Als man die Werla im 19. Jahrhundert wiederentdeckte, war obererdig von ihr so gut wie nichts erhalten. Erst intensive Grabungen von 1875 bis 1964 verschafften uns heute das Bild, welches wir von der größten Pfalzanlage Niedersachsens haben. Einst war sie eine bedeutende Stätte für die Reichsherren, vor allem im zehnten Jahrhundert für die Ottonen. Doch verlor sie im Laufe der Jahre immer mehr an Bedeutung, da die Pfalz Goslar am Rammelsberg der Vorreiter wurde. Bis zum vierzehnten Jahrhundert konnte die Werla sich durch ihre Wirtschaft noch aufrecht erhalten, bevor sie zur Wüstung verfiel und weitgehend in Vergessenheit geriet. Dieser kurze Wirkungszeitraum der Werla soll dennoch nicht ohne große Bedeutung und Folgen gewesen sein. Betrachtet man den Aufbau und Grundriss der Werla, so zeugt sich dieser als ein typischer Aufbau einer frühmittelalterlichen Pfalz. Herrensitz, Wirtschaftshof und eine ausgedehnte Befestigung konnten rekonstruiert werden.
In dieser Arbeit soll nach einem kurzen Geschichtlichen Überblick zur Werla, die Anlage mit ihren wichtigsten Gebäuden beschrieben und gedeutet werden. Auch soll die Lage von Herrensitz und Wirtschaftshof diskutiert werden. Zum Schluss wird die Funktion und Bedeutung der Werla aufgezeigt, sowie ein Ausblick zur weiteren Forschungsgeschichte gegeben.
Inhalt
1. Einleitung
2. Zur Geschichte der Pfalz
2.1. Namensherkunft
2.2. Werla im 10.-12. Jahrhundert
2.3. Die Verortung der Pfalz
3. Die Anlage der Werla
4. Funktion und Bedeutung der Pfalz
5. Forschungsausblick
6. Fazit
7. Bibliografie
9. Bildnachweis
1. Einleitung
Als man die Werla im 19. Jahrhundert wiederentdeckte, war obererdig von ihr so gut wie nichts erhalten. Erst intensive Grabungen von 1875 bis 1964 verschafften uns heute das Bild, welches wir von der größten Pfalzanlage Niedersachsens haben (Abb.1). Einst war sie eine bedeutende Stätte für die Reichsherren, vor allem im 10. Jahrhundert für die Ottonen. Doch verlor sie im Laufe der Jahre immer mehr an Bedeutung, da die Pfalz Goslar am Rammelsberg der Vorreiter wurde. Bis zum 14. Jahrhundert konnte die Werla sich durch ihre Wirtschaft noch aufrecht erhalten, bevor sie zur Wüstung verfiel und weitgehend in Vergessenheit geriet. Dieser kurze Wirkungszeitraum der Werla soll dennoch nicht ohne große Bedeutung und Folgen gewesen sein. Betrachtet man den Aufbau und Grundriss der Werla, so zeugt sich dieser als ein typischer Aufbau einer frühmittelalterlichen Pfalz. Herrensitz, Wirtschaftshof und eine ausgedehnte Befestigung konnten rekonstruiert werden. In dieser Arbeit soll nach einem kurzen Geschichtlichen Überblick zur Werla, die Anlage mit ihren wichtigsten Gebäuden beschrieben und gedeutet werden. Auch soll die Lage von Herrensitz und Wirtschaftshof diskutiert werden. Zum Schluss wird die Funktion und Bedeutung der Werla aufgezeigt, sowie ein Ausblick zur weiteren Forschungsgeschichte gegeben.
