Entwicklung eines Instrumentes zur Feststellung des Kohärenzgefühls nach Antonovsky bei Patienten mit Rektumkarzinom
Zusammenfassung
Im Rahmen der Ausarbeitung habe ich einen Frage- und Kodifizierungsbogen konzipiert. Pflegekräfte sollen mit diesem Fragebogen eine professionelle Unterstützung erhalten, um die Kohärenz der Betroffenen zu erfassen. Ein Auswertungsbogen gibt Aufschluss über die Ausprägung des Kohärenzgefühls. Meine Vorgehensweise gliederte sich in Recherche der Fachliteratur und aus meiner Arbeit mit dieser Patientengruppe. Da ich täglich mit diesen Menschen Kontakt habe und ich dadurch tiefe Einblicke in ihr Gefühlsleben bekomme, stelle ich an einigen Beispielen die positiven und negativen Ergebnisse zum Thema im Hauptteil dar. Ich habe mich bewusst für Patienten in der adjuvanten Therapiephase nach Diagnosestellung eines Rektumkarzinoms entschieden, da diese Betroffenen ein sehr hohes Maß an Kohärenz brauchen, um viele widrige Umstände zu überwinden.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Fragestellung
1.2 Zielvorstellung
1.3 Motivation
2. Hauptteil
2.1 Definitionen
2.1.1 Instrument
2.1.2 Kohärenzgefühl
2.1.3 Rektumkarzinom
2.1.4 Adjuvante Therapie
2.2 Neutrale Widergabe der Theorie
2.2.1 Antonovskys Theorie zum Kohärenzgefühl
2.2.2 Vorstellung des empirischen Instruments SOC-Scala
2.2.3 Diagnose Rektumkarzinom: Epidemiologie, Prävention, Therapie
2.3 Beschreibung der Ist-Situation
2.3.1 Stressfaktoren, Spannungszustände und generalisierte Widerstandsressourcen in der adjuvanten Therapie
2.3.2 Bewältigungsstrategien verschiedener Patienten mit Rektumkarzinom in der adjuvanten Therapie
2.4 Soll-Ist-Vergleich
2.5 Kritische Analyse
2.6 Lösungsvorschlag
3. Schluss
3.1 Zusammenfassung
3.2 Theoretische Bewertung
3.3 Praktische Bewertung
3.4 Eigene Stellungnahmen
3.5 Schlussbetrachtung
4 Literaturnachweis
5 Glossar
6. Abkürzungsverzeichnis
7. Abbildungsverzeichnis
8. Tabellenverzeichnis
9. Anhang
9.1 Definition des Kohärenzgefühls und die Beschreibung der drei Komponenten nach Antonovsky
9.2 SOC Skala Fragebogen zur Lebensorientierung
9.3 Neues Krebsfrüherkennungs-und Registergesetz seit 9. April 2013 in Kraft
9.4 Fragebogen zum Gesundheitszustand
9.5 Kodifizierung der Items
1 Einleitung
Vor Beginn meiner Projektarbeit hätte ich mir nicht vorstellen können, welchen Umfang die Beschäftigung mit dem Thema „ Entwicklung eines Instrumentes zur Feststellung des Kohärenzgefühls (nach Aaron Antonovsky) bei Patienten mit Rektumkarzinom“ annehmen würde und welche Ereignisse und Umstände eintreten könnten. Meine besondere Aufmerksamkeit galt den krebskranken Patienten in der adjuvanten Therapiephase, mit denen ich täglich berufsmäßig zu tun habe. Ich erhielt Eindrücke über die unterschiedlichsten physischen und psychischen Zustände der Patienten vor und während ihrer Krankheitsphase. Der Stress und die damit verbundene Bewältigung in Akutsituationen erfordern von der Pflegekraft ein großes Maß an Einfühlungsvermögen. Dies sollte gekoppelt werden mit dem Verstehen und der Umsetzung in ein Erfassungsinstrument in Form eines Fragenbogens. Dieser soll als eine professionelle Unterstützung zur Erfassung der Kohärenz dienen. Mit diesem Fragebogen soll die Pflegekraft ermittelt können, wie ausgeprägt die Kohärenz bei Patienten mit der Diagnose Rektumkarzinom in der adjuvanten Therapie ist. Als Ergebnis soll die Pflegekraft dieses an Hand eines Auswertungsbogens einschätzen können, hierbei erhebe ich keinen Anspruch auf Validität. Nach ausgiebigem Studium der Fachliteratur erfuhr ich, dass Antonovsky einen Fragebogen (SOC) zur Lebensorientierung entwickelt hat. Zu diesem gibt es in der Literatur unterschiedliche Meinungen. Ich habe Inhalte der Literatur zusammengefügt, um ein Erfassungsinstrument für Pflegekräfte zu entwerfen.
