Die polnische Romantik entwickelt sich offiziell nach dem Jahre 1822, wenn A. Mickiewicz seine Gedichte veröffentlichte, und dauert bis zur Erhebung gegen die russische Teilungsmacht 1863-64. Diese Strömung beginnt in Polen später als in Deutschland oder England und hat schon das Fundament für ihre eigene Entwicklung. Die Tendenzen der europäischen Romantiker werden von den polnischen Autoren als Vorbild genommen. Märchen-, Legenden- und Sagensujets, die in Europa einen größeren Anteil der romantischen Literatur repräsentieren, kommen auch in der polnischen Literatur vor. So lernt der Leser schöne, unendliche ukrainische Steppen, Tatarenkämpfe und vor allem Kosaken kennen.
Diese Thematik entwickelte sich unter dem romantischen Einfluss vom naturhistorischen zu dem politischen Profil. Das Interesse an der ukrainischen Kultur und an der Ukraine als Grenzgebiet schuf den Literaturzweig unter polnischen Autoren, was als „szkoła ukraińska” („ukrainische Schule“) bezeichnet wurde.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Das Wesen der „ukrainischen Schule“
1.1. Darstellungsthematik
1.2. Kritik an die „ukrainische Schule“
2. Die „Dreifaltigkeit“ der „ukrainischen Schule“
2.1. Die melancholische Ukraine von Antoni Malczewski
2.2. Die geheimnisvolle Ukraine von Seweryn Goszczyński
2.3. Der nationale Charme der Ukraine von Józef Bohdan Zaleski
Schlussfolgerungen
Literaturverzeichnis
Einleitung
Die Gestaltung der Romantik setzte noch in der Zeit der Hochklassik ein und erfasst ganz Europa. Die Enttäuschung über die politischen Zustände und über die Kulturleistungen der Klassik erzeugte allmählich die Sehnsucht nach neuen Werten und nach einem neuen Lebensgefühl. Sie beeinflusste die Politik und das Lebensgefühl aller Menschen, die Philosophie, die Wissenschaft, die Malerei, die Baukunst, die Musik, die Religion und die Dichtung. Die Entwicklung der Romantik in Polen war von den geschichtlichen Ereignissen bedingt: von dem Umsturz des Feudalensystems und neuem Glauben an die Vergänglichkeit und Veränderung der Geschichte. Die drei Teilungen Polens und unmittelbares Zusammenleben mit dem mächtigen Russland, Napoleonkriege, Wiener Kongress und Novemberaufstand brachten neue Einschätzungen für die Begriffe Freiheit und Aufruhr .
Die malerische Grenzenlosigkeit in unerschöpflicher Umwandlung, Sehnsucht ohne Ziel, Grenze ohne Richtung, Unbestimmtheit und das Unendliche, Exotik und Freiheit sind die Wesensmerkmale der polnischen Romantik. Das setzte die unablässige Bewegung, die Einheit in ständigem Wechsel aber ohne Teilung voraus.
Die polnische Romantik entwickelt sich offiziell nach dem Jahre 1822, wenn A. Mickiewicz seine Gedichte veröffentlichte, und dauert bis zur Erhebung gegen die russische Teilungsmacht 1863-64. Diese Strömung beginnt in Polen später als in Deutschland oder England und hat schon das Fundament für ihre eigene Entwicklung. Die Tendenzen der europäischen Romantiker werden von den polnischen Autoren als Vorbild genommen. Märchen- Legenden- und Sagensujets, die in Europa einen größeren Anteil der romantischen Literatur repräsentieren, kommen auch in der polnischen Literatur vor. So lernt der Leser schöne, unendliche ukrainische Steppen, Tatarenkämpfe und vor allem Kosaken kennen.
