Die Arbeit hat zum Ziel, einen Aspekt der Interkulturellen Kommunikation, den Kulturtransfer, näher zu betrachten. Da dieser sehr breit und vielfältig ist, wird er am Beispiel der Literaturübersetzung konkretisiert. Den Kern bildet dabei die Untersuchung von Kulturtransferebenen und -prozessen bei Übersetzungen deutscher Literatur ins Arabische.
Es werden zunächst die Begriffe Kultur und Kulturtransfer betrachtet. Dabei wird ein Modell vorgestellt, dass die Strukturelemente des Kulturtransfers (unterteilt in drei Untersuchungsebenen und -prozesse) beinhaltet und das Gerüst für die spätere Darstellung des Kulturtransfers bei Übersetzungen deutscher Literatur ins Arabische bildet. Es folgt eine Darstellung genereller Fragen und Probleme der Übersetzung mit dem Schwerpunkt auf den Umgang mit kulturellen Unterschieden zwischen sendender und empfangender Kultur (auch als Ausgangs- und Zielkultur bezeichnet). Es werden anschließend der Westen, der Orient und der kulturelle Austausch durch Übersetzungen zwischen diesen im Laufe der Geschichte betrachtet, um dann konkret die Kulturtransferprozesse bei Literaturübersetzungen aus dem Deutschen ins Arabische unter den drei Aspekten Selektion, Vermittlung und Rezeption darzustellen. Zum Schluss werden einige kulturell bedingte Übersetzungsschwierigkeiten anhand von ausgewählten Beispielen aufgezeigt.
Inhalt
1.Einleitung
2. Der Kulturbegriff
3. Kulturtransfer
4. Literaturübersetzungen als Kulturtransfer - Kulturtransfer durch Literatur
5. Die Ebenen des Kulturtransfers bei der Übersetzung deutscher Literatur ins Arabische
5. 1. Woher und wohin wird transferiert: „der Westen“ und “der Orient“
5. 2. Was wird transferiert: Übersetzungen zwischen dem arabischen Raum und Europa
6. Übersetzungen deutscher Literatur ins Arabische
6.1. Selektion, Vermittlung und Rezeption deutscher Literatur ins Arabische
6.1.1. Die Selektionsprozesse
6.1.2. Vermittlerprozesse
6.1.3. Rezeptionsprozesse
6.2. Kulturspezifische Übersetzungsschwierigkeiten vom Deutschen ins Arabische
Resümee
Literatur
1.Einleitung
Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel einen Aspekt der Interkulturellen Kommunikation, den Kulturtransfer, näher zu betrachten. Da dieser sehr breit und vielfältig ist, wird er am Beispiel der Literaturübersetzung konkretisiert. Den Kern bildet dabei die Untersuchung von Kulturtransferebenen und -prozessen bei Übersetzungen deutscher Literatur ins Arabische.
Es werden zunächst die Begriffe Kultur und Kulturtransfer betrachtet. Dabei wird ein Modell vorgestellt, dass die Strukturelemente des Kulturtransfers (unterteilt in drei Untersuchungsebenen und -prozesse) beinhaltet und das Gerüst für die spätere Darstellung des Kulturtransfers bei Übersetzungen deutscher Literatur ins Arabische bildet. Es folgt eine Darstellung genereller Fragen und Probleme der Übersetzung mit dem Schwerpunkt auf den Umgang mit kulturellen Unterschieden zwischen sendender und empfangender Kultur (auch als Ausgangs- und Zielkultur bezeichnet). Es werden anschließend der Westen, der Orient und der kulturelle Austausch durch Übersetzungen zwischen diesen im Laufe der Geschichte betrachtet, um dann konkret die Kulturtransferprozesse bei Literaturübersetzungen aus dem Deutschen ins Arabische unter den drei Aspekten: Selektion, Vermittlung und Rezeption darzustellen. Zum Schluss werden einige kulturell bedingte Übersetzungsschwierigkeiten anhand von ausgewählten Beispielen aufgezeigt.
Aufgrund der Literaturlage lässt sich das Gerüst (drei Kulturtransferprozesse und makro-/mikrokulturelle Ebenen), nicht ganz sauber füllen. Zum Teil werden bereits bei der Betrachtung der Selektionsprozesse auch Rezeptionsprozesse beschrieben. Zum Einen macht die verfügbare Literatur kaum konkretere Aussagen über die Gründe der Auswahl von Werken für ihre Übersetzungen ins Arabische und beschreibt stattdessen die Bedeutung einzelner Autoren in der arabischen Welt. Zum anderen wird die Wahl eines Übersetzers oder Verlages für ein Werk von der erwarteten Rezeption in der Zielkultur (mit)bestimmt.
