Der Architektenvertrag aus der Sicht des Architekten
Zusammenfassung
Dafür werden zuerst der Vertrag und seine vertragstypologische Einordnung, und danach die daraus für den Architekten resultierenden Rechte und Pflichten betrachtet. Demgegenüber stehen zur Verdeutlichung auch die Rechte und Pflichten des Bauherrn, um daraus Formulierungsvorschläge für den Architektenvertrag abzuleiten. Dabei wird der Versuch unternommen, das vertragliche Risiko des Architekten zu mindern, ohne dabei die Stellung des Bauherrn zu verschlechtern.
Architekten sind Planer, Lenker und Überwacher von Bautätigkeiten aller Art. Je nach Beauftragung bereiten sie die Entstehung eines Bauwerks vor, planen die Ausführung, stellen Berechnungen für den Kostenrahmen an und überwachen die Entstehung des Bauwerks. Kurzum, sie müssen mit Weitsicht, aber auch mit großer Vorsicht agieren.
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Vertragstypologie, Rechte und Pflichten der Parteien
2.1. Zustandekommen des Vertrags
2.2. Rechte und Pflichten des Architekten
2.2.1. Leistungspflichten
2.2.2. Urheberrechte des Architekten
2.2.3. Nebenpflichten des Architekten
2.2.4. Mangelhaftung
2.3. Rechte und Pflichten des Bauherrn
2.3.2. Vergütung des vereinbarten Architektenwerks
2.3.3. Mitwirkungspflichten des Bauherrn zur Vertragserfüllung
2.4. Beendigung des Vertrags
2.4.1. Beendigung durch Abnahme
2.4.2. Kündigung durch den Bauherrn
2.4.3. Kündigung durch den Architekten
3. Vertragliche Steuerung der Risiken
3.1. Formulierungsvorschlag Abschlagszahlungen und Teilabnahme
3.2. Formulierungsvorschlag Nacherfüllungsvorrang
4. Fazit
Literaturverzeichnis
Rechtsprechungsverzeichnis
1. Einleitung
Architekten sind Planer, Lenker und Überwacher von Bautätigkeiten aller Art. Je nach Beauftragung bereiten sie die Entstehung eines Bauwerks vor, planen die Ausführung, stellen Berechnungen für den Kostenrahmen an und überwachen die Entstehung des Bauwerks. Kurzum, sie müssen mit Weitsicht, aber auch mit großer Vorsicht agieren. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Architektenvertrag aus der Sicht des Architekten, sie möchte Risiken und eventuelle Folgen aufzeigen und Lösungsansätze zur vertraglichen Steuerung gewisser Unwägbarkeiten aufzeigen. Dies soll am Ende mit Formulierungsvorschlägen für allgemeine Änderungswünsche an der Ausführung seitens des Bauherrn, und im Speziellen für die Themen Teilabnahme und Abschlagszahlung sowie für den Vorrang der Nacherfüllung im Mangelfall geschehen. Dafür werden zuerst der Vertrag und seine vertragstypologische Einordnung, und danach die daraus für den Architekten resultierenden Rechte und Pflichten betrachtet. Demgegenüber stehen zur Verdeutlichung auch die Rechte und Pflichten des Bauherrn, um daraus Formulierungsvorschläge für den Architektenvertrag abzuleiten. Dabei wird der Versuch unternommen, das vertragliche Risiko des Architekten zu mindern, ohne dabei die Stellung des Bauherrn zu verschlechtern.
2. Vertragstypologie, Rechte und Pflichten der Parteien
Zunächst ist es erforderlich den Architektenvertrag vertragstypologisch einzuordnen. Aus der Einordnung ergeben sich vertragstypische Pflichten sowie Besonderheiten im Bereich etwaiger Nacherfüllungs- oder Schadensersatzansprüche.
Bereits im Jahre 1959 entschied der Bundesgerichtshof, dass der Architektenvertrag als Werkvertrag einzuordnen ist1. Zwar schuldet der Architekt als Werkunternehmer kein fertiges Bauwerk, wohl aber obliegt ihm in der Regel mindestens die Planung insoweit, als dass eine geistige Leistung erforderlich ist, welche eine detaillierte Baubeschreibung und einen genehmigungsfähigen Bauplan, zur Vorlage und zur Einholung der Baugenehmigung beim Bauamt, zum Ziel hat, ohne die der Bauherr nicht bauen darf2.
