Ökonomische Evaluation der deutschen Energiewende-Politik. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz
Zusammenfassung
Vor dem Hintergrund dieser Diskussion hat diese Arbeit das Ziel, zu untersuchen, ob die ergriffenen Politik-Maßnahmen zur Energiewende in Deutschland ökonomisch sinnvoll sind. Dazu wird in Kapitel 2 zunächst auf das bedeutendste politische Instrument zur Durchsetzung der Energiewende, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (im Folgenden EEG genannt), eingegangen. In Kapitel 3 erfolgt darauf eine ökonomische Bewertung der Kosten und Nutzen der Energiewende, insbesondere unter Berücksichtigung der ökonomischen Auswirkungen des zuvor dargestellten EEG. Abschließend werden in Kapitel 4 eine zusammenfassende Beurteilung der ökonomischen Sinnhaftigkeit der Energiewende und ein Ausblick über zukünftige Entwicklungen vorgenommen.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Problemstellung und Gang der Untersuchung
2 Das EEG als bedeutendstes politisches Instrument der Energiewende
3 Wirtschaftliche Beurteilung der Energiewende-Politik
4 Zusammenfassung und Ausblick
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Entwicklung des Stromanteils aus regenerativen Energie- Quellen
Abbildung 2: Entwicklung der EEG-Umlage in Cent je kWh
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Entwicklung der EEG-geförderten Strommengen der bedeutendsten Technologien
Tabelle 2: Einspeisevergütungen der bedeutendsten Technologien
1 Problemstellung und Gang der Untersuchung
Deutschland will im Jahr 2050 bis zu 80% des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen erzeugen und die Treibhausgasemissionen um 80-95% gegenüber dem Niveau von 1990 reduzieren (vgl. Bundesregierung 2010, S. 4f.). Diese ambitionierte Zielsetzung wurde im Rahmen eines selbstgesetzten Klima- und Energieprogramms, das allgemein unter dem Begriff Energiewende bekannt ist, konkretisiert und in mehreren Maßnahmenpaketen gesetzgeberisch festgeschrieben. Wohl aufgrund des pionierhaften, umfassenden, ja geradezu radikalen Charakters der deutschen Energiewende hat dieses Vorhaben weltweit für Aufmerksamkeit gesorgt, wobei die Beurteilungen unterschiedlich ausfallen. Kritiker befürchten, dass die durch die Energiewende anfallenden Kosten außer Kontrolle geraten: So ist bspw. von einem „Kosten-Tsunami“ (vgl. Frondel, Ritter & Schmidt 2010, S. 36ff.) und enormen „Solarschulden“ (vgl. Frondel, Ritter & Schmidt 2011, S. 11) die Rede, die auf die Stromverbraucher zukommen würden. Befürworter der Energiewende führen hingegen u. a. an, dass sich die derzeitigen hohen Investitionen zur Transformation des Energiesystems langfristig auszahlen würden (vgl. Gawel, Strunz & Lehmann 2012, S. 6) und positive gesamtwirtschaftliche Effekte erzielt werden könnten (vgl. IFEU 2012, S. 3).
Vor dem Hintergrund dieser Diskussion hat diese Arbeit das Ziel, zu untersuchen, ob die ergriffenen Politik-Maßnahmen zur Energiewende in Deutschland ökonomisch sinnvoll sind. Dazu wird in Kapitel 2 zunächst auf das bedeutendste politische Instrument zur Durchsetzung der Energiewende (vgl. Gawel, Strunz & Lehmann 2012, S. 3), das Erneuerbare-Energien-Gesetz (im Folgenden EEG genannt), eingegangen. In Kapitel 3 erfolgt darauf eine ökonomische Bewertung der Kosten und Nutzen der Energiewende, insbesondere unter Berücksichtigung der ökonomischen Auswirkungen des zuvor dargestellten EEG. Abschließend werden in Kapitel 4 eine zusammenfassende Beurteilung der ökonomischen Sinnhaftigkeit der Energiewende und ein Ausblick über zukünftige Entwicklungen vorgenommen.