Auch die Begriffe werden von den Autoren unterschiedlich gebraucht. So wird unter der Rezeption häufig eher die Aufnahme eines Werkes und Autors beschrieben und seltener die Prozesse der Anpassung. Des Weiteren wird die arabische Welt nicht differenzierter, also nach Ländern betrachtet, sondern meistens vom arabischen Raum gesprochen . Schwerpunktmäßig scheint sich diese Bezeichnung für Veröffentlichungen deutscher Werke auf die Länder Ägypten, Syrien, Libanon, Jordanien, Irak und Kuweit zu beziehen.
2. Der Kulturbegriff
Wenn wir über Kulturtransfer sprechen, ist es nötig und naheliegend, den Begriff Kultur genauer zu betrachten. Wir müssen uns fragen: Woher, wohin und was transferieren wir eigentlich – was verstehen wir unter Kultur?
Nach Lüsebrink (2012, 10 und 11) unterscheidet die interdisziplinäre Theoriediskussion der Kulturwissenschaft drei Dimensionen des Kulturbegriffs: Den intellektuell-ästhetischen Kulturbegriff: Kultur ist das, was der Mensch an Bildung und Kunst hervorgebracht hat und die diesem Schaffen immanenten ästhetischen, sowie auch moralisch-ethischen Werte. Die Werke großer Künstler, Schriftsteller und Komponisten sind Ausdruck dafür. Dieser Kulturbegriff unterscheidet zwischen einer Bildungskultur, die er beschreibt, und einer Kultur der Massen.
Der materielle bzw. instrumentelle Kulturbegriff, bezieht sich auf Produktions-/ Wirtschafts- und Berufsbereiche (z.B. Unternehmenskultur, Handwerkerkultur). Er leitet sich ab von „Agricultura“, dem Ursprung des Kulturbegriffs, der für das Eingreifen und Gestalten des Menschen in die Natur steht (Agrarkultur/Landwirtschaft).
Unter dem anthropologischen Kulturbegriff wird Kultur als die Gesamtheit der Muster des Wahrnehmens, Wertens, Denkens und Handelns der Mitglieder einer Gesellschaft verstanden (vgl. Lüsebrink 2012, 11; Thomas 2003, 22), weshalb man auch von einem erweiterten Kulturbegriff spricht. Der anthropologischen Kulturbegriff wird dabei je nach Fachrichtung unterschiedlich beschrieben und gewichtet. Aus der Perspektive der Interkulturellen Kommunikation bezeichnet Thomas (ebd., 22) Kultur als ein Orientierungssystem, das aus spezifischen Symbolen (z.B. Sprache, Kleidung, Umgangsformen usw.) gebildet und an nachfolgende Generationen weitergegeben wird, sowie die Zugehörigkeit der Mitglieder zu einer Gesellschaft oder einer Gruppe definiert. Er nennt als Bezugsrahmen nicht nur Gesellschaft, sondern auch Nation, Organisation oder Gruppe.
Für das Thema Kulturtransfer sind sowohl der intellektuell-ästhetische, als auch der anthropologische Kulturbegriff relevant, da es bei Übersetzungen sowohl um die Werke künstlerischen Schaffens geht, als auch um die Kultur einer sendenden und einer empfangenden Gesellschaft. An dieser Stelle soll der anthropologische Kulturbegriff detaillierter betrachtet werden, da er unter dem Aspekt der Interkulturellen Kommunikation besondere Beachtung findet, indem er viel diskutiert wurde und viele Modelle und Begriffsbestimmungen hervorgebracht hat.
Die bereits genannten Definitionsvorschläge von Lüsebrink und Thomas gehören zu den modernen Kulturdefinitionen. Im Unterschied zu traditionellen Kulturbegriffen, die Kultur, als eine in sich homogene und geschlossene Kultur eines Volkes verstehen (vgl. Welsch 2009, 3), ist den heutigen modernen Kulturbegriffen folgendes gemeinsam: Kultur lässt sich nicht auf Nation oder Volk begrenzen, ist wertneutral (es gibt keine Hierarchien zwischen Kulturen), ist wandelbar und nicht statisch, bedeutet keine zwingende Bindung (es besteht individuelle Entscheidungsfreiheit), ist ein Konstrukt, besitzt Symbolcharakter (ist also auf Deutung angewiesen) und übt wie bereits erwähnt, eine gesellschaftliche und individuelle Orientierungsfunktion aus (o.V. o.J., o.S.).