2. Zur Geschichte der Pfalz
2.1. Namensherkunft
Der ursprüngliche Name Werlaha und somit die älteste Nennung Werlas zeigt sich 931 auf einer Urkunde, ausgestellt von König Heinrich I. Der Name besteht aus dem ersten Teil Werl, abgeleitet von dem Flussnamen Werila, und dem zweiten Teil –aha, welcher für Wasser steht oder einem Gewässernamen angehängt wurde. Somit steht nach Albrecht Greule der Name für ein Gewässer.[1] Im Laufe der Zeit entwickelte sich dann der Name Werla. Das man bei Werla von einer Pfalz spricht geht schon auf Eike von Repgow zurück, welcher in seinem Sachsenspiegel schreibt: „Im Land Sachsen gibt es fünf Orte, die Pfalzen heißen und an denen der König echte Hoftage halten soll.“ Dazu gehört auch „Werla, dessen Pfalz nun mehr nach Goslar verlegt ist“, wobei die Übersetzung, dass Werla bei Goslar gelegen wäre, falsch ist.[2] Die Bezeichnung Eike von Repgows bietet zudem den einzigen Nachweis zur Bezeichnung als Pfalz, denn als palatium ist Werla nie bezeichnet worden. Da die schriftlichen Nachrichten spärlich sind und die Pfalz nur kurz genutzt wurde, geben vor allem die Grabungen den größten Aufschluss zur Bedeutung Werlas als Pfalz. Die Bezeichnung als Kaiserpfalz ist fälschlich aufgeführt, da keine Verbindung zur durch den Papst verliehenen Kaiserwürde und dessen Amtsausführung besteht. Der Begriff ist nach 1870 eher als ideologische Bedeutung zu verstehen.[3]
2.2.Werla im 10.-12. Jahrhundert
Die Geschichte Werlas ist aufgrund der fehlenden oder verfälschten Quellen schnell erläutert. Die Vorgeschichte und die Nutzung sind weitgehend unklar. Eine richtige Nennung des Ortes Werla lässt sich erst 968 nachweisen, in dem Geschichtswerk „Die Sachsengeschichte des Widukind von Corvey“ von dem Mönch Widukind[4]: „Rex autemerat in praesidiourbisquaediciturWerla“. [5] Dieses gibt Ereignisse wieder, in denen Werla beteiligt war, allerdings ohne Jahreszahlen. Er beschreibt, dass Heinrich I. während eines Einfalls der Ungarn in der Burg Werla Schutz gesucht hätte. Das hatte sich wahrscheinlich um 926 zugetragen.[6] Somit wurde die Pfalz im 10. Jahrhundert von Heinrich I. und wohl seinem Sohn Otto I. errichtet.Widukind bezeichnet Werla in seine Ausführungen als Burg und nicht als Pfalz. Somit müsste sie ausreichen befestigt und groß genug gewesen sein, den König und sein Gefolge unterzubringen. Es wäre aber auch Möglich, dass er sich alles nur ausgedacht hat. In den Jahren 983-85 diente Werla Heinrich dem Zänker als Stützpunkt während Streitigkeiten um die Thronfolge. 1002 dient Werla erneut als Versammlungsort zur Ernennung eines neuen Thronfolgers, Heinrich II, welcher in den folgenden Jahren immer wieder einige Zeit in Werla verbringt. Hier wird Werla vom Geschichtsschreiber Thietmar von Merseburg immer noch als Burg angesprochen, allerdings mit dem Verweis auf einen Palas oder Saalbau.[7] Nach dem Tode des Königs 1024 versammelten sich Sachsen in der Burg um über die Königswahl und die Aufteilung von Besitztümern zu verhandeln. Nach dem Tod Heinrich II. wird die Pfalzfunktion weitgehend an Goslar übertragen. Neben einer einst großen militärischen Anlagen und einer Funktion als Versammlungsort für Hoftage hatte Werla auch eine bedeutende Wirtschaft, die sich auch nach der Verlagerung nach Goslar halten konnte. Allerdings brach auch dieser Bereich um 1086 weitgehend zusammen, nachdem Heinrich IV einen Teil des Reichsgutes verschenkte.