Die vorliegende Arbeit will den Versuch unternehmen, einen zeitlichen Bogen von rund einem Millennium, nämlich von dem neuassyrischen Reich bis zu den Severern der römischen Kaiserzeit, zu spannen und Kontinuitäten und Zäsuren zwischen zwei Herrscherpersönlichkeiten der jeweiligen Epochen im Besonderen zu untersuchen. Der methodische Ansatz ist hierbei körpergeschichtlich.
Es soll nämlich der Habitus des römischen Kaisers Varius Avitus, der schon zu Lebzeiten den noch heute gebräuchlichen
Spitznamen Elagabal erhielt, mit dem des neuassyrischen Königs Assurbanipal diachron, d.h. durch die Zeit hinweg, verglichen werden. Dabei soll gezeigt werden, in welchem Traditionsrahmen die Körper des römischen Kaisers, respektive des assyrischen Königs, standen und rezipiert wurden und wie sich diese zueinander verhalten.
Inhaltsverzeichnis
1.1 Einleitung
1.2 Quellenlage
1.3 Forschungsstand
2.1 Elagabal. Ein römischer Kaiser im Körper eines Assyrers?
2.2 Die Sardanapal-Narration
3.1 Der Körper Assurbanipals
3.2 Der Körper Assurbanipals in der Tradition assyrischer Herrscher
4. Fazit
Quellenund Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tafelteil
1.1 Einleitung
Die vorliegende Arbeit will den Versuch unternehmen, einen zeitlichen Bogen von rund einem Millennium, nämlich von dem neuassyrischen Reich (Taf. 1.1) bis zu den Severern der römischen Kaiserzeit (Taf. 1.2), zu spannen und Kontinuitäten und Zäsuren zwischen zwei Herrscherpersönlichkeiten der jeweiligen Epochen im Besonderen zu untersuchen. Der methodische Ansatz ist hierbei körpergeschichtlich1. Es soll nämlich der Habitus2 des römischen Kaisers Varius Avitus3, der schon zu Lebzeiten den noch heute gebräuchlichen Spitznamen Elagabal4 erhielt, mit dem des neuassyrischen Königs Assurbanipal diachron, d.h. durch die Zeit hinweg, verglichen werden. Dabei soll gezeigt werden, in welchem Traditionsrahmen die Körper des römischen Kaisers, respektive des assyrischen Königs, standen und rezipiert wurden und wie sich diese zueinander verhalten. Insbesondere die Kleidung der Herrscher wird hierbei Thema dieser Arbeit sein. Nach dieser Einleitung wird zunächst eine kurze Diskussion der Quellenlage und des Forschungsstandes folgen. Daraufhin wird Elagabal dezidiert unter der Fragestellung behandelt werden, ob er tatsächlich im Körper eines Assyrers steckte. Als Überleitung zu den neuassyrischen Vorbildern wird dann ein Teil zu der Sardanapal-Narration in der Klassischen Antike folgen. Danach wird der Körper Assurbanipals erkundet werden, was wiederum zu der Tradition von Körperlichkeit der älteren assyrischen Könige überleiten wird. Die Ergebnisse sollen dann in einem Fazit versammelt werden. Zuletzt wird die Arbeit jeweils ein Literaturund Abbildungsverzeichnis, sowie ein Tafelteil beschließen.
1.2 Quellenlage
Der Körper Elagabals ist anschaulich in der antiken Historiographie beschrieben worden. Die wichtigsten literarischen Quellen sind hierbei die in griechischer Sprache verfasste Römische Geschichte des Senators Cassius Dio, der als Zeitgenosse Elagabals über diesen gut informiert gewesen ist, das eher romanhafte Geschichtswerk Herodians, sowie die spätantiken Breviaren, d.h. kurze und wertende Ereignisgeschichten, von denen die Kaisergeschichte des Aurelius Victor in dieser Arbeit Verwendung gefunden hat. Zuletzt ist noch die ebenfalls spätantike, jedoch ausführlichere und, aufgrund sachlicher Unwahrheiten oftmals problematische, Historia Augusta eines anonymen Verfassers zu nennen5. Archäologisch wird der Körper Elagabals anhand seiner plastischen Portraits und der Münzportraits fassbar. Der Körper des assyrischen Königs Assurbanipal wird insbesondere anhand der Orthostaten-Reliefs sichtbar, die in der Sockelzone seiner Palastwände angebracht waren, bis sie im 19. Jh. wiederentdeckt, zersägt und nach Europa verschifft wurden6. Die Reliefs sind zudem teilweise mit Inschriften ausgestattet worden, in denen der Körper des Königs durchaus implizite Erwähnung findet7.
