Gibt es heutzutage noch die Unterscheidung zwischen klassischen Männer- und Frauenberufen und ergibt diese Sinn? Warum findet jedes Jahr der „Girls Day“ statt? Um diesen Fragen nachzugehen, beleuchte ich in dieser Hausarbeit die geschichtliche Entwicklung von Berufen in Deutschland mit besonderem Blick auf die Zeit der Teilung Deutschlands und die aus politischen Gründen resultierenden ökonomischen Unterschiede unter Berücksichtigung der Beschäftigung von Frauen und Männern. Gerade die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands in den 41 Jahren, in denen Deutschland in zwei konträre Wirtschaftssysteme geteilt war und fast zwei Generationen mit unterschiedlichen Erwartungen an Dienstleistung, Versorgung, Familie und Politik aufwuchsen, kann uns zeigen, welche Vor- und Nachteile der staatliche bzw. gesellschaftliche Einfluss auf die Berufswahl nehmen kann. Welche Lehren können wir aus der geschichtlichen Entwicklung der geschlechtsspezifischen Berufe ziehen und wo wird die Reise hingehen?
Um zu ergründen, wie es zu der Entwicklung von Berufen kam und warum die Aufteilung in maskulin und feminin besetzte Berufe erfolgte, muss ich kurz auf die Entwicklungen des späten Mittelalters eingehen, bevor ich über die industrielle Revolution in die Neuzeit schaue. Anschließend wird die Entwicklung von Berufen in Ost- und Westdeutschland parallel betrachtet und die aktuellen Verhältnisse im wiedervereinten Deutschland angeschaut. Zum Schluss werde ich versuchen, ein Fazit aus der Entwicklung der geschlechtsspezifischen Berufe zu ziehen und einen Ausblick in die Zukunft der Geschlechteraufteilung und Berufe wagen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Hauptteil
2.1 Historischer Abriss zur Entstehung von Berufen
2.2 Männer- und Frauenberufe bis 1949
2.3 Unterschiede in der Entwicklung von Berufen im geteilten Deutschland
2.4 Entwicklung der Berufe nach der Wiedervereinigung 1989 bis heute
2.5 Chancen der Angleichung in der Zukunft
3. Fazit und Ausblick
4. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Gibt es heutzutage noch die Unterscheidung zwischen klassischen Männer- und Frauenberufen und ergibt diese Sinn? Warum findet jedes Jahr der „Girls Day“ statt?
Um diesen Fragen nachzugehen, beleuchte ich im Folgenden die geschichtliche Entwicklung von Berufen in Deutschland mit besonderem Blick auf die Zeit der Teilung Deutschlands und die aus politischen Gründen resultierenden ökonomischen Unterschiede unter Berücksichtigung der Beschäftigung von Frauen und Männern. Gerade die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands in den 41 Jahren, in denen Deutschland in zwei konträre Wirtschaftssystemen geteilt war und fast zwei Generationen mit unterschiedlichen Erwartungen an Dienstleistung, Versorgung, Familie und Politik aufwuchsen, kann uns zeigen, welche Vor- und Nachteile der staatliche, bzw. gesellschaftliche Einfluss auf die Berufswahl nehmen kann. Welche Lehren können wir aus der geschichtlichen Entwicklung der geschlechtsspezifischen Berufe ziehen und wo wird die Reise hingehen?
Die Unterscheidung von Berufen in maskuline und feminine Bereiche widerspricht den Forderungen nach Gleichberechtigung von Frauen und Männern und ist damit ein wesentlicher Faktor in der Selbstbestimmung und Emanzipation beider Geschlechter. Eine Prägung in gewisse Berufe nach Geschlecht wäre eine Diskriminierung, die heutzutage keinesfalls mehr zeitgemäß und duldbar wäre. Warum sollte eine junge Frau nicht KFZ-Mechatronikerin, Gerüstbauerin oder Berufssoldatin werden dürfen, wenn sie das möchte? Warum sollte ein junger Mann nicht Geburtshelfer, Kosmetiker oder Raumpfleger werden dürfen, wenn es seinen Interessen entspricht? Unsere heutige Gesellschaft ist doch den Themen der Gleichberechtigung gegenüber so aufgeschlossen, woher rühren dann noch diese Zuordnungen zu Berufen?
