Eine Übersicht über die pädagogische Bewegung der Integrationspädagogik
Vergangenheit, Gegenwart, Methoden und Ziele
Zusammenfassung
In dieser Hausarbeit soll es einleitend darum gehen, die pädagogische Bewegung der Integrationspädagogik zu beschreiben, welche durch ihr Engagement die heutige Integration und Inklusion behinderter Menschen in das Schulsystem gebahnt hat. Diese Arbeit befasst sich mit den Anfängen der Integrationsbewegung ab den 1970er Jahren, bis zur heutigen schulischen Wirklichkeit für behinderte Menschen.
Nach der Beschreibung der Integrationsbewegung soll es aber auch um allgemeine Aspekte der Integrationspädagogik, wie z.B. Methoden und Ziele, gehen, um die Integrationspädagogik möglichst vollständig und umfassend darzustellen.
Abgeschlossen wird diese Hausarbeit mit einer Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse und einer persönlichen Stellungnahme bezüglich der Vor- und Nachteile von Integrationspädagogik, sowie den Erfolgen und heutigen Probleme dieser reformpädagogischen Richtung.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis:
1. EINLEITUNG UND AUFBAU DER ARBEIT
2. DEFINITION VON INTEGRATIONSPÄDAGOGIK
2.1 GESCHICHTE DER PÄDAGOGISCHEN BEWEGUNG DER INTEGRATIONSPÄDAGOGIK
2.2 DERZEITIGE SCHULISCHE WIRKLICHKEIT
2.3 MODELLE INTEGRATIVER SCHULVERSUCHE
2.4 ZIELE DER INTEGRATIONSPÄDAGOGIK
2.5 KONSEQUENZEN FÜR DAS SCHULSYSTEM
2.6 INTEGRATIONSGEGNER
2.7 METHODEN DER INTEGRATIONSPÄDAGOGIK
3. ZUSAMMENFASSUNG DER GEWONNENEN ERKENNTNISSE
3.1 DARSTELLUNG DER PERSÖNLICHEN POSITION ZUR
INTEGRATIONSPÄDAGOGIK
LITERATURVERZEICHNIS
1. Einleitung und Aufbau der Arbeit
Wirft man einen Blick in die Historie der Integrationsgeschichte von Menschen mit Behinderungen, so fällt schnell auf, dass sich der Umgang mit behinderten Kindern, Jugendlichen und Schülern[1] im Schulsystem stark gewandelt hat. Noch bis zu den 1960er Jahren konnte von einer Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen aus dem Schulsystem (Exklusion) gesprochen werden. Anschließend wurden behinderte Kinder und Jugendliche in spezielle Einrichtungen, in der Regel Sonderschulen (Separation), eingewiesen. Heutzutage ist die Integration oder Inklusion zunehmend verbreitet.
Zielsetzung dieser Hausarbeit soll es sein, den historischen Verlauf von integrativer Pädagogik[2] besser verständlich zu machen und allgemeine Informationen zur Integrationspädagogik bereitzustellen. Lesern soll ein kurzer, aber dennoch umfangreicher, Überblick über die Entstehung von Integrationspädagogik, sowie den zentralen Merkmalen dieser Pädagogik, ermöglicht werden.
In dieser Hausarbeit soll es einleitend darum gehen, die pädagogische Bewegung der Integrationspädagogik zu beschreiben, welche durch ihr Engagement die heutige Integration und Inklusion behinderter Menschen in das Schulsystem gebahnt hat. Diese Arbeit befasst sich mit den Anfängen der Integrationsbewegung ab den 1970er Jahren, bis zur heutigen schulischen Wirklichkeit für behinderte Menschen. Es gab natürlich auch schon vor diesem Zeitpunkt Bemühungen behinderte Kinder und Jugendliche in die Regelschule zu integrieren, jedoch verzichtet der Verfasser dieser Hausarbeit auf die Erwähnung dieser Informationen, um der Arbeit eine Übersichtlichkeit zu gewähren und um den vorgegebenen Umfang nicht zu überschreiten.
Nach der Beschreibung der Integrationsbewegung soll es aber auch um allgemeine Aspekte der Integrationspädagogik, wie z.B. Methoden und Ziele, gehen, um die Integrationspädagogik möglichst vollständig und umfassend darzustellen.
Abgeschlossen wird diese Hausarbeit mit einer Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse und einer persönlichen Stellungnahme bezüglich der Vor-und Nachteile von Integrationspädagogik, sowie den Erfolgen und heutigen Probleme dieser reformpädagogischen Richtung.
