Zur Erhaltung und Verbesserung der Infrastruktur stehen Bund, Länder und Kommunen immer weniger Finanzmittel zur Verfügung. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und die Wirtschaftlichkeit der Kommunen zu verbessern, muss die öffentliche Hand neue Wege beschreiten. Einer dieser Wege können Öffentliche-Private Partnerschaften (ÖPP) oder englisch Public Private Partnership (PPP) sein (nachfolgend einheitlich PPP).
Derartige Ansätze werden in der Bundesrepublik seit etwa 1986 verfolgt und sind Gegenstand dieser Arbeit. In Abwesenheit einer einheitlichen Legaldefinition werden zunächst wesentliche Merkmale herausgearbeitet, dann auf Organisationsformen eingegangen, und Chancen und Risiken von PPP aus Sicht der öffentlichen Hand analysiert, die in einen Wirtschaftlichkeitsvergleich und ein abschließendes Fazit münden.
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Wesentliche Merkmale einer PPP
1.2. Abgrenzung zu ähnlichen Konzepten
1.3. Mögliche Anwendungsfelder von PPP
2. Organisationsformen von PPP
2.1. Projekt-PPP/ Vertrags-PPP
2.2. Organisations-PPP/ institutionalisierte PPP
2.3. Abgrenzung beider Grundarten von einander
3. Forschungshypothese – Chancen und Risiken aus Sicht der öffentlichen Hand
4. Wirtschaftlichkeitsvergleich
5. Schlussfolgerungen und Fazit
Endnoten
6. Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Ab b . 1.: Abgrenzung Organisations-PPP/ institutionelle PPP und Projekt-PPP/ Vertrags-PPP
eigene Darstellung in Anlehnung an:
Budäus/ Grub (2007): Public Private Partnership: Theoretische Bezuge und praktische Strukturierung, in Zeitschrift fur öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen (ZögU), 3/2007, S. 256
Ab b . 2.: Lebenszyklus eines PPP-Modells
Deutsche Genossenschafts-Hypothekenbank AG (o.J.): Lebenszyklus, online verfugbar unter https://www.dghyp.de/fileadmin/_migrated/pics/4.2.1_Lebenszyklus.jpg, zuletzt abgerufen am: 09.06.16
Ab b . 3.: Phasen der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung eigene Darstellung in Anlehnung an:
Arbeitsgruppe „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten“ (im Auftrag der Finanziministerkonferenz) gemeinsam mit der Bundesarbeitsgruppe „Wirtschaftlichkeits- untersuchungen bei PPP-Projekten“ unter Federfuhrung des Landes Nordrhein-Westfalen (www.ppp-bund.de) Leitfaden der FMK-AG „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP- Projekten“ (2006), Berlin, S.7
1. Einleitung
Zur Erhaltung und Verbesserung der Infrastruktur stehen Bund, Länder und Kommunen immer weniger Finanzmittel zur Verfügung. Dies kommt insbesondere bei maroden Schulgebäuden, Sporthallen und Schwimmbädern, löchrigen Straßen oder auch veralteten Büchereien zum Ausdruck. So werden beispielsweise notwendige Sanierungen immer wieder verschoben und der Betrieb immer weiter eingeschränkt. Für die Jahre 2006 bis 2020 wurde ein Investitionsbedarf in Höhe von etwa 47 Mrd. Euro ermittelt, was jährlichen Investitionen in Höhe von 704 Mrd. Euro entspricht. Zum Vergleich: 2005 wurde ein Investitionsvolumen von rund 47 Mrd. Euro erreicht.1
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und die Wirtschaftlichkeit der Kommunen zu
verbessern, muss die öffentliche Hand neue Wege beschreiten. Einer dieser Wege können Öffentliche Private Partnerschaften (ÖPP) oder englisch Public Private Partnership (PPP) sein (nachfolgend einheitlich PPP). Derartige Ansätze werden in der Bundesrepublik seit etwa 1986 verfolgt.2