1.3 Forschungsstand
Das Urteil moderner Historiker über Elagabal und seine Körperlichkeit orientiert sich grundsätzlich an dem der antiken Autoren 8, die seine orientalische Erscheinung schockierend empfanden, wie noch zu zeigen sein wird. Nicht frei von rassistischem Gedankengut hat das Portrait Elagabals in der archäologischen Forschung allerlei Deutungen erfahren, die sich diesem Negativbild nahtlos anfügen lassen9. In jüngerer Zeit sind einige Aufsätze zu Elagabals Kleidung erschienen, in denen auch der orientalischen Tradition nachgegangen wird, in der diese steht. Zu nennen sind hier insbesondere Lucinda Dirvens „The Emperor’s New Clothes. A Note on Elagabalus’ Priestly Dress“ von 2007 und Elke Krengels „Das Priestergewand des Varius“ von 2005. Was den neuassyrischen König Assurbanipal anbelangt, so ist dem Verfasser kein Werk bekannt, in dem dezidiert der Körperlichkeit dieses Herrschers und den Traditionslinien derselben, nachgegangen wird. Zurückgegriffen wird daher nur auf die „Kulturgeschichte des Assyrischen Flachbildes“ in der Barthel Hrouda 1965 auch eine Untersuchung der Kleidung und des Schmuckes, sowie zahlreicher anderer Realien, der Assyrer vorgelegt hat.
2.1 Elagabal. Ein römischer Kaiser im Körper eines Assyrers?
Die Severer haben zweifellos eine gewisse provinzielle Fremdartigkeit nach Rom gebracht. Septimius Severus, der Begründer dieser Dynastie, stammte selbst aus dem nordafrikanischem Leptis Magna und seine Frau Iulia Domna aus Syrien10, doch kein anderer Severer war den Römern fremder als Elagabal. Es sind dabei nicht nur die politischen Maßnahmen 11 dieses Kaisers gewesen, die für die stadtrömischen Eliten befremdlich wirkten, vielmehr war es der Körper des Kaisers der schockierte 12. Übereinstimmend attestieren die antiken Autoren dem Elagabal eine barbarische Erscheinung, welche bei den Römern, insbesondere wegen ihrer orientalischen Provenienz, auf Unverständnis trifft13. Der Körper des Kaisers war demnach mit luxuriöser Kleidung ausgestattet, die einerseits den herrschaftlichen Status Elagabals betonen konnte und andererseits auch eine stetige Erinnerung an dessen syrische Herkunft war. Obschon es keinen archäologischen Nachweis von Kleidung und Schmuck dieses Kaisers gibt, der den Schilderungen in den literarischen Quellen entspräche, gibt es tatsächlich Elemente in der Selbstdarstellung Elagabals durch seine offiziellen Portraits, die auf orientalisierende Art von dem traditionellen Bild eines römischen Kaisers abweichen. Lange Zeit wurde in physiognomischen Merkmalen, insbesondere der Lippen, der plastischen Elagabal Portraits des sog. 2. Typs (Taf. 2.1 und 2.2) eine syrische „Stammeszugehörigkeit“ erkannt14. Die neuere Deutung geht dagegen von einer Portraitkonzeption aus, die den jugendlichen Charakter Elagabals und dessen Ästhetik betonen soll15. Sicher ist jedenfalls, daß die Münzportraits dieses Kaisers eigentümliche Elemente des Orients aufgenommen haben. So trägt Elagabal nicht nur den typischen Lorbeerkranz, sondern auch ein seltsames Objekt (Taf. 19 und 20), das entweder als Horn oder aber als getrockneter Stierpenis