Magersucht im Jugendalter. Bin ich schuld, wenn mein Kind hungert?
Zusammenfassung
Anschließend wird der Schwerpunkt auf an Magersucht erkrankte Jugendliche gelegt. Es werden Informationen zur alters- und geschlechtsspezifischen Verbreitung und der durchschnittlichen Dauer der Krankheit gegeben.
Schließlich wird auf die Einflüsse eingegangen, die auf die Entstehung und Entwicklung der Erkrankung einwirken: der Bereich Gesellschaft und Feminismus, den Eintritt in die Pubertät Krankheiten und Familie, Eltern und Erziehung
Abschließend wird aufgeführt, in welcher Form auf die Jugendlichen, die Entstehung und den Verlauf ihrer Krankheit durch das elterliche Verhalten, sowie die Erziehung und durch gegebene Familienkonstellationen Einfluss genommen wird.
Leseprobe
INHALTSVERZEICHNIS
1 Zusammenfassung
2 Einleitung
3 Hauptteil
3.1 Darstellung der Krankheit
3.1.1 Symptome
3.1.2 Behandlung
3.1.3 Heilung
3.2 Jugendliche mit Magersucht
3.2.1 Alters- und geschlechtsspezifische Verbreitung
3.2.2 Dauer der Erkrankung
3.3 Einflüsse auf die Entstehung und Entwicklung der Krankheit
3.3.1 Gesellschaft & Feminismus
3.3.2 Eintritt in die Pubertät
3.3.3 Krankheiten
3.3.4 Familie, Eltern, Erziehung
3.4 Fazit
5 Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Annahmen zur Ätiologie der Anorexia nervosa aus psychoanalytischen Ansätzen
1 Zusammenfassung
In der vorliegenden Studienarbeit geht es um das Thema Magersucht im Jugendalter.
Einführend in das Thema erfolgt eine Darstellung der Krankheit Magersucht mit ihren Auslösern, Symptomen und Therapieformen, die oft zur Behandlung ergriffen werden, wie z.B. die psychotherapeutische Einzelbehandlung und die Familientherapie.
Anschließend wird der Schwerpunkt auf an Magersucht erkrankte Jugendliche gelegt. Es werden Informationen zur alters- und geschlechtsspezifischen Verbreitung und der durchschnittlichen Dauer der Krankheit gegeben.
Schließlich wird auf die Einflüsse eingegangen, die auf die Entstehung und Entwicklung der Erkrankung einwirken:
- der Bereich Gesellschaft und Feminismus
- den Eintritt in die Pubertät
- Krankheiten und
- Familie, Eltern und Erziehung
Abschließend wird aufgeführt, in welcher Form auf die Jugendlichen, die Entstehung und den Verlauf ihrer Krankheit durch das elterliche Verhalten, sowie die Erziehung und durch gegebene Familienkonstellationen Einfluss genommen wird.
2 Einleitung
Die Magersucht ist ein komplexes Thema mit vielen Aspekten, die es bei der Diagnose und Behandlung zu berücksichtigen gilt. Um eine erfolgreiche Behandlung durchführen zu können, sind die individuellen Ursachen und Auslöser des Patienten zu ermitteln unerlässlich. Denn trotz der fortgeschrittenen Forschung gibt es im Bereich dieses Krankheitsbildes noch immer keine Erkenntnisse über bestimmte Auslöser oder Ursachen, die universell anwendbar sind. Die meisten Theorien dazu sind nur Vermutungen und Thesen, die noch nicht ausreichend belegt werden konnten.
In der vorliegenden Studienarbeit, welche den Untertitel „Bin ich schuld, wenn mein Kind hungert?“ trägt, soll zunächst herausgearbeitet werden, welchen Einfluss Eltern auf den Verlauf der Magersucht der Jugendlichen haben und inwiefern sie eine Rolle als Auslöser spielen.
Der Verständlichkeit halber werden zunächst die Krankheit der Magersucht und ihre zwei wichtigsten Behandlungsmethoden erläutert.
Darauf folgt eine kurze Einordnung , welche Personen im Hinblick auf das Alter und Geschlecht am häufigsten erkranken und wie lang die Krankheit andauern kann.
