Diese Arbeit bietet eine Übersicht zu den möglichen Standortstrategien eines Industrieunternehmens.
Gegenwärtig ist die unternehmerische Landschaft durch eine fortschreitende internationale Verflechtung der Märkte gekennzeichnet – ein Trend, der nicht nur Großunternehmen, sondern zunehmend auch den Mittelstand betrifft.
Durch den Globalisierungsprozess stehen Industrieunternehmen neben dem Aufbau neuer Absatzmärkte vielzählige Optionen zur kostengünstigeren Produktion zur Verfügung – allerdings verbunden mit einem steigenden Wettbewerb durch mitunter effizienteren ausländischen Konkurrenten sowie einem damit einhergehenden allgemein steigenden Kostendruck.
Eine Erweiterung der unternehmerischen Geschäftstätigkeiten durch eine Internationalisierung ist aufgrund vieler Einflussfaktoren eine große Herausforderung für den Mittelstand. Nach dem Vorbild von Großunternehmen wie BASF, Siemens und Volkswagen wollen auch mittelständische Industrieunternehmen von den Wachstumsmärkten in Schwellenländern wie China und Indien profitieren.
Aktuelle Umfragen des DIHK ergeben, dass 49 % der deutschen Industrieunternehmen in diesem Jahr ausländische Direktinvestitionen planen. Dabei können insbesondere für mittelständische Industrieunternehmen begrenzte finanzielle Ressourcen und fehlende Erfahrungswerte zu Stolpersteinen im Internationalisierungsprozess werden. Eine unzureichende strategische Analyse relevanter Standortfaktoren sowie fehlende Abwägung von alternativen Markteintrittsmöglichkeiten im Vorfeld der Standortentscheidung ist zudem eine Gefahr für den Erfolg einer Standorterweiterung.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Ziel und Aufbau
2 Definitionen
2.1 Betrieblicher Standort
2.2 Mittelständische Industrieunternehmen
2.3 Emerging Markets
3 Unternehmerische Standortwahl
3.1 Das Standortproblem
3.2 Einzelwirtschaftliche Standorttheorien
3.2.1 Traditionelle standortlehre
3.2.2 Clustertheorie
3.3 Natürliche Standortvorteile
4 Entwicklung einer Standortstrategie
4.1 Beweggründe für eine Standortexpansion
4.2 Erfolgskritische Determinanten
4.3 Analyse des Standortpotenzials
4.4 Markteintrittsstrategien
4.4.1 Markteintrittszeitpunkt
4.4.2 Markteintrittsformen
5 Fazit und abschließender Ausblick
Quellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
Darstellungsverzeichnis
Darst. 1: KMU-Definition der Europäischen Kommission
Darst. 2: Entwicklung der Transport- und Kommunikationskosten
Darst. 3: Porters Diamantmodell
Darst. 4: Analyseprozess von Standortfaktoren im internationalen Kontext
Darst. 5: Systematik der Markteintrittsstrategien
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Gegenwärtig ist die unternehmerische Landschaft durch eine fortschreitende internationale Verflechtung der Märkte gekennzeichnet - ein Trend der nicht nur Großunternehmen, sondern zunehmend auch den Mittelstand betrifft.[1]
Durch den Globalisierungsprozess stehen Industrieunternehmen neben dem Aufbau neuer Absatzmärkte vielzählige Optionen zur kostengünstigeren Produktion zur Verfügung - allerdings verbunden mit einem steigenden Wettbewerb durch mitunter effizienteren ausländischen Konkurrenten sowie einem damit einhergehenden allgemein steigenden Kostendruck.[2]
Eine Erweiterung der unternehmerischen Geschäftstätigkeiten durch eine Internationalisierung ist aufgrund vieler Einflussfaktoren eine große Herausforderung für den Mittelstand. Nach dem Vorbild von Großunternehmen wie BASF, Siemens und Volkswagen wollen auch mittelständische Industrieunternehmen von den Wachstumsmärkten in Schwellenländern wie China und Indien profitieren.[3]
Aktuelle Umfragen des DIHK ergeben, dass 49 % der deutschen Industrieunternehmen in diesem Jahr ausländische Direktinvestitionen planen.[4] Dabei können insbesondere für mittelständische Industrieunternehmen begrenzte finanzielle Ressourcen und fehlende Erfahrungswerte zu Stolpersteinen im International¡- sierungsprozess werden. Eine unzureichende strategische Analyse relevanter Standortfaktoren sowie fehlende Abwägung von alternativen Markteintrittsmöglichkeiten im Vorfeld der Standortentscheidung ist zudem eine Gefahr für den Erfolg einer Standorterweiterung.
