Inwiefern ist der Einsatz in Mali vereinbar mit der Europäischen Sicherheitsstrategie?
Zusammenfassung
Daraus lässt sich folgende Hypothese aufstellen: „Die Ziele der Europäische Sicherheitsstrategie entsprechen nicht den Zielen, die im Einsatz in Mali verfolgt werden“. Die Überprüfung dieser Hypothese wird im nachfolgenden vorgenommen. Dafür wird zunächst die Weltordnung, in der die Europäische Union (EU) agiert und reagiert dargestellt. Anschließend wird Kontext in der die Europäische Sicherheitsstrategie aufgestellt wurde zu zeigen. Darauffolgend werden die Europäische Sicherheitsstrategie von 2003 und der Bericht über die Umsetzung der Sicherheitsstrategie von 2008 verkürzt auf die zentralen Thesen dargestellt. Im Anschluss gibt es eine kurze Einführung in den Mali-Konflikt, deren Konfliktparteien, sowie deren Relevanz für Europa. Nachfolgend werden Übereinstimmungen oder Abweichungen der Europäischen Sicherheitsstrategie mit dem Mali-Konflikt untersucht.
Leseprobe
Inhalt
1. Einleitung
2. Die EU in der Welt nach dem Kalten Krieg
3. Die Europäische Sicherheitsstrategie
3.1 Definition Strategie
3.2 Inhalt der Europäischen Sicherheitsstrategie
3.3 Der Bericht über die Umsetzung der Europäischen Sicherheitsstrategie
4. Mali-Krise seit Frühjahr
4.1 Allgemeine Daten zur Republik Mali
4.2 Bestandsaufnahme des aktuellen Konflikts in Mali
4.3 Auswirkungen des Konflikts in Mali
5. Schlussfolgerungen und Ausblick
6. Anhang
1. Einleitung
Die Europäische Sicherheitsstrategie feiert im aktuellen Jahr, 2013 ihr zehnjähriges Bestehen . Von einem kohärenten außenpolitischen Auftreten der Europäischen Union (EU) kann man immer noch nicht reden . Die EU tritt in der Öffentlichkeit nicht einheitlich in Erscheinung . Die Europäische Sicherheitsstrategie wurde als erstes gemeinsames außenpolitisches Konzept der EU Leitlinien für die Außenpolitik definiert . Die Republik Mali, die seit Anfang 2012 aufgrund des Aufstandes der Tuareg im Fokus der europäischen Öffentlichkeit steht, wird als Beispiel für ein einheitliches Handeln der EU herangezogen . Mittlerweile sind tausende europäische Truppen im Land stationiert . Dabei stellt sich die Frage:
Inwiefern ist der Einsatz in Mali vereinbar ist mit der Europäischen Sicherheitsstrategie?
Daraus lässt sich folgende H4pothese aufstellem „Die Ziele der Europäische Sicherheitsstrategie entsprechen nicht den Zielen, die im Einsatz in Mali verfolgt werden“ . Die Überprüfung dieser H4pothese wird im nachfolgenden vorgenommen . Dafür wird zunächst die Weltordnung, in der die Europäische Union (EU) agiert und reagiert dargestellt. Anschließend wird Kontext in der die Europäische Sicherheitsstrategie aufgestellt wurde zu zeigen . Darauffolgend werden die Europäische Sicherheitsstrategie von 2003 und der Bericht über die Umsetzung der Sicherheitsstrategie von 2008 verkürzt auf die zentralen Thesen dargestellt. Im Anschluss gibt es eine kurze Einführung in den Mali-Konflikt, deren Konfliktparteien, sowie deren Relevanz für Europa. Nachfolgend werden Übereinstimmungen oder Abweichungen der Europäischen Sicherheitsstrategie mit dem Mali-Konflikt untersucht.