1.1 Fragestellung
Welches Instrument können Pflegekräfte bei Patienten mit der Diagnose Rektumkarzinom in der adjuvanten Therapie anwenden, um das Kohärenzgefühl zu ermitteln?
Im Rahmen der Ausarbeitung habe ich einen Frage- und Kodifizierungsbogen konzipiert. Pflegekräfte sollen mit diesem Fragebogen eine professionelle Unterstützung erhalten, um die Kohärenz der Betroffenen zu erfassen. Ein Auswertungsbogen gibt Aufschluss über die Ausprägung des Kohärenzgefühls. Für die Bearbeitung hatte ich drei Monate Zeit. Meine Vorgehensweise gliederte sich in Recherche der Fachliteratur und aus meiner Arbeit mit dieser Patientengruppe. Da ich täglich mit diesen Menschen Kontakt habe und ich dadurch tiefe Einblicke in ihr Gefühlsleben bekomme, stelle ich an einigen Beispielen die positiven und negativen Ergebnisse zum Thema im Hauptteil dar. Ich habe mich bewusst für Patienten in der adjuvanten Therapiephase nach Diagnosestellung eines Rektumkarzinoms entschieden, da diese Betroffenen ein sehr hohes Maß an Kohärenz brauchen, um viele widrige Umstände zu überwinden. Zur sprachlichen Vereinfachung verwende ich die maskuline Umgangsform. Sollte es sich um eine feminine Form handeln, wird dies explizit dargestellt.
1.2 Zielvorstellung
Meine Facharbeit soll als Ergebnis ein Instrument zur professionellen Unterstützung zur Erfassung der Kohärenz bei Patienten mit Rektumkarzinom in der adjuvanten Therapie für Pflegkräfte haben. Ich habe mich ausführlich mit dem Thema der Salutogenesetheorie und dem zentralen Baustein, dem Kohärenzgefühl nach Aron Antonovsky, auseinandergesetzt. Die Prägnanz, den Betroffenen durch die Beantwortung des Fragebogens an seine Ressourcen zu erinnern, soll als Ergebnis meiner Facharbeit zu erkennen sein.
1.3 Motivation
Meine Motivation, sich diesem Themenfeld zu widmen, ist der tägliche Umgang mit den Betroffenen und die daraus resultierenden Ergebnisse. In Deutschland erkranken ca. 65.000 Menschen an Darmkrebs, wobei etwa 60 Prozent im Rektum lokalisiert sind. Über 90 Prozent der kolorektalen Karzinome entstehen ab dem 50. Lebensjahr. In den westlichen Ländern liegt das kumulative Risiko bei ca. 6 Prozent. Mit Beginn der achtziger Jahre ist die Mortalitätsrate an Darmkrebs zu sterben, an die zweite Stelle gerückt. (vgl. Raulf/Kolbert, 2006, S.148/149) Ich wollte den Fokus auf diese Erkrankung lenken, da sie, wie beschrieben, eine sehr hohe Präsenz hat. Die Medizin befasst sich ausschließlich mit der Therapie dieser Erkrankung, aber selten mit dem Menschen und seinen verfügbaren Ressourcen. Meine persönliche Motivation liegt darin begründet, dass ich ein Verständnis der Pflegepersonen hervorrufen möchte, sich intensiver mit dem erkrankten Menschen hinter der Diagnose zu befassen. Daraus folgt eine Hilfestellung, um den Patienten an seine Kohärenz zu erinnern, damit er diese im Therapieverlauf einsetzen kann. Durch die Beschäftigung mit der Fachliteratur bin ich häufig auf die medizinischen und präventiven Maßnahmen gestoßen. Den Menschen in seiner Gesamtheit zu betrachten, wird teilweise übersehen. Ich beschränke mich in meiner Facharbeit auf die adjuvante Therapie. Mein Hauptaugenmerk möchte ich auf die Patienten in dieser schwierigen Lebenslage richten, wobei ich an dieser Stelle zu bedenken gebe, dass dies jeder Patient als rein subjektives Gefühl erlebt. Der entwickelte Fragebogen kann diese subjektive Meinung des Patienten widerspiegeln und sollte nicht von der Pflegekraft beeinflusst werden. Mir ist es ein großes Anliegen, mit der Ausarbeitung unter Zuhilfenahme der Salutogenesetheorie herauszufiltern, diese Menschen nicht nur auf die adjuvante Therapie zu reduzieren, sondern Ressourcen zu seiner Gesundheit zu erkennen, um diese dann gezielt einsetzen zu können. Damit Pflegekräfte mit diesem Fragebogen eine professionelle Unterstützung zur Erfassung der Kohärenz erhalten, folgen im Hauptteil die wichtigsten Bausteine für ein weiteres Verständnis.
