Industrie 4.0, bezeichnet als die vierte industrielle Revolution, beschreibt den Wandel der klassischen zur vernetzen Produktion. Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, welche Hemmungen und Risiken einer erfolgreichen Implementierung der Technologie in die Unternehmen im Weg steht. Aus Sicht der Unternehmen stehen die hohen Investitionskosten für Maschinen und IT-Systeme an erster Stelle der Gründe gegen Industrie 4.0-Anwendungen. Dies zeigt eine 2014 durchgeführte Bitkom-Studie. Die Komplexität der Thematik in Bezug auf den Umsetzungsaufwand und den Betrieb der Technologie in Verbindung mit dem oft noch unklaren, konkreten Nutzen stellt ein weiteres Hemmnis dar. Durch die Vernetzung von Produktionsanlagen und Schnittstellen zu Kunden und Partnern entstehen hohe Anforderungen an Datenschutz und Informationssicherheit. Bedenken bestehen hinsichtlich: Industriespionage, Schadprogrammen und Sabotage.
Ein weiterer Aspekt, welcher die Einführung der neuen Technologie hemmt, ist die fehlende Akzeptanz im Unternehmen. Sorgen um Arbeitsplätze, sowie das notwendige Umdenken führen zu Skepsis. Fachkräfte mit Spezialwissen werden zur Konfiguration, Überwachung und Wartung der Anlagen benötigt.
Die anfängliche Euphorie und Medienpräsenz zeigt sich vermehrt in Ernüchterung. Doch dies ist die Grundlage für eine realistische Einschätzung des Nutzens, der Chancen und der möglichen Wettbewerbsvorteile der digitalen Vernetzung durch Industrie 4.0.
Inhaltsverzeichnis
Kurzfassung
1 Grundlagenbildung
1.1 Begriff Industrie 4.0 - die vierte industrielle Revolution
1.2 Implementierung am Beispiel der PKW-Produktion
1.3 Anbieter von Industrie 4.0 - Lösungen
1.4 Erwartete Effekte der Implementierung
1.5 Methodik und Aufbau der Arbeit
2 Statistiken und Studien
3 Technische Risiken und Hemmnisse
3.1 Komplexität
3.2 Sicherheitsbedenken
3.3 Einbindung in bestehende Systeme
4 Organisatorische Risiken und Hemmnisse
4.1 Wissen
4.2 Datenschutzrechtliche Aspekte
4.3 Akzeptanz im Unternehmen
4.4 Rolle der Führungsebene
5 Wirtschaftliche Risiken und Hemmnisse
5.1 Investitionskosten in Maschinen und IT-Lösungen
5.2 Fachkräftemangel
5.3 Juristischer Rahmen
6 Industrie 4.0 im Produktlebenszyklus
6.1 Produktlebenszyklus und BCG-Matrix
6.2 Einordnung des „Produkts“ Industrie 4.0
7 Fazit
Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Kurzfassung
Industrie 4.0, bezeichnet als die vierte industrielle Revolution, beschreibt den Wandel der klassischen zur vernetzen Produktion. „Am Ende steht das Ziel einer möglichst prozessübergreifenden Digitalisierung und Vernetzung, die auch die Unternehmenspartner mit einbezieht.“ (ZÜH16)
Diese Arbeit beschäftigt sich mit den Aspekten, welche Hemmungen und Risi- ken einer erfolgreichen Implementierung der Technologie in die Unternehmen im Weg steht.
Aus Sicht der Unternehmen stehen die hohen Investitionskosten für Maschinen und IT-Systeme an erster Stelle der Gründe gegen Industrie 4.0-Anwendungen. Dies zeigt eine 2014 durchgeführte Bitkom-Studie (Vgl. SCH15b).
Die Komplexität der Thematik in Bezug auf den Umsetzungsaufwand und den Betrieb der Technologie in Verbindung mit dem oft noch unklaren, konkreten Nutzen stellt ein weiteres Hemmnis dar.
