Die im Zuge der internationalen Klimaschutzbemühungen entstandenen umweltpolitischen Herausforderungen sind nicht erst ein Produkt des 21. Jahrhunderts, sondern die Folge einer im öffentlichen Diskurs stattfindenden Auseinandersetzung mit dem Begriff der Nachhaltigkeit und den Grenzen des Wachstums. Doch erst die Unterzeichnung des Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen im Jahr 1997 markierte einen Quantensprung, der rechtsverbindliche Verpflichtungen zur Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre schuf.
Die Etablierung des Emissionshandels für klimarelevante Treibhausgase zum 01.01.2005 innerhalb der Europäischen Gemeinschaft war nicht nur die konsequente Umsetzung zur Erreichung der Kyoto-Verpflichtungen. Es war ein Meilenstein der Europäischen Klimaschutzpolitik, der die Unternehmen erstmal dazu zwang die Nutzung natürlicher Ressourcen im Kontext ihrer Wertschöpfungsprozesse, einer ökonomischen und ökologischen Betrachtung zu unterziehen und Strategien zur Emissionsverringerung- und Handel zu entwickeln.
Das Ziel meiner Arbeit ist es, die Funktion, die geschichtliche Entwicklung und die Vor- und Nachteile des Europäischen Emissionshandel darzulegen um die Frage zu klären, ob sich dieser als ein marktwirtschaftliches Instrument für eine mengenbasierte und kosteneffiziente Regelung von Treibhausgasen eignet.
Dazu wird in den ersten beiden Kapiteln zunächst ein Überblick über die geschichtliche Entwicklung der globalen Klimaziele und die Grundzüge der Umweltökonomie gegeben. Im vierten Kapitel werden der Europäische Emissionshandel und die flexiblen Mechanismen nach Kyoto ausführlicher behandelt. Das fünfte Kapitel befasst sich mit der Umsetzung und Implementierung des Emissionshandels in der Europäischen Gemeinschaft und den nationalen Ebenen sowie den möglichen Problematiken für Mitgliedsstaaten und beheimatete Unternehmen.
Das vorletzte Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, welche Ursachen in der Volatilität des Zertifikatspreises liegen und wie sich dieser im Zeitablauf auf dem Sekundärmarkt entwickelt hat. Abschließend werden die Erkenntnisse der Thematik in einem Fazit zusammengefasst.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Entwicklung der Klimaziele
3. Grundzüge der Umweltökonomik und Umweltpolitik
4. Der Europäische Emissionshandel
4.1. Grundidee des Europäischen Emissionshandels
4.2. Zertifikatstypen
4.3. Flexible Mechanismen nach Kyoto
4.3.1. Clean Development Mechanismen
4.3.2. Joint Implementation
5. Umsetzung des Europäischen Emissionshandels
5.1. Lastenverteilungsabkommen der EU
5.2. Zielsetzung der EU-Handelsrichtlinie
5.3. Nationale Allokationspläne
5.4. Zuteilungsverfahren
5.4.1. Grandfathering
5.4.2. Benchmark
5.5. Carbon Leakage
5.6. Zwischenfazit
6. Nationale Umsetzung des Emissionshandels in Deutschland
7. Ursachen und Entwicklung des Zertifikatspreis
8. Fazit
Literatur- und Quellenverzeichnis
Literarturverzeichnis
Internetliteraturverzeichnis.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die größten CO2-emittierenden Länder nach Anteil an den weltweiten CO2- Emissionen im Jahr 2014...
Abbildung 2: Low-carbon strategy for 2050.
Abbildung 3: Preisentwicklung der EUAs auf dem Sekundärmarkt im Zeitraum 01.01.2013- 29.12.2014
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Treibhausgase gemäß der Richtlinie 2003/87/EG Artikel 3.. 8
1. Einleitung
Die im Zuge der internationalen Klimaschutzbemühungen entstandenen umweltpolitischen Herausforderungen sind nicht erst ein Produkt des 21. Jahrhunderts, sondern die Folge einer im öffentlichen Diskurs stattfindenden Auseinandersetzung mit dem Begriff der Nachhaltigkeit und den Grenzen des Wachstums.1 Doch erst die Unterzeichnung des Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen im Jahr 1997 markierte einen Quantensprung, der rechtsverbindliche Verpflichtungen zur Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre schuf.
