Todesangst im Christentum. Inwieweit beeinflusst Religion unsere Angst vor dem Sterben?
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Warum Menschen glauben
2.1 Fakten über das Christentum und seine Glaubensansichten
2.2 Theologische Glaubensansicht
2.3 Glaube in Form von Vertrauen
3 Auseinandersetzung mit dem Tod
3.1 Erklärung relevanter Begrifflichkeiten
3.1.1 Einführung in die Thanato-Psychologie
3.1.2 Eingrenzung des Begriffs „Todesangst“
3.2 Dimensionen der Todesfurcht
3.3 Verleugnung und Überwindung von Todesfurcht
3.4 Religion als Angstabwehr
4 Todesansichten im Laufe der Geschichte
4.1 Mittelalterliche Todesansichten
4.2 Moderne Todesansicht
5 Fazit
II Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Angst ist eine Gefühlsregung mit der sich jeder Mensch im Leben auseinandersetzen muss. Fast täglich begegnet uns eine Vielzahl von verschiedenen Ängsten, die wir auf eigens erlernte Wege zu verarbeiten und umgehen versuchen (Künne, 2001). Eine mit der bekanntesten Ängste ist die Todesangst. Diese Angst bezieht sich auf eine der bedeutsamsten Fragen der Menschheit: Was passiert nach dem Tod? Da Religion dieses komplexe Thema zu erklären versucht, wird in dieser Hausarbeit Todesangst mit dem gelegten Augenmerk auf die Fragestellung, inwieweit Religion unsere Angst vorm Sterben beeinflusst, untersucht. Angestrebt ist hierbei die Bestätigung der Behauptung, dass Empfindungen, insbesondere Ängste, die mit dem Tod zusammen-hängen, durch das Christentum geprägt werden. Dieser Annahme ist hinzuzufügen, dass sich die Auswirkungen des Christentums auf die Todesangst, sowohl positiv als auch negativ äußern können.
Um eine klare und einheitliche Überprüfung dieser These zu gewährleisten, beschränkt sich diese Arbeit bewusst nur auf das Christentum. Gewiss sind Glaubensansichten anderer Weltreligionen über den Umgang mit dem Tod und deren Auffassungen von einem Leben danach ebenfalls interessant zu untersuchen, jedoch würde dies nicht nur über den festgesetzten Umfang der Hausarbeit hinausgehen, sondern auch auch für Verwirrung sorgen. Die Weltreligionen unterscheiden sich teils enorm in ihren Sichtweise vom Tod, sodass man kaum zu einem präzisen Fazit bezüglich der aufgestellten These kommen würde.
Im Folgenden werden der Aufbau des Inhaltes und die Schritte bis hin zur Thesenüberprüfung beschrieben. Zunächst wird die Frage geklärt, warum Menschen überhaupt glauben und was man unter dem Begriff „Glaube“ verstehen sollte. Dieser Begriffserklärung gehen zunächst Fakten über das Christentum voraus, um eine detailliertere Darstellung von dieser Religion zu erlangen, bevor genauer auf den Unterschied zwischen theologischen Glauben und der alltäglichen und eher unbe-kannten Ansicht vom Glauben eingegangen wird. Beide Arten dieser Glaubensansicht beschäftigen sich mit Rätsel, was einem nach dem Leben erwartet, welches zwangsläufig Angst hervorruft. Die sogenannte Angst vor dem Tod und Sterben.
Im nächsten Schritt wird deshalb der Begriff „Todesangst“ aus Sicht der Thanato-Psychologie definiert und von den Begriffen „Angst“ und „Furcht“ abgegrenzt. Um zu veranschaulichen, mit welchen Gedanken sich Menschen im Bezug auf Tod und Sterben auseinandersetzen, werden verschiedene Dimensionen der Todesfurcht erläutert. Dabei wird begrifflich gemacht, weshalb die Menschheit Angst vor der Vorstellung vom Tod hat, welche Emotionen dabei eine bedeutsame Rolle spielen und wie sie damit umgeht. Abschließend wird kurz auf die Bedeutung von Religion für die Überwindung von Todesfurcht eingegangen.
Da das Christentum schon seit Beginn seiner Entstehung die Fragestellung, was uns im und nach dem Tod erwartet, zu begründen versucht und dabei auf die bereits schon oben genannte Angst bei der Vorstellung vom Tod seitens der Gläubigen aufbaut, werden im darauffolgenden Arbeitsschritt die verschiedenen Ansichten vom Tod im Laufe der Geschichte untersucht und verglichen. Hierbei wird der Unterschied zwischen dem mittelalterlichen Bild von einem Gott als bösen Richter, sowie das des heutigen Gott der Liebe herausgearbeitet.