gedeutet wird16. Ansonsten werden die Opferhandlungen des Kaisers, als Ausdruck seiner Pietas, also Frömmigkeit, nach traditionelleren Münztypen gestaltet, was beispielsweise der Vergleich mit einem Denar Caracallas zeigt (Taf. 3.1 und 3.2). Auch Elagabal steht nämlich an einem Dreifuss und opfert aus einer Schale (Taf. 3.3 bis 3.5). Neu ist jedoch ein Attribut, das vermutlich den Sonnengott aus Emesa kennzeichnen soll; hierbei handelt es sich um einen Stern, der über der Hand im opfernden Gestus schwebt. Bezüglich des Gewandes, das der Kaiser auf diesen Münzbildnissen trägt, ist Krengel zu der Deutung gelangt, daß es sich um eine Kombination aus einem arabischen Hüftmantel und parthischen Untergewändern handeln soll17. Insofern würde die Kleidung des Kaisers seinem Spottnamen Assyrer also nicht gerecht werden, ginge sie doch unmittelbar auf jüngere Vorbilder zurück18. Sicher ist jedenfalls, daß seine Kleidung von den Römern als orientalisch aufgefasst worden ist19. Es ist jedoch nicht nur die Kleidung des kaiserlichen Körpers gewesen, die sein assyrisches Wesen ausgemacht haben soll. Vielmehr wollte Elagabal es den altorientalischen Sitten gleichtun und einen Hieros Gamos, eine heilige Hochzeit, abhalten. Der Sonnengott Elagabal sollte hierzu zunächst mit der Göttin Athene, in Form ihres Kultbildes, das dazu in den Elagabal-Tempel geschafft wurde, danach mit Urania vermählt werden 20. Anhand der spektakulären Prozession 21 des Kaisers wird besonders deutlich, welche Implikationen diese Hieroi Gamoi auch für den Körper Elagabals hatten. Diese Prozession kann hierbei durchaus als Analogie zu dem babylonischen Neujahrsfest verstanden werden. Beide Feste umfassen nämlich den Transport des Kultbildes22 der höchsten Gottheit, zusammen mit der Teilnahme anderer Gottheiten in Form ihrer Kultbilder, durch die Stadt, sowie den Hieros Gamos. Daß bei Letzterem der Körper des babylonischen Königs als Repräsentation des Gottes verstanden wurde, wird, in abgewandelter Form, auch wieder bei Elagabal aufgegriffen. Dieser nahm sich nämlich die Vestalin Aquilia Severa zur Gemahlin, die mit der zweiten geehelichten Göttin des Sonnengottes Elagabal identifiziert wurde23 und begründete dies so: „Ich habe diesen Schritt getan, damit göttliche Kinder aus mir [...] und aus ihr [...] hervorgehen“24. Hierbei wurde also die Sexualität des kaiserlichen Körpers in einem altorientalischen Sinne mit religiösen Vorstellungen verbunden. Die Sexualität Elagabals bildet auch in anderer Hinsicht einen zentralen Punkt der zeitgenössischen Körperkritik an ihm: „Seinen Körper gebrauchte er, um damit viel unerhörte Dinge zu vollführen oder mit sich geschehen zu lassen, Dinge, die niemand weder zu sagen, noch anzuhören vermöchte. Seine offenkundigsten Handlungen aber, die bestimmt nicht verschwiegen werden dürfen, sind folgende: Zur nächtlichen Stunde pflegte er mit einer Perücke in die Schenken zu gehen und die Geschäfte von Hökerweibern zu betreiben. Er besuchte auch die berüchtigtsten Bordelle, vertrieb die Prostituierten und übernahm selbst deren Aufgaben.