Die Etablierung des Emissionshandels für klimarelevante Treibhausgase zum 01.01.2005 innerhalb der Europäischen Gemeinschaft war nicht nur die konsequente Umsetzung zur Erreichung der Kyoto-Verpflichtungen. Es war ein Meilenstein der Europäischen Klimaschutzpolitik, der die Unternehmen erstmal dazu zwang die Nutzung natürlicher Ressourcen im Kontext ihrer Wertschöpfungsprozesse, einer ökonomischen und ökologischen Betrachtung zu unterziehen und Strategien zur Emissionsverringerung- und Handel zu entwickeln.
Das Ziel meiner Arbeit ist es, die Funktion, die geschichtliche Entwicklung und die Vor- und Nachteile des Europäischen Emissionshandel darzulegen um die Frage zu klären, ob sich dieser als ein marktwirtschaftliches Instrument für eine mengenbasierte und kosteneffiziente Regelung von Treibhausgasen eignet.
Dazu wird in den ersten beiden Kapiteln zunächst ein Überblick über die geschichtliche Entwick- lung der globalen Klimaziele und die Grundzüge der Umweltökonomie gegeben. Im vierten Ka- pitel werden der Europäische Emissionshandel und die flexiblen Mechanismen nach Kyoto aus- führlicher behandelt. Das fünfte Kapitel befasst sich mit der Umsetzung und Implementierung des Emissionshandels in der Europäischen Gemeinschaft und den nationalen Ebenen sowie den möglichen Problematiken für Mitgliedsstaaten und beheimatete Unternehmen.
Das vorletzte Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, welche Ursachen in der Volatilität des Zertifikatspreises liegen und wie sich dieser im Zeitablauf auf dem Sekundärmarkt entwickelt hat. Abschließend werden die Erkenntnisse der Thematik in einem Fazit zusammengefasst.
2. Entwicklung der Klimaziele
Der Klimawandel stellt ein ernsthaftes, globales und systemisches Risiko dar, dass neben den Volkswirtschaften, insbesondere die Lebensgrundlagen unserer Gesellschaft gefährdet.2 Für die Veränderung des Klimas ist der atmosphärische Treibhauseffekt verantwortlich, welcher zum einem einen natürlichen Ursprung hat und zum anderen, insbesondere seit Beginn der Industrialisierung, durch menschliche Eingriffe (anthropogener Treibhauseffekt) verstärkt wird.3 Die Annahme, dass der Anstieg der globalen Erwärmung größtenteils durch anthropogene Treibhausgase (THG) induziert ist, gilt mittlerweile als wissenschaftliche Tatsache.4
So haben sich die weltweiten CO2-Emissionen bereits im Zeitraum von 1990 bis 2007 um fast ein Drittel erhöht.5 Zudem lagen die weltweit wärmsten Jahre seit Beginn einer verlässlichen Temperaturmessung im Jahre 1880 und gemessen an der Abweichung von dem globalen Durchschnitt in Grad Celsius, mit Ausnahme des Jahres 1998 alle im 21. Jahrhundert.6
Abbildung 1: Die gr öß ten CO 2 -emittierenden L ä nder nach Anteil an den weltweiten CO 2 -Emissionen im Jahr 2014
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an Statista.com
Eine Zunahme der schäd- lichen Treibhausgas- Emissionen birgt nicht nur das Risiko einer weit- rechenden, irreversiblen
Veränderung unserer Klima- und Ökosysteme, sondern überfordert zu- nehmend auch dessen Anpassungsfähigkeit.7 2010 erreichten die glo- balen energiebedingten CO2-Emissionen trotz der vorangegangen Wirtschaftskrise ein zum damaligen Zeitpunkt Höchst- stand von 30,6 Gigatonnen CO2. Waren noch in der Vergangenheit die OECD-Volkswirtschaften für den Großteil der Emissionen verantwortlich, so verändert sich dieses Verhältnis aufgrund der rasant steigenden Wirtschaftsleistungen und der damit verbundenen Wohlstandsmehrung zu- nehmend in Richtung der BRICS- Staaten und anderer „newly industrializing countries“8 (NIC- Staaten). Ohne ehrgeizigere Politikmaßnahmen würden die Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre bis zum Jahr 2050 auf nahezu 685 ppm (Teile pro Million) CO2-Äquivalente ansteigen und damit weit über dem Konzentrationsniveau von 450 ppm liegen, das erforderlich wäre, um die globale mittlere Erwärmung bei 2°C zu stabilisieren.9 Schon im April 2014 lag die weltweite CO2-Konzentration bei 400 ppm.10
