Im Rahmen dieses Assignments soll herausgestellt werden, welche Aspekte Sustainable Leadership umfasst und wie es sich inhaltlich genauer füllen lässt. Zu diesem Zweck wird in Kapitel 2 der Begriff Sustainable Leadership definiert. Anschließend werden in Kapitel 3 ausgewählte Sustainable Leadership Konzepte beschrieben und analysiert. Ziel ist es, die Praxisrelevanz des Konzepts der nachhaltigen Mitarbeiterführung zu beleuchten und darüber hinaus Handlungsempfehlungen für Führungskräfte geben zu können. Diese sollen als Richtungsgeber für die Ableitung von Führungspraktiken im Sinne des Sustainable Leadership Konzepts dienen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
2 Begriffsdefinition Sustainable Leadership
3 Darstellung von drei Sustainable Leadership-Konzepten und Ableitung von Handlungsempfehlungen
3.1 Konzept nach A. Hargreaves und D. Fink
3.2 Konzept nach B. Davies
3.3 Konzept nach W. Visser/ P. Courtice
3.4 Übersicht der Konzepte und Handlungsempfehlungen
4 Fazit
5 Quellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Unternehmen werden nach der Theorie von Luhmann als „soziale Systeme“ betrachtet, welche sich gegenüber anderen Unternehmungen in ihrer Umwelt abgrenzen. Die Unternehmensumwelt wird durch die drei Systeme Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft konstituiert.[1] Die steigende Globalisierung und Digitalisierung macht die Grenzen zwischen diesen Systemen immer fluider. Eine langfristige Existenzsicherung fordert von Unternehmen die Fokussierung über das eigene Subsystem hinaus zu erweitern. Das bedeutet, dass Unternehmen heute vor der Aufgabe stehen, die gleichzeitige Betrachtung von ökonomischer, sozialer und ökologischer Systemsicht zu bewältigen. Dies führt zu einer starken Hinwendung zum Prinzip der Nachhaltigkeit, das eine Integration dieser drei Bereiche anstrebt.[2] Die Relevanz und Bedeutung dieses Prinzips ist in der Literatur unumstritten und führt zu dem Ruf nach einer nachhaltigen Mitarbeiterführung, auch Sustainable Leadership genannt. Insbesondere das Changemanagement nimmt hier eine tragende Rolle ein, da Änderungen nicht nur kurzfristig sondern langfristig getragen werden sollen, sogar über Führungsgenerationen hinweg. Bislang fehlt es allerdings an konkreten Führungspraktiken, an denen sich Manager orientieren können.
1.2 Zielsetzung
Im Rahmen dieses Assignments soll herausgestellt werden, welche Aspekte Sustainable Leadership umfasst und wie es sich inhaltlich genauer füllen lässt. Zu diesem Zweck wird in Kapitel 2 der Begriff Sustainable Leadership definiert. Anschließend werden in Kapitel 3 ausgewählte Sustainable Leadership Konzepte beschrieben und analysiert. Ziel ist es, die Praxisrelevanz des Konzepts der nachhaltigen Mitarbeiterführung zu beleuchten und darüber hinaus Handlungsempfehlungen für Führungskräfte geben zu können. Diese sollen als Richtungsgeber für die Ableitung von Führungspraktiken im Sinne des Sustainable Leadership Konzepts dienen.