“25 Der Vorwurf besteht also einerseits in passiv-homosexuellen Handlungen, die ebenfalls das Konzept der Effeminatio aufgreifen und sinnlicher Zügellosigkeit andererseits. Elagabal erscheint hiermit als Mensch, der ganz seiner eigenen Körperlichkeit untergeordnet ist. Die Lust und Freuden seines Körpers stehen, laut den antiken Autoren, ganz im Zentrum seines Handelns und weichen somit von dem, als Ideal verstandenen, Verhältnis des Kaisers zwischen Körper und Geist ab26. Ein weiterer Vorwurf, der dem Kaiser Elagabal wegen seines Körpers im orientalischen Habitus gemacht worden ist, besteht in der Effeminatio, der Verweiblichung. So schminkte sich Elagabal nach orientalischer Sitte und verwendete Gesten und Tänze, die den Römern unmännlich erschienen27. Ein letzter Aspekt der übersteigerten Körperlichkeit Elagabals, durch die er von den antiken Historikern zu einem schlechten Kaiser stilisiert wird, ist sein Hang zum Luxus. So schreibt der Anonymus in der Historia Augusta: „Über Heliogabals Leben sind viele anstößige Einzelheiten literarisch überliefert [...] so glaubte ich mich auf das Kapitel Luxus beschränken zu sollen [...]“28 In der Folge liefert der Autor eine ausführliche Schilderung anstößiger Kleidung und Nahrung Elagabals, die sich in dieselbe Narration einfügen, die von den Zeitgenossen des Kaisers begründet worden ist und ihrerseits Teil einer größeren Narration ist, wie im nächsten Punkt gezeigt werden soll.
[...]
1 Die Körpergeschichte befasst sich mit dem Körper als Gegenstand der Geschichte. Im engeren Sinne umfasst sie die Beschäftigung mit dem biologischen Körper selbst, seine Pflege und Bewegung, sowie seine Wahrnehmung und Funktion in der Gesellschaft. Im weiteren Sinne ist der Körper auch als Träger von Kleidung, Schmuck und Frisur, die allesamt symbolische Bedeutung innehaben, anzusehen. Vgl. Thommen 2007, 9-15.
2 Das lateinische Wort Habitus bezeichnet Aussehen und äußere Erscheinung, sowie die generelle Lage, Haltung und Stellung des Körpers. Es leitet sich dabei von dem Verb habere (haben, aber auch für etwas halten, gelten, usw.), dessen maskuline Partizip Perfekt Form mit ihm übereinstimmt, her. Vgl. Georges 1913, 3000.!
3 Geboren wurde dieser Kaiser 203 oder 204 n. Chr. im syrischen Emesa. Am 16.05.218 wurde er von den Soldaten im Legionslager von Emesa zum Kaiser ausgerufen, seine offizielle Titulatur lautete fortan Imp. Caes. M. Aurelius Antoninus P. F. Inv. Aug. Procos. ,dem nach der Anerkennung durch den Senat vor dem 13.07.218 noch die gängigen Titel Pater Patriae, Vater des Vaterlandes und Pontifex Maximus, oberster Priester oder wörtlich größter Brückenbauer, zukamen. 220 erhob er den orientalischen Sonnengott Elagabal zur höchsten Gottheit im römischen Pantheon und trug von da an bis zu seiner Ermordung 222 n. Chr. den besonderen Titel Sacerdos Amplissimus Dei Invicti Solis Elagabali, d.h. größter Priester des unbesiegbaren Sonnengottes Elagabal. Bisweilen wird dem Varius Avitus auch der Beiname Bassianus zugegeben, wegen eines Gerüchtes, wonach dieser ein Bastard des Kaisers Caracalla gewesen sein solle, der seinerseits mit Geburtsnamen Bassianus hieß. Vgl. Kienast 1996, 172f.
