In dieser Hausarbeit sollen die Konzepte der Theorien von Mauss und Graeber näher betrachtet werden. Diese vorliegende Hausarbeit behandelt die Frage: In welchem Verhältnis die moralischen Grundlagen ökonomischer Beziehungen von David Graeber mit Bezug auf das Phänomen „Potlatsch" von Marcel Mauss zueinanderstehen.
Es werden die von David Graeber formulierten drei moralischen Prinzipien Kommunismus, Hierarchie, Austausch (das Letztere mit Bezug auf Mauss’ „Potlatsch“) miteinander verglichen, mit der Erwartung, dass sie Reziprozität implizieren und, im Grunde genommen, voneinander nicht zu unterscheiden sind. Denn jedes von den Prinzipien beruht nur auf zwei gesellschaftlichen Funktionen: Beziehungsstiftende Funktion und Anerkennungsstiftende Funktion.
Zuerst wird ein Überblick auf die Gabentheorie von Marcel Mauss und auf die Abhandlung über die moralischen Grundlagen ökonomischer Beziehungen von David Graeber geschaffen. Danach werden beziehungsstiftende und anerkennungsstiftende Funktionen skizziert, die diesen Prinzipien folgen sollen. Nach der begrifflichen Klärung der gesellschaftlichen Funktionen werden die moralischen Grundlagen (Kommunismus, Hierarchie und Tausch) näher behandelt. Zu jedem Prinzip werden die Beispiele angeführt, mit der Erwartung, dass jedes Prinzip die beziehungs- und anerkennungsstiftenden Funktionen beinhaltet und erfüllt. Schließlich werden die Schlussfolgerungen gezogen.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II.Einblicke in die Moralökonomie
1. Marcel Mauss: Die Gabe
2. David Graeber: Moralische Grundlagen ökonomischer Beziehungen
III. Begriffliche Klärung
1. Beziehungsstiftende Funktion
2. Anerkennungsstiftende Funktion
IV. Moralische Prinzipien E Kommunismus
2. Hierarchie
3. Austausch/Potlatsch
a) Potlatsch
b) Tausch
V. Fazit
VI. Fiteraturverzeichnis
I. Einleitung
Im Seminar Kulturtheorien wurden die Konzepte des Gabentausches von Marcel Mauss und der moralischen Ökonomie von David Graeber diskutiert. Vor allem wurde der Fokus auf die moralischen Grundlagen ökonomischer Beziehungen und deren Prinzipien gerichtet. In dieser Hausarbeit sollen die Konzepte der Theorien von Mauss und Graeber näher betrachtet werden. Diese vorliegende Hausarbeit behandelt die Frage: In welchem Verhältnis die moralischen Grundlagen ökonomischer Beziehungen von David Graeber mit Bezug auf das Phänomen ״ Potlatsch " von Marcel Mauss zueinanderstehen.
Es werden die von David Graeber formulierten drei moralischen Prinzipien Kommunismus, Hierarchie Austausch (das Letztere mit Bezug auf Mauss’ ״Potlatsch“) miteinander verglichen, mit der Erwartung, dass sie Reziprozität implizieren und, im Grunde genommen, voneinander nicht zu unterscheiden sind. Denn jedes von den Prinzipien beruht nur auf zwei gesellschaftlichen Funktionen: Beziehungsstiftende Funktion und Anerkennungsstiftende Funktion.
Zuerst wird ein Überblick auf die Gabentheorie von Marcel Mauss und auf die Abhandlung über die moralischen Grundlagen ökonomischer Beziehungen von David Graeber geschaffen. Danach werden beziehungsstiftende und anerkennungsstiftende Funktionen skizziert, die diesen Prinzipien folgen sollen. Nach der begrifflichen Klärung der gesellschaftlichen Funktionen werden die moralischen Grundlagen (Kommunismus, Hierarchie und Tausch) näher behandelt. Zu jedem Prinzip werden die Beispiele angeführt, mit der Erwartung, dass jedes Prinzip die beziehungs- und anerkennungsstiftenden Funktionen beinhaltet und erfüllt. Schließlich werden die Schlussfolgerungen gezogen.