2. Definition von Integrationspädagogik
Integrationspädagogik, bezeichnet im schulischen Kontext die Einbeziehung von Kindern mit Benachteiligungen in bestehende Strukturen und Bildungssysteme. Die besonderen Verhaltens- und Denkweisen des zu integrierenden Kindes werden in den Alltag der Bildungseinrichtung miteinbezogen. Behinderte und Nichtbehinderte Kinder werden in der schulischen Integration gemeinsam in der selben Klasse unterrichtet. Es geht darum, im Unterricht trotz einer äußeren Differenz, aufgrund von körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung, gemeinsam zu Lernen und die Anderheit der Mitschüler zu erfahren. Toleranz, Rücksichtnahme und Verantwortung sollen erlernt werden. Integrierte Kinder erhalten einen auf sie zugeschnittenen Förderplan und es werden verschiedene Therapien (z.B. Spieltherapie) angeboten, sowohl für Behinderte, als auch Nichtbehinderte Kinder. Jedes Kind wird nach seinen eigenen Interessen, Persönlichkeitsmerkmalen und Lerngeschwindigkeit gefördert.
2.1 Geschichte der pädagogischen Bewegung der Integrationspädagogik
Die Integrationsbewegung entstand in den 1970er Jahren. Zu dieser Zeit war es üblich, dass Kinder mit Beeinträchtigungen in Sonderschulen und Psychiatrien eingewiesen wurden (Knauer, 2003, S.2). Immer mehr Eltern erkannten, dass das Sonderschulsystem ihre Kinder etikettieren und kategorisieren kann. Zunehmend äußerten sich Eltern kritisch gegen die Einweisung ihres Kindes in eine Sondereinrichtung und es entstand eine Elterninitiative, welche sich das Ziel gesetzt hatte, sich für eine bestmögliche Betreuung, Erziehung und Bildung ihrer behinderten Kinder einzusetzen. Lehrkräften, wissenschaftliche Begleitungen und einige wenige Personen aus Schulleitungen und Schulämtern schließen sich der Elterninitiative an und es entstand eine Integrationsbewegung (Prengel, 1995, S.141). Die Integrationsbewegung entstand in Berlin, wo es Eltern von Kindern mit Behinderungen gelang, die schulische Ausgrenzung ihrer Kinder zu unterbinden und den Weg zu einem gemeinsamen Bildungsinstitut zu formen (Knauer, 2003, S.2). Beginn der integrativen Pädagogik in der Bundesrepublik Deutschland markiert die Eröffnung der ersten Integrationsklasse an der Fläming-Schule in Berlin im Jahr 1975, wo zum ersten Mal behinderte und nichtbehinderte Kinder gemeinsamen in einer Klasse unterrichtet wurden (Biewer, 2001, S.206) Im Schuljahr 1989 wurde die schulische Integration als Regelfall im Berliner Schulgesetz vorgesehen (Knauer, 2003, S.2). Die Häufigkeit von Integrationsklassen und sonderpädagogischer Förderung wuchs seither langsam an, wie die verschiedenen Bildungsberichte[3] der Bundesländer zeigen.
Die Integrationsbewegung wurde bestärkt durch die Aufnahme des Diskriminierungsverbots in das Grundgesetz 1994, durch internationale (UNESCO- Weltkonferenz in Salamanca 1994), europäische (Europäische Kommission 1996) und nationale (Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft 1997) Beschlüsse zum Vorrang integrativer Pädagogik (Knauer, 2003, S.2).
2.2 Derzeitige schulische Wirklichkeit
Obwohl sich das Recht auf schulische Nichtaussonderung in Deutschland etabliert hat und durch höchstrichterliche Beschlüsse durch das Bundesverfassungsgericht untermauert wird ist integrativer oder gar inklusiver Unterricht an deutschen Schulen immer noch nicht weit verbreitet (Knauer, 2003, S.3).