4 Elagabal, eine Sonnengottheit aus der syrischen Stadt Emesa, war nämlich das Steckenpferd des Kaisers. Mit 14 Jahren war das erbliche Amt des Hohepriesters dieser Gottheit bereits auf den Jungen, dem Rom zeitlebens fremder war als die mittelsyrische Heimat, übergegangen. Vgl. Pietrzykowski 1986, 1814. Volksetymologisch wurde der Name des Gottes mit dem griechischen Sonnengott Helios hergeleitet, weswegen auch das Kompositum Heliogabal tradiert ist. Vgl. Pietrzykowski 1986, 1813. Ein, für diese Arbeit besonders relevanter, inoffizieller Beiname des Kaisers, dem ihn seine Zeitgenossen gegeben haben, ist „der Assyrer“. Der Senator Cassius Dio bezeichnet Elagabal, nicht ohne Sarkasmus, zudem auch als Tiberinus, da der Herrscher nach seiner Entmachtung ermordet und seine Leiche in den Tiber geworfen wurde. Vgl. Cass. Dio 80, 1,1: „Avitus aber, sonst unter der Bezeichnung Falscher Antoninus oder auch der Assyrer oder Sardanapalus [Im griech. Originaltext spricht Dio hier von Ασσυριος (Assyrios) und Σαρδαναπαλλος (Sardanapallos) ] oder gar Tiberinus bekannt [...]“. Die Ermordung Elagabals ging auch mit einer Damnatio Memoriae einher. Es wurde also der Versuch unternommen, diesen Kaiser aus dem Gedächtnis der Nachwelt zu entfernen. Vgl. zur Ermordung am 11. oder 12. März 222 und der darauf folgenden Damnatio Kienast 1996, 172.
5 Vgl. zu der literarischen Quellenlage Pietrzykowski 1986, 1808-1810.
6 Vgl. Hrouda 1965, 13-19.
7 So sind z.B. Beschreibungen von Kriegszügen und Löwenjagden auch immer bedeutsam für den Körper, der damit ja unweigerlich Strapazen ausgesetzt wird.
8 Vgl. Pietrzykowski 1986, 1823.
9 So wurden die „dicken Lippen“ und „hervorquellenden Augen“ Elagabals in seinen Portraits, insbesondere denen des sog. 2. Typs, stets als „syrische“ Merkmale gedeutet, worin das „ganz und gar ungeistige, ungehemmt-animalische, rein triebhafte Wesen des Orientalen glänzend zum Ausdruck gebracht und formvollendet vorgetragen“ wird, wie noch Ende der 1960er Jahre behauptet worden ist. Erst in jüngerer Zeit ist eine Relativierung dessen unternommen worden. Vgl. Leitmeir 2009, 10-13.!
10 Vgl. dazu Kienast 1996, 156-158.
11 Elagabal versuchte sich an einer, letztlich erfolglosen, Reformation der römischen Religion. Seine syrische Sonnengottheit sollte dabei über allen anderen Göttern des römischen Pantheons stehen. Vgl. Pietrzykowski 1986, 1823.
12 So wird Elagabal auch mit der alten orientalischen Sitte der Beschneidung in Verbindung gebracht, die in Europa unüblich geblieben ist. Vgl. Cass. Dio 80, 11, 1: „ [...] Das Ärgernis bestand hierbei [sc. die Einführung des Elagabal-Kultes durch den Kaiser] nicht darin, daß er einen fremden Gott in Rom einführte oder auf ganz ungewöhnliche Art auszeichnete, sondern daß er ihm einen Platz vor Iuppiter selbst einräumte und sich durch Beschluß die Ernennung zu seinem Priester veranlaßte; er ließ sich ferner beschneiden und aß kein Schweinefleisch, da er seiner Meinung nach auf diese Weise der Gottheit reiner dienen könne. Ja, er hatte sich sogar mit dem Gedanken getragen, seine Genitalien gänzlich entfernen zu lassen, doch war dieses Verlangen lediglich von seinem weibischen Wesen bestimmt, während er die Beschneidung als Teil der priesterlichen Erfordernisse für Elagabalus tatsächlich durchführte; dementsprechend verstümmelte er in gleicher Weise viele Männer seiner Umgebung.“.