Versuche ich mich, der Beantwortung dieser Fragen mit einem Blick in die Geschichte der Berufe zu nähern. Um zu ergründen, wie es zu der entwicklung von Berufen kam und warum die Aufteilung in maskulin und feminin besetzte Berufe erfolgte, muss ich kurz auf die Entwicklungen des späten Mittelalters eingehen, bevor ich über die industrielle Revolution in die Neuzeit schaue. Anschließend wird die Entwicklung von Berufen in Ost- und Westdeutschland parallel betrachtet und die aktuellen Verhältnisse im wiedervereinten Deutschland angeschaut. Zum Schluss werde ich versuchen, ein Fazit aus der Entwicklung der geschlechtsspezifischen Berufe zu ziehen und einen Ausblick in die Zukunft der Geschlechteraufteilung und Berufe wagen.
2. Hauptteil
2.1 Historischer Abriss zur Entstehung von Berufen
Die Bezeichnung „Beruf ist schon sehr alt. Abzuleiten ist sie von der Tätigkeit der Berufung, also der Tätigkeit, zu der man berufen wurde. Dies impliziert schon eine passive Tätigkeit. Nicht die Person sucht sich die Tätigkeit aus, sondern eine höhere Macht tut dies stellvertretend für die Person. Im Mittelalter unterschied Martin Luther bereits zwischen dem „internen Beruf“ (geistige Berufung) und dem „externen Beruf“ (weltlicher Stand) (vgl. Rebmann, K., Tenfelde, พ., Schlömer, t., 2011:92 ff). Frauen waren im Mittelalter überwiegend in der Produktion und Verarbeitung von Stoffen tätig, sowie im Verkauf von Waren, die Männer produziert hatten. Die wirtschaftliche Not der niederen Stände zwang oft die ganze Familie zur harten Arbeit, während für Frauen in höheren Ständen, besonders in kirchlich geprägten Familien/Sippen, die Arbeit eher unüblich war. Es gab im Mittelalter durchaus eine große Anzahl Frauen, die handwerkliche Berufe ausübten. Oft kam es zu Zusammenschlüssen von unverheirateten Handwerkerinnen, die in OrdensGemeinschaften (Laienorden) zusammenlebten, arbeiteten und beteten. Diese Laienorden verstanden sich, im Gegensatz zu anderen freichristlichen Bewegungen, aber in dem römischkatholischen Glauben und bekannten sich zum Papst. Der Papst jedoch lehnte eine Anerkennung der Laienorde jedoch ab (vgl. ebd.). เท den Familien, bzw. dem Vorgänger der Familie, der Sippe oder dem Hof, war das Bild grundlegend ein anderes. Grundsätzlich arbeiteten Frauen und Männer zwar gleichsam in allen verfügbaren Berufen, doch ihr Stand, bzw. ihr Ansehen war drastisch unterschiedlich. Gerade in der armen Bevölkerung war zum überleben der Familien erforderlich, dass Frauen voll in das Erwerbsleben integriert waren. Hier jedoch von einer frühen Emanzipation zu sprechen wäre falsch. Man kann nicht behaupten, dass die Frauen sich selbst befreien konnten, indem sie eine Tätigkeit ihrer Überzeugung und ihren Wünschen nachgehen konnten. Sie wurden durch die Männer, bzw. durch ihre Familien oder Sippen in die Arbeit gebracht. Dabei war die Schwere der Arbeit kein Faktor um zu bestimmen, ob eine Arbeit eine Frauenarbeit oder Männerarbeit ist. Selbst in schweren körperlichen Tätigkeiten, wie der Gewinnung von kostbarem Salz in Gruben oder Salinenbetrieben arbeiteten Frauen, genau wie Männer (vgl. Vanja, c., 1987:39). Im Gegensatz dazu waren auch nicht wenige Männer in Berufen tätig, die heute als typische Frauenberufe gelten. Aufzuführen sind dabei handwerklichkünstlerische Berufe, wie Schneider, Weber und Stricker (vgl. ebd.).
