„Der homosexuelle Teil der Menschheit bildet in der großen Welt eine Welt für sich, klein im Verhältnis zu der übrigen, aber groß genug an Ausdehnungen und Bedeutung, um auf das eingehendste erforscht zu werden. Wer diese terra incognita richtig erkennen und beurteilen will, muß wie ein Forschungsreisender ausziehen, um das fremde Gebiet von Grund auf zu studieren.“
Mit diesem Zitat aus dem 19 Jahrhundert erhoffte sich der junge Arzt Magnus Hirschfeld eine gesellschaftliche, menschenwürdige und gesetzliche Neuordnung der „Homosexualität“. Mit der Gründung der WHK (Wissenschaftlich humanitäres Komitee) versuchte der Arzt, wissenschaftlich die Bevölkerung aufzuklären, um mehr Verständnis und Toleranz zu fördern. Anlass hierfür war ein homosexueller Patient, der gegen seinen Willen zwangsverheiratet werden sollte und Selbstmord beging. Laut Hirschfeld sei dies das Ergebnis der gesellschaftlichen, diskriminierenden sozialen Struktur, der man als Homosexueller nicht entrinnen kann. Glücklicherweise hat sich seit dem 19. Jahrhundert vieles verändert, jedoch ist trotz des 21. Jahrhunderts die Debatte über „Homosexualität“ nach wie vor ein brisantes, gesellschaftliches sowie politisches Thema in der Öffentlichkeit.
INHALTSVERZEICHNIS
Einleitung
1.Definition „Homosexualität“
2. „ Homosexualit ä t “ in der Antike und Mittelalter 4
2.1. „ Homosexualit ä t “ im deutschen Kaiserreich und der „ Eulenburg-skandal “ 5
2.2 „Homosexualität“ im NS-Regime
2.3 Situation von Homosexuellen nach 1945 bis heute
3. mögliche Ursachen für „Homosexualität
4. Gegenwärtige Diskriminierung von Homosexuellen
Fazit
Literaturverzeichnis
EINLEITUNG
„ Der homosexuelle Teil der Menschheit bildet in der gro ß en Welt eine Welt f ü r sich, klein im Verh ä ltnis zu der ü brigen, aber gro ß genug an Ausdehnungen und Bedeutung, um auf das eingehendste erforscht zu werden. Wer diese terra incognita richtig erkennen und beurteilen will, mu ß wie ein Forschungs-reisender ausziehen, um das fremde Gebiet von Grund auf zu studieren. “ 1
(Magnus Hirschfeld 1897)
Mit diesem Zitat aus dem 19 Jahrhundert, erhoffte sich der junge Arzt Magnus Hirschfeld eine gesellschaftliche, menschenwürdige und gesetzliche Neuordnung der „Homosexualität“. Mit der Gründung der WHK (Wissenschaftlich humanitäres Komitee) versuchte der Arzt wissenschaftlich die Bevölkerung aufzuklären um mehr Verständnis und Toleranz zu fördern. Anlass hierfür war ein Homosexueller, Selbstmord begangener Patient von ihm, der gegen seinen Willen Zwangsverheiratet werden sollte. Laut Hirschfeld, sei dies das Ergebnis der gesellschaftlichen, diskriminierenden sozialen Struktur, dessen man als homosexueller nicht entrinnen kann.2 Glücklicherweise hat sich seit dem 19. Jahrhundert vieles verändert, jedoch ist trotz des 21. Jahrhunderts die Debatte über „Homosexualität“ nach wie vor ein brisantes, gesellschaftliches sowie politisches Thema in der Öffentlichkeit. Wie bereits Hirschfeld erwähnte, ist „Homosexualität“ ein Teil unserer Gesellschaft, welches immer noch Diskussionsbedarf vermittelt. Was genau versteht man aber unter „Homosexualität“. Wie tolerant ist die heutige Gesellschaft gegenüber Menschen mit homosexuellen Orientierungen? Kann man so weit gehen und sagen, homosexuelle sind endlich in „der Mitte“ der Gesellschaft angekommen? Ziel dieser vorliegenden Hausarbeit ist eine kleine Forschungsreise, wie bereits Hirschfeld empfiehlt, um dessen Ausdehnung und Bedeutung zu verstehen. In dem Kontext soll zunächst, eine Definition bezugnehmend auf „Homosexualität “erfolgen. Im weiterem Verlauf wird der historische Kontext behandelt und Parallelen zu der heutigen Zeit gezeigt. Ferner werden aktuelle Studien zu der Thematik dargelegt und abschließend erfolgt dann das Fazit.