Der Begriff der PPP ist allerdings nicht klar definiert, eine Legaldefinition gibt es in Deutschland nicht. Vielmehr handelt es sich um einen unstrukturierten Sammelbegriff für unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit von öffentlichen Einrichtungen mit privaten Wirtschaftssubjekten.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaft hat in ihrem Grundbuch folgende Definition gewählt: „Der Terminus bezieht sich im Allgemeinen auf Formen der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Stellen und Privatunternehmen zwecks Finanzierung, Bau, Renovierung, Betrieb oder Unterhalt einer Infrastruktur oder die Bereitstellung einer Dienstleistung.“3
Budäus und Gruning unterscheiden PPP im engeren Sinne und PPP im weiteren Sinne. PPP im engeren Sinne ist demnach die Interaktion zwischen öffentlicher Hand und Akteuren aus dem privaten Sektor, der Fokus liegt auf der Erfüllung komplementärer Ziele; Synergiepotenziale bei der Zusammenarbeit – Prozessorientierung, Identität und Verantwortung der Partner bleiben intakt und die Zusammenarbeit ist (gesellschaftsvertraglich) formalisiert. PPP im weiteren Sinne definiert sich gleich, jedoch findet hier die Zusammenarbeit auf informellem Weg statt4
PPP bedeutet demnach die Kooperation der öffentlichen Hand und der privaten Wirtschaft bei Planung, Erstellung, Unterhaltung, Sanierung sowie betrieb von öffentlichen Investitionsprojekten. Die öffentliche Hand tritt dabei nur noch als Nachfrager auf, wobei die von den Privaten erbrachte Leistungen auf Basis vertraglicher Vereinbarungen vergütet werden. Zur gemeinsamen Aufgaben- Erfüllung gehört somit die Bereitstellung und Erfüllung hoheitlicher Aufgaben aus öffentlicher sowie die Herstellungsfunktion auf privater Seite.
1.1. Wesentliche Merkmale einer PPP
Wesentliche Merkmale sind eine längerfristige prozessorientierte Zusammenarbeit sowie ein aus der Art der Aufgabenwahrnehmung resultierender Abstimmungsbedarf im Zeitablauf.
Weitere Merkmale einer PPP sind:5
- mindestens ein beteiligter ist dem öffentlichen bzw. dem privaten Bereich zugehörig,
- nicht konfliktäre Ziele der Partner (Zusammenarbeitskultur), die mit Hilfe der PPP realisiert werden soll,
- eine formalisierte Kooperationsform (Verantwortungsgemeinschaft), wobei Formalisierungs- grade unterschiedlich sein können,
- die Identität der Partner bleibt grundsätzlich erhalten.
PPP bedingt eine wirtschaftliche Zielsetzung; das heißt die Leistung muss nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten feststellbar sein. Dabei stellen die Partner Kapital, Betriebsmittel usw. zur gegen- seitigen Nutzung bzw. Effizienzsteigerung bereit. Die Ziele sollen mittels PPP wirtschaftlicher, schneller und bedarfsgerechter erreicht werden, wobei jeder Partner jene Risiken trägt, die er am besten zu bewirtschaften vermag.
1.2. Abgrenzung zu ähnlichen Konzepten
Da ein wesentliches Merkmal von PPP ein aus der Art der Aufgabenwahrnehmung resultierender Abstimmungsbedarf im Zeitablauf ist, können PPP nur solche Kooperationsformen zugeordnet werden, bei welchen die Leistungen der Privaten und öffentlichen Hand nicht bereits klar definiert und festgelegt sind. Klassische Verträge zwischen öffentlichen und privaten Vertragspartnern stellen somit keine PPP dar.6
Im Gegensatz zur Privatisierung von öffentlichen Vermögenswerten und der Überlassung bisher öffentlich erbrachter Leistungen an Private geht PPP einen anderen Weg. Die Übertragung von gewissen Teilaufgaben, z.B. Gebäudereinigung, stellt ebenfalls kein PPP dar, vielmehr handelt es sich dabei um eine Beschaffung für Eigengebrauch (Outsourcing). Weiterhin ist das Contracting-out, bei dem bisher durch den öffentlichen Sektor erbrachte Leistungen auf private Dritte Uber- tragen werden, von PPP abzugrenzen. Hierbei hat ein privater lediglich das Ziel und Interesse der Einnahmenerzielung, wogegen dieser bei PPP auch an der Erstellung (Output) interessiert ist. Bei Finanzhilfen und Subventionen von Privaten kann ebenfalls nicht von PPP gesprochen werden, es fehlt hierbei an einer längerfristigen partnerschaftlichen Zusammenarbeit.