2 Begriffsdefinition Sustainable Leadership
In der Literatur gibt es zahlreiche Definitionen des Begriffs Sustainable Leadership beziehungsweise nachhaltige Mitarbeiterführung. Diese unterscheiden sich durch verschiedene Definitionen von Leadership (dt.: Führung) und Sustainability (dt.: Nachhaltigkeit). Weiterhin gibt es einen Unterschied, ob es um die Eigenschaften und Fähigkeiten der Entscheidungsträger oder die Logik der Managementlehre geht.[3] Nach Müller-Christ/Nikkisch wird insbesondere der Entscheidungsprozess fokussiert:
„Sustainable Leadership hat die Aufgabe, das Kräftespiel von herkömmlichen und nachhaltigkeitsbezogenen Entscheidungsprämissen nach neuen Regeln zu gestalten und damit Entscheidungsprozessen eine Struktur zu geben, die intelligente Abwägungsverfahren zwischen kurz- und langfristigem Erfolg dauerhaft ermöglicht.“ [4]
Demnach fordert nachhaltiges Management von den Entscheidungsträgern, sowohl Öko-Effizienz als auch Substanzerhaltung und Verantwortung als neue Entscheidungsprämissen umzusetzen.[5] „Entscheidungsprämissen sind Voraussetzungen für Entscheidungen, die für alle zukünftigen Entscheidungen gelten und nicht infrage gestellt werden“.[6] Es ist das Ziel, eine langfristige Balance und Sicherung der Vorstellung von Unternehmung und Mitarbeitern als Teil der Gesellschaft zu erreichen. Also beispielsweise ein Ausgleich zwischen Leistungsbereitschaft und Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter, das heißt sowohl der ökonomischen als auch sozialen Ziele. Daher soll auch die folgende Definition Berücksichtigung finden:
„Sustainable Leadership zielt durch eine dauerhafte Balance ökonomischer und sozialer Zielvorstellungen auf eine Erfüllung des Unternehmenszweckes gerichtete Verhaltenssteuerung der Mitarbeiter ab und sorgt dabei zugleich für den langfristigen Erhalt der benötigten tangiblen (Arbeitskraft der Mitarbeiter) sowie intangiblen personalen Ressourcen (Wissen, Fähigkeiten und Kompetenzen).“[7]
Konkret beschäftigt sich nun Sustainable Leadership, mit der Frage, welche Kompetenzen eine Führungskraft aufweisen sollte, um ein Unternehmen nachhaltig zu führen. Schließlich herrscht in der Literatur Einigkeit, dass durch die Aufnahme des Nachhaltigkeitsgedanken, komplexere Anforderungen entstehen, welche von Führungskräften bewältigt werden müssen.[8] Diese Frage ist in der Literatur bereits ausgiebig diskutiert, in diesem Assignment soll allerdings der Fokus weniger auf die Führungskompetenzen als auf Führungspraktiken beziehungsweise Handlungsempfehlungen gelegt werden. In Kapitel 3 werden drei Konzepte zu Sustainable Leadership näher beschrieben, um mögliche Tools und Verhaltensempfehlungen für Führungskräfte abzuleiten, mit denen eine nachhaltigere Entwicklung in Wirtschaft und Unternehmen gefördert werden kann.[9] Auf diese Weise soll nicht nur der Führungserfolg, sondern auch der Weg dorthin betrachtet werden.
3 Darstellung von drei Sustainable Leadership-Konzepten und Ableitung von Handlungsempfehlungen
3.1 Konzept nach A. Hargreaves und D. Fink:
Die Autoren Hargreaves und Fink definieren nach ausführlichen Praxisstudien im Schullehrbereich 7 Prinzipien, welche zusammen Sustainable Leadership definieren. Diese Prinzipien können als Konzept beziehungsweise Rahmen für eine nachhaltige Mitarbeiterführung gesehen werden und werden im Weiteren genauer vorgestellt:[10]
1. Depth (dt.: Tiefe)
Unter Depth, beschreiben die Autoren, dass die Mitarbeiter auf unterschiedlichen Ebenen eingebunden werden sollten. Sowohl intellektuell, sozial als auch emotional.
2. Length (dt.: Länge)
Length beschreibt die langfristige Ausrichtung der Maßnahmen. Darunter ist zum Beispiel zu verstehen, dass man nicht nur die eigene Führungsperiode oder auch Generation betrachtet, sondern den Fokus viel weiter steckt und auch nachfolgende Generationen in die Entscheidungsprozesse einbezieht.
3. Breadth (dt.: Breite)
Breadth bedeutet, dass eine breite Partizipation der Geführten beziehungsweise Mitarbeiter angestrebt werden sollte. Möglichst alle sollten eingebunden werden. Das könnte zum Beispiel durch eine dezentrale, inklusive Führung umgesetzt werden.
4. Justice (dt.: Gerechtigkeit)
Justice soll das Thema soziale Gerechtigkeit beschreiben. Genauer Inhalt und Maßstab dieses Begriffs ist sehr vielschichtig und umstritten.
5. Diversity (dt.: Vielfalt)
Diversity spiegelt die aktive Unterstützung von Vielfalt anstelle von Standards wieder.
6. Resourcefulness (dt.: Einfallsreichtum)
Resourcefulness verlangt, dass eine nachhaltige Führung Ressourcen entwickelt und nicht erschöpft. Das impliziert einen nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen, in diesen Zusammenhang den Humanressourcen. Diese sind im Gegensatz zu beispielsweise Kapitalressourcen weitaus komplexer in der Wiedererlangung und somit auch Messung. Das spiegelt folgende Fragestellung beispielhaft wider: Wie viel Ruhezeit braucht ein Mensch nach acht Stunden Arbeit und wie können die persönlichen Bedürfnisse berücksichtigt werden? Die Antwort wird für alle Mitarbeiter sehr individuell ausfallen und kann nicht generalisiert werden.