1.DEFINITION „HOMOSEXUALITÄT“
Der Begriff der „Homosexualität“ existiert erst seit Ende des 19.Jahrhunderts und wurde von dem österreichichungarischen Schriftsteller und Arzt Karl Maria Benkert, der unter dem Synonym Karoly Maria Kertbeny veröffentlichte, eingeführt. Laut Benkert bezeichne dieser Umstand etwas Rätselhaftes, welches für eine Minderheit typisch sei und sich somit von den anderen Menschen unterscheide. Bei seiner Überlegung, wie er diesen Zustand zu beschreiben, erfand Benkert das halbgriechische, halblateinische Wort „Homosexualität“.3 Historisch betrachtet existieren viele Definition zu dem Begriff „Homosexualität“. Gegenwärtig wird „Homosexualität“ allgemein als das Begehren und den sexuellen Umgang mit dem gleichen Geschlecht definiert. Zudem werden „Homosexuelle“ nach ihrem Geschlecht unterschieden. Frauen werden als lesbisch und Männer als schwule bezeichnet.4
2. „HOMOSEXUALITÄT“ IN DER ANTIKE UND MITTELALTER
Historisch betrachtet gibt es Belege Gleichgeschlechtliche Liebe schon seit der Antike. Die überlieferten Quellen der griechischen Mythologie zeigen, dass „Homosexualität“ zu dieser Zeit als gängige Praxis akzeptiert wurde. Fast alle griechischen Götter außer Ares dem Kriegsgott pflegten in zahlreichen Mythen Liebesbeziehungen zu Männern. Laut einer mythischen Erzählung habe Zeus, der Vater aller Götter sich in den trojanischen Prinz Ganymed verliebt. Ferner schrieben Platon und Homer über innige Freundschaften und Liebesbeziehungen zwischen Männern. Über die Gleichgeschlechtliche Liebe zwischen Frauen existieren zwar nicht zahlreiche Belege, jedoch schrieb bereits die Lyrikerin Sapho in ihrem Werk über die Liebe zwischen zwei Frauen. Demnach gehörte „Homosexualität“ in der Antike zur Normalität. Dies änderte sich mit den Aufkommen des Christentums und „Homosexualität“ wurde streng geahndet und bestraft. Zur den Bestrafungsmaßnahmen gehörten Kastration sowie Verbrennung auf dem Scheiterhaufen.5 Ab dem christlichen Mittelalter bezogen sich nun sexuelle Praktiken auf die Fortpflanzung zwischen Mann und
Frau. Gleichgeschlechtliche Liebe sowie andere Sexualpraktiken wurden unter dem Begriff der „Sodomie“6 erfasst, verfolgt und streng bestraft.7
2.1. „HOMOSEXUALITÄT“ IM DEUTSCHEN KAISERREICH UND DER „EULENBURG-SKANDAL“
Schließlich erfolgte 1871 bezogen auf Deutschland „[...] die Aufnahme des preu ß ischen Sodomiegesetzes, Paragraph 143, [...] als Paragraph 175 in das neue deutsche Strafgesetzbuch. “ 8 Dieses besagte: „ Widernat ü rliche Unzucht, welche zwischen Personen m ä nnlichen Geschlechts oder von Menschen mit Thieren begangen wird, ist mit Gef ä ngni ß zu bestrafen; auch kann auf Verlust der b ü rgerlichen Ehrenrechte erkannt werden."9 Interessant ist hierbei zu beachten, dass bezogen auf „Homosexualität“ der Fokus nur auf Männern stand. Allgemeingesellschaftlich wurde „Homosexualität“ zwischen 1906 bis 1909 ein wichtiges, weltumfassendes Ereignis durch den sogenannten „ Eulenburg- Skandal “ 10 Sogleich könne man dies, so Domeier, als die Entstehung der modernen, öffentlich geführten, sozial gerichteten Aversion gegenüber Homosexuelle verstehen. Historisch betrachtet gilt der „ Eulenburg-Skandal “, zu einem der größten Skandale des 20. Jahrhunderts. Hiermit ist die angebliche Liebebeziehung des Kaisers Wilhelm II. zu seinem Berater Fürst Phillip Eulenburg, der von dem Journalisten Maximillian Harden veröffentlicht wurde gemeint. Folglich wurde somit die Tabuisierung der „Homosexualität“ durchbrochen und es erfolgte ein öffentlicher, aggressiver Diskurs. Zudem wurden mit der „Homosexualität“ politische Fehlentscheidungen Wilhelms II. impliziert. Durch die Bezeichnung der Macht. Laut Bourdieu, die zur Machtsicherung von Akademikern benutzt wurde, fand eine negativ konnotierte Differenzierung, Klassifizierung der Gleichgeschlechtlichen Liebe und Antihomosexuellenpolitik statt.11 Erste Bemühungen um die Lockerung des Paragraphen scheiterten und bis zum Ende des Kaiserreichs 1918 wurden vermutlich, anhand des Paragraphen 175 ca. 10.000 Männer verurteilt.12
