Beat Monnerat kommentierte im Rahmen einer von ihm durchgeführten Studie das Bedrängnis des Schweizer Bankenwesens mit folgenden Worten: "Die Hauptkonkurrenz für den Private-Banking-Standort Schweiz liegt nicht in Europa, sondern in Singapur und Hongkong." Da die Schweiz im internationalen Private-Banking rund "einen Drittel des weltweiten Vermögens verwaltet" (Kälin, 2006), ist die Schlussfolgerung des Zitats, dass dem Bankensektor möglicherweise auch in Singapur eine grosse, volks- und betriebswirtschaftliche Bedeutung zukommt, durchaus legitim.
Plausibler wird das, wenn wir ein Teilergebnis derselben Studie betrachten, wonach 19 Prozent und damit die Mehrheit aller befragten inländischen Bankmanager den Finanzplatz "Singapur" als grössten Konkurrenten beschrieben. Deshalb wird vorliegend neben dem schweizerischen Bankensektor auch derjenige von Singapur beleuchtet; in allerdings verkürztem Umfang. Dies führt dann konkret zur folgenden Fragestellung: Wie sehen gegenwärtig der schweizerische und singapurische Bankensektor hinsichtlich des Beitrags zur jeweiligen Volkswirtschaft und der Struktur aus? Und weiter: Was ist für den jeweiligen Bankensektor kennzeichnend oder typisch?
Diese Arbeit versucht, diese Fragen in drei Schritten zu beantworten: Der erste Teil hat den Einfluss des Bankensektors auf die jeweilige Volkswirtschaft zum Inhalt. In einem zweiten liegt der Fokus dann auf der Frage, inwiefern sich die Banken in "Grösse, Rechtsform und geographischem Tätigkeitsgebiet unterscheiden" (SBVg, 2006). Damit wird die Grundlage geschaffen, um im dritten Abschnitt näher auf besondere Aspekte des jeweiligen Bankensektors einzugehen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Zielsetzung und Abgrenzung
3 Definition des Bankensektor-Begriffs
4 Der Bankensektor als Stütze des Dienstleistungssektors
4.1 Schweizer Banken als innovative Finanzinstitute
4.1.1 Enorme Wertschöpfungskraft und gewichtige Steuereinnahmequelle
4.1.2 Eine kleine Geschichte des Bankensektors - keine ohne Niederlagen
4.2 Singapurische Banken in einem deregulierten Markt
4.2.1 Bankensektor als Zugpferd der Volkswirtschaft
5 Konsolidierte Bankenlandschaften treffen aufeinander
5.1 Heterogener Bankensektor der Schweiz
5.1.1 Die UBS und CSG als Aushängeschild der Schweiz
5.1.2 Strategien im Bereich Dienstleistungsangebot und Kundennähe
5.2 Aufstrebender Bankensektor Singapurs
5.2.1 DBS, UOB und OCBC nach 2001 die drei grössten Banken
6 Der asiatisch-pazifische Raum als Wachstumsmarkt
6.1 Schweizer Banken zwischen Wettbewerb und Kooperation
6.1.1 Private-Banking als Rückgrat des Schweizer Bankenwesens
6.1.2 Gemeinschaftswerke - das Subsidiaritätsprinzip im Bankensektor
6.2 Singapurische Banken im Aufbruch
6.2.1 Singapurs Stärke - das Private-Banking
7 Schlussbetrachtung
8 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Beat Monnerat1 (2004) kommentierte im Rahmen einer vor zwei Jahren durchge- führten Studie2 das Bedrängnis des Schweizer Bankenwesens mit folgenden Wor- ten: ÄDie Hauptkonkurrenz für den Private-Banking-Standort Schweiz liegt nicht in Europa, sondern in Singapur und Hongkong.“ Da die Schweiz im internationalen Private-Banking rund Äeinen Drittel des weltweiten Vermögens verwaltet“ (Kälin, 2006), ist die Schlussfolgerung des Zitats, dass dem Bankensektor möglicherweise auch in Singapur eine grosse, volks- und betriebswirtschaftliche Bedeutung zu- kommt, durchaus legitim. Plausibler wird das, wenn wir ein Teilergebnis derselben Studie betrachten, wonach 19 Prozent und damit die Mehrheit aller befragten inlän- dischen Bankmanager den Finanzplatz ÄSingapur“ als grössten Konkurrenten be- schrieben. Deshalb wird vorliegend neben dem schweizerischen Bankensektor auch derjenige von Singapur beleuchtet; in allerdings verkürztem Umfang. Dies führt dann konkret zur folgenden Fragestellung: Wie sehen gegenwärtig der schweizeri- sche und singapurische Bankensektor hinsichtlich des Beitrags zur jeweiligen Volkswirtschaft und der Struktur aus? Und weiter: Was ist für den jeweiligen Ban- kensektor kennzeichnend oder typisch?