2. Hauptteil
Im Hauptteil werden die Definitionen erklärt. Als erstes werden die Theorie des Kohärenzgefühls und die Vorstellung der SOC von Antonovsky wiedergegeben. Anschließend folgt die Epidemiologie, Therapie und Prävention zum Rektumkarzinom mit dem Fokus auf die adjuvante Therapie. Dies wird in Bezug auf das Kohärenzgefühl nach Antonovsky gesetzt. Es folgt der Soll-Ist-Vergleich mit der kritischen Analyse und dem Lösungsvorschlag.
2.1 Definitionen
Um ein Verständnis und einen Einstieg in das Thema zu erhalten, werden die Begriffe des Themas definiert.
2.1.1 Instrument
Das Wort Instrument hat seine Herkunft aus dem Lateinischen und bedeutet eigentlich „Ausrüstung/ Gerätschaft“. Der Duden beschreibt es als:“meist fein gearbeitetes und oft kompliziert gebautes Gerät, Werkzeug für wissenschaftliche und technische Arbeiten; jemand etwas als Mittel dessen man sich (wie eines Werkzeuges) zur Ausführung von etwas bedient.“
(Duden-Rechtschreibung, 23.11.2013)
2.1.2 Kohärenzgefühl
Antonovsky beschreibt das Kohärenzgefühl (sense of coherence, SOC) als eine allgemeine Grundhaltung eines Individuums gegenüber der Welt und seinem eigenen Leben. (vgl. BZgA, Bengel et al 2001, S.28)
Antonovsky selbst beschreibt das Kohährenzgefühl als:„(…a global orientation that expresses the extent to which one has a pervasive, enduring througth dynamic, feeling of confidence that one`s internal and external environments are pedictable and that there is a high probability that thinks will work out as well as can reasonably be expected (Antonovsky, 1979, S.10)“
(BZgA, Bengel et al, 2001, S. 29)
Kohärenz bedeutet Zusammenhang, Stimmigkeit. Je ausgeprägter das Kohärenzgefühl einer Person ist, desto gesünder sollte sie sein, bzw. desto schneller sollte sie gesund werden und bleiben. (BZgA, Bengel et al, 2001, S.28)
2.1.3 Rektumkarzinom
„Unter dem Begriff "kolorektales Karzinom" bzw. "Kolon-Rektumkarzinom" werden die bösartigen Neubildungen (Krebs) des Dickdarms (Kolon) und des Mastdarms (Rektum) zusammengefaßt. Als Rektumkarzinome gelten Tumore, deren unterer Rand weniger als 16 cm vom Analkanal entfernt ist. Die meisten Colonkarzinome sind im unteren Teil des Dickdarms angesiedelt, die meisten Rektumkarzinome im oberen Teil des Mastdarms.“
(geb-bund, 23.11.2013)
„Das Kolonkarzinom ist eine bösartige Neoplasie des Dickdarmes , die eine der häufigsten Krebserkrankungen in den westlichen Industrienationen darstellt. Über 90% der Tumoren des Dickdarms sind Adenokarzinome , die übrigen verteilen sich auf sehr seltene Entitäten wie zum Beispiel Karzinoide und Lymphome .“
(doc-check, 23.11.2013)
2.1.4 Adjuvante Therapie
Ich habe mich bewusst dafür entschieden, den Begriff der adjuvanten Therapie zu definieren. Im Titel meiner Arbeit fehlt er, aber in meiner Fragestellung ist er ein tragender Faktor, unter welchen Aspekten ich meinen Fragebogen entwickelt habe.
