Griechenlands Trinkwasserversorgung. Die Entscheidung zur Privatisierung der Wasserwerke EYDAP und EYATH
Zusammenfassung
Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Privatisierung der Wasserwerke EYDAP S.A. und EYATH S.A. als zu erklärende abhängige Variable (Explanandum). Im zweiten Kapitel wird daher aufgezeigt, welche Akteure bei der Erstellung der MoU eingebunden waren, welche Bestandteile der Wasserwerke EYDAP S.A. und EYATH S.A. privatisiert werden sollen und in welcher Form diese Privatisierung durchgeführt werden soll.
Durch die zu untersuchende Fallzahl von n = 1 (Griechenland) und das verfolgte Ziel der Untersuchung, ein besseres Verständnis für die Korrelation zwischen der Trinkwasser-Privatisierung und der wirtschaftlichen Abhängigkeit Griechenlands vom ESM (Explanans) sowie der damit verbundenen Einflussnahme der Troika auf die nationalpolitischen Entscheidungen Griechenlands (Explanans) zu erhalten, handelt es sich bei dieser Arbeit um eine qualitative Einzelfallstudie. Um anhand der genannten Korrelation den supranationalen Einfluss der Troika zu verdeutlichen, werden die unterschiedlichen Positionen internationaler, transnationaler und supranationaler Akteure zum Privatisierungsvorhaben in diesem Politikprozess skizziert, und die Abweichungen zu den Forderungen der Troika als supranationaler Handlungsakteur für den ESM dargestellt. Hierdurch wird aufgezeigt, inwieweit die Staatstätigkeit Griechenlands bezogen auf die Trinkwasser-Privatisierung in besonderem Maße von den Abstimmungen mit der Troika abhängt.
Als theoretische Grundlage für die Untersuchung wird im dritten Kapitel die Internationalisierungshypothese herangezogen und erläutert, welche die Annahme vertritt, „dass die Staatstätigkeit zunehmend vom Wandel der internationalen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Konstellationen beeinflusst wird“ (Reiter/Töller 2014). Aufgrund der eingeschränkten Erklärungskraft der Internationalisierungshypothese wird zusätzlich die sozio-ökonomische Theorienschule herangezogen, welche in der Staatstätigkeit eine „Reaktion auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen und auf hierin wurzelnde Funktionsprobleme politischer Gemeinwesen“ (Schmidt/Ostheim 2007) sieht. [...]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Privatisierung der Wasserwerke EYDAP S.A. und EYATH S.A.
2.1 Privatisierung
2.2 Die Wasserwerke EYDAP und EYATH
2.3 Griechenland und die Troika
3 Die theoretischen Grundlagen
3.1 Internationalisierungshypothese
3.2 Sozio-ökonomische Theorienschule
4 Fallanalyse
4.1 Staatsschuldenquote und Memorandum of Understanding
4.2 Reaktionen auf die Trinkwasserprivatisierung in Griechenland
5 Fazit und Ausblick
6 Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Seit Beginn der Finanzkrise in 2007 und der darauffolgenden Staatsschuldenkrise 2009/2010 kann eine Privatisierung öffentlicher Güter aufgrund dessen, dass eine markt- und verbraucherorientierte Preisbildung einerseits sowie eine Verringe-rung der Staatsverschuldung durch Einnahmen aus der Veräußerung andererseits stattfindet, legitimiert werden (vgl. Afouxenidis/Lampropoulou 2013: 3).
Auf Kritik stößt eine solche Privatisierung öffentlicher Güter insbesondere dann, wenn das zu kommodifizierende Gut als Allgemeingut angesehen wird, das zum menschlichen Leben gehört und dessen Zugang ein Menschenrecht darstellt, was beim Gut Trinkwasser der Fall ist (vgl. Kanakoudis/Tsitsifli 2014: 32).