Die zunehmende Macht der Kirche, mit dem von ihr vertretenen Bild der Frau als Trägerin der Erbsünde tat ihr übriges dazu, dass die Frau weiterhin nicht selbstbestimmt leben durfte und ihrem Mann, oder ihrer oder seiner Sippe zu gehorchen hatte.
2.2 Männer- und Frauenberufe bis 1949
Während der Industrialisierung gingen Frauen, ebenso wie Männer der harten Arbeit in den vielerorts aufkommenden Fabriken nach. Dampfmaschinen machten industrielle Arbeit möglich und es gründeten sich bis dato unbekannte Berufszweige. Arbeiterinnen wurden überall dringend gebraucht. Im Gegensatz zu den Männern hatten Frauen aber zusätzlich zu der beruflichen Tätigkeit häufig noch alleinig die Aufgabe, für den Haushalt und die Erziehung der gemeinsamen Kinder zu sorgen (vgl. Heise, ร., „Frauen-Arbeiten - Zwischen Beruf und Berufung“, letzter Aufruf: 20.03.2017).
Zeitgleich mit der Industrialisierung wurden viele Produktionsketten aus dem häuslichen Bereich („Ganzes Haus“) in den außerhäuslichen Bereich verlagert. Die „Hausherren“ Übernahmen außerhäusliche Arbeiten in den Produktionsstätten, während die „Hausfrauen“ daheim blieben, um die haushälterischen Tätigkeiten auszuüben. Männer bildeten sich früh an Schulen und Universitäten, um den wachsenden Ansprüchen der industriellen Gesellschaft gerecht zu werden, während Frauen dies überwiegend verwehrt blieb. Das bürgerliche Familienideal war geschaffen und hielt auch Einzug in die einfachen Haushalte in den Industriegebieten, beispielsweise das Ruhrgebiet, das zu der Zeit auf Grund von Kohlen- und Eisenerzvorkommen aufblühte. Es galt als Ehrensache, dass die Frauen nicht arbeiten gehen müssen, weil es der Mann schafft, die Familie zu ernähren (vgl. ebd.).
Bereits in den Jahren des 1. Weltkriegs kam es immer wieder zu Lebensmittelknappheiten in Deutschland. Während des 2. Weltkriegs wurden Lebensmittel bereits früh rationiert und über die Ausgabe von Lebensmittelkarten verteilt. Das Wohl und überleben der Familien hing aber nicht selten davon ab, ob die Frauen in der Lage waren, durch eigenen Landbesitz und/oder eigene Tiere zur Ernährung beizutragen, während die Männer überwiegend in den Kriegsdienst einberufen waren. Ganze Dorfgemeinschaften bestanden nur noch aus Frauen, Kindern und Senioren. Die Frauen mussten situationsbedingt lernen, in Männerberufen, wie Schmied, Dachdecker, Maurer, Schlachter, etc. zu arbeiten, um sich und ihre nächsten zu versorgen. Ein geregelter Arbeitsalltag war vielerorts allein schon wegen der Bombengefahr nicht möglich. Trotzdem war die Kriegswirtschaft sehr auf die Arbeit von Frauen angewiesen, die zum Beispiel ebenso in Munitionsfabriken und Nähereien beschäftigt waren. Selbst in bis dahin überwiegend maskulin behafteten Tätigkeiten, wie Aufseherinnen in straf- und Konzentrationslagern, waren Frauen tätig und ihr Tätigkeitsfeld beinhaltete weiterhin „typischen Frauenberufen“, wie Krankenschwestern, Sekretärinnen, Köchinnen und Haushälterinnen tätig (vgl. ebd. und Lüders, M,-E., 1963). Darüber hinaus sind die Leistungen der Frauen in der unmittelbaren Nachkriegszeit, den Wiederaufbau der Infrastruktur betreffend, unbestritten. Sogenannte Trümmerfrauen bauten die zerbombten Städte wieder auf, während ihre Männer noch in Kriegsgefangenschaft waren,
verwundet oder gefallen. เท diesen Zeiten der Not wurde kaum zwischen Männer- und Frauenberufen unterschieden.