2 Das EEG als bedeutendstes politisches Instrument der Energiewende
Nachdem bereits im Jahr 1991 das Stromeinspeisungsgesetz verabschiedet wurde, das erstmals die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz verbindlich regelte, erfolgte im Jahr 2000 eine umfangreiche Überarbeitung und Ausweitung, das EEG. Dieses fördert die regenerative Stromerzeugung in Deutschland, indem es die Netzbetreiber gesetzlich dazu verpflichtet, zunächst den aus erneuerbaren Quellen erzeugten Strom abzunehmen und entsprechend der im EEG festgeschriebenen technologiespezifischen Sätze zu subventionieren (vgl. Häder 2010, S. 13). Die Vergütungssätze sind für einen Zeitraum von 20 Jahren garantiert. Finanziert werden diese Vergütungen von den Stromverbrauchern, die einen Aufschlag auf den Strompreis zahlen, die sogenannte EEG-Umlage (vgl. Gawel et al. 2012, S. 278f.). Bestimmte Unternehmen aus stromkosten- und handelsintensiven Branchen können einen Antrag auf Begrenzung der EEG-Umlage stellen, um ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen (vgl. §§ 63 ff. EEG 2014). Im Kontext der jüngsten EEG-Reform 2014 wurden durch die Politik einige Änderungen am EEG vorgenommen, um die Energiewende „kosteneffizienter, planbarer und marktwirtschaftlicher“ (BMWi 2014, S. 6) zu gestalten. Die wesentlichen Maßnahmen des neuen EEG sowie deren Motivation und Auswirkungen sollen in Kapitel 4 erläutert werden.
Fest steht, dass mit der Einführung des EEG der Anteil der regenerativen Stromerzeugung stark ausgebaut werden konnte: Aus Abbildung 1 (s. unten) wird deutlich, dass im Jahr 2013 25,3% des in Deutschland produzierten Stroms aus regenerativen Energiequellenstammten, im Jahr 2000 lag der Anteil noch bei ca. 7% (vgl. BDEW 2014, S. 15). Durch diese Verdrängung fossiler Stromerzeugung durch regenerative Stromerzeugung hat das EEG auch einen Beitrag zur Minderung der Treibhausgasemissionen in Deutschland erbracht: So wurde die Höhe der Treibhausgasemissionen von 1.232 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente im Jahr 1990 bzw. 1.041 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente im Jahr 2000 auf 951 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente im Jahr 2013 gesenkt. Dies entspricht einer Minderung um 23,8% gegenüber dem Jahr 1990 (vgl. UBA 2014).
Abbildung 1:
Entwicklung des Stromanteils aus regenerativen Energiequellen (1996-2013; bezogen auf den Bruttoinlandstromverbrauch Deutschlands)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Darstellung, angelehnt an BDEW 2014, S. 15. Quelle: BDEW 2014.
Ob dieser erfolgreiche Ausbau der erneuerbaren Energien allerdings auch unter ökonomischen Gesichtspunkten zu rechtfertigen ist, soll im folgenden Kapitel 3 erörtert werden.
3 Wirtschaftliche Beurteilung der Energiewende-Politik
Wie zu Anfang dieser Arbeit bereits erwähnt, steht die deutsche Energiewende momentan im Zentrum einer hitzigen Diskussion, deren Hauptgegenstand stetig steigende Kosten beim Ausbau erneuerbarer Energien darstellen (vgl. z.B. Haucap 2011, S. 657; RWI 2012, S. 4). Insbesondere das EEG als wesentliches Politik-Instrument zur Energiewende wird dabei von einigen Experten (z.B. RWI 2012, S. 4; Häder 2010, S. 15) für diverse Fehlentwicklungen beim Umbau des Energiesystems verantwortlich gemacht. Im Anschluss sollen wesentliche Kritikpunkte am EEG dargestellt und mit Hinblick auf die Forschungsfrage, ob die ergriffenen Politik-Maßnahmen zur Energiewende ökonomisch sinnvoll sind, untersucht werden.