Johann Gottfried Herder übte einen wesentlichen Einfluss auf die Gedankenwelt der jungen Generation zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus. Er schrieb über „den schönen Himmel dieses Volkes [Ukrainer], ihr lustiges Wesen, ihre musikalische Natur, ihr fruchtbares Land“. Sie sollten wie die Griechen aufwachen und „ihre Grenzen werden sich bis zum schwarzen Meer hin strecken und von dahinaus durch die Welt.“1
Diese Thematik entwickelte sich unter dem romantischen Einfluss vom natur-historischen zu dem politischen Profil. Das Interesse an der ukrainischen Kultur und an der Ukraine als Grenzgebiet schuf den Literaturzweig unter polnischen Autoren, was als „szkoła ukraińska” („ukrainische Schule“) bezeichnet wurde.
1. Das Wesen der „ukrainischen Schule“
Der Terminus „ukrainische Schule“ wurde von dem polnischen Schriftsteller Alexander Tyszynski eingeführt. In seinem Werk „Amerykanka w Polsce“ 1837 teilte er polnische Dichtung zunächst in vier Schulen: ukrainische, litauische, pulawische und krakauer.2 Eduard Dembowski sonderte noch die galizische Schule aus. Somit wurden die Besonderheiten und Vielfältigkeit der lokalen Poesie gezeigt. Später im Jahre 1840 registrierte Tyszynski die „ukrainische Schule“ im Buch „O szkole ukraińskiej poezji“ (Über die Schule der ukrainischen Poesie), das er zusammen mit Michał Grabowski veröffentlichte. Unter „ukrainischen Schule“ wird die Gruppe der polnischen Dichter und Schriftsteller der polnischen Romantik verstanden, die in ihren künstlerischen Schaffen sich der Thematik der ukrainischen Geschichte zuwandten, ukrainische Sitten und Bräuche, Natur und Folklore beschrieben. Sie wurden entweder in der Ukraine geboren oder aufs engste mit diesem Land verbunden. Zu dieser Gruppe gehörten Antoni Malczewski, Seweryn Goszczyński und Józef Bohdan Zaleski. Die Grundlage der „ukrainischen Schule“ wurde in Uman vorbereitet. Dort im Lyzeum lernte Seweryn Goszczyński, Józef Bohdan Zaleski und Michał Grabowski einander kennen. Später nach dem Novemberaufstand mussten S.Goszczyński und J.B.Zaleski emigrieren.3
In der ukrainischen Literaturwissenschaft ist von der „polnisch-ukrainische Schule“ die Rede und man nennt noch weitere Vertreter. Der Komponist Tomasz Padurra schrieb seine Gedichte auch auf ukrainisch. Juliusz Slowacki verdiente den Ehrenplatz in der „Schule“ mit dem Poem „Mazepa“, wo er die Jugend und Liebesgeschichte von den zukünftigen Hetman Mazepa darstellte. Seinen Poemen „Beniowski“ und „Sen srebrny Salomei“ liegt auch die ukrainische Thematik zugrunde. Wincenty Pol wurde mit seiner geographischen und ethnographischen Beschreibung der ukrainischen Territorien in „Pieśń o ziemi naszej“ (Das Lied über unser Land) erwähnt, Michał Czajkowski mit seinen Erzählungen aus dem ukrainischen Leben „Wernyhora“ und „Hetman Ukrainy“, Michał Grabowski mit seinen Erzählungen mit der ukrainischen Thematik „Koliszczyzna і stepy“, „Stanica hulajpolska“ und „Zamieć w stepach“, Józef Korzeniowski mit seinem Drama „Karpaccy górale“ und Józef Ignacy Kraszewski mit seinen Werken „Chata za wsią“, „Ostap Bodnarczuk“, „Ulana“ und „Jaryna“ nahmen ukrainische Motive als Grundlage. Manchmal erwähnt man noch Antoni Groza.