Um die CO2-Konzentration in der Atmosphäre stabilisieren zu können, ist es unabdingbar die weltweiten Emissionen bis 2050 auf die Hälfte des Niveaus von 1990 zu verringern. Hierfür müssten nicht nur die Industriestaaten ihre Emissionen um bis zu 80 Prozent senken, auch die steigenden Emissionen der NIC-Staaten müssten bis 2025 konsolidiert und das „Gefangenendilemma“ durch verbindliche Verträge überwunden werden.11
Nicholas Stern, Leiter des volkswirtschaftlichen Dienstes der britischen Regierung, bezifferte schon 2006 in seinem Report „Stern Review on the Economics of Climate Change“, die wirt- schaftlichen Schäden der Handlungsunterlassung auf 5 bis 20% des Weltsozialprodukts und warnte gleichzeitig vor einer klimainduzierten wirtschaftlichen Depression.12 Nach den Berechnungen des Intergovernmental Panel on Climate Change würden dagegen die Kosten zur Reduzierung der CO2-Emissionen, unter der Annahme eines jährlichen globalen Wachstum zwischen 1,6 und 3 Prozent, nur etwa 0,06 Prozentpunkte des weltweit jährlichen Konsums kosten.13
Die Auswirkungen der Erderwärmung verlangen von der internationalen Staatengemeinschaft eine Auseinandersetzung mit den Folgen des Treibhauseffekts. Jedoch kam ein internationales Abkommen und dessen Ratifizierung durch nahezu 200 Ländern kam jedoch erst im Jahr 1992 auf dem Weltklimagipfel in Rio de Janeiro zustande.
Das Ziel dieser Klimarahmenkonvention war die Rückführung der Treibhausgasemissionen auf den Stand von 1990 und somit die Konsolidierung der Treibhausgaskonzentration auf ein Niveau, welches eine anthropogene Störung des Klimas abwendet oder zumindest verringert. Verbindliche Verpflichtungen wurden damals jedoch nicht festgelegt. Allerdings legten sich die Regierungen der ratifizierenden Staaten darauf fest, die Rahmenbedingungen für einen globalen Klimaschutz auf den jährlich stattfindenden Konferenzen zu konkretisieren.14
Auf der Konferenz in Kyoto im Jahr 1997 und dem daraus entstandenen Kyoto-Protokoll (KP), verpflichteten sich die Industrieländer (Annex-I-Staaten) und die Nachfolgestaaten der Sowjet- union ihre Treibhausgasemissionen von sechs klimarelevanten Gasen im Zeitraum von 2008- 2012 (Kyoto-Periode) um 5,2 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 zu senken.15 Zur Erfüllung der Emissionsziele wurden drei fundamentale Instrumente Bestandteil des KP. Zum einen der staatliche Emissionshandel zwischen den unterzeichnenden Staaten und zum anderen die pro- jektbezogenen Instrumente Joint Implementation und Clean Development Mechanism, welche im Kapitel 4.3 näher erläutert werden.16
Die damaligen 15 EU-Mitgliedstaaten verpflichteten sich zu einer gemeinschaftlichen Reduktion klimarelevanter Gase um 8%. Das KP konnte jedoch erst nach Unterzeichnung durch mindestens 55 der 200 Vertragsstaaten, welche wiederum mindestens 55 Prozent der CO2-Emissionen der Annex-I Staaten repräsentieren, in Kraft treten.17
Es basiert auf dem Grundsatz der gemeinsamen, wenngleich auch unterschiedlichen Verant- wortlichkeiten von Industrienationen und NIC-Staaten. Zum einen muss beachtet werden, dass die Industriestaaten aufgrund ihrer wirtschaftlichen Hegemonie des letzten Jahrhunderts, für die meisten Emissionen verantwortlich waren und zum anderen, das das Wachstum der NIC- Staaten durch die Reduktionsverpflichtungen verhindert oder zumindest verlangsamt werden könnte.