Im letzten Schritt wird schließlich die Bedeutung des Christentums und des Glaubens zusammengefasst, um abschließend Bezug auf die oben aufgestellte These nehmen zu können und um festzuhalten, inwieweit sich diese bewahrheitet.
2 Warum Menschen glauben
Wie schon der evangelische Religionslehrer Professor Dr. theol. Peter Kliemann in einem seiner Bücher sagt: „Glauben ist menschlich.“ (Kliemann, 2001, S.9) Zu glauben ist ein menschliches Grundbedürfnis, da der Mensch an etwas festhalten muss und das eigene Leben zu hinterfragen versucht, wie zum Beispiel das Fragen nach dem Sinn des Lebens. Dieser Situation im Leben kann keiner umgehen, da wir gewillt sind Antworten auf unser Dasein zu finden (Kliemann, 2001). Doch glaubt jeder von uns an das Gleiche? Und was genau ist unter Glaube zu verstehen? Gewiss ist, dass man den Begriff „Glauben“ differenziert betrachten muss, um ihn zu verstehen. Er lässt sich in den theologischen Glauben und den Glauben als Art Vertrauen untergliedern (Kliemann, 2001). Bevor jedoch näher auf diesen Fragenkomplex und den verschie-denen Auffassungen von Glauben im Christentum eingegangen wird, ist es hilfreich zunächst das Christentum selbst näher zu beleuchten.
2.1 Fakten über das Christentum und seine Glaubensansichten
Das Christentum ist unter den fünf Weltreligionen, dazu zählen das Christentum, der Islam, der Hinduismus, der Buddhismus und das Judentum, mit Abstand die größte und verbreitetste Religion. 33% der Weltbevölkerung sind Christen. Das sind in etwa 2.015 Milliarden Menschen, die sich nach dem christlichen Glauben haben taufen lassen (Neumann, 2005). Abgesehen von Asien, bildet diese Religion auf allen Kontinenten eine relative Mehrheit. Vor allem in der Dritten Welt, in der man kaum die Mehrheit aller Christen vermuten würde, wächst der prozentuale Anteil an Anhängern des Christentums am schnellsten (Neumann, 2005).
Nun gilt es zu klären, was einen Christen überhaupt ausmacht. Die Bibel und zahlreiche Bibelforscher sehen in der Taufe des Menschen und seiner Hingabe des Glaubens, die nötigen Mittel, um als Christ angesehen zu werden: “Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden“ (Markus 16:16). Dabei unterscheidet man zwischen der getauften Bevölkerung, die den Glauben praktiziert und somit dem Christentum angehört und der Bevölkerung, die sich ebenfalls hat taufen lassen und damit genauso zum Christentum zählt, den Glauben dieser Religion allerdings nicht verfolgt. Beispiele hierfür wären Gottes-leugner, Spötter oder Lästerer. Das Gleiche gilt für „Ungläubige“, die sich genauso wenig dem christlichen Glauben hingeben und trotzdem Christen sind. Dies mag zunächst verwirrend klingen, da man in vielen Textpassagen der Bibel vorfinden kann, dass man nur Christ ist, wenn man auch glaubt. Dennoch gibt es keine ungläubigen Menschen, da jeder Mensch an etwas glaubt (Kliemann, 2001). Solange der Mensch seinen Glauben lebt und getauft ist, ist er demnach auch Christ. Um zu verstehen, was genau unter Glauben verstanden werden sollte, muss man den Glauben also zunächst in den theologischen Glauben und den Glauben als Art Vertrauen und Halt spalten.
2.2 Theologische Glaubensansicht
Wenn von Glaube die Rede ist, so wird damit häufig der theologische bzw. religiöse Glaube in Verbindung gebracht. Er befasst sich mit den Ansichten und Inhalten der Bibel. Ein großer Bestandteil dieser Inhalte ist Gott. Vorab jedoch will erst einmal näher auf die Bedeutung der Bibel für das Christentum eingegangen werden.