[8] Die Jahrbücher aus dem Kloster Pegau verzeichnen erst 1180 wieder eine Zusammenkunft in Werla[9], nämlich den Hoftag des Kaisers Friedrich Barbarossa. Nach diesem Datum trat Werla in den Hintergrund der deutschen Reichsgeschichte und der Name ging weitestgehend unter. Aus geschichtlichen Quellen ist auch der weitere Verlauf der Pfalz bis ins 14. Jahrhundert und des wüst werdens kaum bekannt. Im Braunschweiger Jahrbuch 39 (1958) findet sich nur noch ein Verweis, dass um 1505 noch eine Kirche und eine Kapelle bestanden haben müssen: „Werle parochia und Werle capella“[10]
2.3. Die Verortung der Pfalz
Im 18. Jahrhundert trat der Wunsch auf, den im 10. Jahrhundert bedeutenden Ort Werla wieder zu finden. Es traten mehrere Theorien auf, darunter Werl in Westfahlen und Warle am Elm bei Schöppenstedt. Um die 1750er Jahre gelang es dann den Juristen R.A Nolde und C. U. Grupen, Werla zwischen Dorstadt, Heiningen und Schladen einzugrenzen (Abb.2). Somit liegt die Pfalz am nördlichen Harzvorland, wenige Kilometer von Goslar. Die Hauptburg befindet sich auf einem abfallenden Höhenzug.[11] Die Vorburgen verlaufen nach Norden und Westen ca. 600 Meter.[12] H. A. Lünzel verband anschließend die 1818 niedergelegte Kapelle auf dem Kreuzberg mit Werla. 1875 führte dann E. F. A. Schulze auf dem Plateau erste Untersuchungen durch und bestätigte mit seinen Funden die Lage. Die Pfalz lag strategisch günstig, da sie sich auf einer Anhöhe befand, mit natürlichem Schutz durch die Oker im Osten.
3. Die Anlage der Werla
Man unterscheidet an der Pfalz Werla vier Bauphasen. Die erste Anlage bestand nur aus einer Hauptburg, welche von einem Erdwall umgeben war. Man vergrößerte diese im 10. Jahrhundert, indem zwei Vorburgen Richtung Nord-West und eine Befestigung aus Ringmauer und Gräben errichtet wurden. [13] Um 1200 trennte man den östlichen Ring der Inneren Vorburg vom Rest und ebnete den Burggraben ein. Im Westen wurde zudem noch ein halbrunder Turm und eine Sperrmauer erbaut. Noch im gleichen Jahrhundert stelle man die Hauptburg wieder in ihrer ursprünglichen Größe her. Betrachtete man den ältesten Hof, so zeigt sich dieser im Nordwestsektor der Hauptburg. 1963 konnte ein Teil der Wallanlage in Form eines Viertelkreises und Steinreste geborgen werden. Auch ein Hausgrundriss zeigte sich. Man setzt diese Anlage auf das 8.-9. Jahrhundert fest. [14] Die Anlage der Werla umfasst die Hauptburg mit Wohngebäuden für König und Adelige, Repräsentationsbauten und die Kirche (Abb.3). Somit umfasst sie sowohl kirchliches als auch weltliches Zentrum der Pfalz. In der Hauptburg befinden sich sieben größere Steingebäude, welche alle Ost- West ausgerichtet sind und freistehen. [15] Im südöstlichen Teil der Hauptburg entdeckte Steckeweh 1936 die Kapelle. Diese weist einen kreuzförmigen Grundriss auf mit Apsis Richtung Osten (Abb.4). Es waren hauptsächlich nur Fundamentreste erhalten, mit denen sich eine Größe von 22x 5,80 Meter rekonstruieren ließ. [16] Dadurch ist die äußere Gestalt des Bauwerks nicht zu erschließen. Bei Untersuchungen 1957 und 1958 stieß man auf beigabenlose, wahrscheinlich geistliche, Gräber im Querhaus und späte Gräber unter dem alten Pflaster um die Apsis. Desweiteren konnte unter dem jüngeren Pflaster