Durch die Vernetzung von Produktionsanlagen und Schnittstellen zu Kunden und Partnern entstehen hohe Anforderungen an Datenschutz und Informationssicherheit. Bedenken bestehen hinsichtlich: Industriespionage, Schadprogrammen und Sabotage.
Ein weiterer Aspekt, welcher die Einführung der neuen Technologie hemmt, ist die fehlende Akzeptanz im Unternehmen. Sorgen um Arbeitsplätze, sowie das notwendige Umdenken führen zu Skepsis. Fachkräfte mit Spezialwissen wer- den zur Konfiguration, Überwachung und Wartung der Anlagen benötigt.
Die anfängliche Euphorie und Medienpräsenz zeigt sich vermehrt in Ernüchterung. Doch dies ist die Grundlage für eine realistische Einschätzung des Nutzens, der Chancen und der möglichen Wettbewerbsvorteile der digitalen Vernetzung durch Industrie 4.0.
1 Grundlagenbildung
Um die Risiken und Hemmnisse der Implementierung von Industrie 4.0 zu verstehen, ist es zunächst notwendig, einige Grundlagen zu erläutern. Es wird auf den Begriff Industrie 4.0 als vierte industrielle Revolution eingegangen. Zudem wird an einem Beispiel aufgezeigt, wie die Implementierung in einem Unternehmen, gewählt wurde die PKW-Produktion, aussehen kann. Zuletzt wird kurz auf den Aufbau und die Methodik der Facharbeit eingegangen.
1.1 Begriff Industrie 4.0 - die vierte industrielle Revolution
"Wenn Bauteile eigenständig mit der Produktionsanlage kommunizieren und bei Bedarf selbst eine Reparatur veranlassen - wenn sich Menschen, Maschinen und industrielle Prozesse intelligent vernetzen, sprechen wir von Industrie 4.0." (BMW15a)
Um zu verstehen, welche Aspekte die Implementierung von Industrie 4.0 hem- men und welche Risiken mit ihr einher gehen, bedarf es zunächst einer kom- pakten Vorstellung des Begriffs, der Strategie, der Bezeichnung „Industrie 4.0“.
Industrie 4.0 bezeichnet die vierte industrielle Revolution. Diese Aussage findet sich in zahlreichen Veröffentlichungen. Um zu verstehen, warum dieses Kon- zept in die Reihe der großen industriellen Revolutionen der vergangenen Jahr- hunderte eingeordnet wird, beleuchte ich kurz die wesentlichen historischen Fakten.
Die erste industrielle Revolution, beginnend um 1750, wurde durch die Entwicklung der Dampfmaschine getrieben. Arbeits- und Kraftmaschinen schufen eine bedeutende Grundlage der Industrialisierung. In industriell entwickelten Ländern blieben daraufhin große Hungersnöte aus. Folgen waren Bevölkerungswachstum auf der einen, aber auch die Ausbeutung der entstandenen Fabrikarbeiterschaft auf der anderen Seite. (Vgl. BAU14)
In der zweiten industriellen Revolution, die um 1870 begann, spricht man neben der organisationsgetriebenen Revolution, getrieben durch das von Henry Ford in Anlehnung an Transportbänder eines Schlachtbetriebs entwickelte Fließband, auch von einer bürgerlichen Revolution. Die großindustrielle und arbeitsteilige Massenproduktion mit Hilfe elektrischer Energie im Maschinenbau, der Elektro-, Automobil- und Chemieindustrie war nun in der Lage, dem aufkommenden Wohlstandsbedürfnis der arbeitenden Bevölkerung entgegenzutreten. (Vgl. BEC15, BAU14)
Ab den 1970er Jahren begann die dritte industrielle Revolution, welche durch Entwicklungen in der Mikroelektronik und Computertechnik getrieben war. Eine weitgehend computergesteuerte und automatisierte Produktion wurde ermög- licht. Kennzeichen sind vor allem ein hoher Stand der Arbeitsteilung, ein Struk- turwandel zugunsten des tertiären Sektors (Dienstleistungsbranche), sowie eine zunehmende internationale Ausrichtung wirtschaftlicher Beziehungen.
