Die Nachfrage nach persönlichen Kompetenzen und individuellen Fähigkeiten am Arbeitsmarkt wird immer größer. Oftmals reicht es nicht, nur einen guten Abschluss zu haben. Heute sind noch ganz andere Dinge wichtig, weil wir selbst als Subjekt für den Arbeitsprozess immer wichtiger werden und auch als wichtig wahrgenommen werden wollen. Noch nie haben unsere eigenen Bedürfnisse und Fähigkeiten eine so große Rolle für die Arbeitswelt gespielt wie heute. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Diskurs über die Entgrenzung und Subjektivierung von Arbeit im Lebenszusammenhang.
Dafür sollen zunächst der Wandel der Arbeit, die Ursachen für die neue Form von Arbeitskraft sowie die Chancen und Risiken der Subjektivierung behandelt werden, um die Thematik anschließend an dem Beispiel des Managerberufs zu verdeutlichen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definition: Subjektivierung und Entgrenzung von rbeit
3. Wandel der rbeit
3.1. Die Arbeitskraftunternehmer-These und die Distanzierung vom Taylorismus
4. Ursachen für die neue Form von Arbeitskraft
5. Chancen und Risiken der Subjektivierung
6. Beispiel Managerberuf
7. Manager zwischen rbeit und Leben
8. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
͙͙͙ es is nich mehr so, dass gefordert wird, dass ich jetzt hier acht Stunden an meinem rbeitsplatz sitze; ich kann auch zu Hause arbeiten (͙) ich kann/ehm/ an einem Tag länger, an einem kürzer arbeiten, das wird.. also überhaupt nicht kontrolliert, kontrolliert wird das Arbeitsergebnis und dafür bin ich verantwortlich. (Mronga, 2013, S.188-189)
Die Nachfrage nach persönlichen Kompetenzen und individuellen Fähigkeiten am Arbeitsmarkt wird immer größer. Oftmals reicht es nicht, nur einen guten Abschluss zu haben. Heute sind noch ganz andere Dinge wichtig, weil wir selbst als Subjekt für den Arbeitsprozess immer wichtiger werden und auch als wichtig wahrgenommen werden wollen. Noch nie haben unsere eigenen Bedürfnisse und Fähigkeiten eine so große Rolle für die Arbeitswelt gespielt, wie heute. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, mich in der vorliegenden Arbeit mehr mit dem Diskurs über die Entgrenzung und Subjektivierung von Arbeit im Lebenszusammenhang zu beschäftigen. In den letzten Jahrzehnten werden diese Begriffe auch immer häufiger in der Arbeits- und Industriesoziologie diskutiert und zeigen einen Wandel in unserer Arbeits- und Organisationsstruktur auf. Diese Arbeit soll sich mit den Grundzügen dieser Thematik auseinandersetzen und an dem Beispiel des Managerberufs verdeutlicht werden.
2. Subjektivierung und Entgrenzung von Arbeit
Mit Entgrenzung wird „die systematische Rückführung bzw. Dynamisierung regulierender (und insoweit begrenzter) Strukturen von Arbeit bezeichnet, wie sie sich mit der tayloristisch- fordistischen Arbeits- und Sozialorganisation etabliert haben“ (Kleemann/Voß, 2010, S.432). Die Grenzen zwischen Privatleben und Arbeit verschwimmen immer mehr und die starke Trennung von Arbeit und Freizeit, wie sie im Taylorismus üblich war, nimmt ab. Unternehmen setzten auf neue Beschäftigungsstrukturen und eine neue Organisation von rbeit, woraus „eine Deregulierung und Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse, die Prekarisierung von Teilen der Erwerbsbevölkerung durch unsichere Beschäftigungsverhältnisse und einen tendenziellen bbau des fordistischen Sozialstaats“ (ebenda, S. 432) resultieren. In diesem Zusammenhang wird die Rolle des Subjekts immer wichtiger und nimmt eine neue Form oder Position in der Arbeitswelt ein. Mit einem Subjekt ist das Individuum, also der Mensch gemeint, welcher in der Soziologie als wichtige Vermittlungskategorie gilt, da es entweder soziale Verhältnisse ausdrückt oder sie produziert (vgl. ebenda, S. 415). Unter Taylor wurde das Subjekt als „möglichst zu minimierender Störfaktor des Betriebsablaufs“ (ebenda, S.419) gesehen. Das Individuum hatte also keine große Relevanz für die Produktion, Aufgabe war es lediglich Arbeitsabläufe durchzuführen. Das Einbringen von individuellen Kompetenzen war somit kein grundlegender Bestandteil im Arbeitsprozess. Gewandelt hat sich die Auffassung des Subjekts durch die Verlagerung der Transformation von Arbeitskraft in Arbeit durch das Subjekt selbst und nicht mehr durch die strikte Kontrolle der Betriebsführung.