3. Kulturtransfer
Da Kultur als wandelbar und nicht statisch bezeichnet werden kann, bedeutet das, dass sie offen für Einflüsse, Austausch und Transfer ist.
Der Begriff Kulturtransfer bezieht sich auf Kulturgüter und -praktiken, die von einem kulturellen System in ein anderes übertragen und in der spezifischen Zielkultur rezipiert werden: Informationen, Ideen, Institutionen, Handlungsweisen, kulturelle Artefakte, sowie damit auch die „... kulturelle Dimension des Transfers von Objekten, Produkten und Konsumgütern“ (Lüsebrink 2012, 145).
Unter kulturellem System ist hier Kultur im Sinne des anthropologischen Kulturbegriffs zu verstehen, wie bspw. Kulturräume, regionale, transnationale und soziale Kulturbegriffe, hauptsächlich jedoch die seit dem 18 Jh. vordergründig national definierten Gesellschaften (vgl. ebd., 147).
Als Begriff und Forschungsfeld wurde Kulturtransfer in den 80er Jahren von Espagne und Werner etabliert (vgl. Celestini 2003, 44). In ihren Aufsätzen verweisen beide Autoren auf den Zusammenhang der Kulturtransferforschung mit der Erforschung kolonialer Kulturen (vgl. Schmale 2012, o.S.).
Nach Schmale (ebd., o.S.) „... kann eine empirisch arbeitende Kulturtransferforschung nachweisen, dass es keine Kultur gibt, die nicht interkulturell bzw. die nicht métissage ist“[1]
„Damals wie heute geht es um das Nichtnationale am Nationalen, um den genuin interkulturellen oder métissage-Charakter einer jeden Kultur, … Die oftmals stark ideologisch geführte Debatte um sogenannte Fremdeinflüsse in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ging hingegen von festen kulturellen Identitäten aus, für die diese Einflüsse, je nach ideologischem Standpunkt, eine Gefahr oder eine Bereicherung bedeuteten. Diese Haltung ist auch gegenwärtig noch verbreitet...“ (ebd., o.S.)
Trotz eines neuen Verständnisse von Kultur, als dynamisch und wandelbar, darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass auch in der globalisierten Gegenwart beides existiert: Der Austausch zwischen den Kulturen und die Aneignung von Fremdem, aber auch das, was als Eigenes und Statisches wahrgenommen wird. „ Somit hat es Kulturtransferforschung sowohl mit dem Trägen als auch mit dem Flüssigen sowie mit dem Aufeinandertreffen beider zu tun.“ (Musner 2005, 173)
In vielen Bereichen sind Kulturtransferprozesse offensichtlich, wie insbesondere bei Übersetzungen von Medien oder der Übermittlung von Informationen und Bildern aus anderen Kulturen in der täglichen Berichterstattung der Medien. Dabei lässt sich klar erfassen, wie selektiert wird (was wird übersetzt/ übermittelt) und wie „... im Hinblick auf ein anderes Zielpublikum übersetzt und kommentiert“ wird (Lüsebrink 2012, 146). In anderen Bereichen sind Kulturtransferprozesse dagegen schwerer erkennbar. Dazu gehören die Konsumkultur, wie Kleidungs- und Essgewohnheiten oder soziokulturelle Codes und Rituale. Hier ist der Ursprung oft unklar, weshalb „Fremdes für Eigenes ausgegeben“ wird (Middell 2004, 13, zit. n. ebd., 146). Dazu trägt bei, dass häufig Umdeutungen stattfinden, „... damit Gegenstände oder Ideen ihre Funktion im neuen Kontext erfüllen“ (Middell 2004, 13, zit. n. ebd.). Diesen „Akzentumstellungen“, die nach Espagne (2003, 7) bei jeder Übertragung stattfinden, gilt das zentrale Forschungsinteresse.
Zusätzlich zu dieser Frage der interkulturellen Adaption, nennt Lüsebrink (2012, 146) als weitere Forschungsfragen die Transferwege (Vermittlerinstitutionen und -personen), die Begriffs- und Textübersetzung und die Verwendung des Wissens über andere Gesellschaften und Kulturen.
Auf einige dieser Forschungsfragen wird im Folgenden genauer eingegangen.
Um Kulturtransferprozesse zu untersuchen, ist es sinnvoll drei wesentliche Untersuchungsebenen zu unterscheiden und zu betrachten: Die Ausgangskultur, die Zielkultur und die kulturellen Artefakte, die ausgetauscht werden. Außerdem können drei Prozesse des Kulturtransfers beschrieben werden: Selektionsprozesse, Vermittlungsprozesse, Rezeptionsprozesse.