Fasst man diese Entwicklungen zusammen, kommt man auf die Begriffe „Mechanisierung“, „Elektrifizierung“ und „Automatisierung“ für die ersten drei industriellen Revolutionen. Dieser Kette schließt sich die Industrie 4.0 mit dem Begriff „Digitalisierung“ an.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1 - Industrie im Wandel der Zeit
Um die Ausdehnung des Begriffes Industrie 4.0 besser zu durchdringen, folgen einige Definitionen aus verschiedenen Quellen.
"Industrie 4.0 steht für einen längst begonnenen Strukturwandel der Wirtschaft, der mit der fortschreitenden Digitalisierung der Produktion und ihrer Steuerung einhergeht." (SCH15a)
"[Industrie 4.0] ist ein Oberbegriff, der eine Vielzahl innovativer Produktionsprozesse beschreibt." (VOL15)
"[Industrie 4.0 ist kein] einzelnes Produkt, das man zu einem bestimmten Zeitpunkt kaufen kann. Es beschreibt vielmehr einen Weg, den Anbieter und Anwender mindestens ein Jahrzehnt lang beschreiten werden. Es beginnt in einer Nische, wo schneller Nutzen entsteht. Auf diese Weise wird das Konzept Industrie 4.0 verbreitet." (DOR16)
"Der Begriff Industrie 4.0 steht für eine[...] neue[...] Stufe der Organisation und [die] Steuerung der gesamten Wertschöpfungskette über den Lebenszyklus von Produkten." (BIT15, S. 8)
Die Zitate zeigen, dass der Begriff als Gesamtkonzept anzusehen ist. Industrie 4.0 beschreibt den Wandel der klassischen, hin zur vernetzten Produktion. Ursprünglich entsprach der Begriff einer Initiative der Bundesregierung mit dem Ziel, in der Zukunft auch weiterhin konkurrenzfähige Produkte mit hoher Qualität zu produzieren, was nur durch dynamisch reagierende Produktions- und Logistikprozesse zu erreichen sei.
Ein Ziel sind individualisierte Produkte unter Bedingung einer hoch flexibilisierten Produktion. Das macht auch Kleinserien wirtschaftlich rentabel.
Beispiele für Industrie 4.0 - Anwendungen sind: (Vgl. DOR16)
- Zustands-Monitoring von Maschinen, um Betriebsrisiken zu vermeiden
- Mensch-Roboter-Kooperationen, um Werkern bei gefährlichen Arbeiten zu assistieren
- Nutzung von sozialen Medien zur Vereinfachung der Arbeitsorganisation
- Anwendung von Augmented Reality, bei Servicetätigkeiten.
Angewendet werden diese Technologien in der „Smart factory“, der Fabrik innerhalb der Industrie 4.0. In dieser sind alle Menschen, Maschinen und Pro- dukte, die an einem Wertschöpfungsprozess beteiligt sind, digital vernetzt. Alle relevanten Informationen werden in Echtzeit verarbeitet. Werkstücke und Ma- schinen tauschen Informationen aus. Dazu verfügen die Werkstücke über Sen- soren, die Daten senden und empfangen. Es bestehen Verbindungen zwischen virtueller und realer Fertigungswelt. Kunden und Partner werden nahtlos in Geschäfts- und Wertschöpfungsketten integriert. So werden organisierende und unternehmensübergreifende Wertschöpfungsnetzwerke geschaffen. (Vgl. WIT12, BAU14, S. 14-16)
Folgende Faktoren begünstigen den Wandel zur Digitalisierung: (Vgl. SWI16)
- Sensoren werden immer kleiner, leistungsfähiger und preiswerter.
- Schnellere Prozessoren und größere Speicher ermöglichen immer höhe- re Rechenleistungen.
- Die weltübergreifenden Netzwerke (v. a. das Internet) ermöglichen eine ortsunabhängige Kommunikation.
