In dieser Arbeit werden Ursachen der sozialen Ungleichheit in der Schule besprochen auf der Grundlage von einem Lehrerinterview in dem Fach Chemie. Die Lehrer sollten in dem Interview mögliche Gründe für Ungleichheiten in der Schule darstellen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Gründe für schichtspezifische Ungleichheiten
3. Darstellung und Begründung der Forschungsmethode
3.1. Befragungsmethode
4. Ergebnisse
5. Diskussion
5.1. Individuelle Störfaktoren der Schüler
6. Grenzen des Vorgehens und Ausblick
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In dieser Arbeit sollen soziale Ungleichheiten Im Zusammenhang mit naturwissenschaftlichen Schulfächern analysiert werden. Die soziale Ungleichheit bezieht sich Im Allgemeinen auf eine ungleiche Verteilung von Ressourcen wie Bildung und Einkommen und demzufolge Verringerung von Lebenschancen von Kindern und deren Eltern führen. Als Hilfestellung bei der Betrachtung der Chancengleichheit sollen Aufgaben zu Elementen aus dem Periodensystem und Ihren Reaktionen dienen, die soziale Ungleichheiten Innerhalb der Klasse aufdecken sollen. Für die Chemieaufgaben wurden den Lehrern Musterlösungen bereitgestellt. Anschließend sollten die Lehrer der Schule Interviewt werden, um die Aufgaben elnzuordnen und Probleme der einzelnen Schüler aufzuzeigen. Später wurde nach Korrelationen zwischen Problemen der Schüler und sozialen Unterschieden gesucht. Im Lehrerlntervlew wurden auch die generellen Probleme des Schulfaches Chemie besprochen und mit sprachlichen Schulfächern verglichen. Der grundlegende Unterschied der naturwissenschaftlichen und sprachlichen Fächern Ist, dass In naturwissenschaftlichen Fächern mehr Verständnis von den chemischen Konzepten und mathematischen Grundlagen gefragt Ist. Mit auswendig gelernten theoretischen Grundlagen kommen die Schüler nicht Immer weiter. Deswegen stellen solche Schulfächer für viele Schüler mehr Schwierigkeiten dar als die geisteswissenschaftlichen. Da diese Schulfächer außer diesen Problemen noch unter Anderem aufgrund sozialer Ungleichheiten den Schülern unterschiedlich schwer fallen, wurde das Fach Chemie als ein Beispiel der naturwissenschaftlichen Fächer ausgewählt und analysiert.
2. Gründe für schichtspezifische Ungleichheiten
Für die Vor- und Nachbereitung des Lehrerlntervlews wurden Studien herangezogen, die sich mit den Gründen der generellen Probleme Im Chemieunterricht bzw. den Korrelationen mit sozialen Ungleichheiten auselnandersetzen. In einer Studie der Universität Lissabon wurde der Einfluss von pädagogischen Methoden und sozialem Hintergrund auf die Leistungen der Schüler Im Naturwissenschaftsunterricht untersucht. Der soziale Hintergrund wurde In die soziale Klasse, das Geschlecht, die kognitive Entwicklung und den Mlgratlonshlntergrund unterteilt (Morals, 1992). Diese Studie basiert auf der Code-Theorie von Bernstein. Bernstein hat in dieser Theorie den Sprachgebrauch von Kindern aus bildungsfernen und bildungsnahen Familien verglichen. Die Untersuchungen von Bernstein haben ergeben, dass die Kinder aus akademischen Familien oft in der Lage sind komplexere Sätze zu bilden als Kinder aus bildungsferneren Familien. Die Studie von Morais untersucht im Gegensatz zu Bernstein die Probleme der Schüler in den naturwissenschaftlichen Fächern, indem die Erkenntnis- und Realisationsfähigkeiten der Schüler getestet werden. Die Schüler sollten zuerst zu Fragen jeweils eine von drei Antwortmöglichkeiten auswählen, die sie für richtig halten. Danach sollten die Schüler zu Fragen selbst eine Antwort formulieren. Das Ergebnis hat gezeigt, dass die Schüler generell größere Schwierigkeiten haben eine eigene Antwort mithilfe ihres Allgemeinwissens zu produzieren als eine richtige, vorgegebene Antwort auszuwählen. Allerdings wurden Unterschiede zwischen den Schülern mit unterschiedlichem sozialen Hintergrund entdeckt. Schüler, die aus gebildeten Familien kommen, haben oft ein besseres Denkvermögen und haben in den beiden Aufgaben besser abgeschnitten als Schüler aus bildungsfernen Familien, besonders wenn sie über einen Migrationshintergrund verfügen. Diese Überlegung entspricht der von Bordieu. Bordieu hat eine Kapitaltheorie entwickelt, die sich auf soziale Schichten bezieht. Seiner Meinung nach haben die Schüler mehr Erfolg, wenn ihre Familie ökonomisches Kapital in Form von Geld, Büchern und Kunstwerken besitzt. Für ihn spielen die Bildung der Eltern und ihre soziale Beziehungen für den Erfolg der Schüler auch eine sehr wichtige Rolle.