Während die Unterzeichnung des KP eher unproblematisch verlief, konnte das emissionsbezogene Quorum zunächst nicht erfüllt werden. Schuld daran war die Erklärung der USA, das Protokoll trotz der ursprünglichen Zusage nicht ratifizieren zu wollen. Die Erfüllung der Wirksamkeitsvoraussetzung gelang erst nach der Ratifizierung Russlands und dessen Verpflichtung, seine Emissionen zur Basis von 1990 nicht zu überschreiten. Das KP trat somit am 16.2.2005 rechtswirksam in Kraft und setzte, im Gegensatz zu der unverbindlichen Klimarahmenkonvention, erstmals verbindliche Pflichten für den Umgang mit Treibhausgasen fest.18
3. Grundzüge der Umweltökonomik und Umweltpolitik
Anthropogene Treibhausgasemissionen entstehen größtenteils in den Wertschöpfungsprozes- sen der Energiewirtschaft. Die Umweltökonomik knüpft daher an der klassischen Mikroökono- mie an und entwickelte ein Konzept, welches versucht, die damit verbundenen Umweltprob- leme auf wirtschaftlich effiziente Weise zu lösen.19 Zwar wird eine intakte Umwelt gemeinhin als erstrebenswertes öffentliches Gut anerkannt, dennoch bleiben Umweltschäden (negative Effekte) vom Markt regelmäßig unberücksichtigt.20 Gerade in der Umweltpolitik wird diesem Problem des Marktversagens, bei dem der Marktmechanismus den optimalen Zustand verfehlt, eine besondere Rolle beigemessen. Zugleich sind hier die Tendenzen zur Kooperationsvermeidung der Marktteilnehmer besonders ausgeprägt.
Mit der Theorie der externen Effekte hat sich bereits die neoklassische Umweltökonomie dieser Herausforderung angenommen. Bei negativen externen Effekten wird ein Dritter von einem Emittenten beeinträchtigt, ohne dass die Folgen seiner Entscheidungen auf diesen zurück fallen. Sind emissionsbedingte Schäden quantifizier- und monetarisierbar, lassen sich Internalisierungsstrategien einsetzen, denen zufolge die zunächst externen Kosten, bspw. in Form höherer Energiepreise, den Verursachern zugerechnet werden. Dadurch werden die Marktteilnehmer dazu veranlasst, ihre Vermeidungsanstrengungen bis zu dem Punkt, indem ihre Grenzvermeidungskosten den Grenzschadenskosten entsprechen, voran zu treiben.21
Fehlallokationen, bedingt durch die Vernachlässigung der Interessen emissionsgeschädigter Par- teien, ließen sich mithilfe dieser Korrektur beheben.22 Als Ergebnis wäre ein gesamtwirtschaftli- ches Optimum erzielt.23 Eine zentrale Rolle in der umweltpolitischen Diskussion spielt der Ansatz des Coase-Theorems. Dieses geht auf den Aufsatz des britischen Ökonomen Ronald H. Coase, „The Problem of Social Cost“ zurück. Im Kern wendet er sich gegen die Annahme, dass der Staat bei dem Vorkommen negativer Effekte Instrumente zur Internalisierung einsetzen sollte.24 Ce- teris paribus würden öffentliche Güter äquivalent zu der Lösung der Almende-Problematik in „private proberty rights“ überführt und sich das Problem des Marktversagens durch die Schaf- fung privater Nutzungsrechte nicht mehr stellen.