Eine zentrale Funktion in der Industrie 4.0 haben cyber-physische Systeme. "Cyber-physische Systeme sind Systeme, bei denen informations- und soft- waretechnische mit mechanischen bzw. elektronischen Komponenten verbun- den sind, wobei Datentransfer und -austausch sowie Kontrolle bzw. Steuerung über eine Infrastruktur wie das Internet in Echtzeit erfolgen." (BEN16)
Durch deren Vernetzung wird das Ziel sich selbststeuernder und räumlich un- abhängiger Produktionsressourcen verfolgt. Planungs- und Steuerungssysteme tauschen eigenständig Informationen aus und treffen Entscheidungen. (Vgl. BOT15, KAG12)
Ein Begriff, welcher im Zusammenhang mit Industrie 4.0 zwangsläufig auftaucht, ist das „Internet der Dinge“. "Es basiert auf einer vollkommenen Vernetzung sämtlicher Alltagsgegenstände[.]" (ROT16, S. 26)
Der Begriff findet sich auch erweitert um Dienstleistungen und Menschen als „Internet of Things, Services and People“, was den Kern des Industrie 4.0 - Konzepts noch besser auf den Punkt trifft. (Vgl. SEN16, S. 187)
Das Konzept Industrie 4.0 hat eine vertikale Dimension im und eine horizontale zwischen den Unternehmen:
In der vertikalen Dimension eines Unternehmens ändert sich die Weise, wie die Produktion geplant und gesteuert wird. Die Informatiksysteme verschmelzen mit der industriellen Produktionsebene.
Die horizontale Vernetzung beschreibt, wie das Unternehmen mit anderen Firmen (z.B. Zulieferer) im Austausch steht. Hier wird ein automatisierter Prozess entlang der Wertschöpfungskette oder sogar des gesamten Produktlebenszyklus etabliert. Die Erfassung und Auswertung verschiedenster Daten ermöglicht Optimierungen, welche zu Produktivitätssteigerungen, verkürzten Durchlaufzeiten und einer besser steuerbaren Produktion führen.
1.2 Implementierung am Beispiel der PKW-Produktion
Was braucht es, um Industrie 4.0 - Anwendungen in ein Unternehmen bzw. in eine ganze Wertschöpfungskette zu integrieren?
Ich möchte dies beispielhaft anhand der Produktion eines Personenkraftwagens erläutern und habe dazu ein Video des Volkswagen-Konzerns (VOL15) und das Fachbuch „Industrie 4.0 in der Automobilproduktion“ (HUB16) herangezogen. Eine klassische Serienproduktion mit tausenden identischen Fahrzeugen einer Baureihe gibt es nicht mehr. Die Auswahlmöglichkeiten für die Endkunden sind mittlerweile so groß, so dass jedes Auto zu einem individuell konfigurierten Einzelstück wird. Die Daten des Kundenauftrags fließen direkt in jeden einzel- nen Abschnitt der Produktion (z.B. Zulieferer, Presswerk, Karosseriebau, Se- quenzierungsspeicher, Lackiererei, Montage). Hier wird deutlich, dass es um- fangreiche IT-Systeme benötigt, um relevante Daten eines Auftrags an die entsprechenden Werksbereiche weiterzuleiten und Bestellungen mit just-in-time Lieferterminierung bei mehreren Zulieferern auszulösen.
Im Karosseriebau wird das Auto getauft, es bekommt einen per Funk auslesbaren RFID-Chip. Damit wird der Kundenauftrag mit allen Detaildaten der Karosserie zugeordnet. Das Werkstück, hier das Automobil, bestimmt die Fertigung. Jede Station muss diesen RFID-Tag lesen und die Daten aus der unternehmensinternen Cloud abrufen können.
Im Sequenzierungsspeicher werden die Karosserien in eine optimale Reihenfolge für die Montage gebracht. Um hierbei verschiedenste Aspekte - wie die Verfügbarkeit aller Komponenten, qualifizierten Mitarbeiter und Maschinen oder den angestrebten Liefertermin - optimal zu berücksichtigen, müssen viele Daten ausgewertet werden, Stichwort: „Big Data“.
Alle Elemente der Produktion - jede Station, jeder Zulieferer, jede Maschine - sind digitalisiert, d.h. alles erhält ein virtuelles Abbild in den Systemwelten. Hier kommt der Begriff "Internet of Things", das Internet der Dinge zum Tragen.