In der Studie wurde auch postuliert, dass die Leistungen der Schüler nicht nur von der Bildung der Eltern abhängt, sondern auch von den pädagogischen Methoden der Lehrer. In der Schule werden nicht immer effiziente Strategien entwickelt, die den Schülern dabei helfen, das Grundlagenwissen auf komplexere Aufgaben anzuwenden. Die Ergebnisse der Studie haben wie vermutet gezeigt, dass es Korrelationen gibt zwischen den didaktischen Methoden der Lehrkräfte und den Leistungen der Schüler, insbesondere bei Mädchen.
In einer anderen Studie wurden die Wörter ״Problem" und ״Übung" unterschieden. Bei einer Übung müssen die Schüler die vorgegebenen Beispiele der Lehrer bearbeiten. Hier gibt es wenige Unterschiede zu einer Beispielaufgabe. Deswegen holen die Schüler ihre Aufzeichnungen heraus, um nach Formeln oder Definitionen zu suchen, die der Lehrer vorgegeben hat. Viele Schüler schreiben einfach die Formeln oder Definitionen ab, ohne darüber zu denken. Besonders bei Schülern aus bildungsfernen Familien ist dies der Fall. Bei ״Problemaufgaben" wissen die Schüler am Anfang nicht, was sie tun sollen. Zur Bearbeitung von Problemaufgaben benötigen die Schüler allgemeine Strategien, die sie auf alle Aufgaben anwenden können. Haynes hat in seinen Ausführungen von 1980 folgende Herangehensweise vorgegeben:
1. Problemfindung
2. Problem darstellen
3. Lösung planen
4. Plan ausführen
5. Lösung evaluieren
6. Aus der Erfahrung des Problems lernen
3. Darstellung und Begründung der Forschungsmethode
Wie in der Einleitung erwähnt, wurden für die Forschungsphase in Vorbereitung auf das Lehrerinterview zwei Aufgaben erstellt. Eine Aufgabe sollte dazu dienen Ungleichheiten aufzudecken und die andere sollte zumindest auf den ersten Blick für Schüler weniger Probleme bereiten als die erste Aufgabe. Die Aufgaben, die als Hausaufgabe erledigt werden sollten, wurden für Schüler der neunten Klasse einer Gesamtschule erstellt. Die Aufgaben durften mithilfe des Schulbuches und des Internets gelöst werden. Die erste Aufgabe mit einem geringeren Schwierigkeitsgrad, war die Erstellung eines Steckbriefes zu einem Element aus dem Periodensystem, nachdem der Aufbau des Periodensystems im Unterricht besprochen wurde. Bei der Erstellung des Steckbriefes von einem Element sollten sich die Schüler über die Ordnungszahl, Hauptgruppe, Masse, Elektronegativität, Siedetemperatur, Schmelztemperatur und die Verwendung informieren. Selbstverständlich durften die Schüler auch weitere besondere Eigenschaften des Elementes in den Steckbrief einbringen. Beim Vortragen der Eigenschaften der Elemente sollten einige Schüler erklären was die Fachbegriffe wie ״Elektonegativität/Schmelz-Siedetemperatur" bedeuten. Nach der Recherche und dem Vortragen sollten die Fachbegriffe noch einmal verinnerlicht werden, da diese Begriffe bis zum Ende der Chemielaufbahn verwendet werden müssen.
Bei der zweiten Aufgabe sollten die Schüler einen Vortrag zur Herstellung von einfachen Verbindungen wie Z.B. Natriumchlorid, Natriumhydroxid, Aluminiumchlorid, Magnesiumchlorid, Schwefelsäure, etc. erstellen. Vor Bearbeitung der Aufgabe haben die Schüler über das Periodensystem, Säuren, Basen, Erstellung von Reaktionsgleichungen und Laborgeräte gesprochen. Im Gegensatz zu der vorherigen Aufgabe müssen die Schüler hier nicht nur nach Eigenschaften recherchieren, sondern die verwendeten Laborgeräte, Durchführung und Reaktionsgleichungen heraussuchen, wo die Eigenschaften der Edukte und Produkte verstanden werden sollen. Hierbei spielen die Wertigkeit der Atome und die pH-Werte auch eine wichtige Rolle. Diese Aufgabe soll den Schülern den Zusammenhang zwischen Reaktionsgleichungen und Stoffen vermitteln, da Chemie auf praktischen Arbeiten basiert. In den folgenden Schuljahren müssen die Schüler Protokolle schreiben, die Laborgeräte, Durchführung, Reaktionsgleichungen und eine kurze Diskussion enthalten.