in einer Brandschicht Keramik von blau- grauer Ware geborgen werden. In der Längsachse der Kapelle legte man eine quadratische Steinkiste frei, in der sich einige Glassplitter befanden. Man vermutet aufgrund der Nähe zum Kreuzaltar einen Aufbewahrungsort für Kultgegenstände. Im 13. Jahrhundert, zur Zeit, da die Burg kaiserliches Lehen war, verkleinerte man die Kapelle. Nun diente sie nur noch für Beisetzungen. [17] Im gleichen Jahrhundert unterlag die Kapelle einem weiteren Umbau, der wahrscheinlich mit dem Neubau des Kellers zusammen hing. Funde weisen darauf hin, dass die Kapelle um diese Zeit noch genutzt wurde. Der Palas I befindet sich in der südlichsten Ecke der Hauptburg. Er wurde 1939 freigelegt, nachdem Becker 1934 schon einige Gräben angelegt, und Mauerreste freigelegt hatte. Es wurde eine Aneinanderreihung von großen Platten, mit einigen Lochsteinen freigelegt. Auch fand man eine Art Verschluss für die Lochsteine, welches das Gefundene als „Heizung“ identifiziert. Auch fanden sich Kammern, welche überwölbt waren und großer Hitze ausgesetzt gewesen sind. Hier vermutet man die Heizkammern (Abb.5/6). Die angrenzenden ovalen Mauerzüge sind die Kanäle, welche die Wärme durch das Gebäude leiten. [18] Scherben datieren die Nutzung dieser Heizanlage vom 10.-11. Jahrhundert. Bei dem beheizten Raum vermutet Feldmann die „Stube“, während er den östlich anschließenden unbeheizten Raum als Schlafkammer identifiziert. Der Rundbau an der Ostseite, indem sich ein Brennofen befand, wurde zunächst als Küche gedeutet. Heute geht man eher von einer Privatkapelle des Königs aus. [19] Das Baumaterial des Gebäudes zeigt, dass das Haus und der Rundbau abgerissen und erneuert, allerdings ebenfalls im 10. Jahrhundert errichtet wurden. Heute geht man von einer großen Bedeutung dieser Heizanlage als Vorbild für andere Pfalzen z.B. Goslar aus. Auch ist die Bauweise eine völlig neue. [20] Anzunehmen ist, dass hier der König während seines Aufenthaltes gewohnt hat, da die Anlage ein Hinweis auf Luxus bietet. Den hier zuerst vermuteten Repräsentationssaal kann man als Deutung ausschließen, da der Bau zwar geschützt am Westtor liegt, die Eingangsseite jedoch dem unschönen Norden zugewandt ist. Der Palas II befindet sich nördlich der Kapelle (Abb.7). Bei Grabungen von 1959 zeigte sich ein Mauerzug, welcher ein Gebäude andeutete. Keramik und Steinmaterial datierten diesen Bau in das 12. Jahrhundert. Es weist die Maße von 34,40x 15 Metern auf und ist somit das größte Gebäude der Hauptburg. Die Mauerstärke weist zudem auf ein zweites Geschoss hin. Der ganze Bau ist nicht untergliedert. Bei den Grabungen zeigte sich, dass das Gebäude ein früheres Wirtschaftsgebäude aus dem 10. Jahrhundert überschneidet. [21] Die Größe des Palas II schließt auf eine Nutzung als Repräsentationssaal zum Empfang für Gäste, sowie weitere politische Angelegenheiten, aber auch zum Abhalten für Feste. Desweiteren finden sich Gebäude, welche als Wohngebäude gedeutet werden. Eines findet sich westlich der Kapelle. Diesen Raum bezeichnet man als Estrichsaal, da er von rosa gefärbtem Gipsestrich gebildet wird. Am früheren Eingang an der Ostwand hatte man später einen Kamin eingebaut. [22] Senkrecht zum Estrichsaal zeigte sich ein weiterer rechteckiger Bau, welcher als Nordsaal bezeichnet wird. Über diesen lassen sich keine weiteren Aussagen fassen. An der Nordwestecke der Kapelle ist ein Zwischengebäude zu verorten, welches allerdings überbaut wurde. Auch sind weitere Holzbauten auf der Hauptburg nicht auszuschließen. 