1.2 Ziel und Aufbau
Im Rahmen dieser Hausarbeit soll aufbauend auf der oben geschilderten Problemstellung eine Standortstrategie entwickelt werden. Dies erfolgt dabei anhand des Fallbeispiels der Standortexpansion von mittelständischen Industrieunternehmen in ausländische Wachstumsmärkte, so genannte ״Emerging Mar- kets“. Daher wird diese Hausarbeit zum Thema Standortstrategien vor allem auf die Expansionsstrategie eingegrenzt.
Das Ziel der Hausarbeit ist es, Determinanten für die erfolgreiche Standortwahl herauszuarbeiten, anhand derer internationalisierende mittelständische Industrieunternehmen eine eigene erfolgreiche Standortstrategie entwickeln können.
Nach der Definition dreier für das Verständnis der Hausarbeit grundlegender Begriffe soll dazu zunächst der theoretische Hintergrund zur einzelwirtschaftliChen Standortwahl sowie von natürlichen Standortvorteilen untersucht werden. Darauf aufbauend werden dann die Beweggründe für eine Standorterweiterung untersucht. Anschließend erfolgt die Analyse der erfolgskritischen Determinanten für das Gelingen einer Standortexpansion im Rahmen einer International¡- sierung. Am Ende erfolgt ein Rückblick auf die Untersuchungen mit einem abschließenden Ausblick.
2 Definitionen
2.1 Betrieblicher Standort
Als betrieblicher Standort eines Unternehmens wird ein geographischer Ort im Raum bezeichnet, an dem die betriebliche Leistungserstellung erfolgt, über den betrieblichen Standort interagiert ein Unternehmen mit seiner Umwelt.[5]
Schnurrenberger unterteilt die Lokalisierung eines betrieblichen Standortes durch die Bildung von raumbezogenen Einheiten in sechs Agglomerationsebenen:
1. ״Intrakommunale Standorte ...
2. Kommunen und Städte ...
3. Subregionen ...
4. Regionen ...
5. Staaten ...
6. Zusammenschlüsse verschiedener Staaten“.[6]
2.2 Mittelständische Industrieunternehmen
ln der Literatur findet sich keine einheitliche, allgemeingültige Definition bezüg- lieh mittelständischer Industrieunternehmungen, obgleich im täglichen Sprachgebrauch ein intuitives Verständnis für den Terminus ״Mittelstand“ besteht.[7]
Für die Abgrenzung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) von Großunternehmen eignen sich quantitative Kennzahlen im Sinne der Vergleichbarkeit in besonderer weise.[8] Die Europäische Kommission empfehlt, die Unternehmenskategorie anhand der Merkmale ״Mitarbeiteranzahl“, ״Jahresumsatz“ oder ״Jah- resbilanzsumme“ abzugrenzen (vgl. Darst. 1)[9]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an Europäische Kommission, Benutzerleitfaden, 2015, s. 11.
