Flüchtlingsabkommen der EU mit der Türkei. Eine effiziente Lösung zur Prävention unerwünschter Migrationsströme aus Syrien?
Zusammenfassung
„Wie wirkungsorientiert ist das Flüchtlingsabkommen der Europäischen Union mit der Türkei zur Prävention unerwünschter Migrationsströme aus Syrien nach Europa?‘‘
Diese Fragestellung ist von wissenschaftlicher, sozialpolitischer und gesellschaftlicher Relevanz. Da das Thema zurzeit sehr aktuell und wenig erforscht ist, gibt es dazu nur beschränkte wissenschaftliche Literatur. Des Weiteren zeigt das Thema auf, wie die EU ihre Grenzen auf Drittstaaten ausweitet, um unerwünschte Flüchtlingsströme zu unterbinden, und dass Migration nicht nur im regionalem, sondern auch stärker im globalem Kontext abläuft.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Ausgangs- und Problemlage
1.2 Zielsetzung und Fragestellung
2. Theoretische Grundlage
2.1 Effektivität der Immigrationspolitik
2.2 Externalisierung der Grenzen der EU
3. EU-Türkei-Abkommen und ihre Wirkungen
3.1 Inhalt der EU-Türkei-Abkommen
3.2 Implementierung des Abkommens
3.3 Wirkungen des Abkommens
3.3.1 Zahl der Flüchtlingsströme aus Syrien in die EU
3.3.2 Räumlicher Substitutionseffekt
3.3.3 Schlissung der Balkanroute
4. Schlussfolgerung
4.1 Schlussfolgerung mit weiterführenden Gedanken
5. Quellenverzeichnis
5.1 Literaturverzeichnis
5.1.1 Literatur
5.1.2 Webdokumente
5.1.3 Weblinks
5.2 Liste der Diagramme
1. Einleitung
Einleitend zeigt dieser Kapitel die Ausgangslage und die Zielsetzung dieser Proseminararbeit auf.
1.1 Ausgangs- und Problemlage
Im April 2011 kam es aufgrund des sich stärkenden Bürgerkrieges in Syrien zu den ersten Flüchtlingsbewegungen in die Türkei. Die meisten geflüchteten syrischen Staatsbürger/-innen suchten zuerst in den Nachbarstaaten, insbesondere Türkei, Schutz und reisten von dort aus weiter in die Europäische Union (EU), weil die Lebensbedingungen für sie zu schlecht waren und der Bürgerkrieg in Syrien kein absehbares Ende zu haben schien (Güney 2016: S.7). Im Sommer 2015 erreichte die Anzahl der Asylanträge in der Europäischen Union einen Rekordhoch. Einzelne Staaten innerhalb Europas sahen sich aufgrund der anhaltenden Flüchtlingsströme aus Syrien gezwungen ihre Grenzen stärker zu kontrollieren oder gar zu schliessen (Internetseite Nr. 2). In der Öffentlichkeit war die Rede war von einer ‘‹‹Flüchtlingskrise›› (Internetseite Nr. 3).
"Wir schaffen das", so äusserte sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Bundespressekonferenz vom 15. August 2015 im Hinblick auf die ‹‹Flüchtlingskrise›› (Internetseite Nr. 1). Die Europäische Union suchte nach möglichen Handlungsfeldern und einigte sich auf einen Kooperationsplan mit der Türkei, welche mit einem Abkommen abgerundet wurde (Güney 2016: S.6).
In der öffentlichen Diskussion wird regelmässig das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei angezweifelt. Die türkische Regierung hat mehrmals angedroht, das Abkommen zu kündigen, was eventuell zum enormen Wiederanstieg der Asylanträge in der Europäischen Union zur Folge hätte (Güney 2016: S. 8). Gleichzeitig hält der Zwischenbericht der Europäischen Kommission fest, dass das Abkommen mit der Türkei zu einer entscheidenden Abnahme der Zahl der irregulären Migranten/-innen geführt hat, welche über das Ägäische Meer von der Türkei in Griechenland ankommen (Internetseite Nr. 2).