Die Bibel ist nicht nur das älteste Buch, sondern gehört auch zu einem der bekanntes-ten, standfestesten und meist verkauften Büchern der Welt (Weber, 1998). Ihre Bekanntheit und Verbreitung ist demzufolge eine Begründung dafür, weshalb ein Großteil der Christen an Gott glaubt. Darüber hinaus dienen ihre alt- und neutestamen-tarischen Inhalte als Leitfaden für den christlichen Glauben. Um biblische Geschichten und ihre Aussagen zu verstehen, müssen diese vorerst interpretiert werden (Scholl, 2002). Eine Aussage jedoch wird von fast allen verstanden, nämlich, dass man auf Gott vertrauen und an ihn glauben sollte (Scholl, 2002). Sich allerdings eine Vorstellung von Gott zu machen ist recht schwer. Er verkörpert viel mehr ein Gefühl wie Liebe und Zuversicht, als dass er eine wahre Person darstellt. Als Mensch wird Gott von Jesus Christus repräsentiert, dem das Christentum seinen Namen verdankt (Kliemann, 2001). Durch ihn kann Gott als menschliche Gestalt handeln und seine Ideale kundtun. Zu diesen Idealen gehören unter anderem das Einhalten der zehn Gebote und das Hinarbeiten auf ein gemeinsames Leben mit Gott nach dem Tod, durch ein sündenfreies Leben. Die Angst, die beim Hinterfragen nach dem Danach verbunden ist, kann bei vielen demzufolge durch den Glauben an Gott bzw. durch das Einhalten seiner Ideale, gelindert werden. Dies begründet sich dadurch, dass es für Menschen wichtig ist, an etwas zu glauben und festzuhalten, was ihnen Auskunft über das Leben danach geben kann. Ungewissheit ist ein Zustand, der den Menschen Angst einflößt, da sie darauf bedacht sind Antworten auf Unstimmigkeiten und Unbekanntes zu finden (Kliemann, 2001).
In der Bibel wird somit vom Menschen erwartet, ein harmonisches Leben nach den Ansichten Gottes zu führen. Dennoch sagt sie auch, dass es dem Menschen freisteht zu entscheiden, ob er an diesen Ansichten festhalten, oder er sich selbst welche setzen möchte. Wichtig sei nur, dass er glaubt (Kliemann, 2001). Im folgenden Abschnitt wird deshalb auf eine Glaubensansicht eingegangen, die nicht in der Bibel niedergeschrieben ist.
2.3 Glaube in Form von Vertrauen
Woran Menschen festhalten, die nicht an die Existenz Gottes oder die Ideale des christlichen Glaubens glauben, lässt sich so nur schwer verallgemeinern. Wie bereits schon vorher festgestellt, ist jemand nicht ungläubig, nur weil er die Inhalte der Bibel nicht für richtig erachtet. Zu klären gilt, wie genau man diese Art von Glauben definieren kann.
Jeder von uns hängt sein Herz an etwas, was ihm wichtig ist (Kliemann, 2001). Für gläubige Christen ist dies Gott. Aber auch alltägliche Begebenheiten können das repräsentieren, was uns Kraft und Halt gibt. Für viele kann dies Geld, Karriere, eigene Ideale, Familie, Liebe oder Freunde sein. Mit anderen Worten glauben wir schon dann, wenn wir etwas haben, auf das wir vertrauen und bauen können. Meist jedoch hängen Menschen ihr Herz unbewusst an alltägliche Dinge, bei denen sich nachher heraus-stellt, dass sie ihnen weder als Zuflucht noch Halt in schwierigen Situationen dienen (Kliemann, 2001). Demnach bleibt festzuhalten, dass man unter Glaube in Form von Vertrauen das versteht, was einem als stärkegebenden Leitfaden durchs Leben hilft und auf was man zurückgreift, wenn man Rat benötigt.
Jedoch spielt auch bei dieser Form des Glaubens die Frage nach dem, was einem nach dem Tod erwartet, eine äußerst entscheidende Rolle. Der Tod ist etwas, was jeden betrifft und womit sich jeder früher oder später auseinandersetzen muss (Ochsmann, 1993). Der Gedanke an den Tod ist somit, genauso wie die Angst, ein Grundgefühl, das während des ganzen Lebens dazugehört (Künne, 2001). Ist diese Angst in bestimmten oder lebensbedrohlichen Situationen besonders stark ausgeprägt, so spricht man von Todesangst. Auf sie wird im folgenden Themenabschnitt genauer eingegangen
3 Auseinandersetzung mit dem Tod
Der Tod ist Bestandteil des Lebens und muss akzeptiert werden. Das Nachdenken über den eigenen Tod jedoch birgt häufig negative Emotionen, so dass es bei den Betroffenen oft zu einer Angstabwehr oder Verleugnung des Todes kommt. Nicht selten muss man sich dem Gedanken an Tod und Sterben zuwenden. Es ist bekannt, dass immer mehr Menschen, vor allem Kranke, wie zum Beispiel Aids-Patienten, HIV-Positiv Erkrankte oder Krebskranke, einen langsamen, qualvollen und langen Tod erleiden. Hinzukommt die Konfrontation des Sterbens anderer nahestehenden Personen im Umfeld, von denen man Abschied nehmen muss (Ochsmann, 1993). Für viele wird durch solche Umstände das Befassen mit dem Tod erschwert, da es in einigen Fällen mit Angst, vor allem mit der vor der Vorstellung des Sterbevorgangs, verbunden ist.