Die ukrainischen Literaturwissenschaftler unterstreichen die Verdienste von Michał Grabowski, der viele Kontakte mit den ukrainischen Schriftstellern dieser Zeit knüpfte und dadurch mehr bei den Ukrainern beliebt war als andere Autoren dieser Periode.4
Die Traditionen der „ukrainischen Schule“ wurden auch außerhalb der Romantik gepflegt und weiter bis Młoda Polska fortgesetzt. Die Ukraine als Motiv der Darstellung erschien nicht mehr so massenhaft in der polnischen Literatur, aber wurde noch später von polnischen Schriftstellern wie Henryk Sienkiewicz in „Ogniem i mieczem“, Stanisław Vincenz, Janusz Jędrzejewicz, Józef Lobodowski u. a. verwendet.
1.1. Darstellungsthematik
Die Autoren der „ukrainischen Schule“ widmeten seine literarischen Werke der Ukraine. Dieses Land umfasste im romantischen Weltbild die Gebiete des rechten Dniproufers. Das waren die Territorien um Kyiw, Winnyzja, Schytomyr, Kirowohrad, Tscherkassy und Ternopil. Die Ukraine der Romantiker war auch Podolien (die Südwestukraine) mit dem berühmten Schloss von Kamjanez-Podilskyj, Wolhynien und Ostgalizien mit der Hauptstadt Lemberg. Die Naturbildhaftigkeit und die Geschichtsvielfältigkeit dieser Territorien bewegten die Schriftsteller zum Schaffen.
Im romantischen Kontext war die Ukraine die Verkörperung der Melancholie und der düsteren Phantasie, der Wildheit und des Freiheitsinstinkts. Sie war das exotische Land mit der ruhmreichen Geschichte und voll Ungewöhnlichkeiten. In Erinnerung kommen „Krim Sonette“ von Adam Mickiewicz. Ihr exotischer Charakter zeigt sich in der Darstellung von Bachtschyssaraj-Palast. Die Ukraine aus der Sicht der polnischen Romantiker war das Grenzgebiet an der Schwelle der anderen, östlichen Welt. Sie war ein mythischer Zeuge der schönen ritterlichen Vergangenheit Polens in Kampf gegen Tataren, und zeigte sich oft in Bildern der Düsterheit, Wildheit, des Verbrechens und der Verteidigung. Nach dem Beispiel der anderen europäischen Literaturen der Romantik, vor allem der deutschen und englischen, wandten sich die Autoren der Volkslegenden und –sagen zu. In den romantischen Traditionen verwandelten sie die Sujets in abenteuerliche, phantastische, sehr oft in übertriebene und unwirkliche. Die Ukraine war auch der Spielraum der bedeutendsten Ereignisse, unabhängig davon ob sie der Geschichte oder Phantasie gehörten. Die reale und fiktive Welt gingen in einander und vermischten sich.
Das Bild der Ukraine realisiert sich in Gestalt von der Steppe, dem Kosaken und dem Meer. Das sind die drei Leitmotive der „ukrainischen Schule“.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
KOZAK
Die Steppe ist ein metaphysischer, unendlicher und menschenleerer Raum der Freiheit und Angst, der Einsamkeit und des Todes. Sie erscheint als eine Landschaft mit wuchernder Flora, mit Falken, Kranichen und Hasen. Auf den Steppen existiert noch das Gedächtnis an Kämpfen mit Tataren. Hier sieht man den Einfluss der unbekannten Welt auf die vertraute. Die Steppe ist grenzenlos und voll von Geheimnissen, dort kann etwas Unerwatetes und Unvorhersehbares passieren. Sie ist ein Raum mit weitem Blick zum Horizont. Der Wind weht dort frei, so ist auch der Mensch auf der Steppe frei. Nur der Sonnenaufgang oder der Sonnenuntergang zeigen wie die Zeit vergeht.5 Die Steppe ist die Widerspiegelung des menschlichen Schicksaals.
