Zusammenfassung
Die Fragestellungen der Ausarbeitung gehen auf neuralgische Punkte der einzelnen Sektoren ein. Was versteht man auf Ebene des Staates von "Governance" oder "Good Governance"? Auf welcher Verständigungsebene können Unternehmen der Privatwirtschaft und zivilgesellschaftliche Organisationen kooperieren? Wo gibt es Übereinstimmungen zwischen demokratischen Grundsätzen und der Zivilgesellschaft?
Die Familie ist der schwächste Part dieses Modells und von den Entscheidungen der gewählten Vertreter eines Landes, den Entscheidungen der Privatwirtschaft und dem Einfluss von Zivilgesellschaft abhängig.
Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit haben die verschiedenen Sektoren mit ihren Entscheidungen Einfluss darauf, ob sich ein Land ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltig entwickelt.
Leseprobe
Inhalt
Einleitung
1. Darstellung der systemischen Kernelemente in den verschiedenen Definitionen von Governance
2. Welches gemeinsame Grundverständnis gibt es in der internationalen Entwicklungspolitik, was die Förderung von Good Governance leisten soll und leisten kann?
3.Chancen und Risiken in der Kooperation zwischen einem Unternehmen und der Zivilgesellschaft
4. Darstellung der Parallelen zwischen Good Governance und Civil Society
5. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Einleitung
Das Vier-Sektoren-Modell der Gesellschaft unterscheidet zwischen dem Staat, dem Markt, dem Dritten Sektor sowie der Familie (nach Foljanty-Jost, Sprengel: 18).
Der Staat wird repräsentiert durch Behörden, Ämter, Verwaltungen. Seine Aufgabe besteht in der gerechten Verteilung von Wohlstand (ebd.: 18). Unternehmen der Privatwirtschaft produzieren Güter und befinden sich im Wettbewerb des Marktes. Den dritten Sektor repräsentieren gemeinnützige Organisationen wie Stiftungen, Verbände und Genossenschaften (ebd.: 18). Deren Aufgabe besteht in der Produktion öffentlicher Güter wie soziale Intergration, Interessenvermittlung und Konfliktbewältigung. Die Bindungsenergie des vierten Sektors, der Familie, beruht auf Emotionen sowie Verwandtschaftsbeziehungen. Ihre Funktion besteht darin, Güter und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen (ebd.: 18).
Diese knappe Systematisierung der Gesellschaft bildet die Ausgangssituation, in deren Zusammenhang die nachfolgenden Aufgaben stehen.
Zunächst soll eine kurze Geschichte den Gesamtzusammenhang verdeutlichen:
Ein Konditor bekommt den Auftrag, für eine besondere Geburtstagsfeier eine Torte herzustellen. Er verwendet seine ganze Handwerkskunst und seine besten Zutaten darauf ein filigran gestaltetes, wundervolles Gebilde zu produzieren, das im Mund eine Geschmacksexplosion auslöst. Alle bestaunen die Torte bei der Feier. Zunächst dürfen sich die Erwachsenen bedienen. Schließlich kommt eine Mutter mit ihrem Kind zum Kuchenbuffet. Die Mutter muss ihrem Sprössling jedoch traurig mitteilen, dass von der wunderbaren Torte nichts mehr übrig ist. Die Tragödie ist vorprogrammiert.
Das Szenarium lässt sich im Rahmen einer kleinen Alltagsbegebenheit, die zum Lernprozess des Lebens gehört, für das Kind verkraften und lösen. Entscheidungen auf staatlicher Ebene sind jedoch meist irreversibel. Wenn diese gegen demokratische Grundsätze gerichtet sind, wirken sie sich langfristig nachteilig auf die Gesamtentwicklung einer Gesellschaft aus.
Der Themenschwerpunkt der ersten Aufgabe liegt daher auf der Darlegung der Definition des Begriffs Governance, auch in Abgrenzung zu Government. Mehrere Definitionsansätze werden dazu veranschaulicht.
In Kapitel zwei wird das Rüstzeug von Good Governance dargelegt . Besonders im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit wird dieser Anspruch verdeutlicht. Es wird hier zudem diskutiert, ob die Entwicklung von Good Governance Vorbedingung für wirtschaftliche Entwicklung ist.
Im Rahmen von Aufgabe drei wird das Spannungsfeld der Kooperation zwischen einem Unternehmen aus der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft näher betrachtet. Dabei werden Chancen, aber auch Risiken veranschaulicht.
Der vierte Teil der Ausführungen bezieht Stellung zu der Frage, welche Parallelen zwischen Zivilgesellschaft und Good Governance bestehen.
1. Darstellung der systemischen Kernelemente in den verschiedenen Definitionen von Governance
Der Begriff „Governance“, dessen Nutzungshäufigkeit seit Mitte der „1990er Jahre“ (Nuscheler,F.: 1) stark angestiegen ist, lässt sich nicht eindeutig bestimmen. Das Oxford Dictionary definiert den Begriff als „the act of manner of govering“ (nach Nuscheler: 1). Eine häufige Übersetzung lautet „Regierungsführung“ (ebd.: 1).