Bei den Selektionsprozessen geht es um die Frage, welche Objekte,Texte, Diskurse, Medien und Praktiken nach welchen Kriterien ausgewählt werden. Z.B. lässt sich anhand von Übersetzungsstatistiken ablesen, wie viele und welche Werke des Buchmarktes eines Landes für Übersetzungen ausgewählt werden. Kriterien für die Wahl können de[r] ästhetische[.] Wert, das vermutete Publikumsinteresse, kulturelle Trends oder auch politische und soziale Erwartungshaltungen ..“ sein (Lüsebrink 2012, 148).
Für die Vermittlungsprozesse können drei Arten von Vermittlern unterschieden werden: Individuen unterschiedlicher Berufsbranchen (Tourismus, Außenhandel, Presse, Übersetzer/Dolmetscher usw.) oder auch Privatpersonen (z.B. Reisende). Des weiteren Institutionen, wie staatliche oder nichtstaatliche Kulturinstitutionen (u.a. das Goethe-Institut) oder bilaterale Institutionen (z.B. der französisch/deutsche Fernsehsender ARTE) oder auch Verlage. Außerdem nehmen die Medien eine wichtige Rolle als interkulturelle Vermittler ein (vgl. ebd., 149).
Sehr viel Aufmerksamkeit wird innerhalb der Kulturtransferforschung den Rezeptionsprozessen gewidmet. Lüsebrink (2012, 149) beschreibt diese als „... die Integration und dynamische Aneignung transferierter Diskurse, Texte, Objekte und Praktiken im sozialen und kulturellen Horizont der Zielkultur und im Kontext spezifischer Rezeptionsgruppen.“ Er unterscheidet fünf Formen der Rezeption: Die Übertragung, als der Versuch „...einer möglichst originalgetreuen Übertragung...“, z.B. bei Übersetzungen. Des weiteren die Nachahmung, die zwar eine eigene Produktion ist, in der jedoch das „...fremdkulturelle Muster … deutlich erkennbar bleibt (z.B. der Transfer von Gattungen in Literatur und Film). Als Formen der kulturellen Adaption werden die im Hinblick auf die Zielkultur erfolgen Veränderungen der kulturellen Artefakte bezeichnet. Es geschieht eine kulturelle Anpassung etwa aufgrund der anderer Wertvorstellungen, Identifikationsmuster oder ästhetischer Empfindungen. Bei Übersetzungen werden z.B. Paratexte, wie Buchtitel oder Illustrationen, der Zielkultur angepasst. Außerdem begleiten Kommentarformen häufig als „ diskursive Bedeutungsgebung und -interpretation“, bspw. bei Übersetzungen als Literaturkritik, den Kulturtransfer. Des weiteren gibt es Formen der Produktiven Rezeption, womit die kreative Aneignung, die das Ursprüngliche umwandelt, gemeint ist. Diese können sich so weit vom Ursprünglichen entfernen, dass deren Inhalt oder Funktion gegenüber dem Vorbild konträr sind (vgl. ebd., 150-153).
4. Literaturübersetzungen als Kulturtransfer - Kulturtransfer durch Literatur
Nach Apel und Kopetzki (2003, 1) werden seit Menschengedenken Texte übersetzt und gibt es „... eine jahrtausendealte Tradition der Theorie des Übersetzens ...“.
Insbesondere haben nach dem zweiten Weltkrieg Übersetzungen weltweit sprunghaft wachsende soziale und ökonomische Bedeutung erfahren (vgl. ebd. 125). „Vor allem in den (…)europäischen Ländern, nehmen sie auf dem Buchmarkt einen herausragenden Platz ein, in Deutschland etwa ein Siebtel der gesamten Buchproduktion.“ (Lüsebrink 2012, 160) Während als Ausgangssprache Englisch mit den meisten Übersetzungen an erster Stelle steht, gefolgt von Französisch und Deutsch, und Arabisch auf Platz 17, steht bei den Zielsprachen Deutsch an erster Stellen, gefolgt von Französisch, Spanisch, Englisch. Arabisch liegt hier auf Platz 29 (vgl. UNESCO 2015, o.S.). Literarische Übersetzungen sind dabei sowohl in Deutschland als auch weltweit mit Abstand führend (vgl. Apel/Kopetzki 2003, 127). Nach Vermeer ist jede Literaturübersetzung immer auch Kulturtransfer (vgl. El-Din Aly 2006, 1).