Die Türkei wurde durch die anhaltenden Flüchtlingsströme innert kürzester Zeit von einem Auswanderungsland zu einem Einwanderungsland. Zurzeit befinden sich 2.1 registrierte Flüchtlinge aus Syrien in der Türkei. Somit hat die Türkei drei Mal so viele Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen (exkl. Dunkelziffer) wie die gesamte Europäische Union (Güney 2016: S.6).
1.2 Zielsetzung und Fragestellung
Ziel dieser empirischen Proseminararbeit ist es gestützt auf die Sekundärliteratur und bestehende Daten von Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen UNHCR, ob das Flüchtlingsabkommen sein Ziel erfüllt und unerwünschte Migrationsströme aus Syrien in die EU verhindert. Dafür wird die Zahl der Asylanträge syrischer Staatsbürger/-innen vor und nach der Implementierung des Flüchtlingsabkommens in verschiedenen Staaten der Europäischen Union verglichen und graphisch dargestellt. Zusätzlich wird mithilfe der Befunde in der Literatur erläutert, ob es zu sogenannten Substitutionseffekten kam. Die eingegrenzte Fragestellung lautet wie folgt:
Fragestellung:
- „Wie wirkungsorientiert ist das Flüchtlingsabkommen der Europäischen Union mit der Türkei zur Prävention unerwünschter Migrationsströme aus Syrien nach Europa? ‘‘
Diese Fragestellung ist von wissenschaftlicher, sozialpolitischer und gesellschaftlicher Relevanz. Da das Thema zurzeit sehr aktuell und wenig erforscht ist, gibt es dazu nur beschränkte wissenschaftliche Literatur. Des Weiteren zeigt das Thema auf, wie die EU ihre Grenzen auf Drittstaaten ausweitet, um unerwünschte Flüchtlingsströme zu unterbinden, und dass Migration nicht nur im regionalem, sondern auch stärker im globalem Kontext abläuft.
2. Theoretische Grundlage
Dieser Kapitel fasst die theoretischen Grundlagen, welche für die Beantwortung der Fragestellung von Relevanz sind, zusammen. Dabei wird erstens auf die Effektivität der Migrationspolitik und zweitens auf die Externalisierungspolitik der Europäischen Union eingegangen.
2.1 Effektivität der Immigrationspolitik
Migrationspolitik hat das Ziel das Verhalten der potentiellen Migranten/-innen zu beeinflussen. Czaika und De Haas (2013: S.489) definieren Migrationspolitik folgendermassen: “…migration policies are established to affect behaviour of a target population in an intended direction” (Czaika und De Haas 2013: S.489). Dabei ist es wichtig, dass die Migrationspolitik zielführend ist. Inwiefern eine Migrationspolitik als effektiv angesehen werden kann, hat eine subjektive Dimension. So kann eine restriktive Migrationspolitik die Immigration zwar eindämmen, aber gleichzeitig die gewünschte bzw. geäusserte Ziele in der Politik weit verfehlen (Czaika und De Haas 2013: S. 491). Im nächsten Abschnitt wird auf die fehlende Effektivität mit der sogenannten «Gap-Hypothese» eingegangen.
Die erste fehlende Effektivität in der Migrationspolitik entsteht bei der Gesetzgebung. Die Politiker/-innen geben der Bevölkerung den Eindruck, dass sie mit bestimmten Gesetzen die Migration kontrollieren können. Dabei ist die Gesetzgebung, insbesondere im Migrationsbereich, ein Kompromiss zwischen vielen Akteuren mit unterschiedlichen Intressen (Czaika und De Haas 2013: 491). Im Weiteren sind Staaten an internationale Normen gebunden, insbesondere an die Menschenrechte. So haben Migranten/-innen das Recht auf Familiennachzug und die Flüchtlinge das Recht auf Schutz (Czaika und De Haas 2013: S.487).
Die zweite Lücke der Migrationspolitik entsteht bei der Implementierung. Es gibt eine Diskrepanz zwischen den geschriebenen Gesetzen und der Interpretation sowie Implementierung dieser Gesetze (Czaika und De Haas 2013: S. 494). Gewisse Gesetze und Regulierungen werden aufgrund planmässigen, finanziellen und praktischen Schwierigkeiten nicht oder nur teilweise umgesetzt. Bei der fehlenden Implementierung spielt auch die Korruption und die Ignoranz der Gesetze und Vorschriften.
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