint. Es nimmt für ihn, für „die verstehende Deutung des Handelns durch die Soziologie“ (ebd., S.6) einen zentralen Stellenwert ein. Diese sinnhaften Interaktionen zwischen mehreren Akteuren nennt er eine soziale Beziehung (vgl. ebd., S.13). Somit bildet das soziale Handeln in einer sozialen Beziehung die Grundlage der Macht und Herrschaft.
2.1 Macht und Herrschaft
Macht im Sinne Max Webers ist die „Chance innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“ (ebd., S.28). Macht ist somit individuelles Handeln, in Form der Durchsetzung eines Willens, in jeder sozialen Beziehung. Da jedes Wissen, jede Fähigkeit eines Menschen in jeglicher Beziehung zu der Ausübung von Macht führen kann, bezeichnet Weber Macht als „soziologisch amorph“ (ebd.), also formlos, eher allgemeiner und daher nicht klar definierbar. Seines Erachtens nach muss deshalb der Begriff der Herrschaft umso schärfer abgegrenzt werden.
Unter Herrschaft versteht er die „Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden“ (ebd.), es geht folglich darum, für den durchgesetzten Willen auch etwas zu bekommen. Um den Herrschaftsbegriff einzugrenzen und damit eine weitere Analyse des Begriffs zu ermöglichen, definiert er Herrschaft als einen Sonderfall der Macht (vgl. ebd., S.541). Der entscheidende Unterschied zur Macht ist dabei das Interesse am Gehorsam, beziehungsweise die Gehorsamsbereichtschaft des Beherrschten (vgl. ebd., S.122).
2.2 Strukturformen und Funktionsweisen der Herrschaft
Weber bezeichnet Herrschaft als „eines der wichtigsten Elemente des Gemeinschaftshandelns“ (ebd., S. 541), da dieses stark durch herrschaftliche Strukturen beeinflusst ist. Es gibt ihm nach, neben vielen weiteren Arten von Herrschaft zwei, die sich gegensätzlich gegenüberstehen: Zum einen die Herrschaft kraft Interessenkonstellation, welche besonders am Markt vorzufinden ist. Diese entsteht aus einer monopolistischen Lage und gründet sich auf den gesicherten Besitz. Zum anderen die Herrschaft kraft Autorität, zu welcher auch die Ausübung fürstlicher Gewalt zählt. Diese gründet sich auf die Befehlsgewalt und Gehorsamspflicht, wobei Weber unter Autorität das „unabhängig von allem Interesse bestehendes Recht auf Gehorsam“ (ebd., S.542) versteht (vgl. ebd).
Die überlegene Stellung der Herrschenden begründet sich durch den „Vorteil der kleinen Zahl“ (ebd., S.548), welcher darin besteht, dass die Minderheit die Fähigkeit besitzt, jederzeit ein „rational geordnetes Gesellschaftshandeln ins Leben zu rufen“ (ebd.) welches der Erhaltung der Machtstellung dient. Dieser Vorteil kann durch die Geheimhaltung der Vorhaben weiter ausgebaut werden. Außerdem wird die Organisation der Herrschaft, worunter Weber die Verteilung der Befehlsgewalten versteht ermöglicht, durch die Gewöhnung an den Gehorsam durch die Vergesellschaftung (vgl. ebd., S.549). Die Struktur der Herrschaftsordnung ergibt sich dabei aus der Beziehung zwischen dem Herrscher und den Beherrschten, wie auch durch die Organisation.
2.3 Typen legitimer Herrschaft
Jede Macht besitzt ein ihr innewohnendes Bedürfnis der Selbstrechtfertigung. Dieses Bedürfnis tritt zutage, bei jedem kleinen, auch zufälligen Unterschied der sich zwischen zwei Akteuren ergibt. Der positiv privilegierte hat das Bestreben, seine Lage zu rechtfertigen, indem er den bestehenden Unterschied dadurch legitimiert, dass er diesen als von ihm verdient, die schlechtere Lage des negativ privilegierten, von diesem als selbst verschuldet ansieht. Der „Bestand jeder Herrschaft“ (ebd.) ist durch die „Selbstrechtfertigung durch den Appell an Prinzipien ihrer Legitimation“ (ebd.) angedeutet. Von diesen Prinzipien gibt es drei, wodurch sich die Unterscheidung der Herrschaftstypen ergibt.
Legale Herrschaft wird legitimiert durch den Glauben an die Legalität gesatzter Ordnungen und basiert auf der Vorstellung, dass ein gesatztes Recht, welches aus Regeln besteht, die von Personen innerhalb seines Machtbereiches befolgt werden. Diese Regeln sollen durch die Rechtspflege (Judikative) und die Verwaltung (Exekutive) Anwendung finden, wodurch das Recht selbst zur Grundlage des Legitimitätsglaubens wird (vgl. ebd., S. 125). Die Personen innerhalb des Machtbereiches sind dabei nicht dem Herrn zu Gehorsam verpflichtet, sondern ausschließlich der unpersönlichen Ordnung, der auch der Vorgesetzte in der Erteilung seiner Anweisungen unterliegt (vgl. ebd.).
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