Zu Beginn dieser Arbeit wird ein kurzer historischer Abriss über die Entwicklung der Wasserkraft gegeben. Anschließend erfolgt ein Überblick über Zahlen und Fakten der Wasserkraftnutzung Österreichs. Um dieses Thema integrativ zu beleuchten, wird zunächst sehr detailliert auf alle möglichen Auswirkungen eines Wasserkraftwerks eingegangen, durch die Analyse einer Fachliteratur. Danach werden noch zwei Gesetze erläutert, die für den Bau und die Nutzung einer Wasserkraftanlage von großer Bedeutung sind. Konkret behandelt wird die Wasserrahmenrichtlinie der EU (WRRL) und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-Gesetz).
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Entwicklung der Wasserkraft
3 Auswirkungen eines Wasserkraftwerks
3.1 Auswirkungen auf ober- und unterirdische Gewässer
3.2 Auswirkungen auf den Hochwasserschutz
3.3 Auswirkungen auf Flora und Fauna
3.4 Auswirkungen auf obere Bodenschichten
3.5 Auswirkungen auf den Menschen
3.6 Auswirkungen auf die Ökonomie
4 Die EU-Wasserrahmenrichtlinie
5 Die Umweltverträglichkeitsprüfung
5.1 Ablauf der UVP
5.2 Änderungen der UVP
6 Analyse des Wasserkraftwerk Gössendorf
6.1 Allgemeine Daten
6.2 Auswirkungen des Wasserkraftwerks Gössendorf
7 Resümee
8 Literaturverzeichnis
9 Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
Wir befinden uns aktuell in der Zeit der Energiewende. Nicht nur Österreich, sondern auch die Europäische Union will der wachsenden Energieabhängigkeit entgegenwirken. Somit kommt es zur Energiewende von der fossilen zur erneuerbaren Energiegewinnung. Ziel hierbei ist einerseits zum Klimaschutz beizutragen, und andererseits eine Versorgungssicherheit durch heimische Energiequellen zu sichern. Bioenergie, Sonnenenergie, Windenergie aber auch die Energiegewinnung durch Wasserkraft zählen zu den Formen der regenerativen Energien. Besonders die Nutzung von Wasserkraftanlagen ist in Österreich seit 1950 sehr verbreitet und hat sich in Österreich stark etabliert. Jedoch steht jeder Bau eines Wasserkraftwerks zwischen dem Spannungsfeld der Ökonomie und Ökologie. Aus diesem Grund möchte ich in dieser Arbeit einen Blick darauf werfen, welche Auswirkung der Bau und der Betrieb eines Wasserkraftwerks auf die Umwelt hat.
Zu Beginn dieser Arbeit wird ein kurzer historischer Abriss über die Entwicklung der Wasserkraft gegeben. Anschließend erfolgt ein Überblick Überzahlen und Fakten der Wasserkraftnutzung Österreichs. Um dieses Thema integrativ zu beleuchten, wird zunächst sehr detailliert auf alle möglichen Auswirkungen eines Wasserkraftwerks eingegangen, durch die Analyse einer Fachliteratur. Danach werden noch zwei Gesetze erläutert, die für den Bau und die Nutzung einer Wasserkraftanlage von großer Bedeutung sind. Konkret behandelt wird die Wasserrahmenrichtlinie der EU (WRRL) und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-Gesetz).
Entlang der Mur gibt es schon vier Wasserkraftwerke die in Betrieb sind. Ich werde mich in dieser Arbeit speziell auf das Kraftwerk Gösserdorf fokussieren und die UmWeltauswirkungen in diesem Gebiet analysieren.
Am Ende dieser Arbeit soll die Frage beantwortet sein, wie umweltverträglich ein Wasserkraftwerk ist und mit welchen Folgen durch Bau und Betrieb zu rechnen sind. Es soll außerdem klar werden, welche negativen und positiven Auswirkungen auf die Infrastruktur und die Ökologie das Wasserkraftwerk Gössendorf hat.