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Entgrenzung und der zunehmenden Relevanz des Subjekts für den Arbeitsprozess, trat der Begriff Subjektivierung erstmals durch Martin Baethge in den Arbeits- und Industriesoziologischen Diskurs, um „damit auf das Bedürfnis der Beschäftigten, Subjektivität in die Arbeit einbringen zu können, und auf die zunehmende Bedeutung berufsinhaltlicher, kommunikativer und expressiver Ansprüche an die Tätigkeit hinweisen [͙“ (Minssen, 2006, S.151) zu können. n dieser Stelle impliziert Heiner Minssen drei Aspekte, die grundlegend für die Subjektivierung von Arbeit sind: die Rücknahme der starren Arbeitsteilung, die Erwerbstätigkeit der Frau und den Strukturwandel der Beschäftigung (ebenda, S.151). Weiterhin kann man heute von einem doppelten Subjektivierungsprozess sprechen, da nicht nur die Bedürfnisse des Subjekts in den Fokus rücken, sondern auch die Erwartungen der Unternehmen an das Subjekt (ebenda, S.229). An dieser Stelle wird das Subjekt als Vermittlungskategorie zwischen dem Individuum, also sich selbst und dem Betrieb beziehungsweise der Arbeit erkennbar. Das Subjekt muss versuchen ein Gleichgewicht zwischen Arbeit und Privatleben herzustellen, um den eigenen Bedürfnissen und denen des Betriebs gerecht zu werden.
3. Wandel der Arbeit
Um in dieser Arbeit den Prozess der Entgrenzung und Subjektivierung von Arbeit genauer beleuchten zu können, werde ich nun Bezug auf den historischen Kontext nehmen, um den Hintergrund und den Wandel der Arbeitsstrukturen besser kenntlich zu machen. Denn die vorherrschende Entwicklung der heutigen Auffassung von Subjektivität und Arbeit hat sich in der Nachkriegszeit ab 1970 entwickelt. Deshalb werde ich mich zunächst auf die Arbeitskraftunternehmer-These nach Pongratz und Voß beziehen, um die von ihnen formulierten Arbeitskrafttypen herauszustellen und mich besonders auf den Typus des Arbeitskraftunternehmers beziehen zu können. Weiterhin werde ich auf die Wahrnehmung von Arbeit während des Fordismus und auf das tayloristische Beschäftigungsverhältnisse eingehen.
3.1 Die Arbeitskraftunternehmer-These und die Distanzierung vom Taylorismus
Pongratz und Voß definieren drei Idealtypen von Arbeitskraft, die sich im Laufe der Zeit abgelöst haben. In früheren Phasen der Industriegesellschaft entwickelte sich der Arbeitskrafttypus des „proletarisierten Lohnarbeiters“ und dieser war gekennzeichnet durch ein rohes Arbeitsvermögen, eine rigide und direkte Kontrolle der Arbeit und einer großen Ausbeutung der Arbeitnehmer, vor allem aufgrund des Fehlen eines Sicherungssystems (vgl. Pongratz/Voß, 2004, S.14). In dieser vorkapitalistischen Zeit kamen die meisten Arbeitskräfte aus dem bäuerlichen und handwerklichen Bereich und waren somit noch nicht in ein großes Unternehmen integriert, weshalb Werte wie Pünktlichkeit und Disziplin am Arbeitsplatz, noch nicht weit verbreitet waren. Aus diesem Grund wurde die volle Ausschöpfung der Arbeitskraft oftmals „mit drastischen Mitteln unmittelbarer Herrschaft und der Drohung mit existenziellen Risiken regelrecht erzwungen“ (Voß/Weiß, S.67). Durch die Institutionalisierung von sozialen Sicherungssystemen und einem Ausbau der beruflichen Bildung, sowie der Zunahmen von industriellen Beziehung auch mit dem Ausland, entstand ein neuer Typus von Arbeitskraft und zwar der „verberuflichte rbeitnehmer“. Der Typus des verberuflichten rbeitnehmers zeichnet sich durch eine standardisierte Qualifikation der Arbeiter, struktureller Kontrolle der Arbeit und eine geringere Ausbeutung, aufgrund der sozialen Sicherungen aus. Zudem ist eine klare Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern zu erkennen, da die Männer die Rolle