Anschließend werden die wichtigsten Komponenten beleuchtet, die einen Einfluss auf die Entstehung und Entwicklung der Magersucht eines Patienten haben können. Im Zuge dessen wird sich zuerst dem gesellschaftlichen Einfluss auf den Betroffenen und dem feministischen Ansatz gewidmet, wobei diese hauptsächlich auf weibliche Jugendliche zu beziehen sind.
Im darauffolgenden Unterkapitel wird dargestellt , wie sich die Veränderungen des Körpers in der Pubertät und Krankheiten auf die Entstehung auswirken.
Im Fazit werden die Ergebnisse kurz zusammengefasst und die Leitfrage beantwortet.
3 Hauptteil
3.1 Darstellung der Krankheit
Der medizinische Begriff für Magersucht lautet Anorexia nervosa. Dieser Begriff hat seinen Ursprung im griechischen und neulateinischen und bedeutet übersetzt so viel wie nervöse / nervlich bedingte Appetitlosigkeit. Das trifft streng genommen nicht zu, da die Erkrankten nicht an Appetitlosigkeit leiden, sondern sich trotz Appetits und eines Hungergefühls das Essen verbieten.
Anorexia nervosa ist eine „psychogene Essstörung mit psychosomatischen Folgeerscheinungen“ (Karren, 1986, S.13) und einem hohen Suchtcharakter. Die Magersüchtigen leiden an einer nichtstofflichen Sucht, die sich durch spezifische Verhaltensweisen äußert und soziale, sowie gesundheitsschädliche Folgen nach sich ziehen kann (vgl. http://www.ginko-stiftung.de/suchtmittel/). Die typischen charakterlichen Merkmale, die bei den meisten Betroffenen vorherrschen, sind Scheu, Reserviertheit, soziale Ängste, Bravheit, Perfektionismus und „ sie sind leicht im Umgang “ (Karren, 1986).
3.1.1 Symptome
Bei der Beschreibung der anorektischen Symptomatik ist zu beachten, dass zwischen psychischen und physischen Symptomen unterschieden werden muss, die jedoch Einfluss aufeinander haben und somit eine gewisse Abhängigkeit voneinander aufweisen. Außerdem ist die Ausprägung einzelner Symptome von Person zu Person unterschiedlich stark, sodass nicht pauschal davon ausgegangen werden kann, dass bei jeder Person vor oder während der Erkrankung dieselben Verhaltensweisen und körperlichen Erscheinungen auftreten.
Das signifikanteste Symptom für eine Magersucht ist der durch die Einschränkung der Nahrungsaufnahme ausgelöste Gewichtsverlust. Die Betroffenen hungern inmitten des Nahrungsüberflusses, in dem sie leben. Dadurch kann bei den Betroffenen der Gedanke an Essen, gerade bei einem sehr starken Hungergefühl, übermächtig werden. Dies führt zu einer zwanghaften Beschäftigung mit dem Thema Essen, bis es zu einem Verlust der Kontrolle kommt und der Anorektiker oft im Zuge eines Heißhungeranfalls extrem viel isst. Kurz darauf folgen Gefühle der Schuld und Reue, da er um sein Gewicht bangt und wütend darüber ist, die Kontrolle verloren zu haben. Um dem entgegenzuwirken, kommt es bei vielen Betroffenen zu selbstinduziertem Erbrechen oder dem Missbrauch von harntreibenden- und / oder Abführmitteln. Sie wollen ihr Gewicht halten und den Körper von der unerwünschten Nahrung reinigen (Brand, 2010).
Aufgrund dieses Verhaltens ist es schwierig, die Magersucht, Anorexia nervosa, und die Esssucht, Bulimia nervosa, klar voneinander abzugrenzen. Denn die Bulimia nervosa wird gekennzeichnet durch exzessives Essen und das anschließende Erbrechen; die Anorektiker zeigen also klare bulimische Symptome. Der Unterschied zwischen Bulimikern und Anorektikern liegt hier beim Gewicht. Während Esssüchtige meist normalgewichtig sind, sind Betroffene , die eine Bulimie aus der Magersucht heraus entwickeln , immer sehr untergewichtig und nehmen auch weiterhin ab.
Um zusätzlich Gewicht zu verlieren, betreiben Magersüchtige neben dem extremen Hungern häufig viel Sport und nutzen jede Gelegenheit, um sich zu bewegen. Außerdem verwenden sie „Tricks“, wie beispielsweise die Zimmertemperatur niedrig zu halten, um durch Frieren Kalorien zu verbrennen.