1.3. Mögliche Anwendungsfelder von PPP
Mögliche Anwendungsfelder für PPP-Projekte können beispielsweise sein: Stadtentwicklung (Bau, Sanierung, Verwertung kommunaler Immobilienbestände), Wirtschaftsförderung (z.B. Tourismus), Bau, Sanierung und Bewirtschaftung (Facility Management) öffentlicher Gebäude (z.B. Schul- Gebäude, Rathäuser), Errichtung und Betrieb lokaler Infrastruktur (z.B. Entsorgung-, Abwasser- Wirtschaft, Energie und Wasserversorgung), Gesundheitswesen (z.B. Unterhaltung und Finanzier- und von Krankenhäusern), Bereiche der Sport, Freizeit, Kunst und Kultur (z.B. Sanierung und Bei- trieb von Sportanlagen sowie kultureller Einrichtungen), IT-Dienstleistungen (z.B. E-Gouvernement).
2. Organisationsformen von PPP
Um die Frage nach der Wirtschaftlichkeit von PPP zu beantworten, muss zwischen den einzelnen Organisationsformen differenziert werden. Die Strukturierung von PPP ist in der Fachliteratur viel- fältig, grundsätzlich sind jedoch zwei Grundarten von PPP zu unterscheiden: Die Organisations- PPP bzw. institutionalisierte PPP sowie die Projekt-PPP bzw. Vertrags-PPP. Diese Unterscheidung trifft auch die Europäische Gemeinschaft in ihrem Grundbuch.7
2.1. Projekt-PPP/ Vertrags-PPP
Die Projekt-PPP/ Vertrags-PPP beruhen auf einem vertraglich vereinbarten Tausch von Leistung und Gegenleistung aufgrund öffentlich-rechtlicher (z.B Konzessionsverträge/ Eigenbetriebe) oder privatrechtlicher Regelungen (z.B. Mietkauf, Leasing, Eigengesellschaften) zwischen der öffentlich Hand und einem oder mehreren Partnern.8 Aufgrund der unvollständigen Definition des Leistungsaustausches bei Vertragsabschluss besteht enger Kooperationsbedarf. Diese Kooper- ation wird erforderlich, da sich der arbeitsteilige Wertschöpfungsprozess über einen längeren Zeit- raum erstreckt (siehe hierzu auch 1.1.: Wesentliche Merkmale einer PPP).
2.2. Organisations-PPP/ institutionalisierte PPP
Bei der Organisations-PPP/ institutionalisierten PPP dagegen geht es nicht um einen Leistungs- austausch, sondern um das vertraglich definierte Zusammenlegen von gemeinsamen Ressourcen der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft (Ressourcenpool)9 zwecks Erreichung eines be- stimmten Ergebnisses, sowie der Erzielung beiderseitiger Vorteile durch Kooperation. Dadurch entsteht ein eigenständiges Rechtssubjekt (i.d.R. eine Kapitalgesellschaft, z.B. GmbH). Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Management der Ressource und nicht auf der Feststellung von Kosten, Leistungen und Risiken und umfasst alles, was von einem Partner kontrolliert wird und/ oder woran ein anderes Mitglied der PPP ein besonderes Interesse hat. Diese können beispiels- weise sein: Kapital, Rechte, Sachmittel oder auch Know-how.