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Das Meer kommt im Zusammenhang der Steppen vor. Steppe wird manchmal zum Meer und Meer wird zur Steppe. Der Wind in den Steppen bewegt das Gras, es wogt wie die Wellen im Meer. Das Meer ist frei und unendlich. Es ist wie eine Steppe: es gehört allen und niemandem. Das Bild hat die mythologischen Züge des Meeres, es drückt die Sehnsucht nach dem Erlebten, der Erhabenheit der Natur, nach der Unendlichkeit, nach der Annäherung zum Geheimnis der Ewigkeit. Wenn man sehr lange auf das Meer bis zum Horizont schaut, wird die Grenze gelöscht und der Himmel wird zum Meer und das Meer zum Himmel. Wenn man in der Steppe am Tage ist, hat man die Grenze zwischen dem blauen Himmel und dem grünen bzw. gelben Gras. Am Abend ändert sich die Perspektive: der Himmel wird beim Sonnenuntergang gelb und rot, die Steppe dadurch dunkel.
Die Darstellung der Ukraine beruht auf Legenden. Jede Legende preist einen Helden. Die Autoren der „ukrainischen Schule“ beschrieben einen Kosaken und seine Taten. Der Kosak ist ein freier Sohn der Steppe, ein junger Ukrainer, ein Kämpfer, ein Haidamake bzw. Räuber, manchmal ein Bauer bzw. Leibeigene. In den Kosaken sah man die Repräsentation der ukrainischen Nation, Kampf um die Befreiung von Leibeigenschaft, Kampf um Freiheit. Er verlässt alles für die Wanderung durch die Steppe, weil er nach Freiheit strebt. Die Steppe und der Kosak sind untrennbar. Der Kosak ist nicht vollkommen in seinem Charakter ohne Steppe.
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Der Kosak bildet auch die Einheit mit seinem Pferd. Sie gehören der Steppe, wo der Gedanke an das Erreichen der Freiheit auch frei im Winde fliegt. Das Meer ist in dieser Beschreibung von großer Bedeutung. Diese zwei Einheiten verbindet der Wind. Der Kosak taucht ins Grass wie ins Meerwasser und sein Pferd ist wie ein Segel im Wind. Der Wind wird nämlich zum weiteren Leitmotiv der romantischen Darstellung der Ukraine auf der Ebene Steppe-Meer.
„Tymczasem wieś minąwszy, z bitej schodząc drogi,
Coraz się, coraz głębiej, wpędzali w odłogi; –
Gdzie wiatr ziarna zasiewa, Czas płody przewraca,
Nie zbiera plonu Chciwość, ni schyla się Praca –
Samotne – chiche – błogie – dziewicze ich wdzięki
Kwitną skrycie, od człeka nieskażone ręki,
Niebo je obejmuje – gdy w całym przetworze
Rozfarbionej żyzności rozciąga się morze.
Tam wódz stary, jak żeglarz, podług biegu słońca
Szybował swojem wojskiem w kierunku bez końca...
Już rycerze bez koni w czerwonym poziomie –
Już popiersia wędrują na skrawionym spodzie –
Już kłopaki – proporce – już znikli jak w wodzie.“*
(A. Malczewski „Maria“, II, S. 52)
In sehr vielen Gedichte von J.B.Zaleski und in den Erzählungen von S. Goszczyński treten ähnliche Motive auf. In dem Portrait eines Kosaken wurde der Anteil der Historizität gezeigt, was kein Realismus ist, sondern zu dem unentbehrlichen Element von „romantyczność“ gehört. Zusammen verkörpern der Kosak, die Steppe und das Meer die Ukraine, sie schildern ihren mystischen Charakter und sollten einen wesentlichen Beitrag für das erwachende Selbstgefühl der Ukrainer leisten.
* Hervorhebungen von Textpassagen auf die Metaphorik des Meeres bezogen.