Nach einer gewissen Zeit setzt bei weiblichen Betroffenen für gewöhnlich die Menstruation aus. Der medizinische Begriff für dieses Phänomen lautet Amenorrhö. Es ist nach Rolf Meermann „ungeklärt ob es sich dabei um ein der Magersucht vorausgehendes Symptom handelt, ob sich Geschlechtsrollenkonflikte und Identifikationsprobleme des pubertierenden Mädchens organisch manifestieren oder ob es sich vielmehr um eine somatisch bedingte sekundäre Folge der Auszehrung handelt“ (Brand, 2010, S.39). Die Menstruation setzt bei der Überschreitung des Gewichts einer bestimmten Grenze wieder ein, was darauf hindeuten könnte, dass die Amenorrhö eine Folge des Gewichtsverlustes ist. Jedoch bringt die Gewichtszunahme auch meist eine Besserung des psychischen Zustandes mit sich, womit man das Ausbleiben der Menstruation auch einer Abhängigkeit zur Psyche zuschreiben könnte.
Viele Anorektiker leiden zudem an Obstipation, also an Verstopfungen, wobei auch hier ungeklärt ist , zu wie vielen Teilen diese durch seelische Probleme oder durch den Missbrauch von Abführmitteln, welche meist in viel zu hohen Dosen eingenommen werden, ausgelöst werden (Brand, 2010).
Zu weiteren Symptomen zählen Konzentrationsschwierigkeiten, eine Sexualaversion, starkes Hungergefühl, eine sehr niedrige Körpertemperatur , ein schwacher Puls, Haarausfall und Lanugobehaarung, eine Flaumbehaarung am gesamten Körper (Buhl, 1985).
Die Betroffenen leiden außerdem an einer ausgeprägten Körperwahrnehmungsstörung. Sie sind nicht dazu in der Lage sich selbst und ihre Körpermaße realistisch einzuschätzen, wodurch sie auch nicht in der Lage sind, auf Anzeichen starker Unterernährung, z.B. Schwächezustände, angemessen zu reagieren. Dies ist einer der Komponenten, die dazu führen können, dass ein Magersüchtiger an seiner Erkrankung stirbt.
Viele Erkrankte weisen einen ausgeprägten Ordnungs- und Waschzwang auf, was sich durch eine extreme Ordnung und Sauberkeit in ihrer Wohnung, sowie die zwanghafte Reinigung des Körpers nach dem Erbrechen ausdrückt. Sheila Mac Leod begründet dieses Phänomen damit, dass die Personen ohne eine gewisse Ordnung die Übersicht und Kontrolle über ihr Leben verlieren, woraus Chaos folgt (Brand, 2010).
Abschließend ist die Isolation zu nennen, die einer Magersucht meist folgt. Die Erkrankten sind immer sehr darauf bedacht, alles, was auf ihre Krankheit hindeutet, zu verdecken und geheim zu halten. Sie wollen sich nicht vor anderen die Blöße geben, krank zu sein und keine Konfrontationen provozieren. Aus diesem Grund meiden sie zu viel Nähe und enge Kontakte, da es ansonsten sehr schwer wird, ständiges Hungern und/oder Erbrechen zu verbergen. Durch die minimale Nahrungszufuhr verändert sich in der Regel auch die Denkweise der Betroffenen und wird immer abstruser und irrationaler, was eine Abkehr von der – aus der Sicht der Kranken - verständnislosen Umwelt zur Folge hat. Bei einigen nehmen in einem späten Stadium der Erkrankung auch das Essen und das anschließende Erbrechen zu viel Zeit in Anspruch , um Kontakte zu wahren (Brand, 2010).
Zudem kommt, dass die Krankheit darauf basiert , Gefühle jeglicher Art zu unterdrücken, sowohl Hunger, als auch Zorn, Sorgen oder Enttäuschung. Wird dies zu lange betrieben , leiden die Anorektiker aufgrund ihrer Erkrankung an einer Kontaktstörung, die auch nach einer Besserung der physischen Symptome anhalten kann. Sie können ihre Gefühle nicht mehr deuten oder differenzieren. „Wenn die Grenzen zwischen einem selbst und anderen unklar sind, wird es schwierig, sich auf andere zu verlassen oder ihnen nahe zu kommen.“ Es entsteht ein Gefühl der Ohnmacht wenn es um enge Kontakte geht, welche sie daher versuchen zu vermeiden (Buhl, 1987, S.38).