2.3. Abgrenzung beider Grundarten von einander
Im Gegensatz zur Projekt-PPP/ Vertrags-PPP ist die Organisations-PPP/ institutionalisierte PPP auf die dauerhafte Wahrnehmung einer bestimmten bisher öffentlich erbrachten Leistung ausgerichtet, wie z.B. der gemeinsame Betrieb eines Unternehmens auf dem Gebiet der Ver- und Entsorgung.
In der folgenden Tabelle sind die wesentlichen Unterschiede einander gegenüber gestellt. Die Unterscheidung wird hierbei besonders deutlich in der Ausgestaltung und den strukturellen Merkmalen beider Organisationsformen.
Abb. 1: Abgrenzung Organisations-PPP/ institutionelle PPP und Projekt-PPP/ Vertrags-PPP
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an ZögU, 3/2007, Abb. 1; S. 256
3. Forschungshypothese – Chancen und Risiken aus Sicht der öffentlichen Hand
C hancen ergeben sich vor allem dadurch, dass sich durch die Einbeziehung von Privaten eine bisher öffentlich erstellte Leistung i.d.R. effizienter gestalten lässt. Dies durfte normalerweise der Fall sein, wenn ein Projekt erfolgsabhängig gesteuert wird. So sollte als Anreiz für den privaten einen Output Spezifikation und leistungsorientierte Vergütung über den gesamten Projektzeitraum erhoben werden. Bei Unter- oder Überschreitung finden vertraglich festgelegte Bonifikations- und Sanktionsmechanismen Anwendung.
Effizienzvorteile können sich vor allem durch leistungsfähigere Nutzungskonzepte, die zu einer besseren kapazitätsmäßigen Auslastung und Verwendung der verfügbaren Gebäude und Anlagen fuhren, ergeben. Durch die enge Zusammenarbeit mit dem privaten Partner wird als Folge auch bei der öffentlichen Hand verstärkt auf einen effizienten Einsatz öffentlicher Mittel geachtet. Dank eines umfassenden Nutzungskonzeptes können sich bei den Einzelkosten Preisvorteile ergeben. Auch Synergieeffekte lassen sich durch die Zusammenarbeit erzielen, so dass sich bei zukünftigen Projekten Effizienzzuwächse ergeben, die zu Kosteneinsparungen fuhren.
Eine weitere Chance für den öffentlichen Partner stellt der Zugang zu finanziellen Ressourcen dar. So können Investitionsprojekte, die aufgrund der defizitären öffentlichen Haushaltslage ansonsten nicht nur schwer bzw. nicht in absehbarer Zeit umsetzbar wären (z.B. nur durch Neu-/Verschuld- ung), realisiert werden. Durch die Auflösung des Investitionsstaus ergeben sich positive Beschäfti- gungs- und Wachstumseffekte und Einsparungen bei den Investitionen und laufenden Kosten, so- fern durch einen privaten Partner das Kostenniveau gesenkt werden kann. So können bei gleich- bleibender Leistungsqualität öffentliche Dienstleistungen effizienter bereitgestellt und finanzielle öffentliche Mittel entlastet werden, was zu einer geringeren Verschuldungsquote und somit zur Haushaltskonsolidierung beiträgt.
[...]
1 Vgl. DIfU „Der kommunale Investitionsbedarf 2006-2020“, 2008, Ziff. 3.
2 Vgl. Raffée/ Fritz/ Wiedmann, 1994, S .250
3 EU Grunbuch, 2004, S. 3, Ziff. 1.1
4 Vgl. Budäus/ Gruning, 1997, S.48 ff.
5 Vgl. ZögU, 3/2007, S. 249
6 Vgl. Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft e.V., 2004, Ziff. 2., S. 1-2
7 Vgl. EU Grunbuch, 2004, S. 9
8 Vgl. ZögU, 3/2007, Ziff. III., S. 251