II. Einblicke in die Moralökonomie
1. Marcel Mauss: Die Gabe
Die Abhandlung von Marcel Mauss ״Die Gabe: Form und Funktion des Austausches in archaischen Gesellschaften“ widmet sich den Tauschbeziehungen der Gabe und deren Inklusion in die Gesellschaft (vgl. Mauss 2005: s. 63ff). Mauss stellt dar, dass in vielen Kulturen die Formen des Austausches anzutreffen sind, die zwar auf Freiwilligkeit basieren, aber in der Wirklichkeit einen zwanghaften Charakter tragen: ״Schließlich vollziehen sich diese Leistungen und Gegenleistungen in einer eher freiwilligen Form, durch Geschenke, Gaben, obwohl sie im Grunde streng obligatorisch sind, bei Strafe des privaten oder öffentlichen Krieges.“ (Mauss 2005: s. 66) Mauss behauptet, dass sich beim Geschenkakt drei moralischen Verpflichtungen herausgeben: Es gibt einerseits die Verpflichtung, die Geschenke zu machen, andererseits die Geschenke anzunehmen sowie die empfangenen Geschenke zu erwidern (vgl. Mauss 2005: s. 69). Die darauf basierende Wechselwirkung führt zu geistigen Bindungen innerhalb einer Gesellschaft, welche ohne den zwangsläufigen Charakter der Gegengabe unmöglich gewesen wären (vgl. Mauss 2005: s. 69ff). Derartigen gegenseitigen Austausch bezeichnet Mauss als das System der totalen Leistungen (vgl. Mauss 2005: s. 66f.), dessen extremste Form ״Potlatsch“ (vgl. Mauss 2005: s. 67) ist, wobei dieses Phänomen Mauss als eine übertriebene Form der Reziprozität postuliert (vgl. Mauss 2005: s. 67f.). Beim Potlatsch handelt es sich um ein Ritual des gegenseitigen Beschenkens unter nordafrikanischen Stämmen in anerkennungs- und beziehungsstiftenden Zwecken (vgl. Mauss 2005: s. 67ff). Später wird auf dieses Phänomen im Punkt ״Tausch/Potlatsch“ genauer eingegangen.
2. David Graeber: Moralische Grundlagen ökonomischer Beziehungen
David Graeber in seinem Aufsatz ״Kurze Abhandlung über die moralischen Grundlagen ökonomischer Beziehungen“ in ״Schulden - Die ersten 5000 Jahre“ wendet sich von Mauss’ Tauschtheorie ab und führt vor, dass nicht alle Beziehungen als ein gleicher Tausch angesehen werden. Beispielsweise sieht Graeber in den Beziehungen zwischen Mutter und Kind keinerlei Reziprozität angesichts der Tatsache, dass die Erwiderung nicht äquivalent wird (vgl. Graeber 2011: s. 96ff).
Gräber stellt dar, dass den sozialen und ökonomischen Interaktionen drei moralischen Prinzipien zugrunde liegen: Kommunismus, Hierarchie und Austausch (vgl. Graeber 2011: s. 100). Er führt den Begriff ״elementare[/] Kommunismus“ (Graeber 2011: s. 104) ein, in dem er die Basis jeglichen sozialen Lebens, nämlich auf der Ebene unserer Beziehungen in der Familie, mit den Freunden und in den informellen Gemeinschaften, demonstriert (vgl. Graeber 2011: s. lOlff.).
Das nächste moralische Prinzip ״Hierarchie“ zeichnet die Ungleichheitsstruktur der Beteiligten aus. Somit funktioniert dieses Prinzip nicht nach einer reziproken Regel (vgl. Graeber 2011: s. 117). Graeber geht davon aus, dass hierarchische Verhältnisse aus Raub und Gewalt von verfeindeten Gruppen entstanden sind (vgl. Graeber 2011: s. 115f.). Sobald aber alle Beteiligten sich darüber klar werden, wer die Rolle des überlegenen bzw. des Unterlegenen übernimmt, erwarten sie, dass ein Netz von Gewohnheiten oder Sitten ihre Beziehung reguliert, (vgl. Graeber 2011: s. 117). Infolgedessen kann angenommen werden, dass sich diese Konstellation einem impliziten Eroberungsakt ähnelt (vgl. Graeber 2011 : s. 117). Bei dem dritten moralischen Prinzip, Tausch, kommt es auf die Gleichwertigkeit an (vgl. Graeber 2011: s. 109). Graeber ist der Meinung, dass der Austausch im Unterschied zum Kommunismus zu jedem Zeitpunkt beendet werden kann, weil der Tausch erlaubt, die Schulden zu begleichen. Dies kann darauf hinweisen, dass der Tausch nicht nur ständige Reziprozität bzw. Gleichwertigkeit der Gegenstände oder Personen beweist, sondern auch Autonomie impliziert (vgl. Graeber 2011 : s. 109ff).