Zusätzliche diagnostische Symptome sind nach H. E. Kehrer:
1. Kalte Füße und Hände
2. Verstimmung, meist unterschwellig depressives Verhalten
3. Überangepasstheit zu Hause und in der Schule
4. Manipulation der Umgebung durch Essverhalten
5. Gelegentliche, raffinierte Täuschung der Umgebung bezüglich des Essverhaltens
6. Gelegentliche Äußerungen über Scheu, erwachsen und reif zu werden
7. Störungen der Elternbeziehungen, Geschwisterrivalität (Brand, 2010, S.8)
3.1.2 Behandlung
Allgemein lässt sich sagen, dass die Chancen auf eine Heilung der Patienten größer , sind je früher sie in Behandlung kommen. Der Arzt muss die betroffene Person zunächst gründlich untersuchen und ihr Essverhalten beobachten. Kommt er zu dem Schluss, dass eine Magersucht vorliegt, muss entschieden werden, welche Therapieform am ehesten Effektivität zeigen könnte.
Das wichtigste beim Umgang mit dem Betroffenen ist der respektvolle Abstand zu seinem Körper und seinen Gefühlen. Bei zu viel Nähe könnte der Therapeut gewisse Grenzen überschreiten und die Bewegungsfreiheit des Patienten einengen. Ferner könnte sich die Abhängigkeit von der Mutter oder einer anderen Bezugsperson übertragen und zu einer Abhängigkeit vom Therapeuten werden, wodurch es viel komplizierter wird, Selbstständigkeit und Autonomie des Patienten zu stärken. Jedoch ist auch zu viel Abstand von Seiten des Therapeuten hinderlich, da sich der Patient in diesem Fall in seinem Gefühl der Einsamkeit und Unzulänglichkeit bestätigt fühlen könnte, zudem fühlt er sich dann schnell unverstanden (Buhl,1987, S.67ff).
Es existieren verschiedene Formen der Therapie, die bei der Behandlung eines Magersüchtigen angewandt werden können.
Zum einen gibt es die psychotherapeutische Einzelbehandlung, dessen Ziel es ist, dass der Patient Kontrolle über sich, also seine Handlungen, Bedürfnisse und Emotionen, erlangt und schwierige Situationen meistern kann, ohne in alte Muster zu verfallen. Wichtig ist außerdem die Fähigkeit , die eigenen Gefühle bewusst wahrnehmen und deuten zu können. Der Therapeut soll ihn bei der Bildung einer angemessenen und realistischen Wahrnehmung von sich, seinem Körper und anderen und bei der Entfaltung seiner Selbstständigkeit zu unterstützen. Die genannten Komponenten, also eine „unverzerrte und sich ausweitende Wahrnehmung“ der Realität, einsichtsvolles Handeln und der Aufschub von Wünschen und Bedürfnissen, lassen sich nach Lohmann in dem Begriff Ich-Stärke zusammenfassen (Karren, 1986, S.53). Diese Ziele sollen durch Kommunikation, den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses und individueller Ziel- und Regelsetzung erreicht werden (Buhl, 1987). Des Weiteren sollen aggressive Emotionen und Bedürfnisse , die ein Magersüchtiger gegenüber Bezugspersonen hegt , auf den Therapeuten übertragen werden. Dadurch können die Gefühle und Konflikte neu durchlebt, analysiert und ausdiskutiert werden (Karren, 1986).