„Unter einer adjuvanten Therapie versteht man eine unterstützende Behandlung nach einer Operation. Der Begriff wird meistens im Rahmen einer Krebstherapie verwendet. Wenn nach der operativen Entfernung des Tumors noch eine Strahlen- und/oder Chemotherapie durchgeführt wird, spricht man hier von einer adjuvanten Therapie.“ (Enzyklo - adjuvante Therapie, 23.11.2013)
Nach den Begriffsdefinitionen folgt die neutrale Widergabe der Theorie.
2.2 Neutrale Widergabe der Theorie
Im weiteren Verlauf gebe ich die Theorie meines Themas „Entwicklung eines Instrumentes zur Feststellung des Kohärenzgefühls (nach Antonovsky) bei Patienten mit Rektumkarzinom“ wieder. Ich schildere die Theorie zum Kohärenzgefühl von Aron Antonovsky. Danach beschreibe ich die von ihm entwickelte SOC Skala. Im Anschluss werde ich die neutrale Faktenlage zum Rektumkarzinom darlegen. In der Präventionsphase versuche ich Antonovsky Verständnis des Kohärenzgefühls in Bezug zum Gesundheitsverständnis der Menschen zu setzen.
2.2.1 Antonovskys Theorie zum Kohärenzgefühl
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.1: Aaron Antonovsky
Die Abbildung zeigt Aaron Antonovsky. Er war ein amerikanischer Medizinsoziologe und Stressforscher. 1923 wurde er in Brooklyn, New York, geboren. Zuerst studierte er Geschichte und Wirtschaft. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges, in dem er dienen musste, widmete er sich seinem Soziologiestudium. 1960 emigrierte er nach Israel, wo er als Medizinsoziologe am Institut für angewandte Sozialforschung arbeitete. Er begann in dieser Zeit mit seiner Forschung über die Verarbeitung der Menopause der in Israel lebenden Frauen. Unter diesen Frauen gab es auch einige, die das nationalsozialistische Konzentrationslager überlebt hatten und nach allen Kriterien psychischer und physischer Gesundheit recht gesund waren. In dieser Zeit zwischen 1970-80 war die althergebrachte Gesundheitsförderung einiger Kritik ausgesetzt. Der pathogenetischen Medizin wurde vorgeworfen, wichtige Heilungsprozesse zu verschenken. Sie betrachtet nur Symptome, nicht den Erkrankten, somit würde dieser nicht in die Diagnose und Therapie mit einbezogen. Das führte Antonovsky zu seinem Modell der Salutogenese. (vgl. Büssers, 2009, S3/4, 4.11.2013) „ Mit der Entwicklung des Modells der Salutogenese wollte Antonovsky der dichtomen Sichtweise von Krankheit und Gesundheit entgegenwirken. Vor allem in der einseitigen Betrachtung der Pathogenese, konzentriert auf Symptome, Krankheitserreger und Möglichkeiten der Therapie sah er eine Verschwendung von Ressourcen.“ (Schlüter-Rickert, 2006, S.4 ) „Antonovsky beschreibt den Perspektivenwechsel der Salutogenese durch eine Metapher, in der er das Leben mit einem Fluss verglich: Die Menschen schwimmen in verschiedenen Flüssen, deren Verschmutzung, Gefahrenquellen, Strudeln und Stromschnellen variieren. Niemand ist am sichern Ufer. Die pathogenetisch orientierte Medizin, legt das Augenmerk darauf, Ertrinkende aus dem Fluss zu ziehen. Die Salutogenese beschäftigt sich jedoch mit der Frage: wie wird man in einem Fluss, dessen Natur von histologischen, soziokulturellen und physikalischen Umweltbedingungen bestimmt ist, ein guter Schwimmer? (vgl. Antonovsky 1997, S.92)“ (ash-berlin, 25.11.2013)