Ein prominentes Beispiel für Frauen in technischen Berufen in der Kriegs- und Nachkriegszeit bildet die Britische Königin Elizabeth II., die während des 2. Weltkriegs als Elizabeth Windsor zur KFZ-Mechanikerin ausgebildet wurde (vgl. Marr, A., 2011:100f).
2.3 Getrennte Entwicklung im geteilten Deutschland
Unter anderem sorgte die sozialistische Planwirtschaft der DDR für einen hohen Grad der Beschäftigung. Zeitweise waren 91,2% aller Frauen der DDR in Beschäftigungsverhältnissen. Gleichzeitig sorgten staatliche Maßnahmen, wie die Einführung des Babyjahres und die Bereitstellung von ausreichend Kindertagesstättenplätzen für die Erhaltung der Motivation, eine Familie zu gründen. Trotzdem waren die Belastungen (Arbeit, Haushalt und Kinder) für die Frauen sehr groß und sie waren, wenn es um die Besetzung gehobener Positionen ging, gegenüber den Männern nicht wettbewerbsfähig (vgl. Weidenfeld, พ. und Korte, Κ.-R., 1999:385 ff.).
Der Augenschein der wirtschaftlich wünschenswerten Vollbeschäftigung und arbeitsmarktbetreffenden Gleichberechtigung wird getrübt durch die Tatsache, dass eine sozial und politisch geprägte Arbeitspflicht bestand. Die Bevölkerung der DDR hatte nur sehr bedingt Einfluss auf die später ausgeübte Arbeit. Dafür bestand aber ein weitestgehender Kündigungsschutz, mit Ausnahme von „§ 32 Gesetzbuch der Arbeit“, der besagte, dass man auf Grund schwerwiegender Pflichtverletzungen fristlos entlassen werden konnte (vgl. ebd.). Im Jahr 1960 waren 45% aller Beschäftigten weiblich. Im Jahr 1980 waren es bereits 49,9% (vgl. Statistisches Jahrbuch der DDR 1987:17)
Entgegen der Entwicklung in der Deutschen Demokratischen Republik herrscht in Westdeutschland bei weitem keine Vollbeschäftigung. Während in der DDR die Gleichstellung der Frau praktisch als sozialistische Vorgabe von oben herab diktiert wurde, aber dennoch nur oberflächlich praktiziert wurde, drang sie in der BRD von unten herauf in die Gesellschaft. Frauengruppen, Frauenbewegungen und Frauenorganisationen gründeten sich und brachten die Rechte der Frau in das Bewusstsein der Bevölkerung (vgl. Geißler, 2002:365 f.). Während in der DDR Frauen durchaus genauso selbstverständlich in technischen Berufen arbeiteten, wie in pflegerischen oder gestalterischen Berufen, kann man hier zumindest, die Bandbreite der möglichen Berufe betreffend, von einer Gleichberechtigung sprechen. Die Entwicklung von Frauenberufen in der BRD der Nachkriegszeit war hier wesentlich weniger differenziert. Frauen waren üblicherweise nicht berufstätig oder wenn, in typischen „Frauenberufen“ tätig.
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