Die vorliegende Arbeit versucht, diese Fragen in drei Schritten zu beantworten: Der erste Teil hat den Einfluss des Bankensektors auf die jeweilige Volkswirtschaft zum Inhalt. In einem zweiten liegt der Fokus dann auf der Frage, inwiefern sich die Ban- ken in ÄGrösse, Rechtsform und geographischem Tätigkeitsgebiet unterscheiden“ (SBVg, 2006). Damit wird die Grundlage geschaffen, um im dritten Abschnitt näher auf besondere Aspekte des jeweiligen Bankensektors einzugehen. Der nun folgen- de Abschnitt widmet sich jedoch zuerst der Frage, was diese Arbeit überhaupt be- zwecken will.
2 Zielsetzung und Abgrenzung
Das Ziel der vorliegenden Arbeit liegt nicht in einer ganzheitlichen Analyse der Un- terschiede, sondern vielmehr darin, eine Vergleichsbasis für eine ebensolche zu schaffen. Somit liegt der Schwerpunkt auf der Gegenüberstellung von Fakten, wäh- rend sich der jeweils am Ende eines Kapitels vorgenommene, kurze Vergleich auf die wesentlichsten Unterschiede beschränkt. Es sei erwähnt, dass sowohl die Ge- genüberstellung als auch die Vergleiche nicht abschliessend sein können, da die benutzten Unterlagen ebenfalls keine allumfassenden Informationen liefern. Dem bleibt hinzuzufügen, dass somit auch nicht alle in der Literatur enthaltenen Informa- tionen widergegeben werden können, da dies den vorgegebenen Rahmen der Ar- beit sprengen würde. Aus all diesen Gründen erhebt die Arbeit keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern bildet vielmehr eine Momentaufnahme eines Ausschnitts.
3 Definition des Bankensektor-Begriffs
Bezüglich des Bankensektor-Begriffs formulieren Boemele, Gsell, Jetzer, Nyffeler und Thalman (2002) folgende Definition: ÄDer Bankensektor als Teil des Finanzsek- tors umfasst die Gesamtheit aller Banken in einer Volkswirtschaft. . .“ (S. 122). Die- se Eingrenzung vermag aus folgenden zwei Gründen nicht zu überzeugen: Erstens bleibt weiterhin unklar, ob die ÄSchweizerische Nationalbank“ miteinbezogen wird und zweitens führen die Autoren den Begriff des ÄFinanzsektors3 “ ein. Wie obiger Definition zu entnehmen ist, entspricht der Bankensektor nicht dem Finanzsektor, sondern bildet nur einen Teil davon, was den Begriff letzten Endes nicht ein-, son- dern abgrenzt. Die Definition der ÄSchweizerischen Bankiervereinigung“ (2006) ist hierfür geeigneter:
Zum schweizerischen Bankensektor zählen alle Finanzintermediäre, welche dem BankG unterstehen. Gemäss Art. 2a der Bankenverordnung umfasst der Kreis der meldepflichtigen Banken alle Institute, welche sich öffentlich zur Annahme fremder Gelder empfehlen. Darüber hinaus gelten als Kriterium für die Bankentätigkeit: 1. Die massgebliche Refinanzierung bei nicht konzernverbundenen Banken, um damit allenfalls nicht konzernverbundene Dritte zu finanzieren sowie 2. die Übernahme und das Angebot auf dem Primärmarkt von Wertpapieren und Wertrechten. (S. 16)
Nun benötigen wir analog zum Schweizer Bankensektor-Begriff ein Gegenstück für den singapurischen, weil sich die oben angeführte Eingrenzung unter anderem auf das BankG stützt. Es sollen jedoch einige Ansätze der oben angeführten Eingren- zung aufgenommen werden, um eine möglichst präzise und weitgehend kongruente Begriffsklärung zu erhalten. Pass, Lowes, Pendleton, Chadwick, O’Reilly und Afferson (2002) umschreiben den Begriff treffend und zur obigen Definition passend:
A deposit taking institution which is licensed by the monetary authorities4 of a country to act as a repository for money deposited by persons, companies and institutions, and which undertakes to repay such deposits either immediately on demand or subject to due notice being given (p. 30)
Dabei wird die Definition in der ursprünglich englischen Fassung belassen, um die Aussagekraft der einzelnen darin enthaltenen Formulierungen getreu wiederzuge- ben.