Albrecht (1998, 62) beschreibt einige der zentralen Grundfragen der Übersetzungstheorie der europäischen Literaturen in ihrem historischen Kontext. Dabei stellt er fest, dass die „... älteste[.] Dichotomie der Übersetzungstheorie...“ auf die antiken und spätantiken Autoren Cicero, Horaz und Hieronymus zurückzuführen ist. Es ist der Gegensatz zwischen „freiem“ Übersetzen auf der einen Seite und „wörtlichem“/“treuem“ auf der anderen. Außerdem treten bereits Invarianten auf, womit Elemente gemeint sind, die bei der Übersetzung keine Veränderung erfahren sollen (z.B. bei Cicero „Sinn, Stil und Wirkung“, bei Hieronymus nur „Sinn“). Davon abgeleitet wurde vom Übersetzer gefordert: So wörtlich wie möglich, so frei wie nötig zu übersetzen, um sowohl dem Original, als auch den Regeln der Zielsprache gerecht zu werden (z.B. deren Syntax) (vgl. ebd., 62 und 64).
Ein weiteres Gegensatzpaar, das ab dem 17.Jh. in Erscheinung trat, wird als „Einbürgerung“ versus „Verfremdung“ benannt. Die Einbürgerung wurde insbesondere und zuerst in Frankreich praktiziert, mit der belles infidèles, der schönen aber ungetreuen Übersetzung, was bedeutete, dass fremde Literatur, der eigenen Leserschaft angepasst, also „eingebürgert“ wird (vgl. Albrecht 1998, 70). Somit ist die „Einbürgerung“ eine Form der kulturellen Adaption. Konopik (1997, 29) beschreibt das am Beispiel von Homers „Ilias“, wobei Homers realistische Schilderungen nicht nur in Frankreich, sondern auch im England des 18.Jh. für die Leserschaft „...eine Art von Kulturschock“ bedeutet hätten. Aus diesem Grund sorgen „Streichungen, Glättungen und Umbauten .. dafür, dass die übersetzten Texte weder den französischen Geschmack noch die französische Literatur verletzten ...“ und entschuldigt sich ein englischer Übersetzer in einem Vorwort für die Ausdrucksweise beim Leser (vgl. Albrecht 1998, 71).
Bei der „Einbürgerung“ lassen sich zwei Erscheinungen unterscheiden. Einige der Übersetzer sahen sich trotz der Anpassungen an die Leserschaft dem Original gegenüber verpflichtet. Von anderen, besonders ab dem 18 Jh., wurde nicht nur die sprachliche Form frei übertragen, sondern ist ein „... Hauptcharakteristikum dieser Übersetzungskonzeption .. die Anpassung des historischen Umfelds der Texte an die Lebenswelt der Leser“ (Albrecht 1998, 79). So verpflanzte der deutsche Übersetzer N. Ulenhart die Geschichte von Rinconete und Cortadillo des spanischen Schriftstellers Miguel de Cervantes nach Prag, behielt nur das Handlungsgerüst bei und schnitt „...alles Übrige auf die Gegebenheiten des neuen Schauplatzes ...“ zu (ebd., 80).
Das „Verfremden“ als Übersetzungsstrategie stand demgegenüber während der Romantik im Vordergrund. Es ist damit „...die Hinbewegung des zielsprachlichen Lesers zum Original...“ gemeint und nicht umgekehrt. Dem Leser wird das Fremde, Andersartige zugemutet und nicht ihm angepasst (Albrecht 1998, 75).
Apel und Kopetzki (2003, 105) stellen im Hinblick auf die gegenwärtige übersetzungstheoretische Diskussion fest, dass das Einbürgern verschwunden sei, aber auch „ ...die perfekte Nachahmung .. heute keiner mehr ...“ anstrebt. Stattdessen sorgt ein
„... ausgeprägtes Bewusstsein für kulturelle und sprachliche Differenzen .. dafür, dass Übersetzungen 'durchscheinender' werden, die fremden Kulturalia und Realia des Originals bewahren.“
„In der Übersetzung 'durchscheinen' dürfen heute vermehrt auch stilistische Besonderheiten des Originals, Neologismen oder ungewöhnliche syntaktische Strukturen, die die Übersetzer früher häufig vergeblich gegen ein glättendes Lektorat zu verteidigen versuchten.“
[...]
[1] Der Begriff hat seinen Ursprung im Kolonialismus und bezeichnet die biologische Mischung von Angehörigen unterschiedlicher Ethnien. Er ist wohl einer der ältesten Begriffe zur Beschreibung kultureller Hybridität.(Vgl.L16)