Darüber hinaus ist die Familientherapie zu nennen, die auch eine große Rolle bei der Therapie der Magersucht, vor allem bei Patienten, die noch im Familienverband leben, spielt. Diese Form der Behandlung kann entweder als autonome Therapieform oder auch als Ergänzung, beispielsweise zu einer psychotherapeutischen Einzelbehandlung, angewandt werden. Bei der Familientherapie finden alle Behandlungsgespräche, mit jeweils einem längeren zeitlichen Abstand zueinander (eventuell alle zwei bis drei Wochen) mit der gesamten Familie statt. Es wird erläutert, dass jedes Familienmitglied durch seine Handlungen und Umgehensweise zu der Krankheit der Magersüchtigen beigetragen hat. Während der Behandlung wird versucht , Probleme mit dem Essen, der Selbstständigkeit, der Abhängigkeit und Unabhängigkeit der jeweiligen Personen auszudiskutieren und zu lösen. Das Essverhalten des Patienten ist Ausdruck für Probleme und Konflikte innerhalb der Familie und sein Gefühlsleben, es fungiert als Bewältigungsmethode , um Spannung und Stress abzubauen (Buhl, 1987). Daher müssen „der Krankheit zugrundeliegende Interaktionsmuster der Familie durchschaut und geändert werden“ (Brand, 2010). Außerdem sollen alle Familienmitglieder ihre Konflikt- und Kommunikationsfähigkeit entwickeln und ausbauen, da gerade die oft ein großes Problem darstellen. Die ständige Konfliktvermeidung, die in einigen anorektischen Familien stattfindet, trägt in wesentlichen Punkten zur Krankheitsentstehung und ihrer Aufrechterhaltung bei. Das Ziel ist es also , „neue Formen des Zusammenwirkens“ zu finden und „Blockierungen zu beseitigen, die es möglich und notwendig machen, die gemeinsamen Probleme […] aufrechtzuerhalten“ (Buhl, 1987, S.81).
Diese beiden Therapieformen sind die bei Magersüchtigen am häufigsten genutzten. Es gibt noch einige weitere, die aber zu selten oder gar nicht mehr in diesem Bereich angewandt werden und daher an dieser Stelle irrelevant sind.
Was jedoch noch hinzuzufügen ist, dass Anorektiker im Falle einer sehr starken, akuten Erkrankung mit einem bedenklich niedrigen Körpergewicht und einer möglicherweise schwerwiegenden Störung des Elektrolytehaushalts zur Behandlung in ein Krankenhaus eingewiesen werden müssen. Dies birgt sowohl einige Vor- als auch Nachteile. Zu den Vorteilen zählt, dass sie Unterstützung bekommen , ihre Gefühle kennenzulernen und differenzieren zu können und der Therapeut in der Nähe ist. Außerdem sind sowohl der Patient als auch die Familie von der Last und Verantwortung befreit , die sie gegenseitig für einander darstellen. Die Familie sorgt sich und hat möglicherweise Schuldgefühle, ist mit der Gesamtsituation überfordert. Der Patient fühlt sich gestresst und unter Druck gesetzt durch die Interaktionsmuster in der Familie und die ständige Kontrolle vonseiten der Eltern. Zudem ist es oft so, dass die Magersüchtigen sich für das Wohl der Familie und ihrer Mitglieder verantwortlich fühlen, vor allem gegenüber der Mutter. Insofern kann eine zeitlich begrenzte Trennung sehr hilfreich und zielführend sein. Zuletzt lässt sich anführen, dass der Patient durch die Änderung der Umgebung einen völlig neuen Ausgangspunkt für die Entwicklung von Selbstständigkeit und Sicherheit erhält.
Die Nachteile einer stationären Behandlung belaufen sich darauf, dass die Patienten, zum Teil als Reaktion auf die starke Kontrolle im Hinblick auf ihr Gewicht und das Essen, oft Trotz zeigen und die Symptome sich verschlimmern können. Diesem soll entgegengewirkt werden, indem der Betroffene Belohnungen für Gewichtszunahme erhält, wie z.B. die Erlaubnis für Telefongespräche, Spaziergänge etc. Außerdem kann sich auf einer Station ein Konkurrenzdenken zwischen den einzelnen Patienten entwickeln. In so einer Situation versuchen sie sich gegenseitig mit ihrem Gewicht zu unterbieten und mit raffinierten Tricks zur Überlistung der Ärzte und Gewichtsabnahme zu übertreffen (Buhl, 1987).
Falls es nicht möglich ist , den Patienten zum Essen zu bewegen und seine Gesundheit daher einen kritischen Zustand erreicht, ist die letzte Möglichkeit die intravenöse Hyperalimentation. Dies ist die künstliche Ernährung über Einträufelung in die Venen. Sie wird genutzt, damit der Betroffene keine bleibenden psychischen und physischen Schäden durch sein Hungern davon trägt und um ihn möglicherweise vor dem Tod zu bewahren.
[...]