des „Ernährers“ zu geteilt bekommen und die Frauen für den Haushalt und die Familie zuständig sind (ebenda, S. 14-15). Besonders während des Fordismus, welcher sich in der Nachkriegszeit etablierte, war dieser rbeitstypus zu erkennen. Der Fordismus bezeichnet „eine spezifische usprägung kapitalistischer Vergesellschaftung“ (Schmidt, 2010, S.132) und war zwischen 1920 und 1960 die vorherrschende Produktionsform von industriellen Gütern. Ausgezeichnet hat sich der Fordismus vor allem durch seine Massenproduktion auf der Basis einer hohen Standardisierung, sowie starren Arbeitsteilung. Frederick W. Taylor gilt als Vertreter dieser kapitalistischen Produktionsform und entwickelte ein System der wissenschaftlichen Betriebsführung, das sogenannte „scientific management“, welches genau beschrieb, wie man den Arbeitsprozess in einzelne Schritte zerlegt und analysiert. Das Ziel war es alle Produktionsressourcen der Arbeiter voll auszuschöpfen, durch die strukturelle Kontrolle von Arbeitsprozessen und die Trennung von Hand- und Kopfarbeit. Taylor versuchte durch seine Betriebsführung die ideale Umsetzung von Arbeitspotenzial in Arbeitskraft, zu gewährleisten und ging zudem davon aus, dass der größte Arbeitsanreiz durch die Vergütung entstünde. Aus diesem Grund koppelte Taylor sein Vergütungssystem an die Arbeitsleistung, damit nicht nur er, sondern auch seine Arbeiter von dem Erfolg profitieren konnten(vgl. Minssen, 2006, S.26-27). Im Zuge des Strukturwandels der Beschäftigung und auch durch die Erwerbstätigkeit der Frau hat sich der leitende Arbeitstypus von einem verberuflichten Arbeitnehmer zu einem Arbeitskraftunternehmer entwickelt. Unter einem Arbeitskraftunternehmer versteht man nach Pongratz und Voß den neuen Leittypus von Arbeitskraft, welcher sich im Zuge des Post- Fordismus herauskristallisierte und sich grundlegend von dem vorher herrschenden Leitbild des verberuflichten Arbeitnehmers abgrenzt, indem aus betrieblicher Fremdkontrolle immer mehr eine individuelle Selbstkontrolle wird (vgl. Pongratz/ Voß, 2004, S. 14-15). Hierzu entwickelten sie drei Merkmale, welche idealtypisch die Eigenschaften des Arbeitskraftunternehmers beschreiben sollen. Das erste Merkmal bezieht sich auf mehr Selbstkontrolle des Arbeitnehmers, da diese nun verstärkt ihre Arbeitsprozesse selbstständig planen und ausführen, wodurch sich ebenfalls das Transformationsproblem von rbeit auf die rbeiter selbst verlagert: „Die Arbeitspersonen steuern und überwachen nun selber den Prozess der Umformung des Fähigkeits-Potenzials in konkrete Arbeits-Leistung.“ (ebenda, S. 12). Weiterhin ist der Arbeitskraftunternehmer durch das Merkmal der Selbst-Ökonomisierung dazu verpflichtet sein Potenzial weiterzuentwickeln und sich selbst auf dem Arbeitsmarkt und auch innerbetrieblich zu vermarkten. Ebenso verschwimmt durch das dritte Merkmal, die Selbst-Rationalisierung, nun auch die Grenze zwischen Arbeit und Leben. Denn die Zunahme von Rationalisierung im eigenen Alltag setzt eine bewusste Strukturierung und Organisierung der Lebensinhalte voraus, um so sein Potenzial voll ausschöpfen zu können. Außerdem wird durch die zunehmende Verwendung von Kommunikationsmitteln, wie Handy und Laptop, auch außerbetrieblich eine Verknüpfung zwischen Privatleben und Arbeit geschaffen (vgl. Minssen, 2006, S.155). Es lässt sich also sagen, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben im Zuge der neuen Arbeitskraft verschwimmen und neue Formen der Erwerbsarbeit entstehen. Wie es jedoch genau zu dieser Entwicklung kam und welche Folgen daraus resultieren, werden ich im weiteren Verlauf dieser Arbeit versuchen zu erfassen.
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