Eine Frequenzbeschränkung gibt es heutzutage nicht mehr, eine Integrationsklasse enthält in der Regel zwei bis sechs Kinder mit Behinderungen. Zu diesen Kindern werden aber auch jene mit Lernbehinderungen dazugezählt. Den beeinträchtigten Kindern stehen sonderpädagogische Förderstunden zu, welche beantragt werden können. Die Förderstunden, die genehmigt werden, sind in der Regel aber immer noch zu gering, um das behinderte Kind angemessen zu fördern. Diese sonderpädagogischen Förderstunden können in der Realität oftmals nicht genutzt werden, da sich der bundesweit verbreitete Lehrkraftmangel auch hier sich zu Ungunsten der Schüler offenbart. Kooperation im Kollegium der Lehrkräfte, eine Doppelbesetzung, individuelle Betreuung von Schülern oder zieldifferentes Lernen sind nahezu unmöglich, da nicht genügend Lehrkräfte bereitgestellt werden, beziehungsweise die bereits vorhandenen Lehrkräfte zu sehr ausgelastet sind. Lehrkräfte sehen sich anhand des hohen Arbeitsaufwandes überfordert und anstatt weitere Lehrkräfte auszubilden und einzustellen wurde in den vergangenen Jahren die Wochenstundenanzahl von Lehrkräften an Regelschulen erhöht, was das Stressniveau zusätzlich erhöht. Dies lässt sich auf die angespannte Finanzsituation zurückführen, durch welche nicht genügend Fachkräfte beschäftigt werden können und den Schülern nicht alle Materialien zur Verfügung stehen, um optimalen Lernprozess zu ermöglichen (Knauer, 2003, S.3).
Schlagwörter wie z.B. „Zentralabitur“ sind nur schwer mit zieldifferentem Lernen und integrativer Pädagogik vereinbar. Diese Schlagwörter zeigen die Vorwürfe seitens der Bildungspolitik: Schulen und Schüler seien mit den bisherigen Freiräumen nicht verantwortungsbewusst umgegangen und hätten Kenntnisse, die für eine Wettbewerbsfähigkeit unerlässlich seien, nicht erlernt. Es sei zu wenig geprüft und ausgelesen worden und schon die Elternhäuser hätten die Erziehung zur Leistungsbereitschaft vernachlässigt (Knauer, 2003, S.4).
Erwartbar ist demnach statt einer Deregulierung des Schulwesens eine Steigerung der Kontrolle, externer Evaluation, detailliert festgeschriebenen Lerninhalten und Lernzielen. Demnach eher eine Rückwärtsbewegung hin zu verstärktem Leistungsdruck, der an die Schüler weitergereicht werden wird.
Inzwischen ist es nicht nur mehr eine Überzeugung von Integrationspädagogen, sondern eine allgemeine pädagogische Erkenntnis, dass flexiblere Unterrichtsformen an Schulen, ohne äußere Differenzierung, alle Schüler besser fördern und höhere Schulabschlüsse erzielt werden (ebd.).
Reformpädagogische Modelle werden zunehmend zurückgezogen und die äußere Segregation nach dem Schulleistungssystem setzt sich weiter durch. Veränderungen im Schulsystem, wie z.B. das Abitur nach zwölf Jahren erhöhen den Leistungsdruck zusätzlich (ebd.).
In die deutsche Lehrerausbildung kommt allerdings Bewegung. Die angedachten Strukturveränderungen im Lehramt Studium sollen integrationsfreundliche Lehrer aus Sicht der Integrationspädagogik hervorbringen (ebd.).
2.3 Modelle integrativer Schulversuche
Es sind folgende zwei Modelle integrativer Schulversuche üblich (Heimlich, 2003, S. 59):
1. Ü berregionales Modell (z.B. die Fläming Schule):
Die Schulklassen werden aus 75% nichtbehinderten und 25% behinderten Kindern zusammengesetzt. Dabei kommen die behinderten Kinder aus dem erweiterten Umkreis des Wohnraums, die nichtbehinderten Kinder aus dem Einzugsgebiet der Schule.
2. Wohnortnahes Modell(z.B. die Uckermark Schule):
Alle Kinder stammen aus dem Einzugsgebiet der Schule, dadurch formen in der Regel 18 nichtbehinderte Kinder und zwei behinderte Kinder eine Schulklasse. Dieses Modell wird in der Integrationspädagogik favorisiert, da es die Kosten und Belastungen langer Schulwege verringert und ermöglicht behinderten Kindern mit ihren Nachbarskindern gemeinsam in einer Klasse zu sein.
[...]
[1] Um die Lesbarkeit der Hausarbeit zu erhöhen wird lediglich die männliche Form genutzt. Dennoch ist natürlich das andere Geschlecht gleichwertig und wird auch mit einbezogen.
[2] Integrationspädagogik beschränkt sich fortlaufend lediglich auf die Integration von Menschen mit Behinderungen, nicht aber auf die Integration anderer gesellschaftlicher Minderheiten.
[3] Beispielhaft ließe sich hier anführen: Bildungsbericht Bayern 2015, S.259. Auf eine genauere Ausführung wird aufgrund der Umfangsbeschränkung verzichtet.