Diese ist jedoch zu eng gefasst und nähert sich eher dem Begriff Government an, der jedoch den institutionellen Apparat im Fokus sieht. Der Begriff Governance dagegen geht über staatliche Strukturen hinaus und beinhaltet zusätzlich die Wechselwirkung mit privaten Akteuren (ebd: 2). Im Unterschied zu Government erfasst Governance gemäß Nuscheler
„… auch Entscheidungsprozesse jenseits des staatlichen Institutionensystems und von Aktivitäten, die nicht aus formellen und gesetzlich definierten Zuständigkeiten hergeleitet werden können, vor allem die Beteiligung privater Akteure an kooperativen Entscheidungsverfahren.“ (ebd.: 2)
Mit Hilfe dieser Definition werden zwei Bestandteile, die dem Begriff wesensimmanent sind, deutlich. Zum einen wird damit ausgesagt, dass nicht allein staatlichen Institutionen Entscheidungsgewalt innewohnt und dass zum anderen das gemeinsame Agieren „öffentliche[r] und private[r] Institutionen“ (ebd.: 4) zusammenkommt. Dem schließt sich auch das „Handbuch Governance“ an. Es sieht in seiner Definition all jene Strukturen subsummiert, die „gesellschaftliche Sachverhalte“ (Nuscheler: 8) regeln. Die Definition impliziert zudem eine inhaltliche Weiterführung zu einer Vorstellung von Regieren, bei der bei aller Entscheidungshoheit doch der Austausch mit privaten Akteuren gegenseitig befruchtend wirkt. Governance meint daher die Art und Weise der Regierungsführung, die als interagierender Prozess verstanden wird. Die Prozesshaftigkeit enthält zwei Komponenten: zum einen die Entwicklung zu einer Konsenslösung über den Meinungsaustausch und zum anderen die Bereitschaft, sich zeitlich diesem Prozess auszusetzen. Auch die Politologen Ernst-Otto Czempiel und James N. Rosenau kommen 1992 zu einer ganz ähnlichen Definition, bei der ebenfalls der zeitliche Aspekt hinzukommt, wenn sie von „permanent[em] [I]nteragieren“ (nach Nuscheler: 5) sprechen. Die umfassendste Definition scheint die Commission on Global Governence (CGG) vorzulegen. Denn bei deren Darstellung kommen zusätzlich noch weitere Aspekte hinzu, wobei das Aufgabenspektrum von Governance weit gefasst wird, sodass alle Herausforderungen und Informationswege sowohl nationaler als auch supranationaler Art, deren Regelung im Interesse aller Beteiligten liegen können, soweit ein gemeinsames Anliegen besteht, gemeint sind (ebd.: 4). Da in der Definition von einem „kontinuierlichen Prozess“ (ebd.: 4) die Rede ist, folgt sie damit den bereits erwähnten Definitionen und weitet den zeitlichen Bezugsrahmen sogar aus. Es wird darin zudem der Wille zu „Konsens“ (nach Nuscheler: 4) deutlich, ein Begriff der die konkrete Zielorientierung mit einer Lösungsabsicht in den Fokus nimmt, aber bei dem Gestaltungsfreiheit auf der Realisierungsebene besteht.
Es wäre falsch unter diesem Paradigma von Governance zu meinen, man könne bei „Global Governance“ von der Auflösung souveräner Staaten ausgehen. Daher stellt Nuscheler fest:
„Diese Defnition verdeutlicht, dass `governance without government´ nicht das `Ende des Nationalstaates´ suggeriert, sondern seine Transformation von einem Entscheidungsmonopolisten zu einem Interessen moderierenden und mit privaten Akteuren kooperierenden, allerdings weiterhin allein mit hoheitlichen Kompetenzen ausgestatteten Akteur in komplexer gewordenen Regelsystemen meint.“ (Nuscheler: 8f).
Dieser Wandel setzt einen Umdenkprozess bei staatlichen Institutionen voraus: Mit der Bereitschaft zu offenen Diskussionen, deren Ergebnis in einer Konsensfindung orientiert an Sachfragen beruht, rückt eine Regierung bewusst von ihrem Machtmonopol ab. Zu erkennen ist dieser Wandel an institutionenübergreifenden Konferenzen (ebd.: 9).