2.1. Zustandekommen des Vertrags
Werkverträge sind rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse zwischen zwei oder mehreren natürlichen oder juristischen Personen.
Um ein wirksames rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis zu begründen, ist nach § 311 Abs. 1 BGB ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich3. Für das Zustandekommen eines Vertrages sind zwei, nach objektiver Auslegung gem. § 134 BGB, übereinstimmende Willenserklärungen Voraussetzung, Angebot und Annahme. Dabei müssen sich die Vertragsparteien über die wesentlichen Punkte des zu erstellenden Werkes einig sein.
Beim Architektenvertrag müssen diese wesentlichen Punkte des Vorhabens soweit geklärt sein, dass die geforderte Architektenleistung durch Auslegung objektiv bestimmbar ist und dieser somit auch die Möglichkeit zur Erfüllung hat. Führt die fehlende Einigkeit dazu, dass die zu erbringende Leistung nicht objektiv bestimmbar ist, könnte der Werkvertrag nichtig sein4.
Eine bestimmte Form ist für den Vertrag nicht vorgeschrieben, aus Nachweisgründen ist jedoch Schriftform im Sinne des § 126 BGB zu empfehlen. Honorarabsprachen bedürfen zwingend der Schriftform5.
2.2. Rechte und Pflichten des Architekten
Nach § 631 Abs. 1. Hs. 1 BGB ist der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes verpflichtet. Im Werkvertragsrecht wird der Auftragnehmer „Unternehmer“ genannt. Wobei dieser Unternehmerbegriff nicht zwingend mit dem des § 14 BGB als Gegenpart des Verbrauchers nach § 13 BGB gleichzusetzen ist. Tatsächlich ist im Sinne des Werkvertragsrechts unerheblich, ob auf den als Unternehmer bezeichneten Hersteller des Werks der Unternehmerbegriff des § 14 BGB zutrifft oder nicht6.
Der Unternehmer und der Besteller einigen sich mit dem Schluss eines Werkvertrags nach § 631 Abs. 1 auf einen bestimmten Erfolg, den der Unternehmer für den Besteller für eine vereinbarte Vergütung herbeizuführen hat. Ist der Unternehmer nicht in der Lage den Erfolg herbeizuführen, entfällt auch sein Anspruch auf Vergütung7. Der Erfolg des Architekten bestimmt sich nach seinen vertraglichen Leistungspflichten.
2.2.1. Leistungspflichten
Grundsätzliche Leistungspflicht ist ein vertraglich bestimmter Erfolg, in der Regel die Herstellung eines Werkes8. Da Architekten in der Hauptsache geistig tätig werden, wurde als Bemessungsgrundlage für die Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) der Begriff Grundleistung geschaffen. Mit dem Begriff Grundleistungen werden alle üblichen und erforderlichen Leistungen des Architekten zur Vertragserfüllung bezeichnet. Sie sind nach § 3 Abs. 2 S. 1 HOAI 2013 in Leistungsbildern erfasst und dienen als Grundlage für die übliche Honorarberechnung. Zu den Grundleistungen zählen unter anderem die Erstellung der Zeichnungen und notwendigen Berechnungen, stetige Abstimmung des Planungskonzeptes mit dem Besteller und den zuständigen Behörden, Festlegung der Materialien und deren Qualität, Integration der Planungen aller Beteiligten in die Gesamtplanung, Bestimmung und Überprüfung des Zeitrahmens, Kostenberechnung und Prüfung auf Fördermöglichkeiten9. Jedoch ist eine umfassende Auflistung nicht möglich, da es immer auf die vertraglich vereinbarte Leistung ankommt. Eine Übersicht über die Grundleistungen und die verschiedenen Leistungsphasen sowie die besonderen Leistungen sind in § 34 Abs. 4, Anlage 10.1 HOAI aufgelistet.
Die Leistungspflichten des Architekten sind von den Parteien festzulegen. Es kann sowohl die „Vollarchitektur“, welche ebenjene Leistungen vollumfänglich umfasst, als auch nur die Ausführungen einzelner Positionen beauftragt werden. Der gebührenrechtliche Charakter der HOAI entfaltet also keinerlei Wirkung auf die vertragsrechtliche und privatautonome Gestaltung des Leistungsgegenstands im Architektenvertrag10.