2.2 „ H OMOSEXUALIT Ä T “ IM NS-R EGIME
Wie bereits oben erwähnt, reicht die Verfolgung und Diskriminierung der Homosexuellen bis zurück ins Mittelalter und erreichte ihren Höhepunkt unter dem NS-Regime. Trotz aller Bemühungen diverser Gruppierungen13 sowie der von Hirschfeld bereits im Jahre 1987 gegründeten „ Wissenschaftlich- Humanit ä ren- Komitees “ und „ dem Bund des Menschenrecht “,14 fand keine Entkriminalisierung des Paragraphen 175 statt. Durch den öffentlichen Diskurs sahen sich Politiker aufgerufen Stellungnahme zur Homolieben zu beziehen. Ferner wurden in dem Kontext Vorschläge zur Lösung unterbreitet, wie etwa die Verschärfung des Gesetzes, Kastration, Sterilisation oder Zwangseinweisung. „ [...] Im <<V ö lkischen Beobachter>>, dem parteioffiziellen Organ der NSDAP, wurde im AUGUST 1930 angek ü ndigt <<[...] alle boshaften Triebe der Judenseele>> vereinigt seien, m ü sse man sie<<als das gesetzlich kennzeichnen, was sie sind, als ganz gemeine Abirrungen von Syriern, als allerschwerste, mit Strang und Ausweisung zu ahnende Verbrechen[...].15 Die Vorurteile gegenüber Homosexuellen, die schon vor 1933 entstanden, wurden von der NSDAP benutzt um ihre verbrecherische Ideologie an den Homosexuellen zu rechtfertigen. Diese lauteten wie folgt:
- Verführung von Jugendlichen
- Geburtenrückgang
- Potentielle Gegner des Vaterlandes
- Kulturverfall
- Verletzung der Sitte und des Anstandes16
Das Ziel des NS-Regimes beinhaltete die Ausrottung des homosexuellen Begehrens, die als Krankheit diagnostiziert wurde. Um dies zu bewerkstelligen wurden Homosexuelle beobachtet, Zwangseingewiesen, kastriert, verfolgt und ihrer Ämter enthoben. Falls ihre sogenannten
[...]
1 Vgl. Beachy Robert: DAS ANDERE BERLIN. DIE ERFINDUNG DER HOMOSEXUALITÄT. EINE DEUTSCHE GESCHICHTE 1867-1933. Berlin 2015. S.144
2 vgl. ebd. S.142-146.
3 Vgl. Köllner, Erhard: Homosexualität als anthropologische Herausforderung. Konzeption einer Homosexuellen Anthropologie. Bad Heilbrunn 2001. S.54.
4 vgl. http://schwule-seite.de/sexualitat-und-homosexualitat-ein-paar-definitionen-aus-neuester-geschichte/
5 vgl. http://fredbessa.com/uncategorized/geschichte-der-homosexualitat-1-teil-in-der-antike.html
6 Vgl. Hehenberger Suzanne: Unkeusch wider die Natur. Sodomieprozesse im frühneuzeitlichen Österreich. Österreich 2016. S.9-11.
7 Vgl.Ebd. S.9-22.
8 Vg.l. Beachy Robert: Das Andere Berlin. Die Erfindung der Homosexualität. Eine Deutsche Geschichte 1867- 1933. München 2015. S.17.
9 Vgl. https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/180263/20-jahre-homosexualitaet-straffrei-10-03-2014
10 Vgl. Domeier Norman: Die deutsche Homosexuellenbewegung im Kaiserreich und ihre Niederlage im
Eulenburg-Skandal(1906-1909). In: Domeier Norman/ NIcolaysen Rainer/ Borowski Maria (Hrsg). Gewinner und Verlierer. Beiträge zur Geschichte der Homosexualität in Deutschland im 20. Jahrhundert. Göttingen 2015. S.13.
11 Vgl. Ebd.14-16.
12 Vgl. https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/180263/20-jahre-homosexualitaet-straffrei-10-03-2014
13 Vgl. Grau Günter: Homosexualität in der NS-Zeit. Dokumente einer Diskriminierung und Verfolgung. Frankfurt am Main 2004. S.30.
14 Vgl. Ebd. S.30.
15 Vgl.Ebd.S.31.
16 Vgl.Ebd.S.33-34.