Bevölkerungsvorausberechnung und Prognose
Konzepte und aktuelle Forschungsergebnisse in Deutschland
Zusammenfassung
Ein spezieller Bereich im großen Feld der Prognosen ist die Bevölkerungsvorausschätzung, mit der sich diese Arbeit befasst. Die Bedeutung der Bevölkerungsprognose im Bereich der politischen Planung für Infrastrukturinvestitionen und soziale Sicherungssysteme ist immens. Es ist das Ziel eine möglichst genaue Bevölkerungsvorausschätzung zu erarbeiten, um möglichst genau für zukünftige Zeiträume planen zu können. Hier stößt man schnell an nur schwer zu überwältigende oder sogar unüberwindbare Hindernisse. Vor allem die Datenfülle, die in ihrer Gesamtheit nicht messbar und auch nicht berücksichtigbar ist, zeigt Grenzen auf. Viele Einflussdaten sind nicht quantifizierbar und nur verbal vorhanden. Trotz all dieser Unsicherheiten sind diese Prognosen für die Politik die einzige Möglichkeit, für längerfristige Zeiträume zu planen. Sie sind demnach enorm wichtig. Es kostet viel Geld und Mühe sie zu erstellen, viel Kapital aber würde in den Boden gesetzt werden, wenn es sie nicht gäbe.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Prognosen - Bedeutung und Anwendung
2 Theorie der Bevolkerungsvorausberechnung
2.1 Konzeptionen einerPrognose
2.2 Methoden: Extrapolation und Komponentenmethode
2.3 Regeln fur den Umgang mit Prognosen
3 Bevolkerungsprognose am aktuellen Beispiel: die Raumordnungsprognosen 2020 und 2025
3.1 Hintergrund: Der demographischeWandel
3.2 Die Datengrundlage: Entwicklungstendenzen von 1990 bis 2005
3.3 Annahmen furdie Prognose:
3.4 Trends von 2006 bis 2025
4 Herausforderungen und Losungsansatze
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 (S. 13) Entwicklung der Bevolkerungsdynamik
Abb. 2 (S. 14) Entwicklung der Altersstruktur im Vergleich zwischen Ost und West in den Zeitraumen 1990-2005 und 2005-2025
Abb.3 (S.16) Zuzugsgebiete in Deutschland
1 Prognosen - Bedeutung und Anwendung
Alltaglich konnen wir sie in den Nachrichten sehen: Prognosen, Vorausberechnungen und -schatzungen uber den Arbeitsmarkt, Unfalltote, Geschaftszahlen und viele andere Bereiche. Es hat den Menschen schon immer fasziniert zu versuchen die Zukunft vorauszuberechnen. Man hoffte mit mathematischen Gleichungen in die Zukunft sehen zu konnen, aber selbst im Computerzeitalter ist dieses Ziel nicht mit absoluter Sicherheit erreicht worden und wie wir heute wissen wird es wohl so nie erreicht werden konnen. Ein klassisches Beispiel hierfur ist das Wetter. Das System Klima ist von so vielen Komponenten und Zufallen abhangig, dass Messung und Berechnung an ihre Grenzen stolen. Ebenso sind alle Prozesse die mit menschlichen Entscheidungen einhergehen nie mit volliger Sicherheit vorhersagbar und bilden deshalb ein zentrales Problem fur die Prognosenersteller. Aber trotz all der Unsicherheiten: Die Ergebnisse von Vorausschatzungen sorgen (unter anderem) dafur, dass Aktienkurse steigen und fallen, dass der Stadtplaner Neubaugebiete ein bisschen grower Oder kleiner ansetzt und dass wir uns Solaranlagen auf unsere Dacher bauen, denn die Statistik sagt uns: Es lohnt sich voraussichtlich! Prognosen haben in vielen Bereichen des Lebens einen zentralen Platz eingenommen. Sie sind unentbehrlich geworden fur die wirtschaftliche und politische Planung und bilden die Basis fur Entscheidungen in diesen Bereichen. Die Geschichte der Statistik geht zuruck bis in die Antike, in der die ersten Prognoseversuche auf dem Bereich der Steuerschatzung unternommen wurden. Ein spezieller Bereich im groBen Feld der Prognosen ist die Bevolkerungsvorausschatzung, mit der sich diese Arbeit befasst. Die Bedeutung der Bevolkerungsprognose im Bereich der politischen Planung fur Infrastrukturinvestitionen und soziale Sicherungssysteme ist immens. Es ist das Ziel eine moglichst genaue Bevolkerungsvorausschatzung zu erarbeiten, urn moglichst genau fur zukunftige Zeitraume planen zu konnen. Hier stoBt man schnell an nur schwer zu uberwaltigende Oder sogar unuberwindbare Hindernisse. Vor allem die Datenfulle, die in ihrer Gesamtheit nicht messbar und auch nicht berucksichtigbar ist, zeigt Grenzen auf. Viele Einflussdaten sind nicht quantifizierbar und nur verbal vorhanden. Trotz all dieser Unsicherheiten sind diese Prognosen fur die Politik die einzige Moglichkeit, fur langerfristige Zeitraume zu planen. Sie sind demnach enorm wichtig. Es kostet viel Geld und Muhe sie zu erstellen, viel Kapital aberwurde in den Boden gesetzt werden, wenn es sie nicht gabe.