2.2.2. Urheberrechte des Architekten
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG können Bauwerke und deren Entwürfe urheberrechtlich geschützt sein, wenn nach § 2 Abs. 2 UrhG das Werk eine persönliche geistige Schöpfung des Urhebers ist, und dieser dem Werk „einen geistigen Gehalt“ und „eine wahrnehmbare Formgestaltung“ verliehen hat, die „die Individualität des Urhebers zum Ausdruck“ bringen11. Eine Zusammensetzung von herkömmlichen Planungselementen zur Lösung technischer Anforderungen und zur Erfüllung des geforderten Gebrauchszwecks ist somit nicht schutzfähig, wenn der individuelle künstlerische Gedanke nicht in besonderem Maße erkennbar und beabsichtigt ist. Die persönliche Absicht zur Schaffung eines Baukunstwerks muss deutlich überwiegen12.
Ist dem Architekten die Schöpfung eines urheberrechtlich schützenswerten Bauwerks gelungen, wird er der Inhaber des Urheberrechts. Das Urheberrecht ist nach § 28 UrhG vererbbar. Es gilt siebzig Jahre ab dem Ende des Jahres, in dem der Urheber verstorben ist. Weiter hat der Urheber nach § 13 UrhG das Recht, seine Urheberschaft anerkennen zu lassen, das geschaffene Werk zu veröffentlichen und mit einem Namen zu versehen. Diese Urhebepersönlichkeitsrechte können vertraglich weder abbedungen oder eingeschränkt sowie an andere Personen übertragen werden. Allerdings hat der Inhaber des Urheberrechts das Recht, sein Werk oder den Entwurf wirtschaftlich zu verwerten. Er darf also Nutzungsrechte übertragen, beispielsweise an den Bauherrn, der das Werk anhand des Entwurfs nachbaut oder nachbauen lässt. Bei Beauftragung des Architekten mit der „Vollarchitektur“, also allen in § 34 Abs. 3 HOAI benannten Leistungsphasen, wird die Übertragung der Nutzungsrechte an den Besteller Teil der Leistungspflicht. Urheberrechtlich geschützte Werke dürfen nach § 39 Abs. 1 UrhG grundsätzlich nicht geändert werden, es sei denn die Änderung muss vom Urheber nach den Grundsätzen von Treu und Glauben geduldet werden, § 39 Abs. 2 UrhG. Verlangt der Urheber im Falle einer Urheberrechtsverletzung Beseitigung, Unterlassung oder Schadensersatz, hat er die Urheberrechtsverletzung zu beweisen13.
2.2.3. Nebenpflichten des Architekten
Neben der Pflicht zur der Herstellung des vertraglich vereinbarten Werks hat der Architekt als Unternehmer auch weitere Nebenpflichten zu erfüllen. Einerseits hat er dem Besteller das Werk nicht nur mangelfrei herzustellen, und im Falle einer reinen Entwurfs-planung die Pläne auch zu verschaffen, sondern auch den Besteller vor abwendbarem Schaden zu bewahren. Das bedeutet, dass der Architekt den Bauherrn umfassend fachmännisch zu beraten und eventuell beigestellte Materialien ordnungsgemäß aufzubewahren hat. Außerdem hat er, falls ein Kostenanschlag erstellt wurde, den Besteller unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, zu informieren, falls eine Kostenüberschreitung droht. Zum anderen ist er auch bei Baubegehungen u.Ä. für die persönliche Sicherheit des Bestellers verantwortlich14.
Darüber hinaus ist der Architekt zur Erstellung einer Schlussrechnung verpflichtet. Die Abnahme des Werks sowie die Überreichung der Honorarschlussrechnung begründen nach § 15 Abs. 1 HOAI die Fälligkeit des Architektenhonorars, wenn vertraglich nichts anderes bestimmt worden ist.