Den Gesundheits- bzw. Krankheitszustand eines Menschen macht Antonovsky durch eine individuelle, psychologische Einflussgröße fest. Das bedeutet, dass es eine Grundhaltung eines Individuums gegenüber der Welt und dem eigenen Leben gibt. Er betrachtet die äußeren Bedingungen und gibt zu bedenken, dass Krieg, Hunger, hygienisch schlechte Verhältnisse maßgebliche Einflussfaktoren sein können. Hierbei hat er herausgefunden, dass es unter gleichen äußeren Bedingungen Unterschiede im Gesundheitszustand der Menschen gibt. Wenn diese äußeren Bedingungen gleich sind, dann liegt es an der Ausprägung der Grundeinstellung des Menschen, sowohl kognitiv als auch affektiv-emotional, wie gut der Mensch in der Lage ist, vorhandene Ressourcen zum Erhalt seiner Gesundheit und seines Wohlbefindens zu nutzen. Er bezeichnet diese Grundhaltung als Kohärenzgefühl (sense of coherence), es bedeutet Zusammenhang, Stimmigkeit. In der Folge weist Antonovsky darauf hin, dass, je ausgeprägter das Kohärenzgefühl ist, desto gesünder/schneller gesund wird das Individuum. (vgl. BZgA, Bengel et al, 2001,S.28) In meiner Arbeit möchte ich diese Aussage in Bezug auf die adjuvante Therapie setzten. Antonovsky benutzt in seiner ersten Definition das Wort dynamisch. Damit meint er die Beeinflussung der Grundeinstellung zum Leben durch fortwährend neue Lebenserfahrungen. Die Ausprägung des Kohärenzgefühls beeinflusst wiederum die Art der Lebenserfahrung, was darauf schließt, dass diese Lebenserfahrung in der Regel die Grundhaltung bestätigt. Somit bleibt das Individuum in dieser Phase stabil und überdauert den Prozess. Die Stärke des Kohärenzgefühls ist somit unabhängig von den jeweiligen Umständen, der Situation oder der Rolle, die jemand gerade einnimmt oder einnehmen muss. (vgl. BZgA, Bengel et al, 2001, S.29) Somit würde mit den Aussagen von Antonovsky keine Änderung der Grundhaltung des Kohärenzgefühls in der adjuvaten Therapie erfolgen. Im nächsten Abschnitt stelle ich die SOC Scala vor.
2.2.2 Vorstellung des empirischen Instruments SOC-Scala
Mit dem empirischen Instrument der SOC-Skala, entwickelte Antonovsky einen Fragebogen zur Lebensorientierung. Die „Orientation to Life Questionnaire“, soll das Konzept zur Ermittlung des Kohärenzgefühls einer empirischen Bewährung unterziehen. Mit diesem Werkzeug soll die zentrale These getestet werden, dass das Kohärenzgefühl im kausalen Zusammenhang mit dem Gesundheitsstatus steht. Antonovsky dogmatisierte sein Instrument nicht. Er führte 51 Tiefeninterviews zur Entwicklung seines Messinstrumentes durch. Sein Fokus lag ausschließlich auf Menschen, die in schweren Belastungssituationen waren und dennoch bemerkenswert gut mit ihrem Leben zu rechtkamen. Es entstanden 29 Items mit Hilfe der Facettentechnik von Guttmann, mit jeweils siebenstufigen Einschätzungsskalen. Der Forscher Guttmann spezifiziert Facetten dessen, was es zu messen gilt, sowie die wichtigen Elemente jeder einzelnen Facette. Der Fragebogen umfasst Fragen zu den drei Grundkomponenten des Kohärenzgefühls. Eine ausführliche Erklärung dieser drei Komponenten des Kohärenzgefühls befindet sich im Anhang. Am Ende des Fragebogens werden alle Werte zu einem Gesamtsummenscore (von minimal 29 bis maximal 203) addiert. Je höher der Gesamtsummenscore ist, desto stärker ist das Kohärenzgefühl. Es gibt eine Kurzform mit nur 13 Items. Die Items sollen eine Grundhaltung im Sinne einer diesbezüglichen Orientierung erfassen. Der SOC-Fragebogen wurde unter Erfüllung der Testgütekriterien erstmals 1983 veröffentlicht. In der Umsetzung konnten sich die drei Subskalen nicht reproduzieren lassen, da es laut Antonovsky keine Trennung von Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit gibt. (ash-berlin, 25.11.2013)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.2: Pyramide Kohärenz