2 Entwicklung der Wasserkraft
Die Menschheit begann schon vor 3500 Jahren Wasserschöpfräder zu entwickeln, diese dienten zur Bewässerung der Landwirtschaftsflächen in dem heutigen Irak, damals Mesopotamien. Aber auch in China und Indien waren solche FeldbewässerungsSysteme bereits bekannt. In der Antike wurde Wasserkraft bereits dazu genutzt, die Kornmühlen zu betreiben. Eine Voraussetzung für die industrielle Revolution schaffte die Entwicklung des Wasserrads aus Gusseisen von John Smeaton im Jahre 1769. Somit konnten auch kleinere Fabriken ihre Maschinen mit Wasserkraft betreiben (McNeill und Engelke, 2013).
Den Grundstein für die heutige Entwicklung legte der Franzose Benoît Fourney- ron, der die erste funktionsfähige Wasserturbine 1827 entwickelte. Im 19. Jahrhundert entstand auch der erste Generator und somit wurde im Jahr 1880 in England erstmals ein Wasserkraftwerk gebaut, das elektrische Energie erzeugte. Nur 6 Jahre später folgte das erste Großkraftwerk der Welt an den Niagarafällen, in den Vereinigten staaten. In der folgenden Zeit wurden immer wieder neue Arten von Turbinen entwickelt und die Wasserkraftanlagen etablierten sich weltweit zur Deckung des Strombedarfs.
In Österreich werden aktuell ca. 44,7 Milliarden KWh Strom durch heimische Kraftwerke erzeugt (Österreich Energie, 2016), und deckten somit 64,9 % des Österreich¡- sehen Strombedarfs. Mit diesem Wert ist Österreich ein Spitzenreiter in der EU. Das humide Klima und der daraus resultierende hohe Jahresniederschlag von durchschnittlich 1513 mm (Bregenz) bzw. 513 mm (Wien-Flohe Warte) (ZAMG, 2015) stellt eine gute Basis für die Nutzung der Wasserkraft dar. Außerdem profitiert Österreich durch seine alpine Lage, da das Gefälle der Fließgewässer das Wasserkraftpotenzial nochmals erhöht. Grundsätzlich gibt es in Österreich drei Formen von Wasserkraftwerken: Pumpspeicherkraftwerke, Laufkraftwerke und Kleinkraftwerke. Alle drei Kraftwerkstypen nutzen die potentielle und kinetische Energie des Wassers mittels einer Turbine, diese Energie wird dann mit FHilfe eines Generators in elektrische Energie umgewandelt.
3 Auswirkungen eines Wasserkraftwerks
Ein Wasserkraftwerk wird vom Menschen in die Umwelt gebaut und hat somit verschiedene Auswirkungen auf sie. Dabei gibt es zwei zeitlich verschiedene Phasen, in denen unterschiedliche Auswirkungen auftreten können: die Bauphase und die Betriebsphase. Für die Phase des Wasserkraftwerkbaus ist nicht nur Geld erforderlich, sondern auch Arbeitskräfte und Materialien. Durch den Beschluss zum Kraftwerksbau kommt es schon zu ersten ökonomischen Auswirkungen. Man darf jedoch nicht die Nebenwirkungen vergessen, denn durch den Bau einer Wasserkraftanlage wird mit Lärm oder einem erhöhten Verkehrsaufkommen zu rechnen sein. Außerdem kann es zum Bau von neuen Straßen oder Brücken kommen. Ist der Bau abgeschlossen, so kommt es zu einem veränderten Landschaftsbild, und es folgt die Betriebsphase des Kraftwerks. Diese hat zahlreiche Auswirkungen zur Folge. Auf der anderen Seite sollte man jedoch bedenken, dass der Betrieb eines Kraftwerks den heimischen Energiebedarf deckt und es zu einer Schonung von Ressourcen kommt, im Gegensatz zur Energieerzeugung durch Atomkraftwerke.
Giesecke und Fleimerl (2014) beschreiben in ihrem Werk detailliert, welche AusWirkungen Wasserkraftanlagen auf die Umwelt und den Menschen haben können. Es lässt sich also feststellen, dass es sich bei Wasserkraftanlagen um ein intégratives Thema handelt, das im Spannungsfeld der Mensch-Umwelt-Beziehungen steht. Die Auswirkungsbereiche werden nun einzeln in den untergeordneten Teilbereichen erörtert.