Die Schlussrechnung muss so gestaltet sein, dass die Interessen des Bauherrn bezüglich Information und Kontrolle ausreichend befriedigt werden. Die Anforderungen an die Prüffähigkeit der Schlussrechnung dürfen nicht unverhältnismäßig hoch sein, jedoch muss diese einige Kriterien erfüllen. Die Abrechnung muss nach der Systematik der HOAI - es sei denn, es gibt anderslautende, schriftliche Honorarabsprachen (Anm. d. Verf.) – unter Angabe der zugrunde gelegten Honorarzone erfolgen. Es müssen die erbrachten Leistungsphasen und, im Falle einer nicht vollumfänglichen Beauftragung, zusätzlich die beauftragten Leistungsphasen und deren sich ergebender Prozentsätze aufgeführt sein. Weiterhin muss die Kostenberechnung der anrechenbaren nach DIN 276, in der Fassung von Dez. 2008, vorgelegt werden. Außerdem müssen Honorarzuschläge, bereits geleistete Abschlagszahlungen und schließlich auch die Umsatzsteuer ausgewiesen werden. Für den Fall, dass der Bauherr Zweifel an der Prüffähigkeit der Schlussrechnung hegt, ist eine bloße Rüge der mangelnden Prüffähigkeit nicht ausreichend. Er muss dem Rechnungssteller auch hier die Möglichkeit zur Nachbesserung geben, indem er die Zweifel darlegt und begründet. Wird gar keine prüffähige, oder im Falle der Rüge der Schlussrechnung nachgebesserte, Schlussrechnung eingereicht, ist der Bauherr seinerseits berechtigt, die Erstellung der Rechnung selbst vorzunehmen oder die Rechnung von einem sachverständigen Dritten erstellen zu lassen, und diese dem Auftragnehmer zukommen zu lassen. Jedoch muss zuvor eine angemessene Frist gesetzt und fruchtlos verstrichen sein. In diesem Fall wird das Architektenhonorar fällig, sobald die Rechnung dem Architekten zugegangen ist15. Die Frist zur Zahlung des Architektenhonorars bestimmt sich im Zweifel nach § 271a Abs. 3 BGB.
2.2.4. Mangelhaftung
Der Architekt ist gemäß § 633 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Bauherrn die vertraglich vereinbarte Leistung frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen. Die Verjährungsfrist von Mängelansprüchen beträgt bei Architektenleistungen, die üblicherweise Planungs- und Überwachungsleistungen für Bauwerke darstellen, gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB fünf Jahre.
Ist das Werk mangelhaft, kann der Bauherr Nacherfüllung verlangen. Im Falle der Nacherfüllung hat der Architekt die Wahl, ob er ein neues Werk herstellt oder den Mangel beseitigt. Er hat alle hierfür notwendigen Kosten zu tragen. Für den Fall, dass er ein neues Werk herstellt, kann er vom Bauherrn Rückgewähr des mangelhaften Werks Zug-um-Zug sowie die Herausgabe des aus der Bewirtschaftung gezogenen Nutzens verlangen. Der Architekt hat dann wiederum die notwendigen Verwendungen und eventuell wertsteigernde Aufwendungen zu ersetzen.
[...]
1 BGH, Urt. v. 26.11.1959 – VII ZR 120/58, a)
2 Preussner, Architektenrecht, Rn. 4
3 Looschelders, Schuldrecht allgemeiner Teil, Rn. 90
4 Propescu, Der nichtige Architektenvertrag auf Grund objektiv unbestimmbaren Leistungsgegenstands, NZBau 2015, 536 (537)
5 Jochem/Kaufhold, HOAI-Kommentar, 6. Aufl., Rn. 50
6 Kropholler, Studienkommentar BGB, § 14 Unternehmer, Rn. 1
7 Teichmann, Schuldrechtsmodernisierung 2001/2002 – Das neue Werkvertragsrecht, Jus 2002, 417, 418
8 Robbers, Einführung in das deutsche Recht, Rn. 699
9 Eich, Grundleistungen im Leistungsbild des Architekten in: Ganten (Hrsg.), Architektenrecht aktuell – Verantwortung und Vergütung bei Architektenleistungen, FS zum 70. Geb. von Prof. R. Jochem, S. 43,45
10 Busche, BGB § 631 Vertragstypische Pflichten beim Werkvertrag in: Münchener Kommentar zum BGB, Band 4, Abschnitt 8, Titel 9, Untertitel 1, Rn. 199
11 Jaschinski/Hey, Das Kompendium – Wirtschaftsrecht, S. 379, 14.2.1. Die persönliche geistige Schöpfung
12 Glöckner, H. Das Architektenurheberrecht, Rn. 28, 29 in: Fuchs/Berger/Seifert, Beck´scher HOAI- und Architektenrechtskommentar
13 Blomeyer/ Budiner, Architektenrecht von A-Z, Urheberrecht S. 222 – 226 (224, 225)
14 Brox/ Walker, Besonderes Schuldrecht, § 24. Pflicht des Unternehmers zur Herstellung des Werkes und Folgen einer Pflichtverletzung, Rn. 2
15 Preussner, Architektenrecht, Teil H, Die Bezahlung und Sicherung des Architektenhonorars, Rn. 5,6