Der Staat könnte Nutzungsrechte für Umweltressourcen festlegen, wodurch externe Effekte im Wege von Verhandlungen internalisiert werden. Die Ressource wäre folglich ein marktfähiges Gut und das Marktversagen überwunden. An bestimmten öffentlichen Gütern, wie etwa der Luft, lassen sich jedoch keine Verfügungsrechte einräumen. Daher wird dem Theorem eine modifizierte Variante gleichgestellt, welche die Rechte an einer bestimmten Menge von Umweltschädigungen mit negativen Auswirkungen auf dieses Gut einräumt. Die Parteien legen dann in Verhandlungen das pareto-effiziente Niveau von Emissionen fest. Ressourcen gelangen dort zur Verwendung, wo sie die größte Wertschätzung erfahren.25
Das Coase-Theorem zeigt zwar die Möglichkeit einer effizienten Produktion innerhalb des Marktmechanismus mit Eigentumsrechten, beruht jedoch auf wenig realistischen Annahmen.26 Beispielsweise finden Transaktionskosten oder Informationsasymmetrien zwischen den Mark- teilnehmern in diesem Modell keine Berücksichtigung. Dennoch war es der Grundstein für das Konzept der handelbaren Emissionsrechte, welches größtenteils auf den Ökonomen John H. Da- les und seine Publikation „ Pollution, Property and Prices “ im Jahr 1968 zurückgeht.27 Ziel des von Dales konzipierten Ansatzes ist die simultane Realisierung von ökologischer Effektivität und öko- nomischer Effizienz infolge der Allokation der Inanspruchnahme natürlicher Ressourcen über den Markt.28
4. Der Europäische Emissionshandel
Die EU-Kommission bekundete erstmals ihre Absicht zur Entwicklung eines partiellen CO2- Emis- sionshandelssystem im März 2000 mit dem sog. Grünbuch.29 Mit der Verabschiedung der Emis- sionshandelsrichtlinie (Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.10.2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Ge- meinschaft, EU-EHR) waren die Weichen für die Erfüllung der Kyoto-Pflichten gestellt worden.30 Daraus folgte die Einführung des Europäischen Emissionshandels (European Union Emissions Trading System, EU-ETS) am 01.01.2005 mit zunächst knapp 9.000 Anlagen in 21 von 25 Mit- gliedsstaaten. Bis dato handelte ist es das weltweit größte und erste grenzüberschreitende Han- delssystem für Treibhausgasemissionszertifikate zur Umsetzung der Emissionsreduktionsziele nach Kyoto.
Das EU-ETS gliedert sich in drei Handelsphasen. Die erste Phase (2005-2007) diente sowohl der Eingewöhnung als auch der Erfahrungssammlung in der neuen Marktsituation. Die zweite Phase (2008-2012) orientiert sich an dem ersten Verpflichtungszeitraum des KP. Die derzeitige Han- delsphase begann am 01.01.2013 und wird am 31.12.2019 enden.31 Obwohl das KP der Aus- gangspunkt des EU-ETS war, ist dieser in seiner Umsetzung aufgrund seiner Verankerung im eu- ropäischen Recht vom KP unabhängig.32 Mit Beginn der zweiten Handelsperiode wurde neben dem europaweiten Emissionshandel auf Unternehmensebene auch der staatliche Emissionshan- del des KP eingeführt.33
4.1. Grundidee des Europäischen Emissionshandels
Konträr zu einer veranlagungsbasierten Lösung, bspw. des Pigou-Steuer-Modells, stellt der Emissionsrechtehandel ein mengenbasiertes Klimaschutzinstrument dar, welches das absolute Volumen der Ressourcennutzung beschränkt und die CO2-Emissionen zu den gesamtwirtschaftlich geringsten Kosten reduziert.34 Wenn es gelingt die gesamten Vermeidungskosten zu minimieren, kann der Emissionshandel aus umweltökonomischer Sicht ein idealer Ansatz zur Verminderung von Emissionen sein. Aus diesem Grund funktioniert das EU-ETS nach dem Prinzip des „Cap and Trade“, welches aus den drei wesentlichen Merkmalen
- Cap, Obergrenze der Emissionen;