1.2. Kritik an die „ukrainische Schule“
Die literarischen Schaffen der „ukrainischen Schule“ lösten bei den Zeitgenossen viele Diskussionen aus. Maurycy Mochnacki nannte die Ukraine „polnisches Schottland“, denn das Land hat mit seinen weiten wilden Steppen ein originales, individuelles Kolorit, was im für den Ausdruck der Poesie angebracht war.7
Der Enthusiasmus von Autoren der„ukrainischen Schule“ wurde am Anfang nicht besonders positiv angenommen. J.I. Kraszewski attackierte M. Grabowski in „Tygodnik Petersburski“ (Petersburger Wochenblatt) für seine äußerst zärtliche Einstellung gegenüber der Ukraine. Das Interesse an der ukrainischen Thematik war nach Kraszewski Meinung „Ukrainemanie“ und eine der „moralischen Krankheiten“ des 19. Jahrhunderts.8 A. Mickiewicz kritisierte neue Gedichte über die Ukraine, die massenhaft erschienen und oft keinen poetischen Wert hatten.
Doch die Popularität der ukrainischen Thematik änderte sich schon um die Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sehr wichtig blieb für die Kritiker das eigentliche Wesen der „ukrainischen Schule“ der polnischen Romantik – die Sehnsucht und das Streben nach dem Unerreichbaren. Die Ukraine in ihrem Wesen war dafür sehr angebracht. Alles Ukrainisches ist gehoben und hat poetisch erkenntnisreiche und ästhetische Motive. Das Gehobene und Poetische ist das Natürliche und Primäre. Michał Grabowski, der „Ukrainophil“ unter allen anderen Schriftsteller und Dichter der „Schule“, schrieb der Ukraine die älteste Kulturgeschichte unter anderen slawischen Ländern. Das bildete sich Jahrhunderte durch Nationalität heraus und hatte somit die altertümlichste Farbe.
Auf bestimmter Weise übermittelte „ukrainische Schule“ die Traditionen der Romantik, die sie der europäischen Kultur entnahm, weiter an die Ukraine. Später wurde sie nicht nur als literarischer Stoff, sondern auch zu einem historisch-politisches Problem. Ukrainische Motive sind auch den literarischen Schaffen von A. Mickiewicz, J. Slowacki und J.I. Kraszewki eigen, obwohl sie diese Tendenzen zuerst kritisierten. Es ließen sich auch die Veränderungen in der ukrainischen Literatur bemerken. T. Schewtschenko knüpfte Kontakte mit den Polen, besonders in seinen Exiljahren. P. Kulisch war mit S. Goczczyński und auch mit J.I. Kraszewski befreundet.
2. Die „Dreifaltigkeit“ der „ukrainischen“ Schule
Die ganze romantische Literatur über die Ukraine konzentriert sich in den literarischen Schaffen von den drei wichtigsten Autoren der „ukrainischen Schule“: Antoni Malczewski, Seweryn Goszczyński und Józef Bohdan Zaleski. Der Theoretiker dieser Schule, Michał Grabowski, betonte, dass die drei ukrainischen Dichter die Ukraine unterschiedlich darstellten. S.Goszczyński schilderte die Ukraine der Haidamaken, J.B.Zaleski – die Ukraine der Kosaken und A.Malczewski beschrieb die polnische, adlige Ukraine, das Land von Szlachta.9
2.1. Die melancholische Ukraine von Antoni Malczewski
(*1793 in Kniahinin (Wolhynien); †1826 in Warschau), polnischer Dichter und Wegbereiter der Romantik. A. Malczewski wurde in der reichen Adelsfamilie geboren. 1805 ging ins Lyzeum in Krzemieniec. In den Napoleonkriegen trat er n die Warschauer Armee ein. Von 1816 bis 1821 besuchte Malczewski die Schweiz, Italien, Frankreich und England. Höhepunkt dieser Jahre brachte die Bekanntschaft mit George Gordon Byron. Als erster Pole (der achte in der Welt) bestiegt Antoni Malczewski am 4. August 1818 Mont Blanc und als erster in der Welt Aiguille du Midi. Nach der Rückkehr aus Europa blieb in Wolhynien.