Die Auseinandersetzung mit dem eigenen bevorstehenden Tod oder dem einer nahestehenden Person bleibt in der Psychologie wenig erforscht, da Kritiker Einwände gegen Inhalte und Methoden dieses Fachgebiets erheben. Experimente, die sich mit der Todesfurcht befassen, werden oftmals als menschenrechtswidrig erachtet, da sie mit Schockelementen und Angsterregungen arbeiten (Ochsmann, 1993). Dennoch gibt es manche Forschungen, die sich mit diesem Gebiet auseinander gesetzt haben und empirisch belegte Ansätze bieten. In der Regel versucht man in solchen Experimenten die Entstehung und Dimension von Todesangst zu erfassen, die Rolle des Glaubens für Sterbende herauszuarbeiten und das menschliche Verhalten in Bezug auf Sterben zu begründen und verstehen. Bevor die angesprochenen Themenbereiche in der Hausarbeit thematisiert werden, werden zunächst, für ein besseres Verständnis, die Begriffe „Thanato-Psychologie“ und „Todesangst“ erklärt.
3.1 Erklärung relevanter Begrifflichkeiten
Um wissenschaftlich über den Tod sprechen zu können, ist es zunächst wichtig ein grobes Verständnis für wichtige Begriffe zu erlangen, die in dieser Hausarbeit und bei der Erwähnung von Ängsten in Bezug auf den Tod des Öfteren benutzt werden. Vorerst ist es von Bedeutung zu klären, welcher wissenschaftliche Zweig sich mit dem Thema Tod auseinandersetzt und was genau im Bereich der Angst vor dem Tod und Sterben untersucht werden kann. Demnach wird vorweg die Thanato-Psychologie vorgestellt, die sich mit den Vorstellungen und Flogen des Todes befasst.
Danach wird genauer auf die Benutzung des Wortes „Todesangst“ eingegangen. In der Psychologie gilt es diesen Begriff von weiteren Begriffen, die sich ebenfalls auf Ängste im Zusammenhang mit dem Tod beziehen, zu unterscheiden, da sie, obwohl sie sich in ihrer Bedeutung ziemlich ähneln, gewisse Unterschiede aufweisen.
3.1.1 Einführung in die Thanato-Psychologie
Die Thanato-Psychologie (Thantos griechisch für Tod) beschreibt einen Gegenstands-bereich der Psychologie, der sich das Untersuchen von Sterben, Sterbenden und Tod zur Aufgabe gemacht hat. In diesem Gegenstandsbereich werden Methoden, Theorien und Konzepte der Psychologie aus allen Fachgebieten verwendet. Verallgemeinert lässt sich die Thanato-Psychologie als eine Abzweigung der Psychologie beschreiben, die sich nicht nur mit dem Prozess des Sterbens, sondern auch mit dessen Auswirkungen auf das menschliche Verhalten und Erleben befasst. Das Studium aller todbezogenen Gefühle, Gedanken und Verhaltensweisen wird als Thanatologie bezeichnet. Geprägt wurde dieser Begriff von dem russischen Biomediziner Elie Metchnikoff, der für seine Arbeiten 1908 den Nobelpreis erhielt (Ochsmann,1993).
Lange Zeit hat man das Hinterfragen von Sterbeprozessen vermieden, da es als Aufgabe der Ärzte angesehen und als Art Belastung empfunden wurde. Zudem wurde die Thanato-Psychologie aufgrund ihres damals schwach ausgeprägten wissen-schaftlichen Stands als Alibi-Psychologie der Gesellschaft betitelt. Die Dynamik und die rasante Entwicklung der heutigen Zeit allerdings, erlauben es Psychologen über heikle Themen, wie dem Tod und das Sterben, nachzudenken und sie genauer zu erforschen. Nicht zuletzt ist dies dadurch entstanden, dass die Psychologie einen Stand erreicht hat, der es ihr erlaubt sich vielseitig und pluralistische zu entfalten. Heutzutage genießt die Thanto-Psychologie, dessen Anzahl fachbezogener Publika-tionen auf über 7000 geschätzt wird (Stand von 1993), große Popularität (Ochsmann, 1993).
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