Die Abbildung zeigt eine Pyramide. Die Kohärenz ist das Zentrum und wird gestützt von den drei Komponenten der Verstehbarkeit, Sinnhaftigkeit und Machbarkeit. Sie bilden den wesentlichen Bestandteil der SOC- Skala. Es gibt 200 Studien zur SOC-Skala, welche überwiegend in Israel und Schweden durchgeführt wurden. Keine dieser Studien hat jedoch das Ziel gehegt, das Salutogenetische Modell der Gesundheit von Antonovsky zu überprüfen. In den Studien geht es hauptsächlich um eine Querschnittuntersuchung, die den Zusammenhang von SOC (langen/kurzen Version) mit den Parametern der psychischen und physischen Gesundheit messen sollte. Antonovsky definiert in erster Linie eine Beziehung zwischen körperlicher Gesundheit und SOC. (vgl. BZgA, Bengel et al, 2001, S.40-44) Die SOC-Skala ist in der Langversion mit 29 Items im Anhang dargestellt. Nach der Einführung in die SOC Skala, beschreibe ich im weiteren Verlauf, die Epidemiologie, Prävention und Therapie des Rektumkarzinoms.
2.2.3 Diagnose Rektumkarzinom: Epidemiologie, Prävention, Therapie
In der Epidemiologie unterscheidet man unter dem Begriff “Darmkrebs“ zwei Arten zum einen das Kolonkarzinom (Dickdarm) und das Rektumkarzinom (Mastdarm). Allgemein werden beide als „kolorektales Karzinom“ bezeichnet. In der Auswertung der deutschen Krebsregister werden alle Formen von Dickdarm- und Analkrebs zusammengefasst. In Deutschland erkranken laut Angaben des Robert Koch Instituts pro Jahr rund 35.400 Männer und 30.000 Frauen daran. Darmkrebs ist die zweithäufigste Erkrankung beider Geschlechter mit Todesfolge. Darmkrebs tritt häufig ab dem 50. Lebensjahr auf. Das Durchschnittsalter bei Männern beträgt 69 Jahre, bei Frauen 75 Jahre. (vgl. Krebsgesellschaft-Diagnostik, 04.11.2013) Die Inzidenz ist in Deutschland seit 1980 kontinuierlich gestiegen, bis 2006 bei Männern um 34% und bei Frauen um 26%. Die Mortalität ist in diesem Zeitraum gesunken, bei Frauen stärker als bei Männern. (vgl. Leitlinien, dgho-onkopedia, 04.11.2013) Die adjuvante Therapie bei einem Rektumkarzinom ist immer dann indiziert, wenn präoperativ keine neoadjuvante Therapie erfolgt ist. Standardisiert ist eine Radiochemotherapie ab der 4.-6.Woche nach der Operation. (vgl. Raulf/Kolbert, 2006, S.154) Die Prognose bei einem Rektumkarzinom hängt nicht nur vom Auftreten sogenannter Tochtergeschwülste (Metastasen) in anderen Organen ab, sondern ob ein Krankheitsrückfall am selben Ort auftritt oder nicht. Mit der Einführung spezieller Operationstechniken konnte dieses Risiko auf ca. 10 Prozent reduziert werden. Im weiteren Verlauf kann es mit einer Strahlentherapie oder einer Strahlen-Chemotherapie gesenkt werden. In dieser adjuvanten Therapie wird die Wirkung der Strahlentherapie durch die Chemotherapie am Lokalisationsort verstärkt und kann so ein verbessertes Ansprechen der Wirkung auf den Tumor haben. Als Folge wird die Lokalrezidivrate im kleinen Becken gesenkt. (vgl. Krebsgesellschaft-Therapie, 25.11.2013) Die Präventionsmaßnahmen mit spezifischer Diagnostik des kolorektalen Karzinoms werden trotz umfassender Aufklärung der Bevölkerung von den Patienten als auch von den Ärzten verschleppt. Symptome werden verharmlost und diagnostische Maßnahmen nicht wahrgenommen. Als Prävention wurden 2002 die Vorsorgekoloskopien