- Allokation, Verteilung von Emissionsberechtigungen; ∙ Trade, Handel mit Emissionsberechtigungen; besteht.35 Ein Gesamthöchstwert (Cap) legt ex ante fest, wie viele THG in einem bestimmten Zeitraum im ETS- und dem Nicht-ETS-Bereich ausgestoßen werden dürfen.36 Durch die be- grenzte Vergabe von Emissionsberechtigungen lassen sich nun die Vorgaben eines definierten Mengenziels unter der Prämisse ausreichender Überwachung selbstständig erreichen. Auf in- takten Märkten resultiert unter diesem dynamischen Aspekt, zunächst ein volatiler Zertifikats- preis als Knappheitssignal für Emissionen, aber auch gleichzeitig Anreize für langfristige Investi- tionen in künftige Emissionsverminderung. Die Festsetzung des Caps ist somit eine politische Steuerungsgröße.37
Die Anlagenbetreiber sind dazu verpflichtet, Zertifikate in Höhe ihres tatsächlichen Schadstoff- ausstoßes zu halten. Überschüssige Zertifikate können die Unternehmen veräußern (Trade). Der Gesamtausstoß wird somit durch den Handel der Emissionsberechtigungen zwischen den einzelnen Anlagenbetreiber abgedeckt. Zur Erreichung der angestrebten Reduktionsziele wird das Cap im Zeitablauf reduziert.38 Es zeigt sich, dass die alleinige Einführung eines Handelssys- tems nicht die real anfallenden THG reduziert, sondern lediglich die Lasten der tatsächlichen Reduktion neu verteilt. Für das Gelingen dieser Handelsplattform ist der Aufbau eines Monito- ring- und Registrierungssystems unerlässlich. Die ökonomische Vorteilhaftigkeit des Emissions- handels ergibt sich dann aus der Gegenüberstellung der spezifischen Aufwendungen einer
Emissionssenkungsmaßnahme zu den Marktpreisen der Emissionszertifikate. Übersteigt der Preis der CO2-Zertifikate die Kosten der Emissionssenkung, ist die Durchführung entsprechende Maßnahmen ökonomisch sinnvoll. Dem entgegen ist es für einen Emittenten vorteilhafter Zertifikate zu erwerben.39
[...]
1 Siehe dazu auch die durch den Club of Rome im Jahr 1972 in Auftrag gegebene und publizierte Studie zur Zukunft der Weltwirtschaft unter dem Titel „The Limits to Growth“, sowie den Brundtland-Bericht von 1987 „Our Common Future“.
2 OECD (2012), S. 80.
3 Law, R.M. / Enting, I. (2002), S. 2.
4 Dürr, D. (o.J.), S. 2.
5 Intergovernmental Panel on Climate Change (2007), S. 5.
6 NOAA National Climatic Data Center, State of the Climate (2012).
7 OECD (2012), S. 84.
8 Diese Abkürzung dient im Folgenden als Synonym für Entwicklungs- und Schwellenländer.
9 Vgl. OECD (2012), S. 80f..
10 Dutta, S. (2014).
11 Vgl. Dürr, D. (o.J.), S. 2.
12 Stern, N. (2006), S. 10.
13 Tagesschau (2014).
14 Vgl. Gerner, D. (2012), S. 4f..
15 Dürr, D. (o.J.), S. 3.
16 Vgl. Ströbele, W. / Pfaffenberger, W. / Heuterkes, M. (2013), S. 345.
17 Vgl. Dürr, D. (o.J.), S. 3.
18 Vgl. Gerner, D. (2012), S. 4ff..
19 Vgl. Erdmann, G. / Zweifel, P. (2008), S. 153.
20 Vgl. Rodi, M. (2014), S. 245f..
21 Vgl. Erdmann, G. / Zweifel, P. (2008), S. 153.
22 Endres, A. (2013), S. 57.
23 Vgl. Erdmann, G. / Zweifel, P. (2008), S. 153.
24 Endres, A. (2013), S. 57.
25 Vgl. Rodi, M. (2014), S. 245f..
26 Vgl. Erdmann, G. / Zweifel, P. (2008), S. 157.
27 Vgl. Vorholz, F. (2002).
28 Gerhard, M. (2000), S. 72.
29 Vgl. Ströbele, W. / Pfaffenberger, W. / Heuterkes, M. (2013), S. 346ff..
30 Endres, A. (2013), S. 340.
31 Vgl. Gründinger, W. (2012), S. 18.
32 Vgl. Chlistalla, M. / Zähres, M. (2010), S. 1ff..
33 Deutsche Emissionshandelsstelle (2008), S. 2.
34 Heilmann, S. (2005), S. 9.
35 Diekmann, J. (2012).
36 Vgl. Chlistalla, M. / Zähres, M. (2010), S. 4f..
37 Diekmann, J. (2012).
38 Vgl. Chlistalla, M. / Zähres, M. (2010), S. 4f..
39 Vgl. Gerner, D. (2012), S. 3f.