Als Befürworter und Treiber der Trinkwasser-Privatisierung wirken vor allem supranationale Organisationen, bspw. der IWF, welche Entwicklungsländern Gelder im Rahmen von Förderprogrammen zur Sicherung der Trinkwasser-versorgung in Zusammenarbeit mit privaten Konzernen zur Verfügung stellen (vgl. Budds/McGranahan 2003: 106 ff., vgl. Pempetzoglou/Patergiannaki 2017: 103ff.). Es sind aber auch die Regierungen selbst, die durch eine Privatisierung die eigenen, unwirtschaftlichen Wasserwerke gegen eine entsprechende Kapitalzufuhr veräußern wollen (vgl. Dobner 2010: 151).
Durch die Staatsschuldenkrise in Europa, aufgrund derer einigen Mitgliedsstaaten, den sogenannten GIIPS -Staaten, der Staatsbankrott drohte, wurde die Privatisierung von öffentlichen Gütern zur Staatssanierung über gemeinsame Absprachen zwischen der Troika – bestehend aus EZB, EK und IWF – als Interessenvertretung der Gläubiger und dem jeweiligen Schuldnerstaat über ein MoU vorangetrieben (vgl. Hall 2012: 355, 363ff., vgl. Pempetzoglou/ Patergiannaki 2017: 102). Als Besonderheit ist hervorzuheben, dass auch eine Privatisierung staatlich organisierter Bereiche vorgesehen wurde, die bis dato durchaus effizient und gewinnbringend arbeiteten. Dieses trifft mit Blick auf die Privatisierung der Trinkwasserversorgung u. a. auf das Vorhaben der Privatisierung der griechischen Wasserwerke von Athen EYDAP S.A. und Thessaloniki EYATH S.A. zu (vgl. Kishimoto/Hoedeman 2015). Dieses Privatisierungsvorhaben löste in der griechischen Bevölkerung deutlichen Widerstand in Form von Protesten, Bürgerinitiativen und 2014 sogar einer nicht-staatlich bottom-up organisierten Volksabstimmung in Thessaloniki aus, bei der 98% gegen eine Privatisierung der Wasserwerke von Thessaloniki stimmten (vgl. Nikolauou 2014). Zudem gab es kurz darauf einen Gerichtsentscheid des Obersten Gerichtshofs in Griechenland, der eine Privatisierung der Trinkwasserversorgung untersagt (vgl. Katrakaza 2016).
Trotz dieser Ausgangslage wurden weiterhin Anteile der beiden Wasserwerke EYDAP S.A. und EYATH S.A. privatisiert. Im Rahmen der vorliegenden Hausarbeit wird von mir argumentiert, dass dieses Weiterführen der Privatisierung der Wasserwerke nur deshalb gelang, weil die gemessen an der Staatsschuldenquote schlechte wirtschaftliche Situation Griechenlands und der drohende Staatsbankrott in Verbindung mit der Abhängigkeit von den Geldzahlungen aus dem Stützungsfonds des ESM (vormals EFSF) dem griechischen Staat bei der Umsetzung der Vereinbarungen aus dem MoU nur wenig Möglichkeit für innenpolitische Gestaltungsspielräume und somit für alternative politische und wirtschaftliche Modelle zur Privatisierung ließen. Griechenland kann bis heute seine Staatsschulden nicht selbst tragen und hat bisher drei Mal vom ESM weitreichende Unterstützungszahlungen erhalten, die jeweils mit einem MoU verbunden waren. Auffällig ist hierbei, dass die Erfordernis der Privatisierung der Wasserwerke EYDAP S.A. und EYATH S.A. von MoU zu MoU stringenter formuliert wurde. Auf diesen Argumenten basierend bildet sich daher die Leitfrage dieser Arbeit:
Wie wurde die nationalpolitische Entscheidung Griechenlands zur Privatisierung der Wasserwerke EYDAP S.A. und EYATH S.A. von der Troika im Rahmen der Bekämpfung der Staatsschuldenkrise beeinflusst?
Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Privatisierung der Wasserwerke EYDAP S.A. und EYATH S.A. als zu erklärende abhängige Variable (Explanandum). Im zweiten Kapitel wird daher aufgezeigt, welche Akteure bei der Erstellung der MoU eingebunden waren, welche Bestandteile der Wasserwerke EYDAP S.A. und EYATH S.A. privatisiert werden sollen und in welcher Form diese Privatisierung durchgeführt werden soll.
Durch die zu untersuchende Fallzahl von n = 1 (Griechenland) und das verfolgte Ziel der Untersuchung, ein besseres Verständnis für die Korrelation zwischen der Trinkwasser-Privatisierung und der wirtschaftlichen Abhängigkeit Griechenlands vom ESM (Explanans) sowie der damit verbundenen Einflussnahme der Troika auf die nationalpolitischen Entscheidungen Griechenlands (Explanans) zu erhalten, handelt es sich bei dieser Arbeit um eine qualitative Einzelfallstudie. Um anhand der genannten Korrelation den supranationalen Einfluss der Troika zu verdeutlichen, werden die unterschiedlichen Positionen internationaler, transnationaler und supranationaler Akteure zum Privatisierungsvorhaben in diesem Politikprozess skizziert, und die Abweichungen zu den Forderungen der Troika als supranationaler Handlungsakteur für den ESM dargestellt. Hierdurch wird aufgezeigt, inwieweit die Staatstätigkeit Griechenlands bezogen auf die Trinkwasser-Privatisierung in besonderem Maße von den Abstimmungen mit der Troika abhängt.
Als theoretische Grundlage für die Untersuchung wird im dritten Kapitel die Internationalisierungshypothese herangezogen und erläutert, welche die Annahme vertritt, „dass die Staatstätigkeit zunehmend vom Wandel der internationalen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Konstellationen beeinflusst wird“ (Reiter/Töller 2014: 57). Aufgrund der eingeschränkten Erklärungskraft der Internationalisierungshypothese (vgl. ebd.: 41) wird zusätzlich die sozio-ökonomische Theorienschule herangezogen, welche in der Staatstätigkeit eine „Reaktion auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen und auf hierin wurzelnde Funktionsprobleme politischer Gemeinwesen“ (Schmidt/Ostheim 2007: 29) sieht. Als sozio-ökonomische Determinante findet die Staatsschulden-quote Griechenlands Anwendung, die das Verhältnis zwischen den Staatsschulden und dem BIP ausdrückt und als Kennzahl für die Tragfähigkeit der Staatsschulden gilt, um die wirtschaftliche Abhängigkeit Griechenlands von den Zahlungen des ESM sowie die weitreichende negative wirtschaftliche Entwicklung in Griechenland aufzuzeigen.
Um die wirtschaftliche Abhängigkeit Griechenlands von den Zahlungen aus dem ESM als Ursache und somit unabhängige Variable (Explanans) für die Forcierung der Privatisierung der Trinkwasserversorgung belegen zu können, wird im vierten Kapitel die Entwicklung der Staatsschuldenquote Griechenlands mit den aus der voranschreitenden Privatisierung der Trinkwasserversorgung resultierenden Veränderungen in einen zeitlichen und kausalen Kontext gebracht. Die Analyse des zweiten Explanans, die getroffenen nationalpolitischen Entscheidungen zur Trinkwasserprivatisierung in Griechenland und die widerständigen Reaktionen aus der Bevölkerung hierauf, erfolgt ebenfalls in diesem Kapitel.
Im abschließenden Kapitel 5 wird die Leitfrage bzgl. der Abhängigkeit Griechen-lands – als wirtschaftlich defizitäre Demokratie – von der Troika sowie die daraus hervorgehende Einschränkung staatlicher innenpolitischer Gestaltungsspielräume am Beispiel der Privatisierung der Trinkwasserversorgung beantwortet.