2 Theorie der Bevolkerungsvorausberechnung
2.1 Konzeptionen einer Prognose
Es gibt drei mogliche Konzeptionen (auch Ausgangspunkte genannt) bei einer Voraus- berechnung:
Die „ex post“-Konzeption: Hierbei werden fur die Vorausschatzung die Daten eines vorherigen, vergangenen Zeitraums genutzt um Aussagen uber den weiteren Verlauf von Entwicklungen zu machen. Es werden sozusagen die bisherigen Zahlenreihen und Zusammenhange in die Zukunft weiter fortgeschrieben. Ein grower Teil der Prognosen basiert zumindest teilweise auf dieser Konzeption. Der Vorteil dieser Methode besteht darin, dass auf ein reales Fakten- und Zahlenmaterial zuruckgegriffen werden kann, wodurch das Schatzen verschiedener Parameter wegfallt. Das zentrale Problem der „ex-post“- Vorgehensweise liegt aber in der Annahme, die Bedingungen des abgelaufenen Zeitraums, aus dem die Daten stammen, konnten problemlos auf den folgenden ubertragen werden. Das kann aber in der schnelllebigen Welt in der wir leben nicht behauptet werden (Bahr 2004, S. 236 und Boustedt 1965, S. 2f.).
Die „ex ante“-Konzeption: Mit dieser Betrachtung wird versucht „wirkliche Zukunftsdaten" zu untersuchen. Dies ist gerade bei der Bevolkerungsprognose mit enormen Schwierigkeiten verknupft, da diese von sehr vielen Unbekannten abhangig ist. Das Augenmerk bei der ,,ex ante“-Konzeption muss also besonders darauf gerichtet sein, die personlichen zukunftigen Entscheidungen der untersuchten Bevolkerung „vorherzusagen“. Dies beinhaltet einen groBen Unsicherheitsfaktor, da in diesen Prozess personliche Entscheidungen Einzelner Oder von Gruppen einflie&en. Um diesen Schritt einfacher zu machen und die Prognoseerstellung unkomplizierter zu gestalten, wird nicht selten mit der Pramisse gearbeitet, dass die Rahmenbedingungen (politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich) konstant bleiben, denn dadurch wird die Prognose individueller Entscheidungen vereinfacht (Bahr 2004, S. 236 und Boustedt 1965, S. 3).
Die Analogie-Konzeption: Die Analogie-Konzeption basiert darauf, Entwicklungs- ablaufe wahrend einer bestimmten Zeitspanne in einem speziellen Raum auf eine zukunftige Zeitspanne in einem zweiten Raum zu ubertragen. Diese Konzeption verbindet also die beiden vorhergehenden, indem reales vorhandenes Zahlenmaterial fur eine Vorausschatzung genutzt wird. Voraussetzung hierfur ist eine vergleichbare Ausgangssituation in den beiden verglichenen Raumen. Es gibt erfolgreiche Beispiele fur diese Modell (z.B. der den Ablauf der Motorisierungswelle in Deutschland), es ist aber selbstverstandlich auch mit Unsicherheiten behaftet, die immer mit der Frage zusammenhangen, inwieweit verschiedene Raume uberhaupt miteinander vergleichbar sind (Bahr 2004, S. 236 und Boustedt 1965, S. 4).
Fazit: lm Realfall wird sich ein Wissenschaftler bei einer Vorausschatzung nicht auf eine dieser Konzeptionen festlegen. Dies ist meist auch gar nicht moglich, da fur eine so genaue Aufspaltung im Normalfall die benotigten Daten nicht in ausreichender Fulle vorhanden sind, sodass mit einer Mischung der Methoden gearbeitet werden muss, in der Aufwand und Nutzen der ganzen Studie in einem ausgewogenen Verhaltnis stehen (Bahr 2004, S. 236).
2.2 Methoden: Extrapolation und Komponentenmethode
Die wichtigsten Verfahren zur Erstellung einer Bevolkerungsprognose lassen sich in zwei groBe Gruppen unterteilen: die Extrapolations- Oder Zeitreihenmethode und die Komponentenmethode.