Auch in der Logistik gibt es einen "Big Data Monitor", welcher relevante Daten aller Zulieferer kompakt darstellt. Dies kann Lieferengpässe, die Handlungsbedarf erfordern, frühzeitig erkennbar machen.
Dieses Anwendungsbeispiel zeigt das Potential einer Industrie 4.0 - Produktion, lässt aber auch erkennen, dass Investitionen und Veränderungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette unerlässlich sind.
Eine virtuelle Landkarte auf der Website der „Plattform Industrie 4.0“ des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) zeigt deutschlandweit verschiedene weitere reale Anwendungen des Konzepts, siehe (BMW16).
1.3 Anbieter von Industrie 4.0 - Lösungen
Ich möchte folgend die Ergebnisse einer kurzen Recherche des Marktes für Industrie 4.0 - Anwendungen aufzeigen. Es wird sich auf die Nennung wichtiger Beispiele und Aussagen zur Industrie 4.0 beschränkt.
Im Internet findet sich Werbung für zahlreiche Industrie 4.0 - Lösungen namhaf- ter Unternehmen. Fast jedes Unternehmen widmet der Thematik einen eigenen Internetauftritt und ordnet der Materie einen Großteil der eigenen Produktpalette zu. Dies bedeutet nicht zwangsläufig die Kompatibilität aller Anwendungen.
"[I]nnovative Industriesoftware, Automatisierungs- und Antriebstechnologien, Services und Lösungen für Ressourceneffizienz" (SIE17) werden von Siemens angeboten.
Bosch bewirbt "Lösungen für die vernetzte Fertigung [...], Produktions- sowie Logistikprozesse" (BOS16).
SAP möchte die "Informationslücke zwischen ‘realer’ und ‘virtueller’ Welt minimier[en]." (SAP17)
Jedoch auch kleinerer Unternehmen bieten Hardware-, IT- oder Systemlösungen für Industrie 4.0 - Anwendungen und bedienen damit die steigende Nachfrage der Industrie.
Smartly Solutions spricht von "System as a Service Lösungen [als] optimal abgestimmte Kombination aus Hard- und Software [...], die sofort einsatzfähig ist." (SMA17)
Die Berliner Firma pi4_robotics bietet mit Ihrem Roboter „Workerbot“ eine kostengünstige, vernetzte Lösung zur "Herstellung kleiner Stückzahlen in der Industrieproduktion" (PIR16) In einer eigens gegründeten „Zeitarbeitsfirma“ vermietet Sie die Arbeitskraft der Roboter sogar. Da die Roboter einfach zu transportieren und zu programmieren sind, können Sie so auch kurzfristige Personalengpässe ausgleichen. (Besuch der Firma am 25.05.16)
1.4 Erwartete Effekte der Implementierung
Das Thema Industrie 4.0 findet sich in zahlreichen Fachzeitschriften wieder. Es werden hohe Erwartungen an die Technologie gestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2 - Wirtschaftliche Effekte durch Industrie 4.0 (BMW15, S. 8)
Die Abbildung zeigt die Ergebnisse einer Studie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, welche das Marktpotential verschiedener Teilbereiche von Industrie 4.0 wie das „Internet der Dinge“ oder „Cloud Computing“ unter- sucht.
Experten prognostizieren ein enormes Wachstumspotenzials für die deutsche Wirtschaft durch die Umsetzung von Industrie 4.0. Man spricht von einem Wachstum in Höhe von ca. 153,5 Mrd. Euro in den nächsten fünf Jahren. (Vgl. BMW15, S. 7)
Der Begriff Industrie 4.0 beschreibt eine Vision. Dabei handelt es sich nicht um ein einzelnes Produkt, das man zu einem bestimmten Zeitpunkt kaufen kann. Es wird vielmehr ein Weg für das nächste Jahrzehnt beschrieben.