2 Die Privatisierung der Wasserwerke EYDAP S.A. und EYATH S.A.
Um die Leitfrage dieser Arbeit nach der Beeinflussung nationalpolitischer Entscheidungen Griechenlands zur Privatisierung der Wasserwerke EYDAP S.A. und EYATH S.A. durch die Troika im Rahmen der Bekämpfung der Staatsschuldenkrise beantworten zu können, wird in einem ersten Schritt der Begriff Privatisierung definiert und mit dem Gut Trinkwasser in Verbindung gebracht. In einem zweiten Schritt wird die Entwicklung der Wasserwerke EYDAP S.A. und EYATH S.A. unter dem Blickwinkel einer fortschreitenden Privatisierung betrachtet. Im letzten Schritt wird die Einflussnahme der Troika auf Privatisierungsvorhaben in Griechenland über die Strukturprogramme zur Krisenbewältigung dargestellt. Mit diesen Schritten wird die Privatisierung der Wasserwerke EYDAP S.A. und EYATH S.A. dargestellt und somit als abhängige Variable definiert, was die Grundlage für weitergehende Untersuchungen bildet.
2.1 Privatisierung
Der Begriff Privatisierung wird definiert als Entstaatlichung, wobei zur weiterführenden Identifizierung auf drei Entscheidungsformen (1) formale Privatisierung, (2) materielle (Teil-)Privatisierung und (3) funktionale Privatisierung eingegangen wird (vgl. Sack: 23).
Die formale Privatisierung ist für den Bereich der öffentlichen Versorgung von besonderer Bedeutung, weil es bei ihr um die Überführung administrativer Tätigkeiten auf den privaten Sektor geht (vgl. Obinger/Schmitt/Zohlnhöfer 2014: 1298, vgl. Sack 2016: 23f.). Die formale Privatisierung unterteilt sich in zwei Typen, nämlich in (a) die Übertragung einer sektorspezifischen Behörde in eine eigenständige öffentlich-rechtliche Körperschaft und in (b) die Übertragung einer öffentlichen Körperschaft in eine dem Privatrecht unterliegende staatliche Gesellschaft, wie z.B. durch Gründung einer AG oder einer GmbH, wobei die Anteile sukzessive in den privaten Sektor übertragen werden können (vgl. Obinger/Schmitt/Zohlnhöfer 2014: 1298, vgl. Sack 2016: 23f.).
Die materielle (Teil-)Privatisierung erfolgt über die Veräußerung von formal festgelegten Gesellschaftsanteilen (bspw. Aktien). Dies kann bspw. durch Bildung einer Organisatorischen PPP geschehen, welche vorliegt, wenn die Anteile einer privatrechtlichen Organisation sowohl von privaten als auch von öffentlichen Investoren gehalten werden (vgl. ebd.: 27). Als wesentliche Gründe für eine organisatorische materielle (Teil-)Privatisierung werden zum einen eine geringe Wirtschaftskraft, eine Haushaltsnotlage sowie parteipolitische Konstellationen und zum anderen die Generierung von Liquidität am Finanzmarkt als auch das Interesse privater Unternehmen an einer Beteiligung angeführt (vgl. Papenfuß 2013: 369).
Die dritte Entscheidungsform ist die funktionale Privatisierung, welche die Übertragung der jeweils zu privatisierenden Aufgaben und Leistungen – z.B. Konzessionen, öffentliche Auftragsvergaben und Leasing – beinhaltet (vgl. Sack 2016: 28). Je nach Art kann es daher sein, dass einige Aufgaben und Leistungen in den privaten Sektor übergeben werden, jedoch das Gros noch in öffentlicher Hand verbleibt oder umgekehrt, wobei im privaten Sektor das Ziel in der Effizienzsteigerung bzw. in der Erhöhung der Wirtschaftlichkeit bei der jeweiligen Aufgaben- und Leistungserfüllung besteht (vgl. Mühlenkamp 2011: 68ff.). Inwieweit dieses Ziel auch real besser durch private als durch öffentliche Leistungserbringer erfüllt wird, ist empirisch nicht nachhaltig belegt (vgl. ebd.: 91ff.).