7. Conservation (dt.: Erhaltung)
Conservation heißt, die Erfahrungen der Vergangenheit zu schätzen, davon zu lernen und somit eine bessere Zukunft zu schaffen. Es verlangt eine aktive Umsetzung des Erlernten. Hierdurch wird die zusätzliche Aufnahme einer Rückwärtsausrichtung deutlich statt einer einseitigen Vorwärtsausrichtung. Ziel ist es, das organisationale Gedächtnis zu nutzen, um so noch bessere Erfolge zu erreichen.
3.2 Konzept nach B. Davies
Auch Davies definiert 9 Faktoren, welche entwickelt und angewendet werden sollten, um eine nachhaltige Führung zu gewährleisten. Auch dieser Autor bezieht diese Kriterien aus einer Studie, welche im Schullehrbereich stattfand, die strategisch und nachhaltig erfolgreiche Schulen untersuchte:[11]
1. Outcomes not just outputs (dt.: Wirkungen nicht nur Ergebnisse)
Dieser Faktor beschreibt, dass man sich auf eine langfristige Wirkung anstatt auf kurzfristige Ergebnisse konzentrieren sollte. Unternehmen können dies umsetzen indem sie sich darauf konzentrieren eine Lernkultur zu entwickeln.
2. Balancing short – and long-term objectives (dt.: Balance zwischen kurz- und langfristigen Zielen)
Anders als die Autoren Hargreaves/Fink sieht Davies die Notwendigkeit sich sowohl nach kurzfristigen als auch langfristigen Zielen auszurichten. Jedoch sollte man die kurzfristigen Erfolge als Indikatoren für einen Entwicklungsprozess und nicht als Ergebnis betrachten. Kurzfristige Erfolge und Ziele leiten einen Weg auf der langfristigen Reise. Es ist wichtig für die langfristigen Ziele, die kurzfristigen nicht zu ignorieren: wenn man kurzfristig in eine Krise gerät, kann man die langfristigen Ziele nie erreichen.[12] Dasselbe gilt umgekehrt.
3. Processes not plans (dt.: Prozessdenken statt Planvorgaben)
Faktor drei beschreibt, dass die Konzentration auf Prozessen anstatt auf Plänen liegen sollte. Hierbei meint Davies insbesondere Prozesse, die die Mitarbeiter einbeziehen sollen. Er begründet dies damit, dass Schulen beziehungsweise Unternehmen lebende Systeme sind, welche zu einem Wandel entweder positiv oder negativ beitragen können. Daher sollten Visionen und Ideen in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern entstehen, als ein Prozess und nicht als ein vorgelegter Plan. Dies passiert laut Davies am besten in informellen Diskussionen und Gesprächen unter Kollegen und mit den Mitarbeitern. Hierbei eine Vorbildfunktion in Umgang mit den Mitarbeitern einzunehmen ist essentiell für den Erfolg.
4. Passion (dt.: Leidenschaft)
Faktor 4 „Passion“ bezieht die emotionale Seite der Führung mit ein. Hierbei sieht Davies die Leidenschaft für soziale Gerechtigkeit, für das Lernen und das Verlangen danach einen Unterschied zu machen im Fokus. Leidenschaft sollte nach Davies die treibende Kraft sein, um Visionen in Aktionen und Handlungen umzusetzen. Dies wurde auch von Boleman/Deal bereits in 1995 erkannt: „Heart, hope and faith, rooted in soul and spirit, are necessary for today’s managers to become tomorrows’ leaders […]”[13]. Demnach sind Herz, Hoffnung und Glaube, verankert in Seele und Geist, notwendig um von einem Manager von heute zu einem Führer von Morgen zu werden. Der Unterschied zwischen einem Manager und einer Führungskraft, wird somit unter anderem durch die Leidenschaft für diese Aufgabe bestimmt.
5. Personal Humility and Professional Will (dt.: Bescheidenheit und Professionalität)
Bescheidenheit und Professionalität beschreibt, dass ein tatsächlich erfolgreicher Manager weniger das „Ich“ in Bezug auf den Führungserfolg sehen sollte, als das „Wir“ der gesamten Organisation. Die eigenen Ziele der Führungskraft müssen hinter dem übergeordneten Ziel stehen eine erfolgreiche Unternehmung zu bilden. Zielstrebigkeit sollte auf die Unternehmung nicht auf sich selbst gerichtet sein.