3.1 Auswirkungen auf ober- und unterirdische Gewässer
Grundsätzlich stellen Giesecke und Fleimerl (2014) fest, dass ״der Durchfluss, der Feststofftransport sowie die Bildung und Bewegung des Eises mehr oder weniger beeinflusst werden“. Dies hat zur Folge, dass Veränderungen der Flussbettmorphologie oder der Gestalt des Flusstales auftreten können. Räumlich kann man die Veränderungen in die folgenden Teile gliedern:
- Stauraum
- Restwasserstrecke
- schwallbeeinflusste Strecke
- Umland
Im Staubereich kommt es durch das Kraftwerk zu einer Reduzierung und Vergleichmäßigung der Flussströmung, d.h. die Fließgeschwindigkeit wird geringer und die Tiefenerosion wird verringert. Dadurch kommt es jedoch zu einer verstärkten Sedimentation und zur Grundwasseranhebung. Der Transport von Feststoffen wird deutlich gehemmt, und somit wird das mitgeführte Material an der stauwurzel abgelagert. Die mitgeführten Schwebstoffe lagern sich hingegen an der Stauanlage ab (Giesecke und Fleimerl, 2014). Außerdem kommt es durch den Aufstau des Wassers zu einer Erwärmung des oberflächennahen Wassers, was zur Folge hat, dass ein Algenwachstum verstärkt wird. Durch den Staudamm wird das Gewässerkontinuum unterbrochen, deshalb kommt es in diesem Bereich zur vermehrten Faulschlammbildung. Noch dazu stellt die Unterbrechung eine Wanderungsbarriere für Fische und andere Lebewesen dar. Sieht man sich den Bereich nach der Stauanlage näher an, so stellt man fest, dass es zu einer erhöhten Sohlenerosion durch den Geschieberückhalt kommt. Auch das Flochwasserregime wird durch eine Wehr- bzw. Stauanlage unterschiedlich beein- flussi. Es ist belegt, dass Laufwasserkraftwerke ״keinen besonders wirksamen HochWasserrückhalt bieten können“ (Giesecke und Heimerl, 2014) im Gegensatz zu Speicherkraftwerken.
Eine weitere Auswirkung auf das Gewässer, die speziell das Umland betrifft, ist die Veränderung des Grundwasserspiegels. Während des Betrieb eines Kraftwerks kann sich der Grundwasserzustand in der näheren Umgebung deutlich ändern. Durch die Stauanlagen kann es zu Senkungen, Steigungen oder im schlimmsten Fall zu Verunreinigungen des Grundwassers kommen. Fällt übermäßig viel Niederschlag, kann es im Gebiet rund um das Kraftwerk zu einer Vernässung der angrenzenden Flächen kommen. Die Folgen der Grundwasserveränderungen können auch die Menschen betreffen, die nahe am Fluss wohnen. Im Gegensatz dazu kommt es bei regenarmen Perioden oft vor, dass der Grundwasserspiegel absinkt.
3.2 Auswirkungen auf den Hochwasserschutz
Was den Einfluss von Wasserkraftwerken auf die Hochwasserwelle betrifft, muss unbedingt zwischen Flusskraftwerken und Speicherkraftwerken unterschieden werden. In dieser Arbeit wird näher auf den Einfluss der Flusskraftwerke eingegangen, da in einem weiteren Kapitel das Flusskraftwerk Gössendorf analysiert wird.
Prinzipiell kann man keine allgemeinen Auswirkungen eines Kraftwerks feststellen, für eine genaue Untersuchung muss man jedes Kraftwerk analysieren. Der Effekt einer Staukette wirkt sich aber zumeist negativ auf das Abflussgeschehen aus, und es sollten extra Maßnahmen zum Hochwasserschutz getroffen werden. Einzelne Kraftwerke bieten den Anrainern jedoch einen Schutz vor Hochwasser, da sie mithilfe von ״höhenverstellbaren Wehrfeldern der Wehranlagen das Wasser aus Rückstauräumen kontrolliert ablassen“ (SIZ Österreich, O.J.) können. Außerdem werden beim Bau die Aufschüttungen an den Rückstauräumen, Uferbefestigungen und die Wehranlagen so geplant, dass man extreme Hochwässer bewältigen kann. Kommt es jedoch zu einer Hochwasserwelle gibt es keine Möglichkeit für ein Laufkraftwerk diese zurückzuhalten.