Bei der Extrapolationsmethode wird die bisherige Wachstumskurve in die Zukunft weitergefuhrt. Es wird versucht eine Art Formel fur die aktuelle Entwicklung zu finden, urn Zustande zu spateren Zeitpunkten berechnen zu konnen. Ein einfaches Beispiel hierfur, ware eine exponentielle Wachstumsformel (Bahr: Bevolkerungsgeographie, S. 237):
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] (n: Anzahl der Jahre; [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] : Bevolkerungszahl nach n Jahren;[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] : Be- volkerungszahl zum Zeitpunkt n = 0 ; p: jahrliche Wachstumsrate). Fur kurze Zeitraume kann diese Methode sehr genaue Werte erreichen. Werden aber langere Zeitspannen angesetzt, so ist mit groBen Abweichungen zu rechnen. Diese basieren darauf, dass nach der Zeitreihenmethode berechnete Daten mit konstanten Parametern erstellt werden. In der Realitat verandern sich jedoch diese Komponenten kontinuierlich und rufen somit Unterschiede hervor.
Wird fur eine Prognose die Komponentenmethode genutzt, so wird die demographische Grundgleichung in die einzelnen Parameter Mortalitat, Fertilitat und Migration zerlegt und jeder der drei Bereiche getrennt untersucht. Meist wird auch noch eine Aufteilung der zu untersuchenden Bevolkerung in Kohorten durchgefuhrt und jede Kohorte einzeln prognostiziert. Eine Kohorte ist ein Teil der Bevolkerung, in dem alle Menschen einer bestimmten Altersspanne zusammengefasst werden. Fur jede Kohorte werden die verschie- denen Komponenten einzeln prognostiziert und anschlie&end in einer Gesamtprognose zusammengefasst (Bahr 2004, S. 237).
2.3 Regeln fur den Umgang mit Prognosen
Bei der Verwendung von Prognosedaten darf nie aus den Augen verloren werden, unter welchen Bedingungen, Voraussetzungen und zu welchem Zweck die jeweilige Prognose erstellt wurde. So muss sich derAnwender auch bei der Raumordnungsprognose uber deren Eigenschaften im klaren sein:
Bedingtheit: Prognosen beschreiben zukunftige Ereignisse durch bedingte
Behauptungen (Wenn das passiert, dann geschieht das!). Die bedingten Behauptungen die den Prognosen zugrunde gelegt werden sind erstens ein theoretisches Model! fur einen bestimmten Sachverhalt, zweitens ausgesuchte Daten der Vergangenheit und Gegenwart und drittens spekulative Werte fur die verschiedenen Parameter. Die Ergebnisse einer Prognose hangen folglich davon ab, wie passend diese drei Behauptungen gewahlt wurden.
Zweckgebundenheit: Eine Vorausschatzung ist auch immer davon abhangig, fur wen sie ursprunglich erstellt wurde. 1st der Auftraggeber die Politik, so wird in der Prognose immer unterschieden zwischen politisch beeinflussbaren und unbeeinflussbaren Entwick- lungen, urn so Einflusse und Moglichkeiten des Geldgebers aufzuzeigen. Sie ist also auf den Auftraggeber zugeschnitten und die Verwendung fur andere Zwecke sollte immer genau gepruft werden.
Fristigkeit: Demographische Prozesse werden in der Regel uber lange Zeitraume untersucht. Dementsprechend ist auch eine Bevolkerungsprognose auf meist uber zehn Jahre angelegt. Zur Untersuchung kurzfristiger Schwankungen und Prozesse ist die Bevolkerungsvorausschatzung also nur in begrenztem Rahmen verwendbar.
Raumliche Differenzierung: Die Raumordnungsprognose des BBR (Bundesamt fur Bauwesen und Raumordnung) liefert Aussagen uber ganz Deutschland. Diese entstehen durch Untersuchungen auf Kreisebene. Insgesamt ergibt sich daraus ein relativ zuverlassiges Model! fur die Entwicklung in Gesamtdeutschland, da sich Schwankungen in den Kreisen groBtenteils ausgleichen. Dies bedeutet gleichzeitig, dass Werte fur die Teileinheiten selbst von der Realitat abweichen konnen und werden und somit die Raumordnungsprognose fur Aussagen auf Kreisebene nicht geeignet ist (Bucher, Gatzweiler 2004, S. Iff.).
3 Bevolkerungsprognose am aktuellen Beispiel: die Raumordnungsprognosen 2020 und 2025
Die Raumordnungsprognosen werden kontinuierlich vom Bundesinstitut fur Bau-, Stadt-, und Raumforschung (BBSR), das im Bundesamt fur Bauwesen und Raumordnung (BBR) integriert ist, erstellt. In diesem Abschnitt werden die Raumordnungsprognosen 2020 und 2025 vorgestellt. Hierbei werden in erster Linie die Daten aufgezeigt, die mit dem Thema Bevolkerungsprognose direkt zusammenhangen. (Bucher; Schlomer; Lackmann 2004, S. 107126; Bundesamt fur Raumwesen und Bauordnung 2009)
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