1. „Durch das EEG spielt Kosteneffizienz bei der Förderung der erneuerbaren Energien bislang allenfalls eine untergeordnete Rolle!“
Kritiker des EEG argumentieren, dass durch die bevorzugte Einspeisung von Strom aus regenerativen Energiequellen ins Stromnetz und die Zahlung von Einspeisevergütungen an die Erzeuger nicht, entsprechend marktwirtschaftlichen Kriterien, kostenminimale Technologien, sondern vor allem kostenintensive Technologien wie die Solarstromproduktion (vgl. RWI 2012, S. 25ff.) gefördert werden, um CO2-Emissionen zu vermeiden (für einen detaillierteren Überblick zur Entwicklung EEG-geförderter Strommengen und EEG-Einspeisevergütungen s. Tab. 1 und Tab. 2, S. 11). Insbesondere die Förderung des Ausbaus von Photovoltaikanlagen wird als ineffizient betrachtet, da die Photovoltaik 55% der Förderkosten für erneuerbare Energien verursache, aber gleichzeitig nur 20% der Stromerzeugung der erneuerbaren Energien liefere (vgl. Wiss. Beirat BMWi 2012, S. 14). Nach Berechnungen des RWI betragen die realen Nettokosten für die zwischen 2000 und Ende 2011in Deutschland installierten Photovoltaikanlagen ca. 100 Mrd. Euro (vgl. RWI 2012, S. 26). Die dabei angewendete Berechnungsmethode, bei der sich die Kosten „im Wesentlichen aus der Differenz der Einspeisevergütungen und dem Wert des Stroms bemessen in Börsenstrompreisen“ (sog. Differenzkosten, RWI 2012, S. 25) ergeben, wird allerdings von einigen Forschern attackiert: Für eine faire Kostenbewertung sei es nötig, eine umfassendere Betrachtung „auf Basis der tatsächlichen volkswirtschaftlichen Kosten“ (vgl. Gawel et al. 2012, S. 279) vorzunehmen. Diese müsse auch die externen Kosten der Energiegewinnung, bei dem momentanen fossil-nuklearen Energiesystem also bspw. soziale Folgelasten fossiler Energieträger (etwa Umweltverschmutzung durch CO2-Emissionen, Importabhängigkeit) sowie Strahlungs-und Entsorgungsrisiken der Atomenergie, miteinbeziehen. Bei einem Kostenvergleich eines auf erneuerbaren Energien basierten Energiesystems und eines fossil-nuklearen Energiesystems würden die Kosten des konventionellen Energiesystems dann dementsprechend höher ausfallen (vgl. Gawel, Strunz & Lehmann 2012, S. 6). Des Weiteren müsse auch der zeitliche Horizont der Energiewende betrachtet werden: Langfristig würden die Kosten der Stromerzeugung aus steigenden Anteilen erneuerbarer Energien niedriger ausfallen als die Kosten einer konventionellen Stromversorgung, was vor allem auf sinkende Technologiekosten der erneuerbaren Energien durch einsetzende Lernkurven und Skaleneffekte zurückgeführt wird (vgl. FÖS 2013, S. 19ff.). Konkret sanken die Kosten bei Photovoltaikanlagen von 2008 bis 2013 jährlich um ca. 15% (vgl. DIW 2013, S. 11). Aufgrund der durch das EEG über 20 Jahre garantierten Vergütungssätze wirken sich die höheren Kosten der Altanlagen aber auch heute und in den nächsten Jahre auf die gegenwärtigen Differenzkosten aus. Dennoch ist gemäß verschiedenen Studien zu erwarten, dass die Stromerzeugung aus regenerativen Energien langfristig einen Kostenvorteil gegenüber der konventionellen Stromerzeugung erzielen wird: Das IFEU nimmt an, dass die Nutzung erneuerbarer Energien ab dem Jahr 2027 die Stromkosten senken wird (vgl. IFEU 2012, S. 7), und das FÖS erwartet, dass technologisch fortgeschrittene Neuanlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ab dem Jahr 2030 für einen Kostenvorteil gegenüber der konventionellen Stromerzeugung sorgen (vgl. FÖS 2013, S. 19).
Angesichts der oben gesammelten Argumente bleibt festzuhalten, dass die Förderung erneuerbarer Energien mittels des EEG tatsächlich nicht kosteneffizient gestaltet wurde, da insbesondere teure Technologien wie die Photovoltaik massiv ausgebaut wurden. Trotz der momentan hohen Kosten der Energiewende sollte beachtet werden, dass für einen fairen Kostenvergleich zwischen regenerativen und konventionellen Energiesystemen auch die externen Kosten der Energiegewinnung miteinbezogen werden müssen, die bei einem auf erneuerbaren Energien ausgerichteten Energiesystem elementar niedriger ausfallen. Aufgrund einsetzender Lernkurven und Skaleneffekte zahlen sich die hohen Investitionen in erneuerbare Energien langfristig aus, da sie etwa ab dem Jahr 2030 für Kostenvorteile gegenüber einer konventionellen Stromversorgung sorgen sollen (vgl. FÖS 2013, S. 19).
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