Das Paradigma von Governance erfährt auch in der neuen Institutionenökonomik eine Aufwertung (ebd.: 14). Ohne den Anspruch erheben zu wollen, diese umfassend überblicken zu können, scheint aber die Neuerung im Denkansatz darin zu bestehen, dass funktionierende Institutionen Transaktionskosten zur Umsetzung wirtschaftlicher Ziele minimieren (ebd.: 15). Auch hier wird mithin der positive Ansatz von Governance verdeutlicht, oder um dem Credo der Weltbank nach Nuscheler zu folgen: „Institutions matter“ (ebd.: 15). Dazu gehören „dauerhafte Vereinbarungen“ (ebd.: 16). Diese bilden eine Basis der „Investitionssicherheit“ (ebd.: 17) für wirtschaftliche Akteure. Im Zusammenhang mit der Neuen Intistutionenökonomik kommt somit staatlichen Strukturen die Aufgabe zu, die Vorbedingungen zu schaffen und den Weg zu ebnen für wirtschaftlich oder gesellschaftlich komplexe Fragestellungen nach dem Prinzip „Institutionen für Märkte schaffen“ (ebd.:20), also den institutionellen Rahmen zur Verfügung zu stellen, in dem die Sicherheit für ökonomische Prosperität besteht.
2. Welches gemeinsame Grundverständnis gibt es in der internationalen Entwicklungspolitik, was die Förderung von Good Governance leisten soll und leisten kann?
Die „crises of governance“ (Nuscheler: 26), die von der Weltbank in ihrer „…1989 veröffentlichten Studie über die Entwicklungskrise im subsaharischen Afrika…“ (ebd.: 26) diagnostiziert wurde, führte zu einem Umdenken in der Entwicklungspolitik. Die Bilanz nach über 40 Jahren Entwicklungszusammenarbeit war ernüchternd ausgefallen. Viele Projekte waren gescheitert und es lag nicht an postkolonialem Fehlverhalten, wie viele Staatschefs den Gebern vorwarfen, sondern die Industrienationen mussten sich eingestehen, dass sie im Gegenteil sogar mit finanziellen Mitteln autokratische und kleptokratische Regime in ihrem Handeln unterstützten (ebd.: 70).
Es wurden in dieser Studie Kriterien ermittelt, die als günstig für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung eines Staates angesehen werden. Diese wurden 1993 von den Geberländern, organisiert in der DAC, aufgenommen und erweitert und schließlich fanden sie Eingang in das „Entwicklungsvölkerrecht und Völkervertragsrecht“ (ebd.: 32) und es bildete sich ein Kriterienkatalog von Good Governance heraus. Denn es hatte sich in der Entwicklungspolitik ein Paradigmenwechsel vollzogen. Die Studien der Weltbank, durchgeführt unter ökonomischen Gesichtspunkten, folgen dem Prinzip der Institutionenökonomik, dass der Staat die Basis für wirtschaftliche Entwicklung liefern soll. Substanziell wurde darin festgehalten, was schließlich im Abkommen von Cotonou im Jahre 2000 (Dolzer 2004: 537) mit dem Terminus „good governance“ umschrieben wurde und umfassend definiert worden ist. Es entstand ein „neues Leitbild der Staatlichkeit“ (Nuscheler: 30).
Die Zielvorgaben sind recht eindeutig, wenn auch der Weg dahin es nicht immer ist.
Die Studie hatte ergeben, dass ein zuverlässiges Rechtssystem die Basis für Investitionen und Unternehmen ist (ebd.: 27). Außerdem sind institutionelle Strukturen erforderlich, damit Entwicklungsziele leichter umgesetzt werden können. Die Bindung von Regierungsverantwortlichen an Gesetze und deren Legitimierung durch demokratische Wahlen erhöhen das Vertrauen der Geberländer und stabilisieren die innenpolitischen Machtverhältnisse (ebd.: 27). Transparenz bei der Verwendung von finanziellen Mitteln stärkt die Vertrauensbildung. Dazu gehört auch die Vermeidung von unsachgemäßer Selbstbereicherung mit öffentlichen Geldern. Die Geberländer ergänzten die Forderungen um die Punkte „partizipative Entwicklung“(ebd.: 31), „Respektierung der Menschenrechte“ (ebd.: 31) sowie die Reduzierung der Militärausgaben (ebd.: 31).
Das Ziel besteht demnach darin, ein Umfeld zu gestalten, das einen Anreiz für private und öffentliche Investitionen schafft und damit die Armut weiter Teile der Bevölkerung reduziert. Gleichzeitig soll damit aber auch eine Vertrauensbasis hergestellt werden, die bilaterale und multilaterale Beziehungen ermöglicht.
Es besteht mittlerweile ein Konsens innerhalb der Staatengemeinschaft, dass Good Governance unerlässlich für gelingende Entwicklungspolitik ist. Diese Einsicht besteht sowohl bei Geber- als auch bei Nehmerländern (Dolzer 2004: 545). Den Industrienationen haben die Erfahrungen aus den unterschiedlichen Phasen von Entwicklungspolitik gezeigt, dass bestimmte institutionelle Strukturen vorhanden sein müssen, damit die wirtschaftliche Entwicklung eines Staates gelingt und der Anteil armer Bevölkerung zurückgeht. Die Nehmerländer dagegen merken, dass sie nur dann finanzielle Mittel generieren und sich in das globale Wirtschaftssystem einklinken können, wenn sie allgemein anerkannte Normen der Staatsführung umsetzen (ebd: 545).
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