4 Der Bankensektor als Stütze des Dienstleistungssektors
4.1 Schweizer Banken als innovative Finanzinstitute
4.1.1 Enorme Wertschöpfungskraft und gewichtige Steuereinnahmequelle
Aus volkswirtschaftlicher Sicht haben die eidgenössischen Banken eine entscheidende Bedeutung (s. Abbildung 1). Das bestätigt Schriber (2007), wonach sich die Wertschöpfung des Schweizer Bankensektors im Jahre 2005 auf 10 Prozent des Bruttoinlandproduktes belief. Im Gegensatz dazu betrug 2003 der Anteil noch 9.2 Prozent (Eidgenössisches Finanzdepartement [EFD], 2006a):
Abbildung 1
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anmerkung. EFD, Finanzplatz und Finanzmarktpolitik, 2006a, S. 5.
Damit bildet dieser Sektor den zweitgrössten in der ÄPrivatwirtschaft“, knapp hinter dem ÄGross- und Detailhandel mit rund 12 Prozent“. In der Zeitspanne von 1980 bis 2005 hat sich dieser Beitrag zum Bruttoinlandprodukt von 4 auf die soeben erwähn- ten 10 Prozent mehr als verdoppelt. Gleichzeitig hat sich die Beschäftigungszahl nur geringfügig verändert, nämlich von Ä2.6 auf 3.1 Prozent“ (Schriber, 2007). Dabei wird ersichtlich, dass die ÄArbeitsproduktivität“ enorm gestiegen ist, wobei sie 2005 Ä169 Franken pro Stunde“ betrug (Schriber, 2007). Der heimische Bankensektor beschäftigt cirka 130'000 Mitarbeiter, die einerseits mit ihrem hohen Qualifikations- grad die Relevanz des vierten Produktionsfaktors ÄWissen“ unterstreichen und an- dererseits mit ihrer ÄSteuer- und Zahlungskraft5 “ entscheidend zu den Einnahmen des Staates beitragen (Schriber, 2007). So bezahlten die Banken im Jahre 2002 laut der Schweizerischen Bankiervereinigung [SBVg] (2006) zwei Milliarden Schweizer Franken an ÄGewinn- und Kapitalsteuern“. Das ist jedoch nicht alles. Der SBVg weiter: ÄDazu kamen nach Schätzungen der Eidgenössischen Finanzverwal- tung rund 3.5 Mia. CHF Steueraufkommen natürlicher und juristischer Personen sowie Gewinnausschüttungen der Banken von 6.5 Mia. CHF im Jahre 2002 (die nicht alle im Ausland steuerpflichtig waren)“ (S. 8). Ausserdem tragen die Banken wesentlich zur Zahlung der Stempel- und Verrechnungssteuer bei, auch wenn diese gemäss ÄFinanzverwaltung keine finanzsektorspezifischen Abgaben“ sind. Zusam- menfassend kann festgehalten werden, dass die Banken ungefähr 10 bis 15 Milliar- den Schweizer Franken zum Staatshaushalt beisteuern (SBVg, 2006).
Wenn man nun anstelle der gesamtschweizerischen die kantonale Ebene betrachtet, fällt auf, dass der Beitrag der Banken zur Bruttowertschöpfung Äungleich über das Land verteilt ist“. So tragen die Kantone Zürich mit 45, Genf mit 15 und das Tessin mit 7 Prozent zu einem grossen Anteil am Bruttoinlandprodukt bei (Schriber, 2007). Die Konzentration der ÄWertschöpfung“ um diese drei Knotenpunkte haben im schweizerischen Bankenwesen Äpositive Synergien“ zur Folge. Ausserdem kann sich der Banken- und damit auch der Finanzsektor der Schweiz als solcher auf der internationalen Bühne Äattraktiver“ präsentieren (Schriber, 2007).