3.3 Auswirkungen auf Flora und Fauna
Das biologische System der Flora und Fauna von Fließgewässern ist ein sehr komplexes System. Ausschlaggebend für die Artenvielfalt ist die Wasserbewegung. Jegliche Eingriffe in das natürliche System wirken sich auf seine Struktur und Zusammensetzung aus. Darum muss bei dem Bau eines Wasserkraftwerks laut Giesecke und Hei- meri (2014) undebingt auf den ״notwendigen spartenübergreifenden Schutz des ZuStandes der Gewässersysteme bzw. deren Verbesserung“ geachtet werden. Diesbezüglich liefert die im folgenden Kapitel beschriebene Wasserrahmenrichtlinie der EU entsprechende Maßnahmen.
Die Fischfauna in Fließgewässern ist auf bestimmte Strömungs-, Substrat- und Wassertiefenmuster angewiesen. Außerdem sind nahezu alle Fischarten auf eine Wanderung angewiesen, da sie Laichgründe in kleineren Quellbächen von größeren Flüssen aufsuchen. Greift der Mensch also erheblich in die ursprünglichen FlussbettStrukturen ein, so entzieht er oftmals vielen Fischarten ihre Lebensgrundlage. Dies hat natürlich eine Minimierung der Artenvielfalt zur Folge. ״Neue Kraftwerke führen zu einem Verlust an Vollwasser-Fließstrecken und somit v.a. zu einer Reduktion des Lebensraumes der Leitfischarten.“ (Schmutz et. al., 2011) Erwägt man einen Kraftwerksausbau, so müssen nach Schmutz et. al. (2011) alle ökologischen Auswirkungen laut EU-WRRL berücksichtigt werden. Weiters hat ein Wasserkraftwerk Auswirkungen auf den Lebensraum von Kleinkrebsen, Insektenlarven oder anderen Weichtieren. Problern hierbei ist die Veränderung bzw. Zerstörung der Gewässersohle und der reduzierte Wasseraustausch. Dadurch kommt es zu einer verminderten Sauerstoffzufuhr, was zu einer ״Veränderung der Besiedelbarkeit“ (Giesecke und Heimerl, 2014) führt. Wie bei der Fischfauna kommt es aber auch hier zu einer verminderten oder stark veränderten Artendiversität.
Letztlich sind noch die Auswirkungen auf die Pflanzenwelt zu erwähnen. Handelt es sich um ein Laufkraftwerk, so ist hauptsächlich die Pflanzenwelt der collínén stufe (unter 800 m) von den Auswirkungen betroffen.
3.4 Auswirkungen auf obere Bodenschichten
Giesecke und Heimerl (2014) stellen fest, dass Flusskraftwerke und generell Wasserkraftwerke auch erhebliche Einflüsse auf die physikalische, chemische und biologische Struktur der oberen Bodenschichten haben, da sie zu einer Änderung des Grundwasserspiegels beitragen. Der Grundwasserspiegel ist maßgebend für die Durchnässung oder Austrocknung des Bodens. Das hat natürlich Folgen für die Land- und Forstwirtschaft in einem Gebiet nahe einer Wasserkraftanlage. Wenn die Bodenfeuchtigkeit durch Wasserspiegelschwankungen erhöht ist, so führt dies auch oft zu nassen Fundamenten und Wänden von Bauwerken die tiefer liegen. Auch ein überflutetes Untergeschoss bzw. ein überschwemmter Keller ist oftmals die Folge.
3.5 Auswirkungen auf den Menschen
Natürlich haben die zuvor erläuterten Auswirkungen auf die Umwelt in weiterer Folge auch eine Auswirkung auf den Menschen. Unter diesem Punkt werden aber noch andere Effekte erörtert, die durch den Bau und Betrieb eines Wasserkraftwerks auftreten. Nach Giesecke und Heimerl (2014) hat der Bau und Betrieb zur Folge, dass ״der Lebensraum, das Wohlergehen sowie das Schutz- und Sicherheitsbedürfnis der im Umfeld lebenden Bewohner“ beeinflusst bzw. verändert wird.
Es kommt durch den Bau vor allem zu einem Ausbau der Infrastruktur des umliegenden Gebiets (Straßen, Kläranlagen, Freizeiteinrichtungen, etc.). Positive Effekte hätte der Bau eines Kraftwerks vor allem für strukturschwache Regionen. Wird der Bau eines Großprojekts beschlossen, so könnte es dadurch soweit kommen, dass Bewohner sogar umgesiedelt werden müssen.
[...]