1957 stieß man auf eine weitere Neuerung, welche man in das spätere Mittelalter datiert. Es zeigte sich ein ausgedehntes Grabensystem von der Westseite des Estrichsaals bis zum Keller von Tor III, dem westlichsten Tor. Der mit Steinplatten befestigte Gang wies ebenso einen Quergang in Nord- Süd Richtung auf, sowie eine Ausdehnung nach Osten. Die Gänge mündeten teilweise in Gebäude, welche heute aber kaum erhalten sind, da sich aufgrund des Gewichtes aus Holz bestanden haben müssen. Auf die weitere Lage der Gänge soll hierbei nicht eingegangen werden. Geborgene Keramik datiert diese Gänge in das 13. Jahrhundert. Da die Gänge von Gebäuden der Hauptburg zu Ausgängen, wie Tor III oder auch zu Überwachungsposten, wie Turm IV, führten, geht man von Fluchtwegen oder Gängen zur Beobachtung aus. Auch wenn in einem Einzelfall ein Keller mit einer Kochnische eingebracht war, geht Seebach davon aus, dass die Gänge nicht für einen Längeren Aufenthalt gedacht waren. [23] Dafür spricht auch deren niedrige Höhe. Betrachtet man nun den weiteren Aufbau der Pfalz, so fällt die Anzahl der Vorburgen auf. Mit drei Vorburgen gehört die Werla nicht zum Durchschnitt der Pfalzen des 10. Jahrhunderts. Direkt vor die Hauptburg grenzt im Nordosten die quadratische Vorburg II, im Nordwesten die größere Vorburg III. Nördlich davon schließt sich die größte Vorburg I an. Das ganze Areal ist von Ringmauern und Türmen versehen. Vor den bereits angesprochenen Wall wurde eine Ringmauer gesetzt. Sie bestand aus Sandstein, welcher mit Mörtel zusammen gesetzt wurde und teilweise von außen geglättet. Im Zuge dieser Baumaßnahmen fanden auch zahlreiche Einebnungen des stark abfallenden Geländes statt. [24] Im Südwesten der Vorburg III beginnt ein spitz eingetiefter Burggraben, welcher bis zur Westseite von Tor I (Norden der Hauptburg) verläuft. Die östliche Seite der Hauptburg brauchte nicht geschützt zu werden, da dort der steil abfallende Eselstieg verläuft. Die beiden ältesten Tore sind Tor I im Norden und Tor II im Westen der Hauptburg. Derzeit kann man für diese Anlage II noch keine Straße nachweisen, welche zum Transsport in die Hauptburg führten. An Tor II (Abb.8) ist ein Zwinger, sowie eine wahrscheinlich zweigeschossige Torkammer nachgewiesen, welche jedoch erst in das 12. Jahrhundert datiert. [25] Bei Tor I ist anzunehmen, dass dieses im 10. Jahrhundert zuerst ohne Ost Turm errichtet, dieser allerdings bald darauf gebaut wurde. Hier finden sich auch Nachweise für eine geschotterte Straße. Im 12. Jahrhundert fanden einige bauliche Veränderungen an der Werla statt. Ein Teil der Ringmauer wurde bis Tor I abgerissen, wodurch die Hauptburg vergrößert wurde. Dies zog den Bau einer neuen Ringmauer nach sich, welche bis zum Nordosttor der inneren Vorburg errichtet wurde, und die Entfernung des Burggrabens. Über diesen setzte man einen Einschmelzplatz. Ein durch Steine eingegrenzter Schmelzofen wurde sichtbar, welcher sich unter einem später erbauten Turm befand. [26] Eine quadratische Vertiefung und mehrere verkohlte Bretter deuten auf einen Holzoberbau über dem früheren Schmelzofen. Häufige