13 Vgl. Cass. Dio. 80, 11, 2: „Außerdem ließ er sich wiederholt in der Barbarenkleidung, wie sie die syrischen Priester tragen, sogar in der Öffentlichkeit sehen. Nicht zuletzt deshalb erhielt er den Spottnamen <der Assyrer>.“, sowie Hdn. 5, 3, 6: „[...] er [sc. Elagabal] trat in Barbarentracht in die Öffentlichkeit, trug golddurchwirkte und purpurne Gewänder, die bis an die Hände und Füße reichten; und seine Beine bedeckte er gänzlich von den Knöcheln an, bis zu den Hüften mit Gewändern, die in gleicher Weise mit Gold und Purpur ausgeschmückt waren; den Kopf aber zierte eine Krone, die mit teuren Edelsteinen bunt geschmückt war.“ und Hdn. 5, 5, 3f: „[...] er kleidete sich in die aufwendigste Gewandung aus golddurchwirkten PurpurStoffen, mit Halsketten und Armbändern geschmückt und eine aus Gold und bunten Edelsteinen gefertigte Krone in Form einer Tiara auf dem Kopf tragend.“.!
14 Vgl. Leitmeir 2009, 80.
15 So bei Leitmeir 2009, 80-82.
16 Vgl. Krengel 2005, passim und Dirven 2007, 24.
17 Vgl. Krengel 2005, passim.
18 Wenngleich auch diese Gewänder wiederum in einer älteren Tradition stehen mögen, die auch von einer assyrischen Prägung durchdrungen werden könnte.
19 Vielleicht hegte Elagabal eine Abneigung gegen die römische Wolltracht wegen syrischer Reinheitsvorschriften, wonach keine Kleidung tierischen Ursprunges Verwendung finden durfte. Vgl. Pietrzykowski 1986, 1815f.
20 Hierdurch wollte der Kaiser offenbar eine neue Kapitolinische Trias erschaffen, welche die althergebrachte aus Iuppiter, Iuno und Minerva ersetzten sollte. Vgl. Pietrzykowski 1986, 1817f.
21 Hdn. 5, 6-9: „Sodann errichtete er auch im Gebiet vor der Stadt einen gewaltigen und aufwendigen Tempel, zu dem er seinen Gott jährlich im Hochsommer hinführte. Dazu vereinigte er dort vielerlei Festveranstaltungen, richtete Pferde-Rennbahnen und Theater ein und meinte, durch zahllose Wagenrennen, Schauspiele und Konzerte das Volk, das sich nächtelang bewirten ließ, zu ergötzen. Den Gott selbst setzte er auf einen mit Gold und wertvollsten Edelsteinen ausgeschmückten Wagen und geleitete ihn von der Stadt aus in das Gebiet vor der Stadt. Den Wagen ließ er sechsspännig von sehr großen Schimmeln ziehen, die ohne irgendeinen Fehler und mit viel Gold und buntem Zaumzeug geschmückt waren, wobei die Zügel kein Mensch führte (es durfte ja keiner den Wagen besteigen) ,sondern sie waren dem Kultbild selbst als dem Wagenlenker umgehängt. Antoninus (Elagabal) aber lief vor dem Wagen rückwärts schreitend, blickte auf den Gott und führte die Pferde am Zaum [...] Die Bevölkerung lief beiderseits parallel, vielerlei Fackeln tragend und streute Kränze und Blumen aus. Die Bilder aller Gottheiten mit ihren wertvollen und ehrwürdigen Weihgeschenken, alle Kaiserinsignien und teuren Kleinodien, die Ritter und das gesamte Heer (der Stadt) zogen als Festzug dem Gott voraus.“.
22 Bei dem Kultbild des Gottes Elagabal handelte es sich um einen Baitylos, d.h. einen heiligen Stein. Die Verehrung dieses Steines scheint direkt mit dessen Herkunft zu korrespondieren. Dieser fiel nämlich dereinst als Meteorit auf die Erde und wurde wohl deshalb als göttlich aufgefasst. Vgl. Pietrzykowski 1986, 1811f.