Darsi. 1: KMU-Definition der Europäischen Kommission
Alternativ bietet sich die Begriffsbestimmung des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn an. Danach setzt sich die Gesamtheit der KMU aus allen Unternehmungen mit weniger als 500 Beschäftigten und weniger als 50 Mio. EUR Jahresumsatz zusammen.[10]
Die Schnittmenge von KMU zu mittelständischen Unternehmungen ist sehr groß. Neben den oben genannten Kriterien müssen in einem mittelständischen Unternehmen bis zu zwei natürliche Personen oder ihre Familienangehörigen mindestens 50 % der Anteile des Unternehmens halten, die auch der Geschäftsleitung angehören.[11]
Neben der Abgrenzung von Großunternehmen durch quantitative Kennzahlen empfiehlt sich zusätzlich eine Spezifizierung der qualitativen Charakteristika. Der Einbezug dieser qualitativen Merkmale liefert dabei Aufschlüsse über das ״Wesen“ mittelständischer Unternehmen.[12] Pfohl führt dabei u.a. begrenzte Finanzierungsmöglichkeiten, mangelnde Unternehmungsführungskenntnisse und ein oft unzureichendes Informationswesen bei gleichzeitig hoher Flexibilität und geringen Koordinationsproblemen als wichtige Unterscheidungsmerkmale zu Großunternehmen auf.[13]
2.3 Emerging Markets
Als Emerging Markets (engl, wörtlich:״aufstrebende Märkte“) werden sehr dynam ¡sehe Wachstumsmärkte bezeichnet, in welchen es für die Marktteilnehmer schwierig ist, zukünftige Entwicklungen abzuschätzen. Die Märkte sind zumeist gekennzeichnet durch hohe Wirtschaftswachstumsraten und einem steigenden Bedarf an Konsumgütern.[14]
Ein Emerging Market ist vor allem in Volkswirtschaften vorzufinden, die zu den sog. Schwellenländern gezählt werden. Hierzu zählen insbesondere die BRIC- Staaten VR China, Indien, Brasilien und Russland. So hatten diese Volkswirtschaften im Zeitraum von 2000 bis 2010 ein Wirtschaftswachstum von 112 % aufzuweisen.[15] Zusammen leben allein in diesen vier Ländern mehr als drei Mil- Narden Menschen, was etwa 40 % der gesamten Weltbevölkerung entspricht.[16]
Für Unternehmen sind ausländische Direktinvestitionen in diese Märkte vor al- lern deshalb von hohem Interesse, da neben dem Erschließen neuer Absatzmarkte in vielen Schwellenländern interessante Standortfaktoren wie günstige Arbeitskräfte und staatliche Förderungen vorzufinden sind.[17] Auch wenn eine ausländische Direktinvestition in vielen Schwellenländern aufgrund etlicher Barrieren und zu großen Unsicherheiten für viele Unternehmen von vornherein ausgeschlossen ist, sind viele Schwellenländer mittlerweile im Welthandel fest etabliert.[18]
3 Unternehmerische Standortwahl
3.1 Das Standortproblem
Den Ausgangspunkt für die unternehmerische Standortwahl bildet das sog. ״Standortproblem“. Hierunter werden die Gründe und Anlässe verstanden, die eine Standortsuche initiieren.[19] Diese treten vor allem bei der Gründung, StandOrtverlagerung und der Standortspaltung eines Unternehmens auf.[20]
Durch die Auswirkungen einer Standortentscheidung wird das wirtschaftliche Unternehmenspotenzial dauerhaft determiniert. Folglich beeinflussen die Standorte der Produktionsstätten maßgeblich die Wettbewerbsfähigkeit und den Erfolg von Industrieunternehmen.[21] Aufgrund der kapitalintensiven und langfrist¡- gen Konsequenzen wird die Standortwahl in der Betriebswirtschaftslehre zu den konstitutiven Führungsentscheidungen gezählt.[22]
3.2 Einzelwirtschaftliche Standorttheorien
Die Theorien zur unternehmerischen Standortwahl analysieren aus mikroökonomischer Perspektive die Beweggründe für eine bestimmte Standortentscheidung von einzelnen Unternehmen.[23] Sie sind dabei von Standortstrukturtheorien zu unterscheiden, die sich mit der räumlichen Struktur von Standorten beschäftigen und dabei eine gesamtwirtschaftliche Perspektive einnehmen.[24]
Grundsätzlich haben Standorttheorien einen partialanalytischen Charakter, d.h. sie erklären eine Standortwahl nur unter bestimmten Bedingungen und für bestimmte Wirtschaftssektoren.[25]
Im Zentrum der einzelwirtschaftlichen Standorttheorie steht die Frage des optimalen Standorts für ein bestimmtes Unternehmen. Hierbei sind im WesentliChen zwei Aspekte relevant:
1. die Erklärung von unternehmerischen Standort- und AnsiedlungsentScheidungen sowie der diesen zugrunde liegenden (ökonomischen) Determinanten
2. die Untersuchung des Standorteinflusses auf Kosten, Ertrag, Gewinn oder Innovation eines Unternehmens.[26]
Im Folgenden wird zunächst die traditionelle standortlehre näher betrachtet, um darauf aufbauend moderne Ansätze der Standortforschung zu erläutern.