Damit der Tausch überhaupt zustande kommt, wird eine minimale Vertrauensdose gegenüber den Handelnden benötigt, auch wenn darunter die einfachste Form des Tausches wie Güter gegen Waren gemeint wird (vgl. Graeber 2011: s. 110). Die bekannteste Form des Gabentausches ist Geschenkaustausch, der die gegenseitige Anerkennung des jeweils anderen symbolisiert und dazu dient, Fremdheit oder Feindschaft zu überwinden und soziale Netze zu knüpfen (vgl. Grund 2015: s. 9). Die auf das Geschenk-Erwidern basierende Wechselwirkung führt zu sozialen Bindungen innerhalb einer Gesellschaft und erfüllt somit die beziehungsstiftende Funktion.
Im Folgenden wird auf die Aspekte der beziehungsstiftenden und anerkennungsstiftenden Funktionen näher eingehen.
III. Begriffliche Klärung
1. Beziehungsstiftende Funktion
Beziehungsstiftende Funktion setzt die gegenseitige Hilfe voraus, die mit der Etablierung emotionaler Bindungen oder zwischenmenschlicher Kooperation zusammenhängt. Das Vertrauen gilt als Baustein dafür. Denn mit der Vertrauensbildung fällt die Möglichkeit weg, die andere Person als einen Feind zu betrachten. Hypothetisch gesehen könnte dies bedeuten, dass nicht nur der Empfänger, sich zu erwidern, verpflichtet fühlt, sondern auch, dass der Gebende diese Erwiderung in Form der Gegengabe erwartet. Er vertraut dem Empfänger, dass der die Gabe in einer anderen Form zurückgibt. So setzt der Gebende auf den Empfänger seine Hoffnungen bzw. sein Vertrauen. Mit der erfolgten Gegengabe bestätigt der Empfänger das Vertrauen (vgl.
Stegbauer 2011: s. 48f.). Dies ermöglicht, die neuen Bekanntschaften und Freundschaften zu knüpfen, oder auch zwischenmenschliche Kooperationen herauszubilden. Es ist zu erwähnen, dass der Anthropologe Peter Kropotkin in seinem Anfang des 20. Jahrhunderts erschienen Werk ״Gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt“ darstellt, dass gegenseitige Hilfe und das Miteinander der Menschen immer wichtiger, als das Gegeneinander war (vgl. Kropotkin 1910: s. 6-10) und dank dieser Tatsache der Prozess der Evolution fortging. Bei ihm steht nicht die Auseinandersetzung der unterschiedlichen Individuen, sondern ihre soziale Kooperation als Seinsgrundlage (vgl. Kropotkin 1910: s. 9- 13).
Die gegenseitige Hilfe setzt voraus, dass die dort aktiven Beteiligten sich gegenseitig helfen. Dies könnte nun auf die Ebene der Reziprozität übertragen werden, da jeder darauf angewiesen ist, von anderen bestimmte Leistungen zu bekommen, und bestimmte Gegenleistungen dafür zu erbringen (vgl. Stegbauer 2011: s. 14). Wie oben erwähnt wurde, basiert die Gegenseitigkeit auf Vertrauen, welches sich nur mit dem Produzieren und Reproduzieren menschlicher Beziehungen manifestiert.
2. Anerkennungsstiftende Funktion Bei der anerkennungsstiftenden Funktion handelt es sich um Aufrechterhalten, Gewinn oder Erhöhung von sozialem Ansehen in der Gesellschaft. Durch Leistung einer Hilfe oder einen Gabenakt wird der eigene Wohlstand sowohl für sich selbst bestätigt möglicherweise mit dem Ziel der Selbstbehauptung als auch in der Gesellschaft zur Schau gestellt. Dadurch, dass Prestige gesammelt und akkumuliert wird, wird der Platz in der sozialen Hierarchie gefestigt (vgl. Stegbauer 2011: s. 83f.). Außerdem verdeutlicht die hierarchische Überlegenheit intuitiv einen sozialen Abstand (vgl. Stegbauer 2011: s. 52).
Nach der Klärung der beziehungsstiftenden und anerkennungsstiftenden Funktionen werden die moralischen Prinzipien (Kommunismus, Hierarchie und Tausch) näher betrachtet, mit der Erwartung, dass all diese Prinzipien diese gesellschaftlichen Funktionen beinhalten und erfüllen.
IV. Moralische Prinzipien
1. Kommunismus
Graeber definiert Kommunismus als Organisationsform des Lebens im Sinne des Ausspruchs ״Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“ (vgl. Graeber 2011: s. 100).
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