23 Die Ehe mit einer Vestalischen Jungfrau galt den Römern als Sakrileg, das normalerweise mit dem Tode bestraft wurde. Die jungfräulichen Priesterinnen der Göttin Vesta, deren Zuständigkeit u. A. das Herdfeuer, umfasste, waren zur Keuschheit verpflichtet. Vgl. Pietrzykowski 1986, 1822.!
24 Cass. Dio 80, 9, 3.
25 Cass. Dio 80, 13, 2-3.
26 Seit der platonischen Philosophie, die im 3. Jh. der römischen Kaiserzeit eine populäre Wiederkehr in Form des Neuplatonismus gefunden hatte, herrscht eine klare Dichotomie zwischen Körper und Seele im westlichen Körperverständnis, wobei der Seele stets Vorrang vor dem Körper gegeben wird. Vgl. Thommen 2007, 11-13. In der Tat erwartete die senatorische Oberschicht von einem Kaiser stets Vergeistigung anstelle von Körperlichkeit. Der spätantike Historiker Aurelius Victor z.B. beschrieb im 4. Jh. n. Chr. die vorausgegangene Herrschaft von Marcus Aurelius als positiven Kontrast zum Regime schlechter Kaiser wie Elagabal. Vgl. Aur. Vict. Caes. 16, 9: „Und Marcus war bekanntlich derart der Weisheit, Milde, Lauterkeit, und feinen Bildung zugeneigt, daß er, als er gemeinsam mit seinem zum Caesar nachgewählten Sohne Commodus gegen die Markomannen ausrücken wollte, von einer Schar Philosophen umringt wurde, die ihn beschwor, er möge sich nicht eher auf den Feldzug oder eine Schlacht einlassen, als bis er ihnen die schwierigen und tiefgründigen Lehren der Philosophenschulen erklärt hätte.“ und 16,14ff: „Dann verstarb er [...] zum größten Leidwesen aller Sterblichen. Zu guter Letzt beschlossen [...] die Väter und das Volk, für ihn allein alles: Tempel, Ehrensäulen, Priester. Doch sein Sohn galt wegen seiner von Anfang an grausamen Herrschaft als um so verabscheuungswürdiger, besonders wegen des Kontrasts der Erinnerung [...] nach einem erfolgreichen Feldzug hatte er den September in ↠Commodus↞ umbenannt. [...] Er war von ungehemmt grausamer und wilder Wesensart; das ging so weit, daß er oft Gladiatoren niedermetzelte, scheinbar auf Leben und Tod mit ihnen kämpfend, während er selbst mit Eisen, die ihm Preisgegebenen aber mit bleiernen Schwertern antraten.“.
27 Cass. Dio 80, 14, 3-4: „Wenn er [...] zu Gerichte saß, machte er tatsächlich mehr oder weniger den Eindruck eines Mannes, doch zeigte er sich bei allen anderen Gelegenheiten in seinem Betragen und in seiner Sprechweise geziert. Er tanzte zum Beispiel gewöhnlich nicht nur in der Orchestra, sondern auch irgendwie beim Gehen, beim Opfern und bei der Entgegennahme von Huldigungen oder bei einer Ansprache. [...] er ließ sich vermählen, Weib, Herrin und Königin nennen, beschäftigte sich mit Wollarbeiten, trug zuweilen ein Haarnetz und malte sich die Augen, indem er sie mit Bleiweiß und Ochsenzunge schminkte. Ein einziges Mal ließ er sich das Kinn scheren und veranstaltete deshalb ein Fest; doch dann zupfte er sich die Haare aus, um so noch mehr einer Frau zu gleichen. Und wiederholt ruhte er auf einem Lager, während er den Gruß der Senatoren entgegennahm.“
28 H. A. Antoninus Heliogabalus, 18, 4-35.