Beim zu privatisierenden Gut Trinkwasser, das im Rahmen dieser Hausarbeit betrachtet wird, handelt es sich um ein Almendes Gut. Als Almende Güter werden diejenigen Güter bezeichnet, die nicht-exklusiv, jedoch rival sind, wobei das bei Allmendegütern existierende Allmende Problem beschreibt, dass eine Übernutzung des Guts ohne dazugehörige Verantwortung oder Leistung der Konsumenten für die weitere ausreichende Existenz des Gutes erfolgt (vgl. Sack 2016: 13).
2.2 Die Wasserwerke EYDAP und EYATH
Die größte Wasserversorgungsgesellschaft Griechenlands ist die 1980 aus einem Zusammenschluss der Hellenic Water Company S.A. und der Greater Athens Sewerage Organisation S.A. hervorgegangene EYDAP (vgl. Pempetzoglou/ Patergiannaki 2017: 107). Ein erster Schritt zur Privatisierung erfolgte 1999 mit der Trennung der wesentlichen Vermögenswerte in die sich in Staatsbesitz befindende EYDAP Assets und die 2000 an der Athener Börse notierten EYDAP S.A., wobei sich Letztere für einen Zeitraum von 20 Jahren die ausschließliche Erbringung der Wasserversorgungsdienstleistung vertraglich sicherte (vgl. ebd.: 107). Der Hauptaktionär von EYDAP S.A., welche einen geschätzten Marktwert von 914 Mio. aufweist, ist der griechische Staat (vgl. Douvitsa/Kassavetis 2014: 148, vgl. Katrakaza 2016). Im Rahmen der Bekämpfung der Finanzkrise von 2007 wurden weitere Staatsbestände des Unternehmen EYDAP S.A. zur Versteigerung an den privaten Sektor zugelassen (vgl. Douvitsa/Kassavetis 2014: 148). Im Jahr 2012 wies das Unternehmen ein Netto-Jahresergebnis von 62 Mio. €, einen Umsatz von 353 Mio. €, Barreserven in Höhe von 881 Mio. € und Eigenkapital von 1,2 Mio. € aus (vgl. Petitjean 2014). Seit Juli 2015 wurde zunächst für einen Zeitraum von fünf Jahren die Preispolitik für Wasser- und Abwasserversorgung in die Obhut des Sondersekretariats für Wasser in Absprache mit dem griechischen Finanzminister gegeben, wobei diese Regelung nach Ablauf wieder um weitere fünf Jahre verlängert werden kann (vgl. Katrakaza 2016).
Das Unternehmen EYATH S.A. ist mit einem geschätzten Marktwert von 152 Mio. € die zweitgrößte Wasserversorgungsgesellschaft Griechenlands und entstand 1998 aus der Fusion der öffentlich-rechtlichen Betriebe von Thessaloniki Water Supply Organization S.A. und Thessaloniki Sewerage Organization S.A. mit einer vertraglichen Laufzeit von 99 Jahren und wird vom griechischen Ministerium für Wirtschaft und Finanzen sowie vom Ministerium von Mazedonien-Thrakien geleitet (vgl. Katrakaza 2016, vgl. Pempetzoglou/Patergiannaki 2017: 106). Im Zeitraum von 2000 bis 2001 beschloss die Interministerielle Kommission für Privatisierung in Griechenland, Aktienanteile, die bis dahin zu 100% im Bestand des griechischen Staates waren, an der Athener Börse zu veräußern; hierzu wurden die Vermögenswerte des Wasserversorgers in das öffentliche Unternehmen EYATH Fixed Assests und die Dienstleistungserbringung in EYATH S.A. mit dem griechischen Staat als Hauptgesellschafter übertragen (vgl. Douvitsa/Kassavetis 2014: 141, vgl. Pempetzoglou/Patergiannaki 2017: 106). Zusätzlich wurde im Juli 2001 ein 30-jähriger Vertrag zwischen EYATH S.A. und dem griechischen Staat geschlossen, welcher die Wasserversorgung ausschließlich durch EYATH S.A. sichert (vgl. Katrakaza 2016, vgl. Pempetzoglou/Patergiannaki 2017: 106).