2. D ie EU in der Welt nach dem Kalten Krieg
Nach der Auflösung der UDSSR Anfang der 90er Jahre und das damit zugehörige Ende der bipolaren Welt haben sich die weltpolitischen Machtverhältnisse zugunsten der USA verschoben . Erst mit dem 11. September 2001 wurde der internationale Terrorismus als Gefahr für die innere und äußere Sicherheit wahrgenommen . Im darauffolgenden Krieg in Afghanistan sowie im Irakkrieg von 2003 wurden die unterschiedlichen Positionen der einzelnen EU-Länder deutlich . Zudem gewannen in den letzten Jahren vor allem Internationale nicht-staatliche Organisationen (INGO = International Non-Govermental Organization) an Bedeutung in den internationalen Beziehungen . Darüber hinaus gab es neue komplexe Themenfelder wie z .B . den Klimawandel oder die Internationalisierung der Energiepolitik. Mit der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008/2009 kam es zu einer zunehmenden Schwächung der bisher vorherrschenden Akteure in den internationalen Beziehungen der USA und Europa. Gleichzeitig gibt es einen enormen Bedeutungszuwachs von den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) durch ihre hohe Bevölkerungszahl, sowie deren hohen Wachstumsraten in der Wirtschaft. Ob die EU in einer zunehmenden multipolaren bzw. multilateralen ordnungspolitischer Welt einen gestaltenden Akteur bilden kann wird sich zeigen (vgl. Algieri / Kammel, 2010: S.33 ff.; Bieling, 2010: S.192).
Damit die EU als kohärent in einer, wie dargestellt zunehmend komplexeren Welt agieren kann, wurde 2003 die Europäische Sicherheitsstrategie herausgearbeitet. Die Notwendigkeit einer gemeinsamen Strategie offenbarte die Probleme vor dem IrakKrieg.
3. Die Europäische Sicherheitsstrategie
Um überhaupt die Europäische Sicherheitsstrategie und ihre Auswirkungen zu analysieren bzw. zu interpretieren ist es notwendig den Terminus der „Strategie“ zu definieren. Darauffolgend wird die Europäische Sicherheitsstrategie von 2003 in ihren Eckdaten dargestellt, zudem wird der darauf aufbauende Bericht über die Umsetzung der Europäischen Sicherheitsstrategie von 2008 kurz beschrieben.
3.1. Definition Strategie
Zu einem besseren Verständnis der Europäischen Sicherheitsstrategie wird zunächst der Terminus „Strategie“ definiert.
Strategie wird vielseitig genutzt, so zum Beispiel bei Spielen wie Schach oder auch beim Marketing. Um sich der Europäischen Sicherheitsstrategie anzunähern benötigt es eine Definition die aus dem Militär-politischen bzw. dem Sicherheitspolitischen stammt, so hat Carl von Clausewitz, ein preußischer General und Militärtheoretiker unter dem Begriff „Strategie“ folgendes verstanden:
„Die Strategie ist der Gebrauch des Gefechts zum Zweck des Krieges; sie muss also dem ganzen kriegerischen Akt ein Ziel setzten, welches dem Zweck desselben entspricht, d . h . sie entwirft den Kriegsplan, und an dieses Ziel knüpft sie die Reihe der Handlungen an, welche zu demselben führen sollen, d . h . sie macht die Entwürfe zu den einzelnen Feldzügen und ordnet in diesen einzelnen Gefechte an . “ (Clausewitz, 2010, S . 157)
Somit ist der Strategie nicht nur an den „kriegerischen Akt“ gebunden, sondern „knüpft sie die Reihe der Handlungen an“ (siehe oben) um die gesteckten Ziele zu erreichen . Strategie umfasst mehr als das Denken von Akt zu Akt, sondern die Verfolgung eines Ziels, dass durch mehr als Einzelentscheidungen erreicht wird . Infolgedessen ist die im Duden verwendete Definition von Strategie eine „genau geplante Verfahrensweise“ (Duden, Fremdwörterbuch, 2004: S 442. ) . In der im Anschluss behandelten Europäische Sicherheitsstrategie wird von einer Strategiekultur gesprochen, hiermit ist in Kombination mit der eben definierten Strategie die Kultur als gemeinsames Werte- und Normensystem der EU-Mitglieder aufgefasst .
Nachdem die Weltordnung erklärt wurde, sowie die Strategie kommt es im nachfolgenden zu der Europäischen Sicherheitsstrategie und deren Inhalte .
3.2. Inhalt der Europäischen Sicherheitsstrategie
Zu Beginn wird die Europäische Sicherheitsstrategie von 2003 beschrieben . Dabei wird als primäre Quelle die Europäische Sicherheitsstrategie selbst und nur zweitrangig Sekundärliteratur verwendet .
Die Europäische Sicherheitsstrategie wurde am 12 . Dezember 2003 vom Europäischen Rat verabschiedet . Die EU-internen Auseinandersetzungen um eine Beteiligung an der US-Intervention im Irak im Jahr 2003 hat deutlich gemacht, dass es eine strategische Grundlage für das weitere Vorgehen der EU benötigt wurde . Beauftragt für die Ausarbeitung des Dokuments wurde der Hohe Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik Javier Solana (vgl . Diedrichs, 2012: S .185) .