Die Beziehung zum animalischen Magnetismus von Mesmer10 spielte auch eine wesentliche Rolle im späteren Leben von A. Malczewski. Viele behaupten, dass sein aktiver und riskanter Charakter dadurch zugleich melancholisch war.11
Antoni Malczewski war der Autor der ersten poetischen Erzählung „Maria“ (1825), die er selbst „powieść ukraińska“ nennt. Dem Werk liegt das reale Verbrechen zugrunde. Am 13. Februar 1771 wurde Gertruda Komorowska, die erste Frau der Szczęsny Potocki, ermordet. Der Tat wurde auf Anweisung ihres Schwiegervaters Woiwode von Wolhynien Franciszek Salezy Potocki, der gegen die Ehe war, vollzogen. In der Erzählung treten sie unter den Namen Marja, Waclaw und Wojewode auf. Als Beispiel nahm Malczewski die Versepen von George Gordon Byron und Walter Scott und die Handlung übertrug er in das 17. Jh. und versetzte aus Wolhynien in die Ukraine.
„Maria“ lässt sich in Wörter beschreiben: Liebe, Betrug, Verbrechen bzw. Rache. Die Rache von Waclaw an seinem Vater. Waclaw ist wie der Held, der das kostbarste und das liebste verloren hat, seine Maria. Die Handlung der Erzählung ist zum Teil auch sentimental.
Das bildhafte und plastische Kolorit des Ukrainebildes erreicht Malczewski vor allem durch die schöne Darstellung der Natur. Die Seele dieser Natur wird zur Seele der dort lebenden Menschen. Ihre Farben, Stimmen und Geräusche sind als Sprache der Gefühle dieser Menschen und auch des Autors. Das Bild der Ukraine wird durch Lyrismus gekennzeichnet. Die Steppe und der Kosak, die gleich am Anfang der Erzählung auftreten, und die Finsternis, werden zu den untrennbaren Teilen einer Welt. A. Malczewski stellt als erster die Ukraine nicht mehr als Muttererde, sondern in Gestalt von der grenzenlosen Steppe dar. Die Ukraine ist eine traurige polnische Provinz. Sie ist ein Meer, das sich in eine unendliche menschenleere Steppe verwandelt, durch die der Motiv der Nacht, des Sonnenuntergangs und der Stille wie ein roter Faden zeiht. So ist das Bild der Ukraine traurig, der Tod siegt.
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Die Nacht trägt die mystische Natur eines Endes. Der Sonnenuntergang weist nur darauf hin. Die Nacht wird von Ruhe begleitet. Die Ruhe ist auch als Zeichen des Endes. Der Rausch des Windes verschafft noch Trauer nach dem Vergangenen. Es gab hier einst Ritter und Adlige, es schallten hier Stimmen und Gelächter.
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Die Ukraine ist nicht nur das polnische Grenzgebiet, das Land von Adligen, sondern das melancholische Land, wo es noch die Erinnerung an den Kosakenruhm, gewonnene Kämpfe und Pracht des Adels existiert. Der Geist der Vergangenheit zieht wie der Wind im Galopp durch die Steppe und zeigt seine geschichtliche Natur. Die Metaphorik des Meeres und der Steppe, der Nacht und des Sonnenuntergangs verschaffen die Melancholie, die das Bild der Ukraine von A. Malczewski charakterisiert.
[...]
1 Vgl. J.G.Herder: Journal Meiner Reise im Jahr 1769, (Hrsg. 1997) S.67ff.
2 Vgl.Krukowska H. (2007), s.117
3 Vgl. http://pres-centr.ck.ua/print/news-13639.html, 13.02.2010
4 Vgl. http://www.lib.ua-ru.net/diss/cont/32039.html, 30.01.2010
5 Vgl. Maria Zadencka (2007), S.315ff
6 Eigene Übersetzung
7 Vgl. Halina Krukowska (2007), S. 119
8 Słownik Literatury polskiej XIX wieku (1994), s. 979
9 Słownik literatury polskiej XIX wieku (1994), S. 978
10 auch Mesmerismus – die Bezeichnung für eine dem Elektromagnetismus analoge Kraft am Menschen, vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Animalischer_Magnetismus, 17.02.2010
11 Józef Ujejski (1960), S VI