Mit der Aufteilung von EYDAP und EYATH in EYDAP S.A. und EYDAP Assets sowie EYATH S.A. und EYATH Fixed Assets wurden beide Typen der formalen Privatisierung vorgenommen. Zum einen wurden mit EYDAP Assets und EYATH Fixed Assets die Vermögensbestandteile in eine eigenständige öffentlich-rechtliche Körperschaft übertragen und zum anderen wurden mit EYDAP S.A. und EYATH S.A. Teile der öffentlichen Körperschaft in eine dem Privatrecht unterliegende Aktiengesellschaft übertragen.
Eine materielle (Teil-)Privatisierung durch Veräußerung von Aktienanteilen der Wasserwerke EYDAP S.A. oder EYATH S.A. hatte zu diesem Zeitpunkt nur geringfügig stattgefunden: Von EYDAP S.A. waren keine und von EYATH S.A. 5,462% der Aktienanteile bei SUEZ ENVIRONMENT S.A. als Anteilseigner in privater Hand und der restliche Bestand beider Unternehmen im Besitz des griechischen Staates als Hauptanteilseigner (vgl. Petitjean 2014). In 2012 erwirtschaftete EYATH S.A einen Jahresüberschuss von 18 Mio. €, einen Umsatz von 77 Mio. €, hielt Barreserven in Höhe von 33 Mio. € und besaß 135 Mio. € Eigenkapital (vgl. ebd.).
Mit der Übertragung von Aufgaben und Leistungen in Form der Dienstleistungs-erbringung der Wasserversorgung auf EYDAP S.A. und EYATH S.A. wurde eine funktionale Privatisierung vorgenommen. Da die Privatisierung von EYDAP S.A. und EYATH S.A. nahezu identisch verliefen, handelt es sich bei beiden Privatisierungen um eine Bildung von PPP.
2.3 Griechenland und die Troika
Im Zuge der Finanzmarktkrise ergab sich in Griechenland die Situation, dass sich das Land nicht mehr am Kapitalmarkt selbst refinanzieren konnte und auf Hilfen durch den IWF, die EU (vertreten durch EK) und die EZB im Rahmen des ESM angewiesen war (vgl. Sack 2016: 51). Als Gegenleistung zu den Refinanzierungsmitteln wurde ein gemeinsames Strukturprogramm für Griechenland, ein sogenanntes MoU, zwischen der griechischen Regierung, der Zentralbank von Griechenland, der EZB, der EK und dem IWF geschlossen. Seit Beginn der Finanzkrise 2007 hat die griechische Regierung in 2010, 2012 und 2015 drei MoU abgeschlossen (vgl. Pempetzoglou/Patergiannaki 2017: 102). Inhaltlich sind in den Strukturprogrammen zur Refinanzierung von in Schieflage geratenen Staaten u. a. Privatisierungen von öffentlichen Gütern und Bereichen ein fester Bestandteil (vgl. Doyle 2012: 573). Hintergrund für die Vereinbarung von Privatisierungsvorhaben in den Strukturprogrammen ist das Ziel, über eine funktionale Privatisierung die Effizienz und Wirtschaftlichkeit von Unternehmen bei der jeweiligen Leistungserbringung zu steigern und zugleich Staatsaufwendungen durch das Unterlassen von Investitionen sowie durch die Nutzung der Verkaufseinnahmen zur Schuldentilgung zu verringern (vgl. ebd.: 573-574). Als Beispiel: Zwischen 1997 und 1999 waren 16,5 % aller Maßnahmen, die zwischen dem IWF und den Nationalstaaten über Strukturprogramme vereinbart wurden, Privatisierungsvorhaben (vgl. ebd.: 573-574).
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