Aufgebaut ist die Europäische Sicherheitsstrategie in drei Kapitel . Das zweite Kapitel hat zudem 3 strategische Ziele genannt .
Bereits in der Einleitung wird auf die potenziell gestaltende Rolle der EU in der Welt deutlich hingewiesen, da sie als Zusammenschluss von 25 Staaten, mit über 450 Million
Einwohnern und einen Viertel des Bruttosozialprodukt der Welt ein globaler Akteur ist und infolgedessen mehr Verantwortung für die globale Sicherheit zu tragen hat . Dabei wird die angenommen, dass „kein Land ist in der Lage, die komplexen Probleme der heutigen Zeit im Alleingang zu lösen“ (Europäische Sicherheitsstrategie, 2003, S .1) . Dies ist ein Aufruf zur besseren Zusammenarbeit .
Das erste Kapitel weist auf die globalen Bedrohungsszenarien und Herausforderungen hin . Terrorismus, Verbreitung von Massenvernichtungswaffen (MVW), Regionale Konflikte, Scheitern von Staaten, Organisierte Kriminalität werden als die Hauptbedrohungen genannt. So wird eine Brücke geschlagen zwischen Krankheiten oder Missständen wie Aids oder Hunger und Unternährung in manchen Regionen der Erde und den damit verbundenen sicherheitspolitischen Auswirkungen . Zudem wird darauf hingewiesen, dass regionale Konflikte auch globale Auswirkungen haben können, so am Beispiel des „failed states“ Somalia verdeutlicht . Somit findet hier eine Verknüpfung von internen mit externen Sicherheitsaspekten statt (vgl . Algieri, 2010: S .115).
Im zweiten Kapitel der Europäischen Sicherheitsstrategie werden drei strategische Ziele genannt, die die EU verfolgt. Strategische Ziele sind, wie bereits zuvor definiert als langfristig verfolgte Ziele anzusehen die zu einer Verbesserung der Gesamtsituation führen soll .
Das erste der drei Ziele ist die „Abwehr von Bedrohungen“ . Diese ist differenziert definiert, so wird zunächst an die Maßnahmen zum 11. September angeknüpft, aber es wird auch von Nichtverbreitungspolitik bzgl . Atomenergie gesprochen . Zu der „Abwehr von Bedrohungen“ wird auch die Unterstützung zur Beilegung regionaler Konflikten genannt (angeführt als Beispiele wurden Balkan, Afghanistan und in der Demokratischen Republik Kongo) . Diese Unterstützung wird als Kampf gegen organisierte Kriminalität selbst in der EU angesehen (vgl . Europäische Sicherheitsstrategie, 2003: S6) . So werden innerstaatliche Probleme außerhalb der EU oftmals aufgrund der Globalisierung als Bedrohung für die EU selbst angesehen, dies wird im Folgenden deutlich: „Im Zeitalter der Globalisierung können ferne Bedrohungen ebenso ein Grund zur Besorgnis sein wie näher gelegene . ... Die erste Verteidigungslinie wird oftmals im Ausland liegen . Die neuen Bedrohungen sind dynamischer Art . . . . Konflikten und Bedrohungen kann nicht früh genug vorgebeugt werden“(Europäische Sicherheitsstrategie, 2003: S . 6) . Somit wird eine prinzipielle Legitimierung von zivilen wie militärischen Einsätzen außerhalb der EU demonstriert .
Das zweite strategische Ziel ist die „Stärkung der Sicherheit in unserer Nachbarschaft“ (Europäische Sicherheitsstrategie, 2003: S . 6 ff ) . Dieses Ziel bezieht sich auf die Staaten und Regionen im Mittelmeer sowie auf die Gebiete östlich der EU, ein Beispiel hierfür ist die Ukraine . So wird die Lösung des arabisch-israelischen Konfliktes als eine „strategische Priorität“(Europäische Sicherheitsstrategie, 2003: S . 7) bezeichnet . Aber auch das verhindern von „neue(n) Trennungslinien“, die durch die Erweiterung der EU entstehen, soll weitestgehend durch „wirtschaftliche und politischer Zusammenarbeit. (vgl . Europäische Sicherheitsstrategie, 2003: Seite 7)“ verhindert werden .