Schlackefunde auf der Anlage und auf den Wegen verstärken die Vermutung, dass es viele dieser Öfen gegeben haben muss. Weitere Neuerungen der Ringmauer zeigten sich von der jüngeren Ringmauer im Nordwesten an nach Osten. Über dieser abgerissenen Mauer errichtete man ebenfalls eine Neue, bereits mit Mörtel vermauert, und einen halbrunden Turm. Insgesamt zeigen sich an der Ringmauer sieben, innen offene, halbrunde Schalentürme. [27] Auffällig ist zudem das Turm IV und V nicht im Verband der Mauer gebaut sind, sondern teilweise im 90 Grad Winkel dazu stehen. Man deutet hier eine Abschreckung nach Osten und Süden durch die volle Breitseite der Türme. [28] Bei den Grabungen 1957 stoß man südlich von Tor II auf Hinweise einer Bebauung. Das Mauerwerk und gefundene Scherben datieren in die gleiche Zeit wie die frühen Bauten der Werla. Dieses Gebäude ist in den Boden eingetieft und besteht aus einem südlichen quadratischen und einem nördlichen rechteckigen Raum. Die sorgfältige Bebauung und Verputzung des Gebäudes zeigen, dass Wert auf den dauerharten Erhalt gelegt wurde. Zudem befand sich im nördlichen Raum ein Herd. Da Stelzer 1958 bereits Hinweise auf einen früheren Holzbau fand, geht man nun davon aus, dass das Gebäude bereits beim Bau der Mauer und Türme stand und Unterkunft für Bauarbeiter und Wachleute bot. Auch in der Nähe von Tor II fand sich ein solches Gebäude. [29] Neben der Verteidigung ist ein weiteres Element wichtig für den Erhalt der Pfalz. Um die Bewohner mit Lebensmittel und Haushaltselementen zu versorgen wurden Wirtschaftshäuser angelegt. 1959 untersuchte man das bisher unerforschte Gebiet der östlichen Ringmauer. Über einer älteren Kulturschicht, vermutlich römische Kaiserzeit, befanden sich ältere Mauerreste. Die Mauerzüge zeigen ein großes Gebäude mit 8m Länge. Zur Unterstützung der Gebäudelast geht man daher von einer inneren Holzkonstruktion aus. Da man hier ein einstöckiges Gebäude hat vermutet man wirtschaftliche Zwecke als Lager- oder Produktionsplatz. Bisher sind nur wenige Keramikfunde aufgetreten, welche kaum Aufschluss über die Nutzung geben. Nachgewiesen wurden jedoch vor allem Textil- und Metallverarbeitung. [30] Weitere solcher Bauten finden sich im Nordost- und Südwestsektor. Ein weiteres an der Weggabelung südlich Tor I, welches durch Scherbenmaterial eine Nutzung von 10. bis 12. Jahrhundert aufweist. [31] Neben den Wohnbauten musste die Wasserversorgung gesichert werden. Auf der Hauptburg fand man dafür nur eine Zisterne, welche auf Grund von gefundenen Keramikgefäßen in das 13. Jahrhundert datiert und südlich des Querschiffs der Kapelle liegt. Weitere Brunnen wurden bisher nicht gefunden. [32] Auch einige Backöfen wurden nachweislich zur Versorgung angelegt, wie bereits bei einigen Gebäuden erwähnt. 1963 wurde zudem noch eine Kalkbrenngrube entdeckt, welche sich auf der Ostseite der Fläche des Nordwestsektors der Hauptburg befand. Das benötigte Kalkmaterial konnte, nicht weit von der Werla entfernt, Richtung Werlaburgdorf abgebaut und in die Grube transportiert werden. [33] Um Nahrungsmittel und Waren zu lagern mussten Keller gebaut werden. Einer befand sich südlich der Kapelle und wird dem 13. Jahrhundert zugeordnet. An der Westwand von Palas II wurden Scherben im Keller gefunden, welche beweisen, dass dieser bereits im 12. Jahrhundert bestanden haben muss. Bei einem Keller nördlich Tor II wurden sogar Holzbohlen und eine kleine Lichtnische nachgewiesen. [34] Es gibt noch weitere ähnliche auf der Hauptburg. Man geht desweiteren von einer weiteren geplanten Vergrößerung der Gebäude der Hauptburg im 12./13. Jahrhundert aus (Abb.9/10), da man am Westende des Estrichraumes eine Baugrube fand. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts war die Einplanierung beendet und ein Bau wurde errichtet. [35] Bis heute kann man aber dessen genauen Grundriss und die Bedeutung nicht klären. Für die Einfuhr von Rohstoffen und Waren sowie den Abtransport dieser, war eine Wegesystem durch die Pfalz notwendig. Bei den Toren I und II konnten Pflasterungen ausgegraben werden, welche aus dem 12. Jahrhundert stammen. Es konnte festgestellt werden, dass sich alle Straßen, welche durch die Tore führen auf einem Platz treffen. Es ist davon auszugehen das der Hauptteil der Wirtschaft in den Vorburgen abgehandelt wurde. Dort lebten die Bauern und konnten Vieh- und Weidewirtschaft betreiben. Vermutlich wurde dazu auch das Land um die Pfalz genutzt. Die fertigen Waren brachte man dann in die Hauptburg, wo sie in Kellern gelagert wurden, bis sie zur Versorgung der Oberschicht und der Gäste benötigt wurden. Da die Pfalz ein wichtiger Ort für Versammlungen war, ist davon auszugehen, dass die Wirtschaft stark auf die eigene Versorgung ausgerichtet war, und Export kaum möglich war. Noch dazu befand sich die Pfalz Goslar in der Nähe, welche mit ihrem Erzabbau und –verhüttung wohl eher für den Warenkauf attraktiv war. Nach 1200 verlor die Pfalz zunehmend an Bedeutung und verfiel. Bis zirka 1500 gibt es Nachweise einer weiteren Nutzung kleinerer Gebäude südlich der Kapelle. Diese wurde erst 1818 abgebrochen. Danach zogen die Bewohner nach Werlaburgdorf und die Pfalz diente als Steinbruch. [36]
[...]
[1] M.C. Blaich- M. Geschwinde (Hrsg.), Werla 1 Die Königspfalz. Ihre Geschichte und die Ausgrabungen 1875-1964, (Mainz 2015) S.185
[2] Vgl. Blaich, S.187
[3] Vgl. Blaich, S.75
[4] Vgl. Blaich, S.189
[5] Dr. M. Geschwinde: Werla: Die Königspfalz, http://kaiserpfalz.schladen-werla.de/Arch%C3%A4ologie/Die-Werla/Geschichte (23.07.2017)
[6] Lintzel, Die Schlacht von Riade und die Anfänge des Deutschen Staates. In: M. Lintzel, Ausgewählte Schriften 2, (Berlin 1961) S.92-111
[7] Vgl. Blaich, S.194
[8] C.H. Seebach: Göttinger Schriften zu Vor- und Frühgeschichte 8. Die Königspfalz Werla,( Neumünster 1967) S.9
[9] G.H.Pertz (Hrsg.),AnnalesPegavienses, In: MGH, SS16, (Hannover 1859), S. 234-70
[10] Vgl. Seebach, S.16
[11] Vgl. Seebach, S.13
[12] Vgl. Seebach, S.15
[13] Vgl. Seebach, S.35
[14] Vgl. Seebach, S.36-37
[15] P. Feldmann: Die ottonische Kaiserpfalz Werla. In: Harz Zeitschrift, Bd. 54/55 (Berlin 2002/2003)S.47
[16] Vgl. Seebach, S. 42
[17] Vgl. Seebach, S. 44-45
[18] Vgl. Seebach, S.48
[19] Vgl. Feldmann, S.53-54
[20] Vgl. Seebach, S.49
[21] Vgl. Seebach, S.59-61
[22] Vgl. Seebach, S.49-50
[23] Vgl. Seebach, S.70
[24] Vgl. Seebach, S.37-39
[25] Vgl. Seebach, S.41
[26] Vgl. Seebach, S.54
[27] Vgl. Feldmann,S.46
[28] Vgl. Seebach, S.59
[29] Vgl. Seebach, S.52
[30] Vgl. Geschwinde
[31] Vgl. Seebach, S.53
[32] Vgl. Seebach, S.70
[33] Vgl. Seebach, S.72
[34] Vgl. Seebach, S.65-66
[35] Vgl. Seebach, S.71
[36] Vgl. Seebach, S.76