Das Konzept findet heute schon konkrete Umsetzungen in Nischen, wo schnel- ler Nutzen entsteht. Beispiele sind das Zustands-Monitoring von Maschinen aus der Ferne, Mensch-Roboter-Kooperationen, um Menschen bei gefährlichen Arbeiten zu assistieren, die Nutzung von sozialen Medien zur Vereinfachung der Arbeitsorganisation oder auch die Anwendung von Augmented Reality, d.h. einer digital erweiterten Realität bei Servicetätigkeiten. (Vgl. BAU14)
Analysiert man die zentralen Motivationen der Umsetzung von Industrie 4.0 - Anwendungen, so zeigt sich, dass die Steigerung der Produktivität, des Umsatzes und der Produktionsflexibilität bei gleichzeitiger Senkung der Kosten die wichtigsten Treiber sind. (Vgl. BMW15, S. 8)
1.5 Methodik und Aufbau der Arbeit
Um das Thema Industrie 4.0 und speziell die Risiken und Hemmnisse, die einer erfolgreichen Implementierung im Wege stehen, zu erfassen, führte ich eine umfassende Literaturrecherche und -bewertung durch. Zur Thematik existieren zahlreiche Fachartikel unterschiedlicher Qualität und Tiefe, aber auch zusammengefasste Bücher. Risiken und Hemmnisse lassen sich auch aus den dargestellten Stärken und Schwächen der Systeme ableiten.
Bei der Sichtung der Quellen in Literatur, Fachartikeln und Internet zeichneten sich hinsichtlich der Hemmungen und Risiken der Implementierung von Indust- rie 4.0 - Anwendungen drei Bereiche heraus. Da Themen eines Bereiches auch Einfluss auf andere Bereiche haben, erfolgte die Zuordnung durch den jeweiligen Schwerpunkt und wurde mit Verweisen ergänzt.
Die hohe Technisierung bringt einige Probleme mit sich, der erste Bereich sind demnach die technischen Risiken und Hemmnisse, auf die ich in Kapitel 3 ein- gehe.
Mit der Industrie 4.0 gehen neue Denkweisen zu Management und Unternehmensorganisation und -führung einher. Man spricht von Management 4.0. In Kapitel 4 gehe ich auf organisatorische Risiken und Hemmnisse ein.
Weitreichende Veränderungen in der Industrie und Wirtschaft verbunden mit hohem Investitionsbedarf enthalten zahlreiche Variablen und bergen damit wirtschaftliche Risiken und Hemmnisse. Diese beleuchte ich in Kapitel 5.
Im letzten Kapitel abstrahiere ich das Konzept Industrie 4.0 als Produkt und referenziere auf dessen Produktlebenszyklus.
Abschließend ziehe ich ein kompaktes Fazit.
2 Statistiken und Studien
Bitkom Research führte 2014 eine Studie in Unternehmen zum Thema Industrie 4.0 durch. Es wurde die Frage untersucht, welche Aspekte gegen den Einsatz von Industrie 4.0 - Anwendungen in den Unternehmen sprechen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3 - Sicht von Unternehmen auf Industrie 4.0 (Bitkom) (SCH15b)
Es ist kaum verwunderlich, dass hohe Investitionskosten für diese Technologien an erster Stelle der Hemmnisse stehen. Dieses Thema beleuchte ich in Kapitel 5.1 näher. Auch die Komplexität der Thematik (Kapitel 3.1) und der oft noch unklare Nutzen (Kapitel 4.1) tauchen in der Statistik auf.
Unter den Top 3 der Gründe gegen den Einsatz steht auch der in den vergangen Jahren entstandene Fachkräftemangel (Kapitel 5.2).
Weiterhin werden Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit von vielen Befragten aufgeführt. Auf Sicherheitsbedenken wird in Kapitel 3.2 eingegangen. Datenschutzaspekte zeige ich in Kapitel 4.2 auf.
Auch rechtliche Aspekte einer weitgehend automatisierten Produktion werfen vielen Geschäftsführern noch Fragen auf. (Kapitel 5.3)
Nicht zuletzt stellt die fehlende Akzeptanz in der Belegschaft für die neue Technologie ein starkes Investitionshemmnis dar. (Kapitel 4.3)
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