eingeführt, berechtigt sind alle sozialversicherten Personen, die das 55. Lebensjahr vollendet haben. Nach 10 Jahren ist eine zweite Untersuchung vorgesehen. (vgl. Raulf/Kolbert ,2006, S.149-150) „ Der gewöhnlich lange zeitliche Verlauf zwischen dem Auftreten von Polypen und ihrer malignen Transformation bietet die Chance zur Früherkennung und Vorbeugung. Der regelmäßige Einsatz von Testverfahren zum Nachweis von okkultem Blut im Stuhl als Trigger für die Durchführung einer Koloskopie führt zu einer signifikanten Senkung der krebsbezogenen Mortalität. Durch die koloskopische Polypektomie kann die Inzidenz von Darmkrebs um 66 - 90 % gesenkt werden. In randomisierten Studien wurde für die Screening - Sigmoidoskopie eine statistisch signifikante Senkung der Inzidenz kolorektaler Karzinome und der karzinomspezifischen Mortalität gezeigt, siehe Studienergebnisse kolorektales Karzinom. Aufgrund ihrer hohen Sensitivität und Spezifität wird die totale Koloskopie in Deutschland, Österreich und der Schweiz als Standardverfahren empfohlen.“ (dgho-onkopedia, 25.11.2013)
Tabelle 1 Screening Empfehlungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(dgho-onkopedia, 25.11.2013)
In der oben aufgeführten Tabelle wird ersichtlich, in welcher Phase eine spezifische Diagnostik in Deutschland erfolgt.
Durch die Analyse der Auftrittswahrscheinlichkeit der Krankheit kann mit präventiven Maßnahmen die Wirksamkeit eintreten, den Krankheitsverlauf abzuwenden. Der Begriff Gesundheitsförderung besteht in diesem Zusammenhang aus den Präventionsmaßnahmen nach heutigem Stand. Nach Hurrelmann, Klotz und Haisch hat Antonovskys Modell der Salutogenese die Theorie der Prävention revolutioniert und den Begriff der Gesundheitsförderung geprägt. Antonovsky setzt seine Vorstellung eines Kontinuums mit den Polen Gesundheit und Krankheit gegenüber. Er beschreibt dieses Kontinuum wie eine Waage, auf der einen Seite die Risikofaktoren als krankheitserregende und die Ressourcen als gesundheitserhaltende Faktoren. Antonovsky betont den zentralen Stellenwert des Kohärenzgefühls für die Gesundheit. Er geht davon aus, dass das Individuum umso gesünder ist, je stärker ihr SOC ausgeprägt ist. (vgl. BZgA, Bengel et al, 2001, S.32) Somit leite ich über zu Antonovskys Modell der Salutogenese und dem Kohärenzgefühl, welches das Individuum in seiner Prägung mitbringt. Die unten aufgeführte Abbildung 3 ist von der World Health Organisation (WHO). Sie forderte mit dem Aufruf "From cure to care" eine neue Sichtweise zuzulassen, das die Medizin nicht nur Krankheits- und Gesundheitsmedizin sein sollte . „Die Erstere hat sich darauf spezialisiert, Krankheiten zu kurieren - sie versteht unter Gesundheit das Nichtvorhandensein von Krankheit - während die Andere sich um die Gesundheit sorgt - sie versteht unter Gesundheit das Vorhandensein von Lebensqualitäten.“ (dr-walser, 25.11.2013)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.3 Symptome-Ressourcen
Im Anhang findet sich von der Felix Burda Stiftung, gegründet von Dr. Christa Maar und dem Verleger Prof. Dr. Hubert Burda, ein neues Registergesetz zur Darmkrebsfrüherkennung. Die Stiftung widmet sich aus persönlichem Antrieb ausschließlich der Prävention von Darmkrebs und ist heute eine der bekanntesten gemeinnützigen Institutionen in Deutschland. Im nächsten Kapitel stelle ich nun die Beschreibung der Ist-Situation dar.
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