6. Strategic Timing and Strategic Abandonment (dt.: Strategische Planung und Verzicht zum richtigen Zeitpunkt)
Hiermit betont Davies, dass es nicht nur wichtig ist, welche Veränderung angestrebt wird, sondern auch wann. Es ist wichtig zu wissen, was, wie wann und auch was nicht gemacht werden sollte, also worauf verzichtet wird. Das bedeutet in der Praxis zum Beispiel, dass man auf aktuell akzeptierte Praktiken verzichtet, um die hierfür verwendeten Ressourcen frei zu machen für die Entwicklung zukünftig verbesserter Praktiken.[14].
7. Building Capacity and Creating Involvement (dt.: Aufbau von Führungsfähigkeiten und Einbezug der Führungskräfte)
Es ist eine erfolgskritische Führungsaufgabe, die richtigen Mitarbeiter auszuwählen. Bildlich kann es wie folgt beschrieben werden: zuerst müssen die richtigen Personen in den Bus gesetzt werden und die Falschen aus den Bus aussteigen. Dann erst folgen die Besetzung auf den richtigen Positionen und schließlich die Entscheidung, wer den Bus fährt. Ein Fokus soll der systemischen Theorie folgend auf die Interaktionen und Beziehungen zwischen diesen Elementen – Mitarbeitern – gelegt werden. Nach Davies legt eine nachhaltige Führungskraft insbesondere Wert auf diese sogenannten strategischen Konversationen zwischen diesen Elementen.[15] In diesen wird nicht über operative Themen gesprochen, sondern es finden fundamentale Diskussionen über die Natur und Ausrichtung der Unternehmung statt. Dies führt zu einer Konsensbildung, fördert die Reflexionsfähigkeit, involviert die Individuen mit ihren Visionen.
8. Developing strategic measures of success (dt.: Entwicklung strategischer Erfolgsmessung)
Um den langfristigen Erfolg einer Unternehmung zu messen, bedarf es entsprechender Messkriterien. Hierfür werden im ersten Schritt Erfolgskriterien definiert. Wie in Faktor 1 erläutert, sollte die langfristige Wirkung und nicht kurzfristige Erfolge abgebildet werden. Darüber hinaus sollen diese Kriterien die zukünftigen Erfolge abbilden können, also von der Zukunft zurückgespiegelt und nicht von Heute in die Zukunft projiziert.
9. Building in Sustainability (dt. Nachhaltigkeit herstellen)
Mit diesem Faktor betont Davies den Unterschied zwischen Sustainability (dt.: Nachhaltigkeit) und Maintainability (dt.: Wartbarkeit). Zur Beschreibung des Begriffs Nachhaltigkeit bezieht sich Davies auf die 3 Prinzipien von Hargreaves/Fink: Depth (dt. Tiefe), Length (dt. Länge) und Breadth (dt. Breite), welche in Kapitel 3.1. auf Seite 4 bereits erläutert wurden.
[...]
[1] Vgl. Luhmann, N., Social Systems, 1982, S.131 f..
[2] Vgl. Hollmann, S., Sustainable Leadership, 2013, S.2.
[3] Vgl. Müller-Christ, G., Integre Unternehmensführung, o.J., S.6.
[4] Müller-Christ, G./ Nikkisch G., Ressourcenkompetenz, 2013, S.98.
[5] Vgl. Müller-Christ, G., Integre Unternehmensführung, o.J., S. 5.
[6] Müller-Christ, G., Integre Unternehmensführung, o.J., S.6.
[7] Hollmann, S., Sustainable Leadership, 2013, S.71.
[8] Vgl. Schaltegger S./ Lüdke-Freund, F., Business Cases for Sustainability, 2013, S.65.
[9] Vgl. Müller-Christ, G., Integre Unternehmensführung, o.J., S. 4.
[10] Fink, D./ Hargreaves, A., Sustainable Leadership Factors, 2012, 12-13.
[11] Vgl. Davies, B., Developing Sustainable Leadership, 2007, S. 11.
[12] Vgl. Davies, B., Developing Sustainable Leadership, 2007, S. 12.
[13] Bolman, L. G./ Deal, T. E., Leading with Soul, 1995, S.12.
[14] Vgl. Davies, B., Developing Sustainable Leadership, 2007, S. 16.
[15] Vgl. Davies, B., Developing Sustainable Leadership, 2007, S. 16.