3.2.1 Traditionelle standortlehre
Als das grundlegende standorttheoretische Modell gilt auch heute noch die von Alfred Weber in seinem 1909 veröffentlichtem Werk ״über den Standort der Industrie“ beschriebene Industriestandorttheorie.[27] Sie kann zur Ermittlung des optimalen Standortes für einen industriellen Einzelbetrieb herangezogen wer- den.[28]
Zur Bestimmung des optimalen Produktionsstandortes definiert Weber vereinfachende Annahmen hinsichtlich der Merkmale eines Raumes: Die standortorte der Rohmaterialien und die räumliche Verteilung der Nachfrage sind bekannt; das Transportsystem ist einheitlich, d.h. die Transportkosten ergeben sich proportional zu Gewicht und Entfernung; die Arbeitskräfte sind immobil; die Löhne sind konstant aber räumlich differenziert; bei einer gegebenen Lohnhöhe kann über eine unbegrenzte Zahl von Arbeitskräften verfügt werden; die Homogenität des wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Systems wird unterstellt.[29]
Unter diesen Bedingungen liegt der optimale Produktionsstandort eines Betriebes dort, wo die niedrigsten Transportkosten zwischen dem Fundort der benötigten Rohstoffe und dem Konsumort auftreten.
Dieser Standort wird als tonnenkilometrischer Minimalpunkt bezeichnet. Dabei sind die Transportkosten und somit die Standortwahl abhängig von der Art und dem Gewicht der eingesetzten Materialien und der Fertigprodukte.[30]
[...]
[1] Vgl. Abrahamczik, c., Internationalisierung, 2012, s. 1.
[2] Vgl. Bartholomae, F./Morasch, K., Märkte", 2017, s. 320-322.
[3] Vgl. Brutscher, R/Raschen, MJ Schwartz, M. et al. Internationalisierung, 2012, s. 3.
[4] Vgl. Heidenreich, KJ Krietenbrink, S./Liecke, M., Auslandsinvestitionen, 2017, s. 5.
[5] Vgl. Haaker, o., Standortwahl, 2015, s. 47 f.
[6] Schnurrenberger, B., Standortwahl, 2000, s. 14.
[7] Vgl. Abrahamczik, c., Internationalisierung, 2012, s. 14.
[8] Vgl. Osthoff, L, Kontrollinstrumente, 2013, s. 20.
[9] Vgl. Europäische Kommission, Benutzerleitfaden, 2015, s. 4.
[10] Vgl. IfM Bonn, KMU-Definition, 2017a.
[11] Vgl. IfM Bonn, Mittelstandsdefinition, 2017b.
[12] Vgl. Abrahamczik, c., Internationalisierung, 2012, s. 15f.
[13] Vgl. Pfohl, H.-C., Kleinbetriebe, 2006, s. 18-24.
[14] Vgl. Hungenberg, H., Management, 2014, s. 488.
[15] Vgl. Schwarzer, J., Markets, 2016.
[16] Vgl. CIA, Population, 2017.
[17] Vgl. Bartholomae, F./Morasch, K., Märkte, 2017, s. 324f.
[18] Vgl. Möbius, M., Markets, 2013, s. 7-9.
[19] Vgl. Haaker, o., Standortwahl, 2015, s. 45.
[20] Vgl. Musil, RJPalme, G., Wirtschaftsgeographie, 2012, s. 11 f.
[21] Vgl. Pongratz, R/ Vogelsang, M., Standortmanagement, 2016, s. 23-25.
[22] Vgl. Brösel, GJDöring, U./Wöhe, G., Betriebswirtschaftslehre, 2016, s. 255.
[23] Vgl. Farhauer, 0./Kroll, A, Standorttheorien, 2014, S.13.
[24] Vgl. Haas, H.-DJNeumair, S.-М., Wirtschaftsgeographie, 2015, s. 36.
[25] Vgl. Haas, H.-DJ Neumair, S.-М., Wirtschaftsgeographie, 2015, s. 37.
[26] Vgl. Tretter, M., Standortentwicklung, 2017, s. 30.
[27] Weber, A., Standort, 1909; vgl. dazu auch Farhauer, o./ Kroll, A., Standorttheorien, 2014, s. 21-30.
[28] Vgl. Tretter, M., Standortentwicklung, 2017, s. 30.
[29] Vgl. Haas, H.-DJNeumair, S.-М., Wirtschaftsgeographie, 2015, s. 37f.
[30] Vgl. Musil, R./ Palme, G., Wirtschaftsgeographie, 2012, s. 17f.; dazu auch Kulke, E., Wirtschaftsgeographie, 2013, s. 86.