Als drittes und letztes strategisches Ziel wird „eine Weltordnung auf der Grundlage eines wirksamen Multilateralismus“ genannt. Grundlage des Multilateralismus bilden Zusammenschlüsse wie G8, Weltwirtschaftsforum etc . In diesem Ziel wird zudem die Rolle der EU in internationalen Organisationen wie der Vereinten Nationen, WTO, NATO oder OSZE angesprochen und dessen besondere Bedeutung . Ergänzend wird sich für eine „Wahrung und Weiterentwicklung der Völkerrechts verpflichtet (vgl . Europäische Sicherheitsstrategie, 2003: S . 9)“
Das dritte Kapitel der Europäischen Sicherheitsstrategie lautet „Auswirkungen auf die Europäische Politik“ und will die Auswirkungen der Europäischen Sicherheitsstrategie auf die EU dargestellt . So fordert die EU von sich selbst, „noch aktiver, kohärenter und handlungsfähiger“ zu werden, mit dem Ziel ihr außenpolitisches Potenzial auch auszunutzen bzw . zu erweitern . Um dies zu verfolgen soll eine „Strategiekultur“ entwickelt werden, die verfolgt . Bei den Mitteln zur Lösung von Konflikten wird eine militärische Lösung nicht ausgeschlossen: „Strategiekultur (...) die ein frühzeitiges, rasches und wenn nötig robustes Eingreifen fordert“ . Die Gewaltanwendung wird aber als letzte Maßnahme genannt und bedarf dazu der Legitimierung der Vereinten Nationen .
Zur Steigerung der Handlungsfähigkeit beziehen sich die Forderungen zur Verbesserung der zivilen, militärischen und diplomatischen Fähigkeiten und Instrumente . So wird als Beispiel hierfür eine Abstimmung der militärischen Mittel untereinander genannt, um damit eine vereinfachte, flexiblere und koordinierte Einsatzfähigkeit der EU-Staaten zu erreichen .
Als strategische Partner der EU werden Japan, Kanada die Volksrepublik China und Indien genannt(Europäische Sicherheitsstrategie, 2003: S . ) Mit diesen Nationen soll eine Intensivierung vor allem im Bereich der Handelspolitik vorangetrieben werden .
Nachdem der Inhalt der Europäischen Sicherheitsstrategie von 2003 aufgezeigt wurde, wird im Folgenden der Nachfolgebericht von 2008 kurz erläutert, der die ursprüngliche Sicherheitsstrategie nicht revidiert aber ergänzt. Die Europäische Sicherheitsstrategie von 2003 war ein Novum, da es erstmals eine überstaatliche, europäische außenpolitische Strategie definierte der alle Mitgliedsstaaten zustimmten .
3.3. D er Bericht über die Umsetzung der Europäischen Sicherheitsstrategie
„Der Bericht über die Umsetzung der Europäischen Sicherheitsstrategie“ ist ein aufbauendes Papier zur Europäischen Sicherheitsstrategie, dass fünf Jahre nach deren Unterzeichnung veröffentlicht wurde . Dieser sollte die ursprüngliche Europäische Sicherheitsstrategie ergänzen und verbessern . Für die Herausarbeitung wurde wieder Javier Solana, wie bereits zur Europäischen Sicherheitsstrategie von 2003 beauftragt(vgl . Algieri, 2010: S .118) .
Der Bericht ist ebenfalls in drei Kapitel gegliedert. In der Zusammenfassung wird zunächst betont, dass die EU am erfolgreichsten sei, wenn diese „rechtzeitig und kohärent handeln“, gleichzeitig wird auf einen Ausbau dieser Fähigkeiten verwiesen: „Um unser Potenzial voll auszuschöpfen, müssen wir noch kohärenter und aktiver agieren und unsere Fähigkeiten noch mehr verstärken . “ Auch wird direkt angesprochen, dass die ursprüngliche Europäische Sicherheitsstrategie von 2003 weiterhin voll relevant bleibt (vgl . Bericht über die Europäische Sicherheitsstrategie, 2008: S .1 ff ) .
Das erste Kapitel widmet sich wie die ursprüngliche Europäische Sicherheitsstrategie von 2003 den „Globale(n) Herausforderungen und Hauptbedrohungen“ . Es wird betont das seit 2003 alle genannten „Bedrohungen komplexer geworden sind“ und einige an Bedeutung zugenommen hatte . Die größte potenzielle Gefahr der „Verbreitung von Massenvernichtungswaffen“ sei noch größer geworden und die Gegenmaßnahmen zielen auf eine Prävention im Rahmen der Vereinten Nationen ab . Terrorismus wird ebenfalls behandelt . Neu hinzugekommen sind die Aspekte der Sicherheit im Internet, sowie der Energiesicherheit. Im Kontext der Energiesicherheit ist auch der Klimawandel als sicherheitspolitische Herausforderung zu sehen .
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