4.1.2 Eine kleine Geschichte des Bankensektors - keine ohne Niederlagen
Die Entwicklung der vergangenen 11 Jahren lässt sich in zwei unterschiedliche Phasen teilen (s. Abbildung 2). Die erste setzte ab 1996 mit einem gewaltigen Wachstumsschub ein, welcher hauptsächlich auf die Vermögensverwaltung und das Handelsgeschäft zurückzuführen war. Den Hintergrund bildeten die so genannte ÄNew Economy“ und der seit Mitte der 1990er Jahre stark im Trend liegende Aktien- handel (Schriber, 2007). Diese Phase dauerte fünf Jahre lang, ehe 2001 eine Ab- wärtsbewegung einsetzte: ÄDas Platzen der New Economy Blase und die markan- ten Kursverluste an den Aktienmärkten haben [hatten] viele überrascht und eine mehrjährige Krise für den ganzen Sektor [Hervorhebung durch Verf.] verursacht“ (Schriber, 2007, S. 46). In den Jahren 2000 bis 2005 sank die Äreale Bruttowert- schöpfung“ um Ädurchschnittlich 2.2 Prozent“, wohingegen der Wert im Wendejahr 2001 um 14.5 absackte. Erst seit gut drei Jahren hat sich dieser Sektor weitgehend erholt und ist erneut auf einem Wachstumspfad, nachdem sich 2003 die Situation in der Sparte der Vermögensverwaltung beruhigte (Schriber, 2007).
Abbildung 2
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Entwicklung der realen Bruttowertschöpfung im Bankensektor im Vergleich zur Gesamtwirtschaft (ohne Bankensektor), 1980-2005
Anmerkung. Die Volkswirtschaft, 2007, S. 45.
Weitet man die Zeitspanne weiter aus und betrachtet die gesamte Entwicklung von 1980 bis 2005 (s. Abbildung 2), dann fällt auf, dass die Äreale Bruttowertschöpfung“ enorm gewachsen ist, und zwar um durchschnittlich Ä3.5 Prozent pro Jahr“. Lässt man diese Entwicklung beiseite und betrachtet die Entwicklung der ÄGesamtwirtschaft ohne Bankensektor“, so fällt das Ergebnis mit 1.3 Prozent fast dreimal kleiner aus (Schriber, 2007). Diese zwei Betrachtungsweisen zeigen auf, welch hohe Bedeutung dem Schweizer Bankensektor zukommt.
4.2 Singapurische Banken in einem deregulierten Markt
4.2.1 Bankensektor als Zugpferd der Volkswirtschaft
Im Jahr 2003 betrug der Anteil des Finanzsektors am Bruttoinlandprodukt Singapurs rund 11 Prozent (s. Abbildung 3). Davon wurden 85 Prozent durch die drei grossen Singapurer Geschäftsbanken6 gestützt, was ungefähr einem Beitrag von 9 Prozent entspricht (International Monetary Fund [IMF], 2004). Da Änur“ schon diese Banken einen gewichtigen Anteil an der Bruttowertschöpfung ausmachen, lässt sich nun fol- gender Schritt etwas leichter nachvollziehen: Im Jahr 2006 wuchs das reale Bruttoin- landprodukt des Stadtstaates um 7.9 Prozent, wobei diese hohe Rate wiederum auf das überdurchschnittlich rasante Wachstum des Bankensektors zurückzuführen ist. Dieses betrug nämlich auf das ganze Jahr bezogen ganze 28 Prozent, im Hinblick auf das vierte Quartal desselben Jahres um die 9.2 Prozent. Das lässt den Schluss zu, dass der gegenwärtige Anteil des Bankensektors nun bei über 11 Prozent liegen dürfte (Monetary Authority of Singapore [MAS], 2007).
Abbildung 3
Wirtschaftsstruktur (Anteil am BIP, 1. Halbjahr 2004; in %)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anmerkung. In Anlehnung an: F.A.Z. Institut - Länderanalyse Singapur, Malaysia, Thailand, 2004, S. 7.
Hinsichtlich der Beschäftigungszahl ergibt sich ein ähnliches Bild. Die Zahl der Mit- arbeitenden stieg im Jahr 2006 um 9.7 Prozent, was erneut über dem gesamtwirt- schaftlichen Durchschnitt von 7.6 Prozent lag.
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1 Partner Financial Services Accenture.
2 Eine von der Universität St. Gallen und Accenture durchgeführte Studie über die Entwicklung des Schweizer Bankenwesens bis 2010.
3 Den ÄFinanzsektor“ fasst Büschgen folgendermassen auf: Ä[Der] Sektor der Volkswirtschaft, der alle dem finanziellen Bereich zuzuordnenden Unternehmen und ihre Tätigkeiten umfasst“ (S. 371).
4 Die Zentralbanken beider Länder (SNB, MAS) sind somit nicht Gegenstand der Arbeit.
5 ÄDer monatliche Bruttolohn lag im Bankensektor im Jahr 2002 mit einem Zentralwert von 7642 CHF um rund ein[sic] Drittel über dem schweizerischen Mittel“ (SBVg, 2006, S. 8).
6 vgl. Kapitel 5.2.1