Da in dieser Aufgabe von den Schülern viel verlangt wird, werden Schüler aus bildungsfernen Familien wahrscheinlich mehr Probleme haben, da die Schüler im Gegensatz zu den gebildeten Familien weniger bzw. keine Hilfe von ihren Eltern bekommen werden. Viele Schüler können sich nicht vorstellen, wie Stoffe miteinander reagieren und wie die Arbeit mit Laborgeräten funktioniert. Aus diesem Grund müssen die Lehrer eine große Vorarbeit leisten, bevor sie diese Aufgabe allen Schülern Zutrauen können. Trotzdem eignen sich diese Aufgaben für die Schüler als Hausaufgaben sehr gut, da die Schüler für ihre Zukunft lernen sollen wichtige Informationen aus den Büchern oder im Internet ohne Hilfe rauszusuchen und die Inhalte nachzuvollziehen. Als Hilfestellung könnten außerdem Youtube-Videos dienen, die viele Inhalte des Chemieunterrichts oft bildlich erklären.
3.1. Befragungsmethode
Nachdem die Aufgaben und die Probleme in Zusammenhang gebracht worden sind, wurde ein Interviewleitfaden erstellt. Das Ziel des Interviews war, dass die Lehrer die Aufgaben am Anfang selbst einordnen und die Probleme des Chemieunterrichts in Bezug auf soziale Ungleichheit darstellen. Wenn die Lehrer auf die Probleme sozialer Ungleichheit im Unterricht nicht eingehen, dann sollten sie zielgerichtet zu diesem Thema ausgefragt werden.
Für das halbstrukturierte Interview wurden deshalb offene, aber auf bestimmte Vorstellungskomponenten gerichtete Fragen vorbereitet. Die Interviews orientierten sich an der folgenden Struktur:
Zu Beginn sollten vom Lehrer die Bildungsziele des Chemieunterrichts, sowie Ursachen für die geringe Beliebtheit des Faches dargestellt werden.
Danach sollten Gründe für die Lernschwierigkeiten der Schüler und die Einflüsse der Bildung bzw. der Aufmerksamkeit der Eltern auf die Leistungen der Kinder besprochen werden.
Auch waren schichtspezifische Differenzen und Probleme der Schüler mit Migrationshintergrund wichtig.
Am Ende des Interviews sollte über die Unterschiede des Umgangs mit sozialer Ungleichheit in den unterschiedlichen Schulformen gesprochen werden.
Zum Schluss sollten zusammenfassende Fragen gestellt werden, wie Z.B. die Probleme sozialer Ungleichheit innerhalb einer Klasse verringert werden können.
4. Ergebnisse
Die beiden Interviews haben sich voneinander kaum unterschieden, denn die Lehrer der Gesamtschule waren größtenteils einer Meinung. Das Ziel der Chemielehrer ist, dass ihre Schüler lernen die Aufgaben strukturiert zu bearbeiten und die Lösungsschritte von Beispielaufgaben nicht nur auswendig lernen, sondern auch logisch nachvollzielen können. Die Lehrer verfolgen also dieselben Ziele wie die Lehrer in der Studie der nationalen Universität von Catamarca aus dem Jahr 2008. Die Schüler sollen durch praktisches Arbeiten im Unterricht die gelernte Theorie besser nachvollziehen können und lernen ordentlich zu arbeiten.
Beide Lehrer waren der Ansicht, dass Chemie vielen Schülern schwerfällt, weil ihnen beim Erlernen der Theorie der Alltagsbezug fehlt. Ein Lehrer sagte sogar, dass manche Schüler das Fach Chemie als ״Nerdfach" abstempeln, da einige Schüler schnell mit dem Weiterdenken aufgeben und das Interesse am Fach verlieren. Um dies zu verhindern, versuchen die Lehrer die erlernten theoretischen Ansätze mit vielen Experimenten und Alltagsbeispielen zu untermauern, denn so bereitet der Chemieunterricht den Schülern viel mehr Freude.
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